Schopenhauer / Volpi | Die Kunst zu beleidigen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 1465, 130 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Schopenhauer / Volpi Die Kunst zu beleidigen


4. Auflage 2016
ISBN: 978-3-406-70297-6
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 1465, 130 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-70297-6
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wenn einem die Argumente ausgehen, sollte man zur Beleidigung greifen - empfiehlt Arthur Schopenhauer, denn: "Eine Grobheit besiegt jedes Argument". Das Buch enthält eine Kurztheorie und eine ausführliche Praxis der Sticheleien, Bosheiten und verbalen Breitseiten, die Schopenhauer mit kategorischer Impertinenz gegen alle möglichen Adressaten richtet: Philosophen, Schriftsteller, Frauen, gesellschaftliche Einrichtungen, das Menschengeschlecht, das Leben - kurzum: gegen die ganze Welt. Doch wie man sich erfolgreich zur Wehr setzt, verrät er auch.

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Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Titel;2
3;Zum Buch;130
4;Über den Herausgeber;130
5;Impressum;3
6;Beleidigungen – von A bis Z;4
6.1;1. Die Beleidigung als letztes Mittel;4
6.2;2. Die Schule der Impertinenz;7
6.3;3. Grundbedenken;7
6.4;4. Schopenhauer als Meister in der Kunst des Schimpfens und Beleidigens;9
6.5;5. Das vorliegende Florilegium;14
6.6;Benutzte Ausgaben;16
7;A;18
8;B;22
9;C;25
10;D;27
11;E;31
12;F;36
13;G;50
14;H;57
15;I;64
16;J;66
17;K;69
18;L;76
19;M;82
20;N;92
21;O;94
22;P;96
23;R;104
24;S;107
25;T;114
26;U;117
27;V;118
28;W;122
29;Z;126
30;Anmerkungen;128


Franco Volpi
Beleidigungen – von A bis Z
1. Die Beleidigung als letztes Mittel
Die Kunst zu beleidigen ist die ideale Ergänzung zum Handbüchlein Die Kunst, Recht zu behalten, dem Repertorium von achtunddreißig Kunstgriffen, das Schopenhauer zum Selbstgebrauch zusammengestellt hatte, jedoch nicht veröffentlichte.[1] Am Schluß seiner goldenen Sammlung von Schlichen und Tricks, die dazu verhelfen sollen, Streitgespräche und Auseinandersetzungen erfolgreich zu führen, d.h. den Gegner unabhängig von der Wahrheit zu schlagen, erklärt Schopenhauer die Grenzen jeder Argumentationstechnik und somit die Unentbehrlichkeit einer weiteren, äußersten Waffe: Begegnet man einem klügeren und geschickteren Gegner, dann helfen keine dialektischen Kunstgriffe, keine Verschlagenheit in der Rede mehr. Auf der diskursiven Ebene der Argumentation werden wir unvermeidlich geschlagen werden. Das bedeutet jedoch noch nicht, daß die Partie schon verloren ist. Es bleibt als extrema ratio – so legt Schopenhauer mit einem unverfrorenen Tip nahe – ein letzter, niederträchtiger Kunstgriff, der achtunddreißigste in seinem Katalog, der folgendes einschärft: „Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, daß man von dem Gegenstand des Streitens (weil man da verlornes Spiel hat) abgeht auf den Streitenden und seine Person irgend wie angreift: man könnte es nennen argumentum ad personam, zum Unterschied vom argumentum ad hominem: dieses geht vom rein objektiven Gegenstand ab, um sich an das zu halten, was der Gegner darüber gesagt oder zugegeben hat. Beim Persönlichwerden aber verläßt man den Gegenstand ganz, und richtet seinen Angriff auf die Person des Gegners: man wird also kränkend, hämisch, beleidigend, grob. Es ist eine Appellation von den Kräften des Geistes an die des Leibes, oder an die Tierheit“.[2] Schopenhauer fügt weiter hinzu: „Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt“.[3] Was man wohl schon in der Antike wußte: „Wie sollte nicht auch den Sophisten das Mittel bekannt gewesen sein, durch welches Jeder sich Jedem gleich setzen und selbst die größte intellektuelle Ungleichheit augenblicklich ausgleichen kann: es ist die Beleidigung. Zu dieser führt daher die niedrige Natur eine sogar instinktive Aufforderung, sobald die geistige Überlegenheit zu spüren anfängt“.[4] Also: Beschimpfen, Beleidigen, Schmähen, Kränken und Verleumden wird – wie alltägliche Erfahrung zur Genüge lehrt – der unvermeidliche Ausgang vieler Diskussionen und Dispute sein. Mit leicht vorauszusehenden Folgen: „Es fragt sich, welche Gegenregel hierbei für den andern Teil gilt. Denn will er dieselbe gebrauchen, so wirds eine Prügelei oder ein Duell oder ein Injurienprozeß“.[5] Schopenhauer sieht besorgt auf diese mögliche Eskalation und möchte den Streitenden von solchen Auswüchsen lieber abraten. Das Beste und Klügste sei es, mit allen Mitteln zu vermeiden, sich zu einer solchen problematischen Steigerung treiben zu lassen. Zu diesem Zweck schärft er uns einige praktische Ratschläge ein: 1. Man kann auch mit Nonchalance die Schimpfworte und Beleidigungen des Gegners ignorieren und so tun, als ob nichts weiter wäre. Aus einer ganzen Reihe klassischer Beispielfälle und Anekdoten, die Schopenhauer heranzieht, geht deutlich hervor, daß weise Menschen sich selbst angesichts gröbster Beleidigungen und Beschimpfungen nicht haben aus der Reserve locken lassen und Gelassenheit wahrten.[6] 2. Noch klüger ist der Ratschlag, den Aristoteles in den Sophistischen Widerlegungen erteilt: Man soll tunlichst vermeiden, sich auf Streitgespräche mit dem Erstbesten oder mit jemandem einzulassen, der ins Blaue hineinredet wie die Sophisten. Kurz und gut: Man soll die Gesprächspartner, mit denen man sich ernsthaft unterhalten will, sorgfältig und behutsam auswählen. Aller gebotenen Vorsicht zum Trotz sind Beschimpfungen und Beleidigungen ein Genre, in das wir uns oft – wie jeder aus persönlicher Erfahrung wohl nur allzu gut weiß – verwickeln lassen, selbst wenn wir dies gerade vermeiden möchten. In manchen Lebenssituationen scheint es einfach unmöglich, sich zurückzuziehen oder neutral zu bleiben, denn – so Schopenhauer – wer beleidigt wird, verliert seine Ehre, sei der Urheber der Beleidigung auch „der nichtswürdigste Lump, das stupideste Vieh, ein Tagedieb, Spieler, Schuldenmacher“.[7] Also: „Eine Grobheit besiegt jedes Argument und eklipsiert allen Geist“, und „Wahrheit, Kenntnis, Verstand, Geist, Witz müssen einpacken und sind aus dem Felde geschlagen von der göttlichen Grobheit“.[8] Das beteuert Schopenhauer auch in seiner Skizze einer Abhandlung über die Ehre: „Die Grobheit ist eine Eigenschaft, die im Punkte der Ehre jede andre ersetzt und überwiegt. Zeigt etwa in einer Diskussion oder sonst im Gespräch ein Andrer richtigere Sachkenntnis, strengere Wahrheitsliebe, gesünderes Urteil als wir oder sonst eine geistige Überlegenheit, die uns in Schatten stellt, so können wir diese und jede andre Überlegenheit und unsre eigene dadurch aufgedeckte Dürftigkeit sogleich aufheben und nun umgekehrt selbst überlegen sein, indem wir grob werden“.[9] Es kommt also vor allem darauf an, daß uns solche Eventualitäten nicht unvorbereitet überfallen. 2. Die Schule der Impertinenz
Obwohl nun Schmähungen, Beschimpfungen und Beleidigungen aller Art mit unerschöpflicher Spontaneität aus dem menschlichen Geist emporquellen, zumal wenn er sich provoziert fühlt, so fällt uns doch nicht immer gleich im Augenblick des Bedarfs das passende Schimpfwort oder die treffende Beleidigung ein. Und wie das Fechten oder jede andere Angriffsund Verteidigungstechnik, so verlangt auch das Beleidigen und Beschimpfen, um wirksam zu sein und seinen Zweck effizient zu erfüllen, gelernt und weiter geübt zu werden. Und selbst wenn Schimpfen und Beleidigen in der Regel das Zeichen von einem groben und cholerischen Temperament sind, setzen sie doch auch eine gewisse Raffinesse voraus: Will man den Gegner nämlich mit einem genau passenden, klug ausgedachten und treffend formulierten Schmähwort verletzen, so braucht man hierzu eine eigene Kunstfertigkeit, die gebildet und geschult werden muß. Doch welche? Und wo und bei wem kann man sie erlernen? Schopenhauer leistet hier Hilfe. Der Danziger Philosoph scheint das Genre der Verspottung, Beschimpfung und Beleidigung mit einer gewisser Vorliebe praktiziert zu haben, und wiewohl er selbst keine ausdrückliche Kunst zu beleidigen verfaßt hat, so läßt sich doch aufgrund verschiedener Indizien annehmen, daß er nahe daran war. Der Katalog von Beschimpfungen, Schmähungen, Injurien und Beleidigungen an alle möglichen Adressaten, die wir aus seinen Werken und seinem Nachlaß aufgelesen und unter dem Titel Die Kunst zu beleidigen zusammengestellt haben, ist der Beleg hiervon. 3. Grundbedenken
Der Wahrheit zuliebe muß man einräumen, daß der Danziger Philosoph eine solche Kunst allerdings mit Widerwillen betrachtet hätte. Schon die immerhin gut brauchbaren Stratagemata seiner Kunst, Recht zu behalten schienen ihm letztlich nichts anderes als niederträchtige und unehrliche Schliche und Kniffe zu sein, derer sich der Mensch in seiner Boshaftigkeit bedient, um andere zu besiegen. So wurde er ihrer schließlich überdrüssig und gab sie nicht mehr zum Druck.[10] Ein ähnliches Grundbedenken hätte Schopenhauer erst recht gegenüber der Kunst zu beleidigen. Schimpfen und Schmähen ist ein gemeines, vulgäres, pöbelhaftes Mittel, und auf der aristokratischen Höhe seiner philosophischen Intelligenz haßte er es, sich auf eine derart niedrige Ebene herabzubegeben. Die Gründe seiner Ablehnung ergeben sich schon aus der klaren, triftigen Wesensbestimmung des Gegenstands: „Die Injurie, das bloße Schimpfen, ist eine summarische Verleumdung, ohne Angabe der Gründe: Dies ließe sich griechisch gut ausdrücken: ésti he loidoría diabolè sýntomos“ [Die Beschimpfung ist eine abgekürzte Verleumdung]. […] Freilich legt der, welcher schimpft, dadurch an den Tag, daß er nichts Wirkliches und Wahres gegen den andern vorzubringen hat; da er sonst dieses als die Prämissen geben und die Konklusion getrost den Hörern überlassen würde; statt dessen er die Konklusion gibt und die Prämissen schuldig bleibt: Allein er verläßt sich auf die Präsumption, daß dies nur beliebter Kürze halber geschehe“.[11] Das Beleidigen bringt außerdem – wie bereits erwähnt – die Gefahr einer folgenschweren Eskalation mit sich, von der Schopenhauer dringend abrät, denn „die Injurien machen es wie die Kirchenprozessionen, welche stets dahin zurückkehren, von wo sie ausgegangen sind“.[12] Trotzdem beschreibt er mit...


Franco Volpi (1952 – 2009) war Professor für Philosophie an der Universiät Padua. Er betreute für den Mailänder Verlag Adelphi die italienische Ausgabe des Nachlasses Schopenhauers und der Werke Heideggers.



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