E-Book, Deutsch, 280 Seiten
Schmitz Suche Trödel, finde Leiche!
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95441-309-6
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kurzkrimis vom Dachboden, vom Sperrmüll und vom Flohmarkt
E-Book, Deutsch, 280 Seiten
ISBN: 978-3-95441-309-6
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine wahre Fundgrube für Trödel- und Krimifans!
Für alle Flohmarktgänger: beste Unterhaltung in kleinen Paketchen, mit Morden, Nippes und allerlei Gerümpel.
Zwischen Spinnweben und verstaubten Kisten verbergen sich auf dem Dachboden manche Dinge, die besser für immer im Verborgenen geblieben wären.
Auf dem Sperrmüll wird einiges entsorgt, was eigentlich tief unter die Erde gehört. Und auf dem Flohmarkt finden sich etliche Stücke wieder, die einen fanatischen Sammler mitunter bis zum Äußersten gehen lassen.
Zwischen Kartons, Krimskrams und Krempel spielen sich lauter kriminelle Dinge ab. Es geht um angemackte Kostbarkeiten, um ungezügelte Sammelleidenschaften, um Leben und Tod in den Kurzkrimis aus der Feder der besten deutschen Krimiautorinnen und -autoren: Karr und Wehner, Irene Rodrian, Klaus Stickelbroeck, Susanne Mischke, Ralf Kramp, Tatjana Kruse, Sascha Gutzeit, Kai Magnus Sting, Regina Schleheck, Jürgen Ehlers und viele andere mehr.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Chaos im Keller
KLAUS STICKELBROECK Ich bin ja Ende Juni geboren. Sternzeichen Krebs, erste Dekade. Einen Aszendenten hab ich auch. Welchen genau, das weiß ich jetzt nicht, aber Sternzeichen Krebs. Krebse? Dankbare Menschen. Ganz dankbare Menschen! Sensibel, hilfsbereit, häuslich, sparsam, aber nicht geizig. Ein zartes Wesen und meist sehr, sehr gut aussehend. Trifft auf mich alles zu. Und ein Sammler ist er, der Krebs. Grundsätzlich. Jetzt vom Sternzeichen her. Bin ich auch. Also … weniger sammeln, sondern mehr: behalten. Im Sinne von: horten, aufbewahren. Nicht wegschmeißen. Meine Mutter sagte immer: Klaus, Hebbe kömmt van Halde. Haben kommt von Halten! Da ist was dran. Definitiv. Ich bin der Meinung, dass man sich ganz gründlich überlegen muss, ob man was wegwirft. Entsorgen ist ja auch vom ursprünglichen Wortsinn her schon ein sehr unangenehmes, unschönes Wort. Vielleicht kann man die Sache ja noch mal gebrauchen. Und dann freut man sich. Wie jetzt neulich, als der Sohn vom Nachbarn ein paar Häuser weiter die Straße runter an der Tür geklingelt hat und fragte, ob ich eine Eisenkugel zum Kugelstoßen habe. 7,257 Kilogramm. Weil er doch an den Olympischen Spielen 2024 teilnehmen möchte und üben muss. Ja, hab ich gesagt, hab ich. Im Keller. Hol ich dir. Ich meine, das sind doch Momente, in denen man mit seiner kompetenten Hilfsbereitschaft echt glänzen kann. Ich bin also gleich runter in den Keller, in mein Lager. So nenne ich den großen Kellerraum hintendurch. Und habe die Kugel dann auch fast sofort gefunden. Ich wusste nur nicht mehr ganz genau, ob ich sie unter E wie Eisen, K wie Kugel oder unter Sportgeräte Allgemein abgelegt hatte. Gut, ich habe sie auch nach zwei Stunden akribischer Suche nicht ausfindig gemacht, aber ich hätte sie finden können. Das ist ja auch schon mal was. Meine Frau ist die Sabine. Das ist meine dritte Frau. Und die ist anders. Jetzt vom Sternzeichen her. Kein Krebs. Sie ist vom Sternzeichen … das Gegenteil. Jedenfalls saß ich an jenem Nachmittag tiefenentspannt in meinem gemütlichen Ohrensessel im Wohnzimmer, mollige Schlappen mit warmem Schafsfell an den Füßen und erfreute mich abwechselnd am Blick in den gepflegten, niederrheinischen Garten und auf die gerahmten Familienfotos an der Wand. Als Sabine plötzlich nach mir rief. »Klaus!« Ich zuckte zusammen. Sabines Stimme hat manchmal so etwas unharmonisch Bohrendes, fast Keifendes. »Klahaus!« Ich sprang auf. Und hatte sofort so ein ungutes Gefühl, weil Sabines Stimme von unten aus dem Keller kam. Den Kellerbereich, den mied sie nämlich meistens. Wegen der steilen Holztreppe. Und den Spinnen. Und wegen der Mäusefallen, die ich überall aufgestellt hatte. »Klahaus!« Ich hastete die Stufen runter bis ins Lager und da stand sie, die Sabine. Die eine Hand in die breite Hüfte gestemmt, in der anderen ein … Bügelbrett. »Sabine-Schatz, was machst du hier?« »Ich richte das neue Bügelzimmer ein.« Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Das neue Bügelzimmer?« Sie winkte mit dem klein geblümten Brett. »Im Wohnzimmer bügeln ist doof. Da liegen dann die Kleidungsstücke immer rum. Wer will das schon? Wenn mal Besuch kommt, wie sieht das aus?« »Als ob im Wohnzimmer gebügelt wird«, antwortete ich und sah jetzt überhaupt nicht den Punkt. »Ich möchte ein vernünftiges Bügelzimmer, wo das Brett aufgestellt werden kann, wo ein Wäschekorb nicht im Weg steht und wo auch mal was liegen bleiben kann.« Sie schwenkte das Brett, das unten nach vorne und hinten ausschlug und abwechselnd gegen ein gerahmtes Bild von Vater und Mutters Hochzeit und eine Blechtonne mit Spielzeugäutokes klopfte. »Aber hier ist doch mein … Lager, hier ist doch kein Platz.« Sie nickte heftig. »Genau. Sehr gut erkannt, mein Lieber. Das reinste Chaos! Der ganze Plunder, der ganze Pröll muss natürlich raus!« »Pröll?« »Am besten direkt in den Sperrmüll!« Mein Herz setzte aus, meine Knie wurden weich. »Das ist nicht dein Ernst?« »Aber sowas von ernst meine ich das! Was ist das denn alles für ein Zeug? Das da zum Beispiel«, deutete sie auf einen Haufen eisenbrauner Geräte, die – kreuz und quer auf dem Boden herumliegend – ein wenig unsortiert und rostig daher kamen. »Das sind die Arbeitsgeräte von Uropa Konrad.« »Uropa Konrad?« »Aus seiner alten Schmiede. Da: der Amboss, die Sägen, die Lochplatten und mehrere Spaltkeile. In dem Härtebecken liegen die Hufraspel, die Schmiedezangen und ein paar Wetzsteine. Das Teil mit dem spitzen Zacken ist ein Auskratzer, das daneben ein Ausschneidemesser. Vorsicht: die Klinge ist noch scharf. Da drunter müssten noch ein paar Hufeisen liegen. Und Nägel.« Sabine-Schatz schnaufte. »Na, da kriegt man ja immer noch was beim Alteisensammler für.« »Das ist doch kein Alteisen«, murmelte ich leise. »Und die Zeitschriften da drüben?« »Burdas.« »Burdas?« »Burda Moden. Von Mutter. Alle Exemplare vom 1.3.52 bis Mai 2001. Mit Schnittmusterbogen. Nur das Heft vom 9. September 1979 fehlt. Das Schönste für den Herbst. Nr. M 2017 E. Flotte Röcke und Hosen, mit großem Handarbeitsteil. Das hat Mutter damals verliehen, aber sie konnte sich nicht mehr erinnern, an wen.« Meine Gattin griff sich an die Schläfe. »Das darf doch nicht wahr sein.« »Sowas wirft man doch nicht weg.« »Das Papier schimmelt doch«, mäkelte Sabine. Ich schüttelte energisch den Kopf. »Alles luftdicht eingeschweißt. Das Einschweißgerät müsste da hinten links stehen, neben dem Einkocher, zwischen den Einmachgläsern, vor dem alten Ehebett von Umberto und Deli, hinter dem alten Elektroschweißer von Onkel Bernd, Sektion Buchstabe E.« »Der verbeulte, rostige Elektroschweißer? Das klobige Ding? Du hast doch gesagt, der ist kaputt!« »Kaputt? Wenn da drei, vier Teile ausgetauscht werden, ist das Ding wieder wie neu!« Sabines Blick fehlte die Begeisterung. Stattdessen versuchte sie nunmehr mit energischem Griff, das Bügelbrett auseinanderzuklappen, was aus Platzgründen nun wirklich nicht gelingen konnte. Dabei stieß die eine Brettecke gegen den gusseisernen Garderobeständer, den ich vom Straßenrand hatte retten können, als Hubert Hennesen damals seine Eckkneipe an der Krefelder Straße in Nieukerk dichtgemacht hatte. Das massive Teil stand nicht ganz eben und schwankte bedenklich. Ich hatte immer mal bei Gelegenheit eine Pappscheibe aus meiner umfangreichen Bierdeckelsammlung unterlegen wollen. In der Wicküler Pils-Reihe aus 1970 sollte ich ein paar Doppelte haben. Man muss bei der Garderobe nämlich ein bisschen aufpassen, denn die Eisenzacken oben dran für die Hüte waren richtig spitz. Das andere Ende des Bügelbretts hätte fast einen Aschenbecher von der pastellblauen Küchenanrichte mit bunt-fröhlichen Pril-Blumenaufklebern gefegt. »Sabine, pass doch auf!« »Was steht der Ascher da rum, der kann auch weg. Du rauchst doch gar nicht.« Ich drückte energisch mein Kreuz durch. »Das ist kein Ascher! Das ist ein historischer Zeitzeuge!« »Was?« »Das ist der Aschenbecher von Helmut Schmidt!« »Der Bundeskanzler?« »Genau. 17. Februar 1962. Sturmflut in Hamburg. Am Schreibtisch: der Innensenator Helmut Schmidt. In der linken Hand eine Zigarette, die er regelmäßig in diesem Aschenbecher abstreift. Mit der rechten Hand greift er zum Telefonhörer, um Admiral Rogge anzurufen und mit der Bundeswehr Hamburg zu retten. Das ist kein Ascher, das ist ein deutsch-historisches Kulturgut!« Ich stellte zufrieden fest, dass es in Sabines Augen tatsächlich beeindruckt geflackert hatte. Das Flackern erlosch allerdings sofort, als ihr Blick über die eingerollten Perserteppiche von Tante Gertrud aus Schaephuysen hinweg in den hinteren Bereich des Kellerraums fiel. »Ist da noch ein Fenster?« »Ein Kellerfenster.« Sie reckte ihren Hals. »Kann man das aufmachen?« »Nein, da kommt man nicht dran. Da liegt ja der schwere Ballen mit der luftdichten Klarsichtfolie davor.« »Was willst du mit so einem riesigen Ballen Klarsichtfolie?«, fragte sie kopfschüttelnd. Ich erklärte es ihr. »Das sind riesig breite Folienstreifen. Damit kannst du locker ein 150 Quadratmeter großes Freilandfeld...