E-Book, Deutsch, 142 Seiten
Schnell Weiblich, Ü40, Verlassen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98640-009-5
Verlag: Montagshappen Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Bucketlist für das Jahr danach: Wie du mit Yoga, Meditation und anderen Soforthilfen die Trennung überwindest, Gelassenheit, Unabhängigkeit und Selbstliebe lebst.
E-Book, Deutsch, 142 Seiten
ISBN: 978-3-98640-009-5
Verlag: Montagshappen Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Seit über 20 Jahren arbeitet Mona Schnell als Journalistin, Autorin, Ghostwriterin und PR-Beraterin für Künstlerinnen und Experten in vielen Bereichen. Sie ist außerdem Yogalehrerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie - ausgebildet in Hypnose und Gesprächsführung nach Rogers. Für Ihre Kund:innen entwickelt sie Kommunikationsstrategien und setzt sie um, erarbeitet Buchkonzepte und coacht von der Buchidee bis zum fertigen Manuskript. Schnell ist Teil der Geschäftsführung der Hamburger Booking- und PR-Agentur moca 2gether und des Montagshappen Verlags.
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Eine von vielen
Im Grunde war mein Leben perfekt – mehr oder weniger. Seit über 14 Jahren lebte ich in derselben Wohnung in Hamburg, der Stadt, in der ich immer wohnen wollte. Ich hatte tolle Freunde und eine Familie, auf die ich mich immer verlassen konnte. Mein Job als Autorin lief so gut wie noch nie und ich konnte mir alles leisten, was ich zum Leben brauchte, ohne ständig rechnen oder über kleine oder mittelgroße Ausgaben nachdenken zu müssen. Dann gab es da noch meine eigene kleine Familie: Vierbeiner Victor, mein perfekter Hund. Ein Husky mit eigenem Kopf aber auch mit einem Zugehörigkeitsgefühl, das kein Hase oder Reh der Welt für länger als ein paar Minuten von mir ablenken konnte. Er verspürte einen Bewegungsdrang, der meinem entsprach und eine Freiheitsliebe, die ich mit ihm teilte. Und dann war da noch Mr. C., mein wunderbarer Mann – oft etwas grummelig, aber stets loyal bis ins Mark. Wir teilten die Leidenschaft für Hot-Yoga, die Liebe zur Sonne und zum Reisen. Wir vertrauten uns gegenseitig und wir konnten beide tun und lassen, was wir wollten – ohne Zweifel daran, dass wir zusammengehörten – jedenfalls aus meiner Perspektive. Ich mach’s kurz: Ich liebte mein Leben genauso, wie es war.
Der erste Schlag
Dann starb mein geliebter Hund Victor. Dank Corona – ich versuche hier dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen – waren wir monatelang jeden Tag von morgens bis abends zusammen. Wir unternahmen trotz seiner Arthritis und seines hohen Alters immer noch schöne Gassirunden an der Elbe, weil er Spaß daran hatte. Irgendwann wurde er dann immer müder. Das einst stolze Tier kam nicht mehr richtig auf die Beine, knickte immer öfter mit den Hinterläufen weg und wollte nur noch im Garten schlafen. Ich musste den Tatsachen ins Auge sehen: Er würde nicht mehr lange bei mir sein. Dass es dann so schnell ging, hätte ich nie für möglich gehalten.
Mr. C. und ich sind auf einer Veranstaltung in Braunschweig gewesen und haben Victor, wie immer, wenn wir beide weg waren, bei unserem Freund Olaf untergebracht. Die beiden waren ein Herz und eine Seele. Der arme Olaf wollte ihn morgens in den Garten lassen. Da lag Victor bereits tot in seiner Küche. Der Stinker hatte sich einfach vom Acker gemacht und dafür die erste Gelegenheit genutzt, zu der wir beide nicht zuhause waren. Ich gebe es zu, ich habe Victor jeden Tag erzählt, dass er 100 Jahre alt werden würde. Vielleicht hat er das nicht verstanden. Aber er hat sicher gespürt, dass ich ihn nicht loslassen wollte. Ich fühlte mich unendlich schuldig, dass ich an diesem Morgen nicht bei ihm war. Ich machte mir Vorwürfe, dass ich ihn mit den letzten Spaziergängen überfordert hatte, dass ich noch einmal mehr zum Tierarzt oder Heilpraktiker hätte gehen sollen und und und. Warum erzähle ich das? Weil es viel über die Art aussagt, wie ich an Beziehungen herangehe. Und weil damit das Ende anfing. Victor scheint der Kleber gewesen zu sein, der Mr. C. und mich zusammenhielt. Danach wurde es schwierig. Ich wollte sofort wieder einen Hund, weil ich es ohne Victor kaum ausgehalten habe – Mr. C. wollte auf keinen Fall einen neuen. Ich wollte im Ausland arbeiten und unterwegs sein, Mr. C. dachte über die Kosten nach. Ich wollte mehr gemeinsam erleben, er zog sich immer weiter zurück, verbrachte Tage und Nächte im Büro und war zunehmend genervt von mir. Ich verstand es nicht und er redete nicht, egal wie sehr ich auch drängte. Sollten wir nicht jetzt in dieser schwierigen Zeit noch mehr zusammenhalten als zuvor?
Zu der Zeit, in der Corona in Deutschland ein echtes Problem war, hockten wir zu viel aufeinander und erlebten zu wenig, um uns davon zu erzählen. Immer mehr drehten sich unsere Gespräche nur noch um den Job und wahrscheinlich haben wir uns beide ziemlich gelangweilt. Ich lernte es auf die harte Tour: Tagelanges gemeinsames Netflixen bringt keine Erfüllung. Trotzdem hatte ich nicht eine Sekunde daran gezweifelt, dass wir zusammengehörten. Dann plötzlich und völlig unerwartet fiel mitten in einem Gespräch, in dem ich mich einmal mehr über seinen Abstand und die mangelnde Liebenswürdigkeit und Nähe beschwerte, der Satz: »Dann beenden wir das jetzt.« Es traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Ich dachte, der macht einen schlechten Witz. Das kann er nicht wirklich meinen. Aber Mr. C. packte seine Koffer und ging.
Der Tag danach
Machen wir uns keine Illusionen: Verlassen zu werden ist immer Mist. Aber mit Ü40 aus heiterem Himmel verlassen zu werden, kommt einem Erdrutsch gleich, mit dem das persönliche Lebensgebäude in die Tiefe gerissen wird. In der Regel gibt es Verbindungen, die wir in den Zwanzigern nicht hatten: Gemeinsames Haus, gemeinsame Kinder, gemeinsame Konten. Bei uns war es vor allem die gemeinsame Firma und ein gemeinsames Leben, das, aus meiner Sicht, für die Ewigkeit halten sollte. Urplötzlich fing es also an, mein Jahr danach.
Den ersten Tag verbrachte ich noch in dem Glauben, dass er abends einfach zurückkommt. Ich war sicher, gleich würde er die Tür aufschließen und sagen: »Es tut mir leid, das war dumm und ich möchte bitte nach Hause.« Doch er kam nicht. Dafür kam meine Freundin Nadine unerwartet vorbei. Manchmal wissen Freunde viel mehr als man selbst, was man braucht: Erst einmal reden, heulen, toben, aber auch lachen und verstehen. Nachdem sie wieder weg war, bereitete ich mich noch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf die Yogalehrerinnen-Prüfung vor, die am nächsten Morgen anstand. Mir ist bis heute nicht klar, wie ich da durchgekommen bin. Vielleicht war ich wirklich gut genug vorbereitet, vielleicht hatte ich einfach nur Glück. Schließlich konnte ich keine 36 Stunden nach der Trennung ein erstes Erfolgserlebnis auf meinem Selbstbewusstseinskonto verbuchen. Das tat unglaublich gut.
Die Woche danach
Trotzdem schlief ich die ersten Nächte ganz grauenhaft – allein in »unserem« Bett. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, von einer Ecke des Zimmers in die nächste zu starren. Nach über einem halben Jahr hatte ich es noch immer nicht geschafft, Victors Schlafkissen wegzupacken. Mit Mr. C. wollte ich es anders machen. Also räumte ich sehr schnell sein Bettzeug zur Seite, nahm seine Bilder von der Wand und verbannte alles, was mich an ihn erinnerte, in Kisten und Schränke. Das half – zumindest ein bisschen. Trotzdem fühlte sich mein Leben surreal an. Ich ging irgendwie blind durch die Tage und verstand die Welt nicht mehr. Wie hatte es nur so weit kommen können? Ich fand einfach keine Erklärung. Ich funktionierte. Irgendwie erledigte ich alles, was zu tun war und irgendwie schaffte ich es auch, meine Arbeit gut zu machen – sie lenkte mich ab.
Der Monat danach
Es war wieder Nadine, die mich nach etwas über einer Woche einsammelte. Sie beschloss kurzerhand: Wir fahren weg. Wir entschieden uns für Schottland. Das war das Beste, was ich tun konnte. Raus aus dem Alltag. Meinen Job kann ich ja zum Glück von überall aus erledigen. Also schrieb ich in Edinburghs Cafészene. Ich schaffte es in den zehn Tagen, die wir dort verbrachten, ein Ghostwriting-Projekt abzuschließen und ein weiteres Buchprojekt voranzutreiben und trotzdem noch jede Menge von der Stadt und der Umgebung zu erleben. Wahrscheinlich gelang mir das nur, weil ich zuhause raus war. Weil ich Neues entdecken konnte und weil ich die beste Freundin der Welt habe, die mich mit aller Macht ablenkte, mit mir neue Projekte und Ideen besprach und sich abends im Bett mit mir über die Größe unserer Airbnb-Wohnung stritt. In der Zwischenzeit trudelten die ersten Nachrichten von zuhause ein. Die Neuigkeit der Trennung hatte die Runde gemacht. Per Sprachnachrichten kamen Sprüche wie »Andere Mütter haben auch schöne Söhne«. Ja, ich weiß. Aber mal ehrlich, das Allerletzte, was ich jetzt wollte, war ein neuer Mann. Ich wusste schon zehn Minuten nach der Trennung nicht einmal mehr, ob ich Mr. C. wiederhaben wollte, so wütend wie ich war. Also prallten auch Sätze wie »Der kommt schon wieder« völlig an mir ab. Ich war zwar wahnsinnig traurig, aber ich kam auch nicht umhin mich zu fragen, ob seine Entscheidung nicht sogar gut für mich gewesen ist.
Besonders liebte ich den Kommentar einer Bekannten: »Ihr habt sowieso nicht zusammengepasst!« What the fuck? Erstens, weshalb hat mir das vorher keiner gesagt? In der Regel wurden mir eher Sätze wie »Ihr seid so süß zusammen« oder »Ich bin so neidisch auf das, was ihr habt« serviert. Hinterher hilft das erfahrungsgemäß nicht – also mir hat es jedenfalls nicht geholfen. Noch nie. Und dieses Mal, nach fast einem Jahrzehnt Power-Couple-Feeling, schon gar nicht. Aber ich wusste: Ich möchte nicht mehr leiden als unbedingt nötig und ich werde mich ab sofort nur noch um mich und mein Wohlbefinden kümmern.
Das erste Treffen danach
Den ersten Monat hatte ich gut gemeistert. Als wir uns dann nach vier Wochen zum ersten Mal wieder trafen, konnte ich es nicht glauben. Vor mir saß ein völlig entspannter, braungebrannter Mann, der zehn Jahre jünger wirkte und mit sich und der Welt völlig im Reinen war. Bei mir war da immer noch ganz viel Liebe und ich wusste plötzlich nicht mehr, wo ich damit hinsollte. Sie lief einfach ins Leere – ich fühlte mich ungewollt und gedemütigt. Mein ganzes Selbstbewusstsein, die Erlebnisse, die ich gesammelt hatte, alles ging innerhalb von Minuten den Bach runter. Und ich brauchte mehrere Tage, um mich wieder zu sammeln und mich jeden Tag neu zu entscheiden: Ich will nicht...




