E-Book, Deutsch, Band 212, 160 Seiten
Reihe: Perry Rhodan Neo
Schwartz Perry Rhodan Neo 212: Welt der Hoffnungslosen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8453-4912-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 212, 160 Seiten
Reihe: Perry Rhodan Neo
ISBN: 978-3-8453-4912-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Fünfzig Jahre nachdem die Menschheit zu den Sternen aufgebrochen ist, haben Kolonisten die ersten Siedlungen auf dem Mond und Mars sowie auf mehreren Planeten außerhalb des Sonnensystems errichtet. Der Weg ins Weltall war mühsam und abenteuerlich. Aber geleitet von Perry Rhodan, haben die Menschen bislang jede Gefahr überstanden. Doch im Jahr 2089 werden sie mit einem Gegner konfrontiert, der nicht fassbar erscheint. Das aggressive Dunkelleben bedroht die Solare Union, beeinflusst auf unheimliche Weise Einzelpersonen ebenso wie ganze Welten. Um mehr über das Dunkelleben zu erfahren, wagt Rhodan eine Expedition auf die andere Seite der Milchstraße - zum geheimnisvollen Compariat. Dabei kommt es zu einem katastrophalen Unfall. Der Experimentalraumer FANTASY strandet in einer unbekannten Raumregion. Nachdem sie das Hindernis eines Schreienden Steins überwunden haben, setzen die Raumfahrer ihren Weg fort - und geraten auf die todbringende WELT DER HOFFNUNGSLOSEN ...
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1. Galduta Es regnete. Schwere, große Tropfen, die laut knallend auf die Metalldächer schlugen. Osamely versteckte sich unter dem selbst zusammengezimmerten Schutz, zog sich ganz tief nach hinten zurück, wo es nur noch kriechend weiterging. Der Regen tat ihm weh, seine Haut bekam davon Blasen, die aufplatzten, und dann quoll gelber Eiter heraus. Galduta setzte sich die Ohrenschützer auf. Sie hatte das kleine Dach mit Schwammmoos bedeckt, das nicht nur den Regen liebte und aufsaugte, sondern auch seinen Klang erstickte. Aber der Lärm der nackten Dächer ringsum schmerzte ihre Ohren so sehr, dass sie Angst bekam, einen Blutsturz zu erleiden. »Geht es dir gut?«, fragte sie in die Dunkelheit hinein. Kurzzeitig glühten zwei kleine Lichter auf. Die Antennen über Osamelys Augen phosphoreszierten. »Ja«, kam es zittrig zurück. »Du brauchst keine Angst zu haben«, versicherte Galduta. »Ich habe alles abgedichtet, und das Schwammmoos lässt nichts durch. Es fühlt sich wohl da oben.« »Wird es lange dauern?« »Ich weiß es nicht. Ich gehe besser sofort und allein.« »Das ist zu gefährlich!« Osamelys Hand schoss durch die Dunkelheit zu ihr und wollte sie festhalten. Er schrie auf, als sein Finger mit einem Wassertropfen in Berührung kam. Die Hand schnellte zurück. »Osa, warum bist du unvernünftig?« Galduta seufzte. »Ist es sehr schlimm?« »Nein, gar nicht.« Die Antennen schlugen Funken. Manche Wesen verströmten Wasser aus den Augen, wenn sie Angst hatten, traurig waren oder Schmerz empfanden. Osamely stieß Funken aus. Galduta verharrte einige Augenblicke hin- und hergerissen. »Ich muss gehen, Osa, du brauchst Medizin, und ich brauche etwas zu essen«, sagte sie schließlich. »Vielleicht finde ich auch etwas, um die Lampe zu reparieren. Dann haben wir wieder Licht. Das wäre schön, oder?« »Willst du nicht doch warten, bis es aufhört?« Galduta spürte, wie es anfing, sich zu öffnen, und presste die Hand auf den Bauch. »Ich kann nicht. Sollte es Tage dauern, wird Fia'ai zu stark und will dich fressen. Ich habe großen Hunger. Und Fia'ai auch.« »Ich habe Angst«, wimmerte Osamely. Galduta war gerührt. Er hatte nicht um sich Angst, sondern um sie. »Ich passe schon auf«, versprach sie. »Wir bleiben zusammen, ja?« »Für immer. Das haben wir geschworen, weißt du noch?« Sie legte die Hand an die Brust, und ihre überlangen Finger verschlangen sich zu dem Symbol ihres Schwurs. »Wir beide, du und ich.« Sonst hatten sie niemanden mehr. Beide Elternpaare waren längst einen der unzählbaren Tode gestorben. Es gab niemanden, der sich um sie kümmerte, obwohl sie noch lange nicht erwachsen waren. Die meisten interessierten sich nicht für sie, bewarfen sie sogar mit Steinen, damit sie ihnen keine Beute streitig machten. Die anderen ... wollten sie essen. Galduta hatte zwei Geschwister auf diese Weise verloren, und sie war geflohen, bevor auch sie dieses Schicksal erlitt. Unterwegs war sie auf Osamely getroffen, der ebenfalls auf der Flucht gewesen war. Sie hatten sich seither gut durchgeschlagen, jede Nacht einen anderen Schlafplatz gesucht und sich nur in der Dämmerung nach draußen gewagt. Es war prinzipiell zu jeder Stunde gefährlich. Galduta und Osamely bewegten sich jedoch bevorzugt in der Dämmerung. Ihre Sinne funktionierten dann am besten, und viele von den anderen waren dämmerungsblind, weil sie keine Farben sehen konnten. Dann verwischte alles zu grauen Schlieren, in denen nur noch vage Bewegungen erahnt werden konnten. Ein Vorteil für die beiden Kinder, die es dadurch geschafft hatten, schon mehrere Jahre zu überleben. Mehrere Jahre – das war nur so ein Begriff, ohne dass ein echtes Zeitverständnis dahinterlag. Die Sonne ging auf und unter, es gab Tage, und die könnte man zählen – sofern man dazu in der Lage war oder sich dafür interessierte. Galduta und Osamely hatten nie gelernt, zu zählen. Sie wussten nicht mal, ob sie in dieser Stadt geboren waren oder von woanders kamen. Sie hatten aber gelernt, zu überleben. Sie waren älter geworden. Vielleicht waren sie doch schon erwachsen? Andererseits ... die Kinderfresser waren weiterhin hinter ihnen her, also schien es noch nicht so weit zu sein. Galdutas Mutter hatte zu ihr gesagt, dass sie ihre Tochter und ein »Mädchen« sei, ohne genauer zu erklären, was der Unterschied zu einem »Jungen« wie Osamely war. Bei ihm war es ähnlich gewesen, sein Vater hatte ihm erklärt, er sei sein »Thronerbe«. Manchmal trafen sie jemanden, der freundlich war und sich unterhalten wollte. Meistens waren es die Sterbenden, die nicht allein sein wollten, wenn es so weit war. Doch wer blieb schon bei so jemandem, wenn die unzählbaren Tode zuschlugen? Es war nicht schön, sondern grausam. Keiner starb wie der andere, nur das Ergebnis blieb bei allen gleich: Ihre Körper wurden starr und kalt, sie atmeten nicht mehr, und die Springfarne und Ätzflechten und Giermoose holten sie sich schon nach wenigen Stunden. Nichts blieb zurück, nicht einmal Knochen. Galduta hatte den einen oder anderen nach der »Zeit« gefragt und ob er die Tage zählen würde. »Sei nicht dumm«, hatte stets die Antwort gelautet. »Warum sollte ich die Tage bis zu meinem Tod zählen? Wem wäre das von Nutzen? Man kann sie nicht übertragen oder verschenken, damit ein anderer länger lebt.« Galduta hatte darüber nachgedacht und zugestimmt. Wenn etwas nicht nützlich war, lohnte es sich nicht, dafür kostbare Energie zu verschwenden. Nur manchmal, ja, manchmal hätte Galduta gern gewusst, ob überhaupt ein Leben auf sie wartete. Es gab Legenden, dass manche es geschafft hätten, den unzählbaren Toden zu entgehen. Dass sie in der »Kolonie« lebten, wo sie sich nicht mehr veränderten, sondern gesund wurden und ein ganz normales Leben führten. In einem guten, sicheren Haus und mit regelmäßigem Essen und sauberem Wasser. Galduta stellte sich vor, dass diese Glücklichen phantastische Dinge taten, die wichtig und von Bedeutung waren. Sie standen auf und wussten, dass sie eine Aufgabe hatten, die sie erfüllte. Wenn sie nach draußen gingen, hatten sie keine Angst, weil es sicher war, dort, wo sie lebten. Manchmal träumte Galduta davon, dass sie zu einer dieser Legenden wurde, sobald sie erwachsen war. Dass sie es schaffen konnte, weil sie als Kind gekämpft und gesiegt hatte. Aber diese Träume waren selten. Denn meistens hatte sie Albträume, und wenn sie erwachte, erinnerte sie sich, dass sie ihr Leben geträumt hatte. Nur noch gefährlicher, und in der Ferne hörte sie immer diese schrecklichen Schreie, die niemals endeten. Die sie zuweilen bis ins Wachen verfolgten. Wann es mit den schlimmen Träumen angefangen hatte, wusste sie nicht, doch sie konnte sich an eine Zeit »davor« erinnern, als es nicht so gewesen war. Bald würde auch diese Erinnerung keine Rolle mehr spielen, wie so viele andere. Was zählte, war der Augenblick. Erinnerungen bedeuteten nur Schmerz. Weil es früher schlimmer gewesen war. Oder besser. Es war klüger, sich nur auf die Gegenwart zu konzentrieren, in der sie Osamely und sich selbst versorgte. Es war besser, nicht allein zu sein. Auch wenn er ihr diesmal nicht bei der Beschaffung helfen konnte – an einem anderen Tag würde Osamely mit seinen dehnbaren Armen und Händen sicherlich erfolgreicher als Galduta sein. Der Regen strömte unaufhörlich, ein dichter Vorhang, der selbst für die farbig Sehenden die Welt grau machte. Galduta hatte keine Probleme damit, ihre Augen waren hervorragend angepasst. Sie konnte zwar kein direktes Sonnenlicht ertragen, aber sobald es dämmerte, sah sie ungeheuer scharf und in vielen starken Farben. Allerdings zumeist nur die Umrisse, selten den Körper dazwischen. Wenn sie Lebenden begegnete, leuchteten diese geradezu, manche strahlten sogar hell. Das waren meistens die, deren Lebenslicht die letzte Energie aufwandte, ein Aufbäumen vor dem Tod. Wie bei den Sternen dort oben, hatte die Mutter ihr mal erzählt, als sie einen grell aufleuchtenden Punkt beobachtet hatten. »Bevor sie sterben, bieten sie noch einmal alles auf in vergehender Schönheit.« Die unzählbaren Tode waren nicht schön. Galduta wusste, diese Letztstrahlenden boten verzweifelt alles auf, um dem Tod zu entgehen, sie weigerten sich, erkannten das Unausweichliche nicht an. Manche liefen herum und flehten um Hilfe. Niemand bot sie ihnen. Es gab keine Rettung. Im Gegenteil. Wer konnte, floh. Manchmal waren die unzählbaren Tode nämlich ansteckend. Gaben sich nicht zufrieden mit dem einen dürren Leben, das kaum mehr Nahrung bot, und wollten mehr. Endlich erreichte Galduta das freie Land, fern der Behausungen, fern des dröhnenden Trommelns. Sie nahm die Ohrenschützer herunter, stellte die eingerollten Ohren auf und strich über sie, um sie zu schärfen. Die feinen Flimmerhaare fingen alles auf, selbst die Töne, welche die meisten anderen nicht mehr wahrnehmen konnten. Mit den großen Lauschtrichtern konnte sie noch Geräusche weit außer Rufweite empfangen. Vorsichtig bewegte sie sich auf der Straße. Der Regen hatte den Boden aufgeweicht und tiefe Pfützen gebildet. Ab und zu trat sie auf verbliebene Befestigungen, über die das Wasser hinwegströmte. Nur wenige konnten den sauren Regen ertragen und waren draußen unterwegs. Galduta hingegen war die aggressive Nässe egal. Ihre Kutte war längst durchweicht, aber an ihrer dicken Haut prallte alles ab. Sie trug die Kleidung nicht als Schutz vor dem Wetter, sondern um sich, nein, es – zu...