E-Book, Deutsch, Band 115, 400 Seiten
Reihe: Historical Saison
Scott / Heath Historical Saison Band 115
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7515-3194-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 115, 400 Seiten
Reihe: Historical Saison
ISBN: 978-3-7515-3194-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
SKANDALÖSES PORTRÄT DER LEIDENSCHAFT von BRONWYN SCOTT
Als Porträtmalerin kennt Lady Guinevere Schönheit in all ihren Schattierungen. Aber noch nie hat sie einen so gut aussehenden Mann gesehen wie Dev Bythesea, den neuen Duke of Creighton! Die sinnliche Atmosphäre zwischen ihnen ist magisch, und er macht ihr einen skandalösen Vorschlag: Sie soll ihn nackt malen ...
EIN HERZ LÄSST SICH NICHT TÄUSCHEN von VIRGINIA HEATH
Hart hat Ned Parker gearbeitet, um das Vermögen seiner Familie in Essex wieder zu mehren. Zeit für eine Ehe blieb für ihn da nicht. Seine Jugendfreundin Isobel will helfen und hält jetzt nach geeigneten Heiratskandidatinnen Ausschau. Weiß sie nicht, dass er seit Jahren nur sie begehrt?
Bronwyn Scott ist der Künstlername von Nikki Poppen. Sie lebt an der Pazifikküste im Nordwesten der USA, wo sie Kommunikationstrainerin an einem kleinen College ist. Sie spielt gern Klavier und verbringt viel Zeit mit ihren drei Kindern. Kochen und waschen gehören absolut nicht zu ihren Leidenschaften, darum überlässt sie den Haushalt am liebsten ihrem Ehemann, der früh morgens und spät abends am College unterrichtet, sodass er tagsüber als Hausmann glänzen kann.
Nikkis ganzes Leben steht im Zeichen des Schreibens. Schon in der vierten Klasse nahm sie an Nachwuchsautoren-Konferenzen der Schule teil und ist immer noch sehr stolz auf ihren ersten Roman, den sie in der sechsten Klasse fertigstellte - ein mittelalterliches Abenteuer, das ihre Mutter auf einer elektrischen Schreibmaschine für sie abtippte. Mittlerweile besucht sie RWA-Konferenzen und besitzt natürlich ihren eigenen Computer. Sie ist sehr an Geschichte interessiert, recherchiert gern, immer auf der Suche nach Stoff für neue Geschichten. Es macht ihr viel Spaß, sich mit anderen Autoren und LeserInnen über ihre Lieblingsbücher und den Prozess des Schreibens auszutauschen.
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
London – ENDE April, 1825
Die politische Hautevolee von London pflegte Lady Sheldons Nachmittagssalons wegen der intellektuell geprägten Konversation zu besuchen. Hingegen erschien Gwen Norton, um die Männer und manchmal die Frauen zu erforschen. An diesem Tag wollte sie ihren nächsten Klienten aussuchen, und sie setzten sich alle in Szene, absichtlich oder auch nicht. Das offizielle Wohnzimmer der Shelfords war mit Möbeln für Gesprächsgruppen eingerichtet.
Voneinander unabhängig, konnten sieben oder acht Gruppen verschiedene aktuelle Themen erörtern. In dieser Atmosphäre fand Gwen Norton eine wunderbare Gelegenheit, ihr einzigartiges Talent zu nutzen: Männer oder Frauen mit den Augen auszuziehen.
Auch jetzt wandte sie diese eher unmanierliche Begabung an, indem sie ihre Augen kaum merklich über dem Rand der zierlichen Sèvres-Teetasse erhob. Diesen Blick mochten manche Beobachter für unschuldig halten, andere für einen höchst unschicklichen Zeitvertreib.
Und am allerbesten – das derzeitige Ziel ihres Bestrebens, Lord Bilsham, nahm keine Notiz von ihr. Während er eine genauere Überwachung der Londoner Waisenhäuser forderte, nahm sie ihm in ihrer Fantasie den Mantel ab, missbilligte das grüne Paisley-Muster seiner Weste und entfernte das Hemd mit dem hohen Kragen. Der verhüllte teilweise die Kinnkonturen, die langsam, jedoch unvermeidlich den Kampf gegen das nahende mittlere Alter verloren. Bevor das passierte – bevor die letzten Spuren jugendlicher Strahlkraft entschwanden –, wollte Gwen diesen Lord porträtieren. Dieses Bild würde er im Alter wie ein kostbares Andenken schätzen.
Schon jetzt neigte er zur Körperfülle. In ein bis zwei Jahren – in zwei, wenn er Glück hatte – würde er dick sein. Das zusätzliche Gewicht begann sich um das Kinn und die Taille herum zu zeigen. Das konnte Gwen mit ihrem Pinsel kaschieren, für einen entsprechenden Preis.
Unter seiner Kleidung mochte Bilsham kein griechischer Gott sein. Um ehrlich zu sein, das waren nur ganz wenige Männer. Aber seine Geldbörse würde dem mythischen König Midas, der vergoldete, was immer er berührte, die Schamröte ins Gesicht treiben. Einzig und allein aus diesem Grund juckte es Gwen in den Fingern, ihn zu malen. Was es ihr einbringen würde, hatte sie bereits errechnet; zuerst dank des öffentlich präsentierten Porträts, später im privaten Bereich.
Bilsham war genau der Typ, der sie in Lady Shelfords Salon gelockt hatte – in frühen mittleren Jahren, vermögend und felsenfest von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugt. Hier trafen sich regelmäßig solche Gentlemen. Ohne jeden Zweifel würde Gwen mit einigen Aufträgen für elegante Porträts heimkehren.
Sobald er seinen Vortrag unterbrach, um Atem zu holen, ging sie zum Angriff über. Die porzellanblauen Augen weit geöffnet, lächelte sie sanft, stellte ihre Tasse ab und beugte sich vor. Ihre Hand unternahm eine teils kühne, teils ein bisschen zögernde Reise über den Tisch und sank auf den Ärmel Seiner Lordschaft. Mit dieser Geste erzielte sie einen Effekt zwischen wagemutig und ladylike, was ihrem Wesen entsprach. „Lord Bilsham, Ihre Sorge um arme Londoner Kinder ist wirklich rührend. Wie man mir erzählt hat, leiten Sie den Vorstand eines Heims für Findelkinder in Chelsea.“
„O ja!“, bestätigte er, sichtlich erfreut über die Aufmerksamkeit, die er erregte. „In diesem Heim sind vierzig Kinder untergebracht, und wir arbeiten an einem Lehrlingsprojekt für Jungen und Mädchen.“
Gwens Lächeln vertiefte sich. „Wundervoll! Gewiss wird man den absehbaren Erfolg des Projekts den genialen Visionen des Vorstandsvorsitzenden zuschreiben – also Ihren Plänen.“ Seine Brust schien sich auszudehnen, und sie fuhr unbeirrt fort: „Welch ein grandioses Vermächtnis werden Sie Ihren Nachfolgern hinterlassen!“
Nun sah sie über seinem hohen Hemdkragen die erste Röte einer wachsenden Befangenheit.
„Haben Sie schon einmal überlegt, ob Ihr Porträt die Eingangshalle des Waisenhauses zieren sollte, Lord Bilsham?“
Offenbar verunsichert, räusperte er sich. „Eine überflüssige Extravaganz – und ich fürchte, es würde arrogant wirken.“
Das war der schwierigste Aspekt ihres Geschäfts – den Leuten etwas zu verkaufen, das sie für unnötigen Luxus hielten. Doch darauf war sie vorbereitet.
„Das Porträt würde keineswegs Ihrer Person huldigen, sondern einfach nur die Arbeit dokumentieren, die Sie für das Chelsea House leisten, Lord Bilsham, die Verdienste eines Wohltäters. Und es würde so manche Menschen veranlassen, Ihnen nachzueifern.“
Damit traf sie exakt den richtigen Nerv ihres Opfers und las in seinen Augen, wie sich die Ablehnung arroganter Eitelkeit in eine moralische Pflicht verwandelte.
„Wenn man es so betrachtet … Welch eine ausgezeichnete Idee, Mrs. Norton!“
„Deshalb male ich, Lord Bilsham.“ Verschwörerisch hob sie die Brauen, senkte die Stimme, die einen vertraulichen Klang annahm. „Um die Gegenwart für die Zukunft festzuhalten. Also stellen Porträts keinen Luxus dar, sie drücken die wesentlichen Erinnerungen an die gemalten Persönlichkeiten aus.“ Gwen nahm eine Visitenkarte, auf der in schnörkellosen schwarzen Buchstaben ihr Name und die Adresse ihres Hauses standen, aus ihrem Retikül. „Zwischen zehn und vier Uhr nachmittags finden Sie mich fast täglich in meinem Atelier, und es wäre mir eine Ehre, Sie für die Nachwelt abzubilden“, beteuerte sie und reichte ihm die Karte.
Um diese Tageszeit herrschte das günstigste Licht in ihrem Arbeitsraum. Das verhalf ihr zu einer glaubhaften Begründung, warum sie keine Besuche abstattete und allen anderen langweiligen Beschäftigungen auswich, die tagsüber in jeder Saison zum Zeitvertreib vornehmer Damen zählten.
Wenn die Ladys einander ohne Gentlemen besuchten oder sich in Teesalons trafen, fehlte sie, ersparte ihnen und sich selber peinliche Begegnungen. Infolge ihrer Herkunft und ihrer früheren Ehe war sie eine Lady, wegen ihrer Lebensweise nicht. Seit vier Jahren debattierte man in London, ob man Guinevere Norton, geborene Parkhurst – die Enkelin eines Earls und Witwe des zweiten Sohnes von einem Earl – aus der Hautevolee ausschließen durfte. Oder sollte man ihren Status berücksichtigen und ihre Extravaganz akzeptieren? Immerhin wohnte sie außerhalb eines Stadtteils, den die höhere Aristokratie vorzog. Sie verdiente ihr Auskommen mit einer künstlerischen Tätigkeit. Zudem hatte sie mit ihrem Gemahl einige Jahre in Italien verbracht und einen Lebensstil gepflegt, der dem der englischen Oberschicht nicht entsprach.
„Oh, die Ehre wäre ganz auf meiner Seite.“ Bilsham nahm die Karte entgegen und steckte sie in seine Westentasche – mit einer Geste, die einen gewissen Respekt bekundete. Offenbar verstand er das Privileg des Angebots. Gwen akzeptierte nicht viele Kunden an. Dadurch wirkte sie exklusiv.
An die umstrittene, schwer einzuschätzende Kunstmalerin Guinevere Norton trat man nicht heran, sie wählte ihre Klientel aus. Das gehörte zu ihrer Mystik, die sie sorgsam kultivierte und die ihr die gesellschaftliche Toleranz sicherte.
Bevor sie aufstand, berührte sie wieder seinen Ärmel, „Lord Eden und Mr. Marley waren sehr zufrieden mit den Porträts von ihren Bräuten, die ich neulich gestaltet habe.“ Insbesondere, weil diese Gemälde niemals in den Familiengalerien hängen würden ... Edens Braut hatte nur ihren Schleier getragen, strategisch drapiert, um die Vorzüge des Lichts einzufangen. Wahrscheinlich Gwens bisher bestes Werk – das Bilsham allerdings nie sehen würde.
Aber Eden und Marley gehörten seinem Chelsea House-Vorstand an. Vielleicht würden ihre Empfehlungen ihn in dem Entschluss bestärken, ihr einen Auftrag zu erteilen.
Zum Abschied schenkte sie Bilsham noch ein Lächeln und ging zur Tür. Was sie für Lady Shelfords Party geplant hatte, war erledigt. Nun wollte sie den Schreibwarenladen aufsuchen und ihre neuen Pinsel holen, die an diesem Morgen geliefert worden waren. Helle Vorfreude beschwingte ihre Schritte. Mit neuen Pinseln zu arbeiten – eine unvergleichliche Wonne! Seidiges Zobelhaar zu berühren, robuste Schweineborsten …
Wäre sie nicht in Gedanken an die Pinsel und kreative Inspirationen vertieft gewesen, hätte sie ihn auf der langen Eingangstreppe des Shelford-Stadthauses heraufkommen sehen. So schnell, wie sie die Stufen hinabstieg, eilte er ihr entgegen.
Prompt stießen sie zusammen. Das tat weh. Kein Wunder, wenn man mit voller Wucht gegen einen Hüftknochen prallte … Als sie auf einer Stufe saß, kreischte sie erbost: „Passen Sie auf, wohin Sie gehen!“ Vielleicht ein bisschen ungerecht. Darauf hätte sie auch achten müssen, aber normalerweise ging man schnell hinab, herauf etwas langsamer, nicht wahr? Und er war die Treppe heraufgestiegen. Und er war kaum aus dem Gleichgewicht geraten, hatte sich nur grinsend am Geländer festgehalten.
„Das würde ich tun, wenn alle meine Ziele so reizvoll wären wie Sie.“ Diese Worte bekundeten die Nonchalance eines geübten, erfolgreichen Verführers, unterstrichen von einem samtigen Bariton. Dieser Stimme würde Gwen in einer anderen Situation sehr gern zuhören.
Er streckte eine Hand aus, half ihr auf die Beine, und ihr Blick wurde von grünen Augen voller Goldpunkte gefesselt. In ihrem Bauch begannen Schmetterlinge zu tanzen – ein...