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E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Schröder / Auffarth / Kohler Kali, Kohle und Kanal

Industriekultur in der Region Hannover
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-356-01470-9
Verlag: Hinstorff
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Industriekultur in der Region Hannover

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-356-01470-9
Verlag: Hinstorff
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die Region Hannover war schon Mitte des 19. Jahrhunderts ein aufblühender Industriestandort und entwickelte sich rasch zu einem der wichtigsten Industriezentren. Bekannte Firmen wie Hanomag, Pelikan und Continental trugen den Namen Hannovers in die ganze Welt. Mit diesem Buch steht Freunden der Bau- und Technikgeschichte sowie der Industriearchäologie, aber auch allen regionalgeschichtlich Interessierten erstmals ein umfassendes Kompendium zur Industriekultur Hannovers und seines Umlandes zur Verfügung. Ein fachkundiges Autorenteam bereitet die umfassende Materie auf und beschränkt sich dabei nicht nur auf die Darstellung von Firmengeschichten und Industriearchitektur, sondern bezieht auch die Zeugnisse der regionalen Verkehrsentwicklung mit ein und beleuchtet zudem wesentliche Aspekte der Sozialgeschichte. Die hier präsentierten Bauwerke und die Geschichte(n), in die sie eingebettet sind, sollen Appetit machen selber auf Spurensuche zu gehen, was durch genaue Wegbeschreibungen erleichtert wird.

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ARBEIT UND ALLTAG IM INDUSTRIEZEITALTER EIN BLICK ÜBER DIE REGION HANNOVER Im Jahre 1925 ließ ein Redakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung „Der Volkswille" seinen Blick vom Turm des hannoverschen Neuen Rathauses über die Stadt und ihre Umgebung schweifen: „Wir blicken in die Ferne und sehen bei klarem Wetter den Deister, das Steinhuder Meer, weit hinaus in die Ebene. Wenn wir uns daran satt gesehen haben, richten sich die Augen auf den Wald der Schornsteine, der die Stadt westlich und nördlich im Halbkreis dicht umsäumt. Da sind Ricklingen, Linden, Limmer, deren Hauptgebäude die Fabriken sind, über den Orten liegt drückend die Atmosphäre der Industrie: Qualm, Rauch, Ruß. Wenig Grün erfreut das Auge. Straßen, Häuser sind grau, eng, winkelig; denn die Hauptsache sind ja die Fabriken. Sie machen rein baulich den Eindruck von Gefängnissen. Auf jedem der unzähligen Schlote eine Rauchfahne. (…) In [Hannovers] Nordstadt ist das Bild etwas gemildert. Vom Zentrum hinauf führen einförmige Straßen mit einförmigen Häusern. Ein unfreundliches Bild, eingefaßt von den Fabriken nach Hainholz und Vahrenwald zu. Drüben an der Eilenriede ändert sich das Bild. Die Mietskasernen hören auf, die Häuser werden zunehmend Einfamilienhäuser, Villen in Gärten. Die Straßen sind breiter, freundlicher, vielfach mit Vorgärten. (…) Durch eine Lücke des Waldes blicken die Dutzende Schornsteine der Zement-Germania in Misburg. Villenvororte schließen im Osten und Süden den Ring." Dem Journalisten bot sich ein durch seine Gegensätzlichkeit besonders beeindruckendes Panorama. Fast in Reichweite lag ihm ein pulsierendes Industriezentrum zu Füßen, das – mit deutlich verändertem Gesicht – bis heute zu den wichtigsten Standorten der niedersächsischen Wirtschaft gehört. Eingebettet war es in ein seinerzeit noch stark landwirtschaftlich geprägtes Umland, auch wenn sich gleichwohl hier und dort Schornsteine kleinerer industrieller Anlagenzum Himmel reckten. Das gesamte Blickfeld des Zeitungsmannes entsprach ziemlich genau dem Gebiet der heutigen Region Hannover. Zu dieser Gebietskörperschaft wurden zum 1. November 2001 die Stadt Hannover und die zwanzig Städte und Gemeinden des zu diesem Zeitpunkt aufgelösten Landkreises Hannover zusammengeschlossen. Sie nimmt verschiedene öffentliche Aufgaben wahr, die zuvor der Stadt, dem Landkreis sowie dem Kommunalverband Großraum Hannover (KGH) oblagen; darüber hinaus sind ihr Verantwortlichkeiten der 2005 aufgelösten Bezirksregierung Hannover zugefallen. Eine der für die Entwicklung der Region besonders wichtigen Aufgaben ist die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen für die rund 1,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Drei Viertel aller Erwerbstätigen der Region arbeiten heute in den verschiedenen Dienstleistungsbranchen. Da die Land- und Forstwirtschaft als Arbeitgeber heute kaum noch eine Rolle spielen, ist demnach etwa ein Viertel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im sogenannten produzierenden Gewerbe tätig. Hierzu zählen Industrie-sowie mittlere und kleine Handwerksbetriebe. Besonders bedeutsam sind der Bau von Straßenfahrzeugen, die Gummiverarbeitung und, etwas abgeschwächt, der Maschinenbau, die Chemische Industrie, die Kunststoffverarbeitung, die Nachrichtentechnik sowie die Energiewirtschaft. Dabei behaupten sich vor allem die Unternehmen, deren Produkte einen hohen technologischen Stand aufweisen und die mithilfe modernster Technologie von hoch qualifizierten Arbeitskräften hergestellt werden. Den Herstellern standardisierter Massenprodukte hingegen macht die internationale Konkurrenz, die ihre Güter durch die zunehmende globale Verflechtung der Wirtschaft auf den Weltmarkt wirft, zu schaffen. Die Industrie, die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in kurzer Zeit zum mit Abstand stärksten Wirtschaftsfaktor entwickelte, hat zum Ende des 20. Jahrhunderts also offensichtlich ihren Zenit überschritten. Gerade in jüngster Zeit häufen sich die Nachrichten, dass Firmen und Konzerne Arbeitsplätze abbauen oder einzelne Standorte gar komplett aufgeben. Von dieser allgemeinen Entwicklung ist auch die Region Hannover nicht ausgenommen. Hier entstanden im Verlauf des 19. Jahrhunderts etliche Industriebetriebe, deren Produkte oftmals überregionalen, gar internationalen Ruf erlangten. Einige konnten ihren Untergang schon im 20. Jahrhundert nicht mehr aufhalten, andere sehen derzeit einer unsicheren Zukunft entgegen. Blick vom Turm des Neuen Rathauses Hannover in Richtung Ricklingen und Deister STUMME ZEUGEN FRÜHERER ARBEITS- UND LEBENSWELTEN Die Geschichte des Industriezeitalters ist eng mit den politischen Wechseln der letzten gut 150 Jahre verzahnt. In seinen Anfängen im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts war die Stadt Hannover Residenz eines gleichnamigen Königreichs, das allerdings die Preußen 1866 annektierten. Fünf Jahre später taten sich im Anschluss an den gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg fünfundzwanzig deutsche Staaten – unter ihnen Preußen mit seiner Provinz Hannover – zum Deutschen Kaiserreich zusammen. Der Kaiser dankte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg (1914–1918) ab; mit der anschließenden Weimarer Republik erlebte Deutschland seine erste parlamentarische Demokratie. Sie währte nur kurz, denn 1933 übernahm das nationalsozialistische Regime die Macht und hinterließ am Ende des Zweiten Weltkriegs (1939–1945) eine Trümmerlandschaft. Die britische Militärverwaltung stellte die Weichen für die Gründung des Bundeslandes Niedersachsen mit seiner Landeshauptstadt Hannover. Im Westen Deutschlands etablierte sich mit der sogenannten Bonner Republik wieder ein demokratischer Staat, der sich 1989 mit der 1949 abgespaltenen DDR wiedervereinigte. Diese „große Geschichte" prägte immer, wenn auch manches Mal mit zeitlicher Verzögerung, die Arbeitswelt und den Alltag. In der Region Hannover existieren noch heute etliche Industriebauwerke, die bei genauerem Hinsehen viel über die vergangene Geschichte erzählen. Unter ihnen befinden sich unterschiedlichste Produktionsstätten, in denen zur Blütezeit der Industriegesellschaft viele Hundert Menschen ihr Brot verdienten. Einige beherbergen immer noch industriell arbeitende Betriebe, andere sind umgenutzt und mit neuem Leben gefüllt, wieder andere stehen, vom endgültigen Verfall bedroht, seit langer Zeit leer. Dieses Buch würdigt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine große Zahl jener Industriebauten. Darüber hinaus stellt es technische Bauwerke aus den Bereichen Verkehrswesen und Stadttechnik vor. Ihr Entstehen wurde möglich und nötig zugleich durch die immensen wirtschaftlichen und technischen Umwälzungen infolge der Industrialisierung. Die folgenden Kapitel laden durch ausführliche Beschreibungen dazu ein, sich an ganz unterschiedlichen Orten in der Region auf die Spurensuche zu begeben und die erhaltenen Reste der Industriekultur kennenzulernen. Doch das Buch möchte mehr als nur auf die architektonischen, handwerklichen, kunsthandwerklichen oder technischen Besonderheiten der Industriebauwerke aufmerksam machen. Diese dienen zugleich als Anknüpfungspunkte, noch einmal in einstige Arbeits- und Alltagswelten einzutauchen und ihren fortlaufenden Wandel nachzuvollziehen. IM DORNRÖSCHENSCHLAF Das Mutterland der Industrialisierung war England. Hier wurden seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert immer weniger Produkte in traditionellen Handwerksbetrieben hergestellt. Stattdessen zogen Kinder, Frauen und Männer in großer Zahl in neu entstehende Fabriken. Dort fertigten sie in arbeitsteiligen Abläufen und mithilfe dampfgetriebener Maschinen die unterschiedlichsten Güter. Diese neuartige Massenproduktion entwertete die menschliche Arbeitskraft so sehr, dass die Löhne sanken und viele Familien kaum noch ein Auskommen fanden. Deshalb zerstörten ab 1810 immer wieder verzweifelte und aufgebrachte englische Textilarbeiter als sogenannte Maschinenstürmer ihre stählerne Konkurrenz in den Fabriken, wofür sie mit dem Tod, der Deportation nach Australien oder hohen Gefängnisstrafen büßten. Hannovers Innenstadt Zu diesem Zeitpunkt lag das damalige Königreich Hannover mit der gleichnamigen Stadt als politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Zentrum noch im Dornröschenschlaf. Zwar regierten die hannoverschen Herrscher seit 1714 in Personalunion auch das Königreich Großbritannien und fanden gelegentlich noch ihren Weg von London nach Hannover, doch investierten sie nicht in die Wirtschaft ihres Stammlandes. Es blieb im Wesentlichen ein Agrarland, dessen überwiegend ländliche Bevölkerung den Boden bestellte. Der hannoversche Staatsmann Christian Ludwig Albrecht Patje (1748–1817), der zeitlebens die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Vaterlandes genau beobachtet hatte, stellte am Ende des 18. Jahrhunderts fest: „Man ersparet lieber an der Ausgabe, als daß man die Einnahme zu vergrössern trachtet, man lebet mehr in negativem Wohlseyn, als in positiven Ergötzlichkeiten. (…) Genügsamkeit und ein sicherer ruhiger Genuß der zeitlichen Güter, ein kleinerer aber gewisserer und gemächlicher Zuwachs des Vermögens, stimmet mehr mit dem Character der Landeseinwohner überein, als ein grösserer aber turbulenter Gewinn." Dabei hatte der Staatsbedienstete vor allem die kapitalkräftigen Familien der Stadt Hannover vor Augen: Sie lebten von ihren Anteilen an den Harzbergwerken (der Harz war seinerzeit das einzige „industrielle" Zentrum des Königreichs), den Erträgen ihrer im Umland Hannovers liegenden Güter oder den Gewinnen, die sie durch die verkehrsgünstige Lage der Stadt im Speditions- und Kommissionshandel machten. So verspürten die kapitalkräftigen Hannoveraner laut Patje „so wenig Lust als Nothwendigkeit (…), Fabrik-Anlagen...



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