E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Scott Pikante Geheimnisse eines Gentlemans
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-1583-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-1583-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Auch eine Lady hat gewisse ... Bedürfnisse! Miss Annorah Price-Ellis, ihres keuschen Daseins überdrüssig, kontaktiert einen geheimen Gentleman-Escort-Service: Fünf Nächte soll der charmante, mit allen Liebeskünsten vertraute Mr. D'Arcy ihre sinnlichsten Wünsche erfüllen. Doch Annorah hat die Rechnung ohne ihr Herz gemacht ...
Bronwyn Scott ist der Künstlername von Nikki Poppen. Sie lebt an der Pazifikküste im Nordwesten der USA, wo sie Kommunikationstrainerin an einem kleinen College ist. Sie spielt gern Klavier und verbringt viel Zeit mit ihren drei Kindern. Kochen und waschen gehören absolut nicht zu ihren Leidenschaften, darum überlässt sie den Haushalt am liebsten ihrem Ehemann, der früh morgens und spät abends am College unterrichtet, sodass er tagsüber als Hausmann glänzen kann.
Nikkis ganzes Leben steht im Zeichen des Schreibens. Schon in der vierten Klasse nahm sie an Nachwuchsautoren-Konferenzen der Schule teil und ist immer noch sehr stolz auf ihren ersten Roman, den sie in der sechsten Klasse fertigstellte - ein mittelalterliches Abenteuer, das ihre Mutter auf einer elektrischen Schreibmaschine für sie abtippte. Mittlerweile besucht sie RWA-Konferenzen und besitzt natürlich ihren eigenen Computer. Sie ist sehr an Geschichte interessiert, recherchiert gern, immer auf der Suche nach Stoff für neue Geschichten. Es macht ihr viel Spaß, sich mit anderen Autoren und LeserInnen über ihre Lieblingsbücher und den Prozess des Schreibens auszutauschen.
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
London, Juni 1839
Wäre Nicholas D’Arcy ein weniger außergewöhnlicher Liebhaber gewesen und seine Gespielin, die attraktive rothaarige Lady Alicia Burroughs, ein wenig diskreter, dann hätte ihr Gatte sie wohl nicht entdeckt. Doch „weniger“ war kein Ausdruck, der Nick beschreiben konnte, und „diskret“ keiner, den man für Lady Burroughs verwenden würde. Gerade verlieh die temperamentvolle Dame ihrer Anerkennung für seine Fähigkeiten im Bett mit einer Stimmkraft Ausdruck, die einer Operndiva alle Ehre gemacht hätte.
Zum Henker! Das ganze Haus konnte sie hören. Wahrscheinlich die ganze Nachbarschaft! Es war reines Glück, dass Nick die schnellen Schritte im Korridor vernahm, gerade als Lady Burroughs mit lautem Schluchzen den Gipfel der Lust erreichte. Auch er war zum Höhepunkt gekommen, einer seiner besten, und abgesehen von dem Lärm, den sie machte, war Lady Burroughs seine Bemühungen durchaus wert gewesen. Verzückt lag sie unter ihm – den Kopf hatte sie in den Nacken geworfen – und lustvoll stöhnend bäumte sie sich ein letztes Mal auf. Sie atmete schwer, und zu seiner Überraschung tat er es auch. Lord Burroughs wusste nicht, was ihm entging, indem er seine Ehefrau vernachlässigte. Allerdings würde er es gleich wissen.
„Alicia!“, brüllte der Gatte im Gang.
„Burroughs!“ Alicia setzte sich keuchend auf, und so großes Entsetzen blitzte in ihren Augen auf, dass Nick sich Sorgen zu machen begann. Wie viel Zeit hatte er wohl noch? Zehn Sekunden? Vielleicht fünfzehn? Burroughs war ein vierschrötiger Mann und nicht besonders schnell. Und vielleicht rannte er nicht einmal, sondern ging nur rasch. Ihm blieb genügend Zeit, sich seine Hose anzuziehen, aber mehr nicht.
Nick sprang aus dem Bett, griff nach seinen Pantalons und schlüpfte hastig hinein, bevor er nach Hemd und Frackrock griff. „Sie sagten, er würde bis Montag fort sein!“, zischte er und legte seine Schuhe auf den Stapel in seinen Händen.
„Oh, seien Sie still! Sie wollen doch nicht, dass er Sie hört. Schnell!“ Alicia saß in der Mitte des Betts, das Laken züchtig über ihre runden Brüste gezogen.
Nick sah sich um. Keine Zeit, aus dem Fenster zu steigen, und wenn er die Tür benutzte, würde er Lord Burroughs direkt in die Arme laufen. „Hat das Ankleidezimmer einen Ausgang?“ Wenn er schon ertappt werden sollte, dann nicht von einem Wichtigtuer von einem Mann, der es nicht fertig brachte, seine Frau im Ehebett zu halten.
Nach einem letzten Augenzwinkern zu Lady Burroughs eilte er ins Ankleidezimmer und von dort in den anliegenden Raum, das Schlafgemach Seiner Lordschaft. Nur Sekunden später hörte er Lord Burroughs brüllen: „Wo ist er?“
In deinem Zimmer, alter Narr, dachte Nick leise lachend, aber er musste rasch überlegen. Selbst Burroughs war nicht so beschränkt, nicht zu erkennen, dass der einzige Fluchtweg durch das Ankleidezimmer führte. Nick stürzte in den Gang hinaus und wählte ein anderes Zimmer zur Gartenseite des Hauses hin. Er schlüpfte hinein und schloss die Tür leise hinter sich. Für den Augenblick war er sicher. Er legte sein Bündel auf den Boden und zog die Schuhe an.
„Millie, bist du das?“, kam eine Stimme aus dem Ankleideraum. Nick hielt mitten in der Bewegung inne, einen Schuh schon am Fuß, den anderen noch in der Hand. Er packte seine Sachen und lief zum Fenster. Er war zu langsam. Eine Dame mittleren Alters in einem seidenen Morgenrock kam herein, bevor Nick den Raum auch nur halb durchquert hatte. Die Dowager Countess!
Sie würde schreien. Nick sah, wie sie den Mund öffnete. Er musste diesen Schrei verhindern, und es blieb ihm nur ein Augenblick, um es zu tun. Und so tat er das Einzige, was ihm einfiel. Hastig legte er die zwei Schritte zurück, die ihn von ihr trennten, riss sie in die Arme und küsste sie. Und zwar sehr gründlich, bis ihm auffiel, dass sie seinen Kuss mit großer Leidenschaft erwiderte. Die Dowager Countess – wer hätte das gedacht! Es war zweifellos eine der angenehmsten Überraschungen dieses Abends, vor allem, als sie sagte: „Junger Mann, Sie sollten das Fenster nehmen. Sie werden feststellen, das Spalier ist recht robust.“ Und sie zwinkerte ihm zu. „Es ist schon oft auf die Probe gestellt worden.“
Lieber Himmel, wusste Burroughs überhaupt, was sich in seinem Haus abspielte? Nickt dankte ihr und verschwendete keine Zeit mehr. Er hörte, wie Burroughs die Tür zum Nachbarzimmer aufriss. Wieder würde ein Moment darüber entscheiden, ob er entdeckt wurde oder entkommen konnte. Er warf zuerst seine Sachen aus dem Fenster und schwang dann ein Bein hinaus, um das Spalier auszutesten.
„Kommen Sie, wann immer Sie möchten“, rief die Dowager Countess ihm nach. „Der Gärtner sorgt dafür, dass das Spalier stets in gutem Zustand ist. Er denkt, es sei wegen der Rosen.“
Nick musste lächeln und kletterte in dem Moment in die Dunkelheit hinaus, als Burroughs an die Tür zum Schlafzimmer seiner Mutter klopfte.
Die restliche Flucht verlief ohne Schwierigkeiten. Nick fand aus dem Garten hinaus, und erst nachdem er ein Gewirr von Gassen hinter sich gelassen hatte, nahm er sich die Zeit, sich vollständig anzukleiden. Für den Augenblick war er in Sicherheit, wenn auch nicht wirklich. Alicia Burroughs zeichnete sich nicht gerade durch Diskretion aus, wie er sehr wohl wusste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Burroughs erfuhr, wer der Mann bei seiner Gattin gewesen war.
Am Ende werde ich einer Strafe nicht entgehen können, dachte Nick grimmig. Er stopfte sein Hemd in die Hose. Allerdings würde Burroughs nichts außer seinem Namen erfahren, sodass die Verantwortung für das heutige Debakel lediglich ihn selbst treffen würde. Auf keinen Fall durfte es eine Verbindung zu der Liga der diskreten Gentlemen geben, nichts durfte die Organisation, zu der er gehörte, aufdecken, die, wie ihr Name schon sagte, um jeden Preis diskret bleiben musste. Niemanden störte es, einen höchst kompetenten Gentleman Escort als „Begleiter“ zu engagieren – wenn gewährleistet war, dass keiner je davon erfuhr!
Nicholas ging weiter. Noch war er nicht bereit zum Argosy House, dem Hauptquartier der Liga, zurückzukehren. Was sollte er Channing sagen? Der Gründer der Liga wäre in der Tat sehr enttäuscht von ihm. Diskretion war das oberste Gesetz. Es zu brechen, bedeutete finanziellen Ruin. Es würde das Ende der Gentlemen sein, das Ende des beträchtlichen Gewinns, das Ende sehr vieler Dinge – und nicht zuletzt sein eigenes Ende: Nicholas D’Arcy, Londons fantastischster, aufregendster Liebhaber. Viele Frauen zahlten enorme Summen für seine Liebeskünste. Sie stopften ihm die Taschen mit Edelsteinen voll, um herauszufinden, wie fantastisch war. Und da er diese Edelsteine und jede Summe Geldes brauchte, ermutigte er ihren Glauben in seinen Ruf. Aber war er nicht wirklich genau das – der fantastische Nick – allerdings auch nicht mehr?
Wenn er ehrlich sein wollte, musste er eingestehen, dass ein gekonntes Liebesspiel so ziemlich alles war, was er beherrschte. Dem Himmel sei Dank, dass er sein einziges Talent in eine Einkommensquelle hatte verwandeln können. Und er dankte dem Himmel, dass er Channing Deveril begegnet war, der seinen Erfolg überhaupt erst ermöglicht hatte. Sonst würde er sich wahrscheinlich noch immer als Schreiberling in einer Reederei am Hafen durchkämpfen und zu wenig verdienen, um seine Familie unterstützen zu können.
Dank seines Rufs war es ihm jetzt jedoch möglich, seiner Mutter anständige Summen Geldes zu schicken. Er konnte seinen beiden Schwestern aufregende Briefe über großartige Feste und die neueste Mode schreiben, ohne sich etwas ausdenken zu müssen. Natürlich wussten sie nicht, wie er sein Geld verdiente, nur das er jetzt ein Geschäftsmann war. Aufgrund der schlechten Gesundheit seines Bruders würden sie auch niemals die Wahrheit erfahren. Denn es würde sich nie die Gelegenheit für sie ergeben, nach London zu kommen und die wahre Situation zu erfassen, wofür er unendlich dankbar war. Das zerstörte Leben eines Bruders war schon Schuld genug. Nick wollte nicht auch noch seiner Mutter das Herz brechen.
Die Milchmädchen begannen ihre Runden, als Nicholas die Stufen zu Argosy House hinaufging. Es unterschied sich in nichts von den anderen Häusern in der Jermyn Street, die ebenfalls von wohlhabenden ledigen Gentlemen bewohnt wurden. Alle Fenster der übrigen Gebäude waren jedoch dunkel, nur im Argosy House brannten noch die Lichter. Die Herren würden noch etwa eine Stunde aufbleiben und von ihrem Abend erzählen, um sich danach zurückzuziehen.
Er betrat das Haus und hörte lautes Männerlachen im Salon. Unwillkürlich musste er lächeln. Es gab ihm ein Gefühl der Geborgenheit, zu wissen, was ihn erwartete, wenn er nach Hause kam. Und dies war das einzige Zuhause, das er jetzt besaß, der einzige Ort, an dem er sich wohlfühlen konnte.
Im Salon saßen sieben Männer lässig in den Sesseln und auf den Sofas – die Krawattentücher gelöst, die Frackröcke abgelegt und die Westen aufgeknöpft – und alle genossen ihren Brandy. Diese Männer waren seit vier Jahren seine Kameraden und Mitglieder derselben geheimen Liga.
Jocelyn Eisley entdeckte ihn als Erster. „Oho, Nick, mein Junge. Das war ja ein knappes Entkommen heute Abend. Wir fingen schon an, uns Sorgen zu machen.“
Alle wandten sich ihm zu. Einige pfiffen anerkennend, andere applaudierten.
„Du wirst noch in die Zeitung kommen.“ Amery DeHart salutierte mit seinem halb geleerten Glas.
„Ein dreifaches Hoch auf unseren Nick.“ Eisley räusperte sich und sprang für einen Mann seiner Größe...




