E-Book, Deutsch, Band 47, 350 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
Schuder Dorian Hunter 47 - Kiwibins Phantome
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-95572-047-6
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 47, 350 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
ISBN: 978-3-95572-047-6
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der neue Fürst der Finsternis hat sein erstes Ziel erreicht: Dorian Hunter und Coco Zamis scheinen als Einzelkämpfer für die Schwarze Familie kaum noch eine Gefahr darzustellen. Gleichzeitig ist die Ursache der Tore, die an verschiedenen Teilen der Welt aufbrechen und wieder verschwinden, weiterhin ungeklärt. Auch in Polen macht sich ein solches Phänomen bemerkbar: Der russische Ex-Geheimagent Kiwibin, inzwischen im Auftrag eines privaten Forschungsinstitutes tätig, sucht eines der verlassenen Häuser auf, in denen neuerdings ein 'Spuk' sein Unwesen treiben soll. Kiwibin ahnt nichts von den größeren Zusammenhängen und gerät in eine tödliche Falle ... Der 47. Band der legendären Serie um den 'Dämonenkiller' Dorian Hunter. - 'Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - >Dorian Hunter< und sein Spin-Off >Das Haus Zamis< vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction.' Kai Meyer enthält die Romane: 202: 'Friedhof der einsamen Seelen' 203: 'Tor zwischen den Welten' 204: 'Kiwibins Phantome'
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Friedhof der einsamen Seelen
1. Kapitel
Devron Zarges streckte sich ausgiebig, gähnte laut und sprang aus dem Bett. Seine nächtliche Gespielin schlief weiter; die Bettdecke war heruntergerutscht und gab den Blick auf ihre üppigen Brüste frei. Jetzt, im Licht des beginnenden Tages, wirkte die junge Frau nicht mehr besonders hübsch. Ihre Haare waren zerzaust, Lippenstift und Lidschatten waren verschmiert. Sie hatte achthundert Zloty für die ganze Nacht verlangt. Devron hatte keine Vorstellung davon, ob das viel oder wenig war. Für ihn spielte Geld nicht die allergeringste Rolle, er konnte so viel davon haben, wie er wollte. Dafür sorgte sein Auftraggeber, der mit Macht und Reichtum ausgestattet war wie kein anderer auf dieser Welt.
Seine Kindheit und Jugend hatte Devron in völliger Abgeschiedenheit verbracht, auf Schloss Sinclair in Schottland. Und von dem, was seinerzeit in der Welt vor sich gegangen war, hatte er nicht viel mitbekommen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Hinterwäldler gewesen, aber nun bereiste er die ganze Welt, erlebte er die aufregendsten Abenteuer und genoss das volle Vertrauen Isbrants, seines neuen Herrn. Devron grinste zufrieden, zog sich an und ging ins Badezimmer hinüber. Er befand sich in einem Hotel der gehobenen Oberklasse. Das Bad war mit einer übergroßen Duschkabine und mit einem in den Boden eingelassenen Whirlpool ausgestattet. Das Waschbecken bestand aus rosafarbenem Marmor, die Armaturen waren vergoldet.
Er hielt nichts von übertriebener Reinlichkeit, deshalb verzichtete er darauf, zu duschen. Am Waschbecken befeuchtete er Hände und Gesicht, und während er sich abtrocknete, besah er sich im Spiegel. Sein Kopf war lang und schmal, sein Teint war dunkel, seine Haare jedoch schlohweiß. Zwei gelbliche Schneidezähne ragten deutlich sichtbar über die Unterlippe, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Ratte verlieh.
Auf die meisten Menschen wirkte Devron abstoßend, aber darüber zerbrach er sich nicht den Kopf – im Gegenteil: Auf perverse Weise ergötzte er sich daran, Abscheu hervorzurufen. Er schlüpfte in seine Kleider und zog bald darauf die Zimmertür leise hinter sich zu. An die schlafende junge Frau, die er am Vorabend in der Hotelbar kennengelernt hatte, verschwendete er keinen Gedanken mehr. Der lang gestreckte Hotelgang war fensterlos und dezent beleuchtet. Keine Menschenseele war zu sehen, doch aus einiger Entfernung hörte er, wie ein Servierwagen herangeschoben wurde, auf dem Tassen und Teller schepperten. Hinter der gegenüberliegenden Zimmertür war die Stimme eines polnischen Nachrichtensprechers zu hören, jemand hatte Fernseher oder Radiogerät überlaut eingestellt. Devron wandte sich nach rechts, in Richtung des Lifts. Er befand sich in der achten Etage des Hotels, das im Zentrum Warschaus lag. Ein modernes Gebäude, das zumeist von gut situierten Geschäftsleuten, Diplomaten und auch Prominenten genutzt wurde.
Eine der Türen wurde ruckartig aufgerissen, ein junger Mann trat heraus: glatzköpfig, eckiges Gesicht, bekleidet mit Turnschuhen, Jeans und dunklem T-Shirt. Dem athletischen Körperbau nach zu urteilen, handelte es sich um einen durchtrainierten Sportler. Er verschränkte die Arme ineinander und verstellte Devron den Weg.
»Gdzie tak szybko, kolego?« Seine eisgrauen Augen blickten herausfordernd, auf seinen Lippen lag ein kaum wahrnehmbares Lächeln.
Devron, der kein Wort verstanden hatte, blieb stehen. Natürlich spürte er die Überheblichkeit und die Feindseligkeit, die von dem Glatzkopf ausging. Er konnte sich jedoch nicht erklären, was dieser Mann von ihm wollte.
»Niemiec? Anglik?«
»Geh mir aus dem Weg!«, erwiderte Devron barsch.
»Engländer, he? Ich höre es an deinem Akzent. Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Der Mann sprach fließend Englisch.
»Was willst du von mir?«, fragte Devron ungeduldig. Er war mittelgroß und nicht besonders kräftig gebaut – jetzt wurde er von dem Glatzkopf mit geringschätzigem Blick taxiert.
»Was hat Judyta verlangt? Siebenhundert oder achthundert Zloty? Ich glaube nicht, dass das genug ist.«
Devron hob die Augenbrauen, denn nun wurde ihm einiges klar. Er hatte den Zuhälter seiner nächtlichen Gespielin vor sich, und offensichtlich wollte der Bursche noch einige Nachforderungen stellen.
»Du solltest mir besser aus dem Wege gehen«, sagte Devron knapp.
Der Glatzkopf machte einen schnellen Schritt nach vorn.
»Achthundert sind für einen stinkenden Abfalleimer wie dich eindeutig zu wenig. Du wirst weitere tausend herausrücken müssen, wenn du mit heiler Haut aus diesem Hotel herauskommen willst. Ich gebe dir nur diese eine Chance, mir das Geld freiwillig zu geben.«
»Danke, mein Freund, ich weiß diese eine Chance durchaus zu schätzen«, sagte Devron, beließ seine Geldbörse aber in der Innentasche seines Mantels. Die geforderte Summe wäre für ihn kein Problem gewesen, doch er dachte nicht daran, klein beizugeben.
Er stand einfach da, verzog den Mund zu einem breiten Grinsen, sodass die gelben Rattenzähne sein Gesicht beherrschten.
Der Muskelprotz wurde tatsächlich unsicher.
»Und? Wo ist das Geld?«, fragte er fahrig. »Es ist besser für dich, wenn du mir alles gibst, was du hast.«
Aus den Augenwinkeln heraus nahm Devron wahr, wie sich einige Zimmertüren öffneten und sofort wieder schlossen. Offensichtlich waren die anderen Hotelgäste neugierig, wollten aber mit dem, was hier vor sich ging, nichts zu tun haben.
»Das Geld bleibt bei mir«, erwiderte er. »Aber diese eine Chance, die gebe ich an dich zurück. Geh in dein Zimmer und verschließe die Tür – dann werde ich die ganze Sache vergessen!«
»Du willst mir drohen?« Der Glatzköpfige verlor endgültig die Fassung. »Jetzt reicht es mir!«
Blitzschnell erhob er die Rechte, um sie seinem Gegenüber ins Gesicht zu schlagen. Es klatschte, Devron stolperte nach hinten und prallte gegen die Wand. Keuchend stieß er sich wieder ab, Blut sprudelte aus der geplatzten Oberlippe.
Der Glatzkopf stutzte, denn er sah, dass das Blut tiefschwarz war.
»Co to kurwa ma to znaczyc?«, rief er überrascht.
Er blickte Devron an, dessen Augen jetzt wie unheilvolle Smaragde funkelten. Der Weißhaarige hatte den Kopf ein wenig zum Boden geneigt und wirkte wie ein Raubtier, das bis aufs Äußerste gereizt worden war.
Unvermittelt krümmte sich der Glatzkopf zusammen, als habe eine unsichtbare Faust ihn in den Unterleib getroffen. Er ruderte mit den Armen in der Luft, und als er zu Boden fiel, wirkte er wie ein ungeschickter Vogel, der zur Landung ansetzt. Nahezu geräuschlos stürzte er auf den weichen Teppich und blieb keuchend liegen. Devron sprang nach vorn und trat ihm gegen Kopf und Oberkörper. Der Glatzkopf riss die Arme nach oben und versuchte sein Gesicht mit den Händen zu schützen.
Jetzt packte Devron das linke Bein des Glatzkopfes, und es knirschte grässlich, als er ihm das Wadenbein brach. Das bestialische Gebrüll des Zuhälters musste überall auf der Etage zu hören sein, doch Devron ließ noch immer nicht von ihm ab. Er zog das andere Bein zu sich heran und zertrümmerte mit einem einzigen Faustschlag die Kniescheibe. Der Glatzkopf brüllte wie am Spieß, und er hörte erst damit auf, als ein Kinnhaken ihn ins Reich der Bewusstlosigkeit beförderte.
Devron vernahm ein lautes, schepperndes Geräusch und fuhr herum. Zehn Meter entfernt verharrte ein unbemerkt näher gekommener Etagenkellner, dem vor Schreck das volle Tablett aus der Hand gefallen war. Glas und Porzellanscherben bedeckten den Boden, dampfender Kaffee sickerte in den Teppich. Der Hotelangestellte blickte schockiert auf den Glatzkopf, der mit verrenkten Gliedern auf dem Boden lag und nur noch schwach atmete.
Irgendwo wurde eine Tür aufgerissen, und Devron hörte die aufgeregte Stimme einer Frau, dem Slang nach handelte es sich um eine Amerikanerin. Sie faselte von Mord und Totschlag und rief nach der Polizei. Es wurde höchste Zeit für Devron, von hier zu verschwinden. Er ging am Fahrstuhl vorbei, in Richtung der Feuertreppe, hastete die Stufen hinab und benötigte für die acht Etagen nicht einmal zwei Minuten. Im Parterre führte eine verglaste Tür zu einer Lieferantenauffahrt, aber sie war verschlossen. Devron schlug mit dem Ellenbogen die Scheibe ein, was ihm aber nichts nutzte. Das Fenster war zu schmal, als dass er hätte hindurchsteigen können.
Seufzend suchte er nach einem anderen Weg. Er passierte einige Gänge und kam in einen riesigen Raum, in dem Dutzende von Hotelangestellten dabei waren, Frühstückstabletts vorzubereiten.
Nach einigem Suchen erreichte er schließlich die Hotelhalle. Dort herrschte bereits reges Treiben, doch nichts deutete darauf hin, dass man schon etwas von den Vorfällen in der achten Etage bemerkt hätte. Ohne innezuhalten, ging Devron auf die gewaltige Drehtür zu, die ins Freie führte. Bevor er sie erreichte, trat ihm ein hünenhafter Farbiger in den Weg.
»Mein Name ist Brian Frazier, ich bin der Hoteldetektiv.« Er hielt ein aufgeklapptes Lederetui in den Händen, darin war ein goldglänzender Metallstern zu erkennen, der an eine Polizeimarke erinnerte. »Sie sind Mr. Zarges? Ihr Zimmer liegt in der achten Etage?«
Devron nickte verhalten.
»Ich muss Sie bitten, mit ins Büro der Direktion zu kommen. Es sind einige Dinge zu klären.« Es klang höflich, aber auch sehr bestimmt.
Devron verzog unwillig die Mundwinkel. Er war angewiesen worden, kein Aufsehen zu erregen, um seinen Auftrag nicht zu gefährden, doch nun schien sich massiver Ärger...