E-Book, Deutsch, 216 Seiten
Schröder Beste Freundin, blöde Kuh! Und raus bist du
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-401-80103-2
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 216 Seiten
ISBN: 978-3-401-80103-2
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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Kapitel 1 Puh! So eine Hitze!«, stöhnt Joey und schaut mich mit hypnotisierten Saugnapfaugen an. »Das hält ja kein Mensch aus.« Ich liege neben ihr in der prallen Sonne am Ufer irgendeines Sees und rühre mit den Händen im Wasser herum. »Die Brühe hier ist auch schon pisswarm.« Joey grinst. Ihre Augen werden immer größer und ihr Blick immer irrer und dann fängt sie plötzlich an zu heulen. »Du bist schuld!«, schreit sie mich an. Ihr Mund ist riesig und ihr Rachen dunkel und unendlich tief. Ich starre ihn an und habe das Gefühl, in den finsteren Schlund hinuntergezogen zu werden. »Joey, nein!«, kreische ich. »Ich kann doch nichts dafüüür . . .!« Dann sitze ich plötzlich in meinem Bett. Mein Gesicht ist heiß und mein Atem geht stockend. Es dauert eine Weile, aber dann kapiere ich: Es war bloß wieder dieser Traum, der mich in den letzten drei Wochen fast jede Nacht in einer ähnlichen Variante heimsucht. Ich lasse mich in mein Kissen zurücksinken und schaue bedrückt zum Fenster hinüber, durch dessen zugezogene Vorhänge die Morgensonne blitzt. Nachdem ich mein Zimmer am letzten Wochenende mehrmals umgeräumt habe, steht mein Bett inzwischen wieder an seiner alten Stelle. Genau wie früher schaue ich jetzt in die gleiche Richtung wie Joey, wenn sie aufwacht. Joey, die eigentlich Joana heißt und einmal meine allerbeste Freundin war. Nämlich früher, als wir beim Aufwachen nicht nur in dieselbe Richtung schauten, sondern haargenau die gleichen Klamotten, Bücher, Schreibtischlampen und Bambusrollos besaßen. Noch immer wohnen wir Garten an Garten in der Knippgartenstraße, noch immer besitzen wir die gleichen braunen Rosettenmeerschweinchen namens Angelo und noch immer haben wir am selben Tag Geburtstag, nämlich am 6. September. Der ist nun ebenfalls drei Wochen her. Seitdem sind Joey und ich dreizehn – und seitdem ist alles nicht mehr so wie früher. Keine Ahnung, welche CD Joey sich als Letztes gekauft hat, ich höre jedenfalls nicht mehr die alten Songs von Take That. Ich höre ja nicht einmal die neuen von Robbie Williams. Nein, ich habe mich diesbezüglich völlig umorientiert. Meine Lieblingsbands sind neuerdings Green Day und Good Charlotte. Irgendwie hängt das wohl mit Cobi zusammen, der jetzt mein Freund ist und diese Art Lala den ganzen Tag rauf- und runterdudelt. Ja, Cobi ist mein Freund und nicht Joeys. Eigentlich ist es kein Wunder, dass wir uns ausgerechnet in denselben Typen verknallt haben. Eigentlich war das vorprogrammiert. Aber anstatt zusammen für ihn zu schwärmen und ihn in unseren Träumen miteinander zu teilen, ist ein schrecklicher Konkurrenzkampf zwischen uns ausgebrochen. Um unsere Freundschaft zu retten, hätte ich fast auf Cobi verzichtet, aber dann hat sich Joey schrecklich gemein und unfair verhalten und mich sogar vor der ganzen Klasse bloßgestellt. Das kann ich ihr einfach nicht verzeihen. Außerdem wollte Cobi ja mit mir zusammen sein und nicht mit ihr. Und trotzdem: Glücklich bin ich irgendwie nicht. Mit Cobi treffe ich mich nur selten, und wenn, dann denke ich dauernd an Joey und wünsche mir nichts sehnlicher, als dass unsere Freundschaft doch noch zu retten wäre. Es klopft an meiner Tür und eine Sekunde später steht Mama im Zimmer. »Kannst du nicht endlich mal warten, bis ich »Herein« gerufen habe?«, brumme ich sie an. »Nein«, sagt sie lächelnd. »Du bist doch nicht mein Chef.« »Aber deine Tochter«, entgegne ich. »Und mindestens ebenso achtbar.« »Ich achte dich doch, meine Süße«, sagt sie. »Ich dachte nur, du willst vielleicht so schnell wie möglich mit Doreen sprechen. Sie ist nämlich am Telefon.« Das ist mal wieder typisch Mama! Obwohl ich sie mittlerweile schon x-tausendmal aufgefordert habe nicht immer ohne große Vorankündigung wie eine Rakete in mein Zimmer zu stürmen, hat sie es bisher noch jedes Mal geschafft, sich mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten herauszureden. Und da ich Doreen nicht warten lassen will, habe ich diesmal nicht einmal die Möglichkeit, mit meiner Mutter über ihr beständiges Fehlverhalten zu diskutieren. Ich verdrehe nur die Augen, schlüpfe in meine Latschen und schlurfe gähnend zum Telefon. »Hi«, begrüßt Doreen mich fröhlich. »Sag bloß, du hast noch gepennt?« »Nein«, sage ich, »war gerade aufgewacht. Was ist denn los?« »Cobi war eben bei mir.« »Waaas? So früh?«, rufe ich. »Es ist halb elf«, klärt Doreen mich auf. »Ja, ja«, sage ich ungeduldig. »Was wollte er denn bei dir?« »Über dich reden natürlich.« Natürlich. Natürlich? »Wieso das denn?«, knurre ich. Plötzlich kocht die Wut in mir hoch. Das geht samstags morgens nach einem dieser dusseligen Joey-Träume und einer von Mamas berühmt-berüchtigten Überrumpelungstaktiken besonders schnell. »Genau verstanden habe ich es auch nicht«, erwidert Doreen seelenruhig. Im Gegensatz zu mir ist sie nämlich nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. »Er hat ein ziemliches Durcheinander ausgespuckt. Grob zusammengefasst, würde ich das ungefähr so ausdrücken: Er weiß nicht, woran er bei dir ist.« »Hä?«, sage ich. »Wie meinst du das?« »Na ja, er macht sich halt Gedanken und so . . .«, erklärt mir Doreen. »Über mich?« »Ja, und über sich«, vervollständigt Doreen. »Sozusagen über euch beide.« Das kapier ich nicht. »Wieso?«, keife ich in den Hörer. Von Doreen kommt erst mal nichts, dann ertönt plötzlich ein genüssliches Schmatzen. »Doreen?« »Hmhm?« »Was futterst du denn da schon wieder?« »Schokis«, mümmelt sie. »Hat Paul mir geschenkt.« »Doreen, du wolltest abnehmen«, werfe ich ihr vor. »Und du wolltest über Cobi reden«, entgegnet sie. »Nein, du«, erwidere ich. »Ach so«, sagt Doreen. »Dann ist er dir also wirklich egal.« »Jetzt quatsch keinen Kakao.« »Das geht nicht«, erwidert Doreen kichernd. »Jedenfalls nicht mit einem Mund voller Schokolade.« Himmel noch mal! Wenn dieses Gespräch noch drei Sekunden so weitergeht, dann explodiere ich. »Weißt du, was?«, sage ich. »Ich bin in einer halben Stunde bei dir.« »Wie willst du das denn schaffen?«, fragt Mama, als ich aufgelegt habe. »Hast du etwa gelauscht?«, fahre ich sie an. »Ging nicht anders«, meint sie schulterzuckend. »Du hattest den Volumenregler schließlich auf höchster Stufe. Würde mich nicht wundern, wenn sogar unsere Nachbarn jetzt wissen, was los ist.« Nachdem ich mir eine Katzenwäsche gegönnt, Angelo kurz geknuddelt und eine Schüssel Schokopops in mich hineingestopft habe, schwinge ich mich auf mein Rad und mache mich auf den Weg zu Doreen. Natürlich muss ich an Joeys Haus vorbei und natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, einen verstohlen suchenden Blick über die Rasenfläche und die Fenster gleiten zu lassen. Von Joey ist allerdings nicht der Fitzel einer dunklen Haarsträhne zu sehen. Also gebe ich wieder Gas und sehe zu, dass ich so schnell wie möglich weiterkomme. »Hi«, begrüßt mich Doreen. Wie immer klemmt sie hinter dem Computer und daddelt eines ihrer geliebten Geschicklichkeitsspiele. »Bin gleich fertig.« Neben ihr auf dem Tisch liegt eine halb leer gefutterte Pralinenschachtel. Ich schiebe den Deckel drüber und stelle sie auf meinem Schoß sicher. »Mann, jetzt hab dich nicht so«, schmatzt Doreen. »Ich liebe Schokis und mir macht es überhaupt nichts aus, wenn ich wieder ein paar Kilos zulege.« »Das behauptest du bloß, weil du mit Paul zusammen bist und der auch nicht gerade schlank ist«, erwidere ich. »Aber das muss ja nicht für immer und ewig so bleiben.« »Paul will nicht abnehmen«, sagt Doreen zu ihrem Monitor. »Das mein ich doch gar nicht.« »Was dann?« Mannomann! Es ist also schon wieder so weit, dass die Sweeties ihr die Gehirnzellen zugepappt haben und sie nicht mal mehr eins und eins zusammenzählen kann....