Schwarzenbach / Steiner / Zopfi | Lorenz Saladin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 271 Seiten

Reihe: Lenos Voyage

Schwarzenbach / Steiner / Zopfi Lorenz Saladin

Ein Leben für die Berge
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-85787-541-0
Verlag: Lenos
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Ein Leben für die Berge

E-Book, Deutsch, 271 Seiten

Reihe: Lenos Voyage

ISBN: 978-3-85787-541-0
Verlag: Lenos
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



»Lorenz Saladin. Ein Leben für die Berge«, 1938 erschienen, ist die Biographie des seither in Vergessenheit geratenen Abenteurers und Expeditionsbergsteigers. Saladin stammte aus Nuglar im solothurnischen Schwarzbubenland, war von Jugend an von den Bergen fasziniert, bereiste nach dem Militärdienst im Ersten Weltkrieg die USA und Südamerika und nahm an erfolgreichen Expeditionen in den Kaukasus, ins Pamirgebirge und den Tienschan in Kirgistan teil. Nach der Besteigung des Khan Tengri in Zentralasien mit einer russischen Expedition verstarb er 1936 an den Folgen seiner Erfrierungen. Annemarie Schwarzenbach schildert das Leben und die Expeditionen Saladins mit großer Sachkenntnis, Einfühlungsvermögen und Bewunderung für seinen Mut und Unternehmungsgeist. Die Biographie wird durch zahlreiche Fotos von Lorenz Saladin sowie einen Essay von Robert Steiner und Emil Zopfi ergänzt. Steiner hat den Khan Tengri selbst mehrmals bestiegen und ist Saladins Spuren vor Ort gefolgt. Er recherchierte in russischen Quellen und stieß dabei auf dramatische und bisher unbekannte Fakten. Emil Zopfi, Schriftsteller und passionierter Bergsteiger, hat in Schweizer Archiven und bei Saladins Nachkommen weitere Details zu dessen Schicksal und zur literarischen Bearbeitung durch Annemarie Schwarzenbach gefunden.

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Eine Selbstbiographie
Bevor Lorenz Saladin, im Juni 1936, von Zürich abreiste und seine letzte Expedition antrat, wurde er aufgefordert, eine kurze Biographie zu schreiben, die bei der Veröffentlichung von Bildern und Berichten von der Expedition vielleicht von Nutzen sein würde. Saladin hat sich dieser Aufgabe anscheinend nicht allzugern unterzogen. Die Biographie fiel bündig aus, kürzer, als man es erwartet hatte. Aber sie ist ein echtes Saladin-Dokument, aus dessen schlichten Sätzen etwas von seinem männlich-kargen Wesen spürbar wird. Wir geben es hier wörtlich wieder: »Lorenz Saladin, geb. 1896, 28. Oktober, in Nuglar, Kanton Solothurn. 1905 verdingt zu den Bauern. 1912 in die Lehre als Metzger in Basel, doch bald davongelaufen. 1913 in die Lehre als Bandweber, auch da wurde ich nicht alt, denn alles war zu eng für mich. Wieder davongelaufen. Noch im selben Jahr in die Lehre als Sanitärmonteur. 1914 in die Rekrutenschule, dann in den Grenzdienst bis 1917. Darauf in verschiedenen Schweizer Städten tätig. 1920 nach Frankreich und über die Pyrenäen nach Spanien. 1924 nach Südamerika: Brasilien, Argentinien, Bolivien, Peru, Kolumbien, Mexiko (wo ich die Wälder durchstreifte und die Berge in den Anden bestieg). 1929 nach den Vereinigten Staaten, wo ich Geschirrwäscher, Nachtwächter, Schwimmwart, Polizist, Monteur usw. war und so durch die ganzen Staaten gestreift bin. – Viele Bergtouren gemacht. 1932 zurück nach der Schweiz – Zürich. 1933 Expedition nach dem Kaukasus. 1934 Zweite Kaukasus-Expedition. Schöne Erstbesteigungen. 1935 nach dem Pamir (Mittelasien).
Betreffend Expedition folgt. Lorenz Saladin.« Scheint auch diese eigenartige Biographie zunächst dürftig, so enthält sie doch vieles, was für Saladin ungemein bezeichnend ist, und alles, was ihm in seinem Lebenslauf wichtig genug war, um erwähnt zu werden. Die Welt seiner Kindheit, wo er mit vier Geschwistern, zwei Brüdern und zwei Schwestern, aufwuchs, war ihm zu eng. Für ein solides Handwerk zeigte er wohl genügend Begabung, aber das sesshafte Leben, die regelmässige Tätigkeit, die Gebundenheit an einen Ort sagten ihm nicht zu. Er ist »davongelaufen«, hat es dann ein zweites und drittes Mal versucht und ist bald wieder davongelaufen. Nur Rekrutenschule und den fast dreijährigen Grenzdienst hat er durchgehalten und verliert darüber kein Wort, obwohl es ihm sicher nicht leichtgefallen ist, sich der militärischen Disziplin und der Gebundenheit an die tägliche Pflicht unterzuordnen. Die Möglichkeit, sich im Ernstfall ein- und unterzuordnen, die natürliche Selbstzucht, die Saladin während dieser drei Dienstjahre an den Tag gelegt hat, sind wieder im besten Sinne schweizerische Tugenden – die er später wiederholt bewiesen hat – besonders als Mitglied der Pamir-Expedition 1935, welche grosse Anforderungen an ihre Teilnehmer stellte. Aus dem Grenzdienst zurückgekehrt, blieb Saladin in der Heimat und war »in verschiedenen Schweizer Städten tätig«. Er übte seinen Beruf als Monteur aus – fast schien es, als werde sich der unruhige Junge, der es in keiner Lehre lang aushielt, besinnen und zu einem geregelten Leben bekehren, als werde er sich zu einem sesshaften, fleissigen Bürger auswachsen, der den Drang in die Ferne und die Liebe zu den Bergen auf Sonntagstouren und während kurzer Ferien auf Gebirgshütten und bei längeren Alpenwanderungen austobt … Aber das nächste Datum seiner Selbstbiographie, das Jahr 1920, bringt eine neue und diesmal endgültige Wendung. Der knapp Vierundzwanzigjährige geht zum erstenmal ins Ausland, nach Frankreich, bald darauf nach Spanien. Die Pyrenäen sind das erste fremde Gebirge, das er kennenlernt. Und von nun an können wir den knappen Bemerkungen entnehmen, wie er in immer neue Länder, in immer fremdere und fernere Zonen aufbricht und wie es, wo immer er hingelangt, die Berge sind, die ihn anziehen. Er zählt die Staaten des riesigen südamerikanischen Kontinents auf, die er bereist hat. Den wirklichen Gewinn, den ihm diese bedeutenden Fahrten eintrugen, nennt er in einem knappen Satz: »– wo ich die Wälder durchstreifte und die Berge in den Anden bestieg.« Saladin hat in Südamerika noch keine systematischen Expeditionen durchgeführt, kein Programm verfolgt, auch keine besonderen Besteigungen verzeichnet. Aber er durchquerte auf abenteuerliche und nicht ungefährliche Art die Urwälder, bestieg die Berge der Anden! Dieses gigantische Gebirge mit seinen Hochplateaus, seinen Städten auf 4000 und mehr Meter Höhe, seinen über weiten Tälern leuchtenden, von ewigem Schnee bedeckten Gipfeln gab dem jungen Schweizer den ersten Eindruck von jenen phantastischen Regionen, die mit der vertrauten Bergwelt der europäischen Alpen kaum noch etwas gemein haben. Es sind die grossen Hochländer der Erde, deren Höhenwind er hier zum erstenmal verspürte: sein unaufhörliches Rauschen ist der Meeresbrandung verwandt und mutet an wie überirdische Orgelmusik. Er sollte ihr später wiederbegegnen, in Mexiko zuerst, dann im Kaukasus, im Pamir, in Turkestan, im Tienschan. Zum Brausen des Windes gesellt sich die Gewalt des Lichts, kaum noch gebrochen durch die Schichten der dünnen Luft, die der Mensch nur mit Mühe atmet. Denn hart grenzt hier die Welt von Mensch, Tier und Pflanze an die Überwelt, die dem himmlischen Bereich kalter und feuriger Gestirne näher scheint als der belebten und bewohnbaren Erde. Glühendheisse Tage wechseln mit eisigen Nächten, die Sonne wird zum Feind des Lebendigen, die Bewohner solcher Länder, die Indianer der Anden, die Nomadenstämme der asiatischen Hochebenen, haben ein schläfrig-traumwandlerisches Wesen, häufig kauen oder rauchen sie Gifte, deren Wirkung sie dem gewöhnlichen Leben entfremdet und sie befähigt, die übermenschlichen Gesetze und die unfassbare Grösse ihrer Heimat zu ertragen. Lorenz Saladin ist als ein Fremder in diese Welt eingedrungen, deren Zauber gerade von Europäern oft als gefährlich empfunden wird, und sie erliegen ihm, wie man einer durch schlechtes Klima verursachten Krankheit erliegt. Diplomaten, die einmal auf einen östlichen Posten geschickt wurden, bleiben häufig bei der orientalischen Karriere. Abenteurer, einmal in exotische Länder verschlagen, kehren immer wieder dorthin zurück. Wissenschaftler und Alpinisten, die an einer Expedition in die asiatischen Hochländer teilgenommen haben, versuchen, wieder dorthin zu gelangen, oder tragen ihr Leben lang Heimweh darnach in ihren Herzen. Reisende sprechen vom geheimnisvollen Zauber des Orients. Am stärksten ist nicht der Zauber von Tausendundeiner Nacht, von exotischen Städten, Tempeln und Gärten, sondern die von Winden und wechselndem Licht belebte Öde der kahlen Hochebenen und Gebirgszüge »am Rande der Welt«. Es ist ihre Grösse, die uns so rätselhaft anzieht und uns gleichzeitig mit fast lustvoller Furcht erfüllt. Hier gelten unsere gewöhnlichen Massstäbe nicht mehr, während wir uns sonst die Erde behaglich einzurichten wissen und sie nach unseren Bedürfnissen umwandeln, wie ein Gärtner ein fruchtbares Stück Wildnis zu einem Garten macht, worin das Wasser geregelt zwischen symmetrischen Gemüse- und Blumenbeeten fliesst, die nötigen Wege, mit Kies bestreut, sich durch Rasen und Obsthaine schlängeln und eine Mauer oder eine grüne Hecke das Ganze schützend umschliesst. – So erweckt eine »menschliche« Landschaft, mit gerodetem Wald, mit Feldern, über die von Generation zu Generation der Pflug geführt wird, mit ausgetretenen Pfaden, breiter Landstrasse, alten Höfen und geschlossenen, gewissermassen organisch gewachsenen Ansiedlungen ein Gefühl von Wohlgefallen und Geborgenheit. Jenen grossen Hochländern aber kann der Mensch seine Gesetze nicht aufzwingen, er muss sich ihnen anpassen und ist ihren Gewalten schutzlos preisgegeben: da verspürt er einen überweltlichen Hauch, fühlt sich dem Unendlichen benachbart und verwandt. Lorenz Saladin, obwohl empfänglich für Reiz und Eigenart jeder Landschaft, war der Gefahr nicht ausgesetzt, sich an den Zauber der Hochwelten zu verlieren. Ihm war die Natur ein vertrauter Gegner, die ihn zu männlichem Kampf reizte, ohne dass er sich etwa zu sinnlos gefährlichen Unternehmungen hinreissen liess. Er war gesund an Leib und Seele, er kannte die Grenze seiner Leistungsfähigkeit, immer schwierigere Ziele haben ihn gestärkt, er ist von seinen Bergfahrten nicht erschöpft zurückgekehrt, sondern schon von neuen Plänen erfüllt. So ist seine Liebe zu den Bergen gewachsen, und seit der Begegnung mit den Anden genügte ihm die heimatliche Gebirgswelt nicht mehr: Beharrlich reifte in ihm die Bestimmung zum Alpinismus grossen Stils, die ihn schliesslich nach Asien und seinem tragischen Schicksal entgegenführen sollte … Kehren wir zu seiner Biographie zurück. Im Jahre 1929, bemerkt er, ging er in die Vereinigten Staaten, durchlief, mittellos wie er war, die Reihe der Berufe, die für den »Amerikafahrer« so typisch sind. Er begann als Geschirrwäscher, eine Beschäftigung, die für einen jungen, an die frische Luft und die unbeschränkte Freiheit der Berge gewöhnten Alpinisten nicht sehr angenehm ist. Offenbar hielt er es auch nicht lange aus, sondern »lief bald davon«. Als Nachtwächter und Schwimmlehrer, zuweilen auch seinen erlernten Beruf als Monteur ausübend, ist er durch den ganzen Kontinent gestreift, und wieder fügt er in einem knappen Nachsatz hinzu, was ihn dort eigentlich interessiert und ihm Freude gemacht hat: »Viele Bergtouren gemacht!« – Als Saladin, sechsunddreissig Jahre alt, 1932 in die Schweiz zurückkehrt, ist es nicht, um die Wanderzeit des Jünglings abzuschliessen und gesättigt an Erlebnissen und...


Annemarie Schwarzenbach, geboren 1908 in Zürich. Studium der Geschichte in Zürich und Paris. Ab 1930 Freundschaft mit Erika und Klaus Mann. 1931 bis 1933 zeitweise in Berlin. Erstmals Morphiumkonsum. 1933/34 Vorderasienreisen. 1935 kurze, unglückliche Ehe in Persien. 1936 bis 1938 Reisen in die USA, nach Danzig, Moskau, Wien, Prag. Entziehungskuren. 1939 Reise nach Afghanistan. 1940 Aufenthalt in den USA. 1941/42 in Belgisch-Kongo. Die Journalistin, Schriftstellerin und Fotoreporterin starb 1942 in Sils.



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