Schröder | Der Turbo von Marrakesch | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Schröder Der Turbo von Marrakesch

Roman
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-20404-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-641-20404-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Atze in Gefahr

Essen-Kray. Ein Päckchen mit einer Schweizer Uhr wird versehentlich an Atze Schröders Nachbarin Ute Peymann geliefert. Die Waldorf-Lehrerin bittet ihren Freund und Mithausbewohner Atze, Comedylegende und bekennender Porsche-Fahrer, um Hilfe: Er soll das Paket zum richtigen Empfänger bringen. Dass dieser, ein gewisser Uwe Peimann, ein gefürchteter Auftragskiller ist und in der Uhr ein mysteriöser Mikrochip steckt, an dem auch das organisierte Verbrechen großes Interesse hat – davon ahnt Atze nichts, als er die Uhr leichtfertig beim Pokern verzockt. Von da ab gerät unser charmanter Frauenheld mit dem goldenen Herzen und der großen Klappe in einen Strudel gefährlicher Situationen.

Doch mit seinem unverwüstlichen Humor, einem vollgetankten Porsche Turbo und der Hilfe vieler Kumpels nimmt Atze den Kampf auf.
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1

Duschen kann man nicht oft genug

»Mein Mann ist ein Engel«, sagte die Neunundsechzigjährige im Bus zu ihrer Sitznachbarin.

»Hast du’s gut, meiner lebt noch!«, entgegnete ihr Gegenüber resigniert.

Genau solche gut abgehangenen Kalauer braucht der erfahrene Komiker, um eine lahme Seminarveranstaltung wieder in Schwung zu bringen.

Erster todsicherer Lacher! So, schnell noch so’n Kaliber hinterherschieben:

»Herr Wachtmeister, kommen Sie schnell, hier prügeln sich grad zwei Frauen um mich!«

»Wo ist das Problem, mein Herr?«

»Ich glaub, die Dicke gewinnt!«

Akribisch bereitete ich mich auf meinen Galaauftritt beim Heinrich-Heine-Literaturforum im Palais Wittgenstein in Düsseldorf vor. Erlesenes, intellektuelles Publikum muss man eben auf einer gewissen kulturellen Flughöhe abholen, sonst nickert es weg.

Auf keinen Fall darf man billige Witze bringen: »Haben Japaner Angst?« – »Ja, panische sogar.« Oder: »Herr Doktor, der Simulant von Zimmer sieben ist gestorben!« – »Oh, jetzt übertreibt er aber!« Auch mit billigen sexistischen Zoten braucht man so einer anspruchsvollen Gesellschaft nicht zu kommen. Ja, Erfahrung ist ein überlegener Jäger.

Zufrieden streckte ich die Arme in die Höhe und gähnte herzhaft. Dieses frühe Aufstehen war gar nichts für meinen sensiblen Biorhythmus. Aber wer seine Arbeit ehrt, der schreckt vor nichts zurück.

Es klingelte an der Tür, und meine zauberhafte Nachbarin Ute stand mit einem Päckchen im Flur.

»Ute, elf Uhr morgens und schon wieder Feierabend in deiner Waldorfschule … Ihr macht euch auch nicht kaputt in eurem Kuschelgulag. Küss mich, du Granate, kämpf nicht dagegen an! Was gibt’s Gutes, meine geliebte Exgeliebte?«

»Ach, Atze, ich kann dir einfach keinen Wunsch abschlagen.« Sprach’s, trat ein und drückte mir einen freundschaftlichen Schmatzer auf die Wange. Gut sah sie aus, frisch und natürlich wie immer. Ute und ich waren vor Jahren mal für zwei Jahre ein Paar gewesen, doch wir waren einfach zu unterschiedlich. In bestem Einvernehmen hatten wir uns getrennt. Wir waren weiterhin immer füreinander da und wohnten auch nach wie vor im selben Haus in der Kurt-Schumacher-Straße 10 in Essen, nicht zuletzt auch wegen ihres Sohnes und meines besten Kumpels Philipp, der uns beide abgöttisch liebte.

»Ute, gut, dass du da bist, ich brauche dringend deine Hilfe als intellektuelles Germanistikluder. Du unterrichtest doch Deutsch. Wie würdest du einen Vortrag vor den Honoratioren des ehrwürdigen Heinrich-Heine-Forums beginnen? Ich dachte, ich bleibe am Anfang eher seriös … Meine Damen und Herren, das Wichtigste am Schweißausbruch ist das W … Oder was hältst du von dem Einstieg: Wenn man sich von Buchstabensuppe übergeben muss, ist das dann schon gebrochenes Deutsch?«

Ute seufzte laut, schüttelte den Kopf und meinte nur: »Eins steht fest, Dicker, die vom Forum haben echt Humor – sonst würden die so einen lausigen Zotenhansel wie dich nicht zum dritten Mal engagieren.«

Ich kochte erst mal eine gute Tasse Bohnenkaffee für meine Lieblingsnachbarin und erkundigte mich nach meinem pubertierenden Freund Philipp.

»Wenn ich’s nicht besser wüsste, würd ich sagen, der Junge ist nicht von mir. Es gibt nur ein Thema: Computer, Computer, Computer! Ist das normal für einen 14-Jährigen?«

»Tja, Ute, in der normalen Welt schon … aber in eurem Waldorfgehege wird ja auch immer noch mit Stöckchen gerechnet. Du hättest ihm damals zum elften Geburtstag nicht diesen Holzcomputer schenken dürfen.«

»Du hast Nerven, Schröder. Du hast ihm ja schon zwei Jahre vorher dieses monströse Satellitentelefon geschenkt. Dann kam die Playstation 4 und letztes Jahr dann dieser sauteure Laptop!«

»Hömma du, Bioprinzessin, nicht mosern – so ist der Deal. Von dir die Herzensbildung und die Gartenhandschuhe, von mir Technik und Testosteron. Das echte Leben, mein Schatz. Außerdem war das kein Satellitentelefon, sondern ein ganz normales iPhone.« Sie verdrehte gespielt die Augen.

»Auf jeden Fall hängt der Junge nur noch vor diesem Computer und hat neulich sogar mit ein paar Freunden einen Hackerklub gegründet. Ich hab ihn ganz vorsichtig gefragt, was sie da machen … und dann meinte er nur schnöselig-wichtig von oben herab: ›Nix Schlimmes, Mama. Wir lassen bloß gerade den Flugzeugträger USS Trump ohne Genehmigung des Pentagon vor Wangerooge auf eine Sandbank laufen.‹ Ich hoffe einfach mal, das war nur ein Witz.«

Ich war begeistert. Philipp war nicht nur ein Toptyp, sondern auch noch hochintelligent. Der würde es weit bringen. Ich sah bei ihm praktisch keine Grenzen: Außenminister, Nobelpreisträger oder auch Schlagerstar wie Helene Fischer.

Bevor Ute wieder ging, drückte sie mir noch das Päckchen in die Hand, das die ganze Zeit auf dem Küchentisch gelegen hatte.

»Da hat irgendein Trottel beim Postamt seinen Job nicht richtig gemacht. Die richtige Adresse wurde durchgestrichen und einfach mit meiner verschlimmbessert.«

Tatsächlich, da hatte ursprünglich und noch deutlich lesbar gestanden: U. Peimann, Cora-Schumacher-Straße 10, Düsseldorf. Welcher Tonto machte daraus U. Peymann, Kurt-Schumacher-Str. 10 in Essen? Ey statt ei, Essen statt Düsseldorf, sonst noch was? Wofür kriegen die eigentlich ihr Geld? Wie sagte schon Plato der Ältere: »Die Leute von der Post, die saufen, wenn’s nix kost.«

Ich versprach ihr, die Angelegenheit zu regeln. Meine Nachbarin sah mich dankbar an.

»Ich wollte das schon selber neu adressieren und einwerfen … aber nachher geht da wieder etwas schief. Und da du ja wegen deines Auftritts heute sowieso nach Düsseldorf musst, habe ich gedacht, dass du das doch für mich bei der richtigen Adresse abgeben kannst.«

Ich legte ihr den Arm um die Schulter und säuselte devot: »Alles klar, Ute – dein Wunsch ist mir Befehl.«

Ich nahm das Päckchen an mich und entschied, es einfach mit der alten Adresse in den nächsten Briefkasten zu werfen. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, wies sie mich noch mal energisch darauf hin, dass ich das Päckchen auch ja persönlich bei der richtigen Adresse abliefern sollte. Ich musste es ihr sogar hoch und heilig bei Philipps Leben versprechen. »Schließlich könnte ja etwas sehr Wichtiges darin sein.«

Mein Gott, Ute. Das war mal wieder typisch Madame Oberkorrekt. Ihr pedantisches Lehrergehabe war dem alten Anarchisten in mir schon immer suspekt gewesen. Was sollte denn schon so Wichtiges in diesem Päckchen sein? Aber sie hatte mich natürlich durchschaut. Ich hätte das olle Teil, ohne mit der Wimper zu zucken, in den nächsten Briefkasten gesemmelt. Na gut, dann eben nicht. Ich hatte ja schließlich auf Philipps Leben geschworen. Außerdem hatte Ute gar nicht so unrecht, es konnten ja wirklich wichtige Dokumente in dem Päckchen sein, auf die der Empfänger schon dringend wartete.

Ich gähnte herzhaft, aber mit Nachdruck. Dann komplimentierte ich sie sanft, aber energisch aus der Wohnung: »Schön, dass du nix zu tun hast, so als Lehrerin, aber ich gehöre nun mal zu der berufstätigen Minderheit in diesem Land.«

Dann machte ich ein ausgiebiges Nickerchen. Heute Abend bei diesem Heine-Forum würde ich einfach improvisieren, die Säcke lachten doch eh über jeden Scheiß. Außerdem wusste ich ja, wer im Rahmenprogramm auftreten würde: Oberbürgermeister Thomas Geisel mit seiner Querflöte und der lyrikbesessene Bert Wollersheim mit seinem Vortrag »Duschen kann man nicht oft genug«. Und außerdem war mir das Ganze natürlich sowieso keksegal.

Rückblickend muss ich sagen: Was hätten wir uns alle ersparen können, wenn ich genau das getan hätte – wenn ich den Umschlag in den nächstbesten Briefkasten geworfen hätte.

Der Auftritt im Palais Wittgenstein lief bombig. Professor Dr. Kniepenkötter meinte sogar, Heinrich Heine hätte wahrscheinlich am meisten gegeiert. Heine, der zu Lebzeiten ungeliebte Sohn der Stadt Düsseldorf, war schließlich nicht umsonst ins Exil nach Frankreich gezogen. Das sagt doch im Grunde schon alles. Er war nämlich nicht nur ein großer Dichter, Denker und Lebemann gewesen, nein, bei den Damen der Pariser Gesellschaft galt er zudem als großes Fickel. Ein Sittenfiffi und Meister des praxisorientierten Dirty Talk. Seine eigenen Werke wandelte er im Vortrag gerne mal in saftige Zoten um: »Denk ich ans Fummeln in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht. Ich kann nicht mehr die Augen schließen, ich fühle es im Schlüpper sprießen.« Von wegen Dichter und Denker – in erster Linie wollten die Jungs damals Frauen klarmachen und sie fachmännisch durch die Brüsseler Spitze klöppeln. Herrlich!

Als ich nach der Veranstaltung in meinem Turbo saß, fiel mir auf dem Beifahrersitz ein Päckchen auf, das ich spontan nicht zuordnen konnte.

Was war noch mal damit? Ach so, ja, die verwechselte Adresse. Das Päckchen war ja für die...


Schröder, Atze
Atze Schröder ist einer der bekanntesten und beliebtesten deutschen Comedians. Seinen Lebensunterhalt bestritt er zunächst als Schlagzeuger in wechselnden Bands, bis er seine Liebe zum gesprochenen Wort entdeckte. Der Durchbruch gelang ihm mit der beliebten Comedy-Serie Alles Atze. Parallel festigte er mit seinen Soloprogrammen den Ruf als einer der besten und erfolgreichsten Live-Comedians Deutschlands. Insgesamt gewann er fünfmal den Deutschen Comedypreis. 2013 veröffentlichte Atze Schröder seinen ersten Roman Und dann kam Ute, mit dem er gleich die Spiegel-Bestsellerliste erobern konnte.



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