Schmitt-Thomas Integrierte Schadenanalyse
2. Auflage 2005
ISBN: 978-3-540-26834-5
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Technikgestaltung und das System des Versagens
E-Book, Deutsch, 360 Seiten, eBook
Reihe: VDI-Buch
ISBN: 978-3-540-26834-5
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Einführung.- Geschichte der Technik — Geschichte der Versagens- und der Schadenfälle.- Erkenntnisgewinn aus dem System technischen Versagens.- Evolution und Selektion in der Technik.- Ereignisketten von Pannen zu Katastrophen.- Strategischer Standort der Schadenanalyse.- Begriffe und Sequenzen bei Versagensprozessen.- Systematik der Schadenklärung.- Voraussetzungen und Planung werkstoffkundlicher Untersuchungen.- Beanspruchungsreaktionen und Schadenmerkmale.- Schadenmerkmale an nichtmetallischen Werkstoffen.- Werkstoffcharakterisierung.- Simulationsuntersuchungen.- Abfassung des Schadengutachtens.- Fallbeispiele zur Durchführung von Schadenanalysen.- Schlußbetrachtung.
6 Begriffe und Sequenzen bei Versagensprozessen (S. 53-54)
Art und Bedeutung einzelner Teilvorgänge innerhalb von Ereignisketten, die zu Versagen, Unfällen und Katastrophen führen, sind nach ihrem Stellenwert und ihrer Abfolge einzuordnen, um Ursachen vollständig aufzuklären und Maßnahmen zur Schadenverhütung wirkungsvoll anzusetzen. Die Logik von Schadenabläufen sollte sich bereits in den zur Beschreibung verwendeten Begriffen spiegeln, um unmißverständlich Zusammenhänge darzustellen. Exemplarisch für solche Begriffe stehen Schadenerscheinung, Schadenart, Schadenbild, Schadenform, Schadenauslösung, Schadenbegünstigung, Schadenort, Schadenumfang, Schadenumstände und schließlich Schadenursache.
6.1 Begriffsdefinition
Mit der Schadenerscheinung wird im Wortsinn verstanden, wie ein Schaden in Erscheinung tritt, also z.B. durch Lockerung, Verkrümmung, Unwucht, Undichtheit, Blockieren, Loslösen, Zerbersten u.a. Unter der Art eines Schadens wird zunächst die Art einer die Erscheinung bewirkenden Beanspruchung und das ihr zugeordnete Schadenbild gekennzeichnet. So sind nach Schadenarten zu unterscheiden: Schäden durch mechanische, thermische, ektrolytisch-korrosive, hoch-temperatur-korrosive (Gas-Metall-Reaktionen) und ggf. auch noch durch tribologische Beanspruchungen.
Das diesen Schadenarten zugeordnete Schadenbild besteht in Rissen, Brüchen, Abtragungen, Anfressungen, Verfärbungen, Gefügebeeinflussungen, um nur einige Schadenbilder zu nennen. Mit den Merkmalen aus den Schadenbildern werden Schlüsse auf die Beanspruchungen gezogen, unter denen das Schadenbild entstanden ist. Die Untersuchungen zur Definition des Schadenbilds und der daraus zu ziehenden Schlüsse sind Gegenstand des Kap. 9 „Beanspruchungsreaktionen und Schadenmerkmale".
Es ist Gegenstand verschiedener Richtlinien (VDI 3822 und SEW 110 E (1978)), eine Zuordnung zwischen Schadenbildern und Beanspruchungen herzustellen. Die Schadenform ist eine weitere Präzisierung der Schadenart, also z.B. im Fall des Schadenbilds „Bruch" sind hier die Bruchformen einzuordnen wie Torsionsgewaltbruch, Umlaufbiegedauerbruch, um nur zwei von den zahlreichen Schadenformen zu nennen, auf die noch näher einzugehen ist (vgl. Kap. 9).
Vielfach wird unter dem Hauptbegriff der Schadenart, also z.B. dem mechanischen Schaden das spezielle Schadenbild dieser Schadenart durch den Unterbegriff der Bruchart gekennzeichnet. Die Bruchart steht in diesem Fall synonym zu der im vorangegangenen gegebenen Definition der Schadenform und ist vom Oberbegriff der Schadenart zu unterscheiden. Analog gelten die Definitionen für die Schadenart „elektrolytische Korrosion", das Schadenbild „lokaler Korrosionsangriff" und die Korrosionsform, wie z.B. lochförmiger oder linienförmiger Werkstoffabtrag. Auch hier kann in Analogie zu den mechanischen Schäden synonym zur Korrosionsform der Begriff der Korrosionsart stehen. Schadenerscheinung, Schadenart und Schadenbild mit weiteren Untergliederungen sind mit Hilfe der Schadenanalyse in einen Ursache-Wirkungszusammenhang zu bringen.
Dazu sind zusätzliche Indizien erforderlich, die sich sowohl aus werkstoffkundlichen Untersuchungen wie auch aus einem Nachvollziehen von Planung, Berechnung und Konstruktion ebenso wie aus einer Analyse von Fertigung und Montage ergeben können. Die Wertung und Gewichtung solcher zusätzlicher Indizien soll Aufschluß geben über die zeitliche und die örtliche Schadenauslösung, über schadenbegünstigende Einflüsse und über eine mögliche zeitabhängige Abfolge bei der Entstehung von Schadenerscheinungen und Schadenarten.
Durch Informationen und Gegenprüfung mit Indizien aus technischen Untersuchungen ist die Voraussetzung gegeben, um in einem komplexen System vielfältiger Wirkparameter primär schadenursächliche Einflußgrößen nachzuweisen. Wenn nicht durch das Schadenumfeld einige Möglichkeiten mit Sicherheit auszuschließen sind, müssen eine der Anzahl der Möglichkeiten entsprechende Zahl von Untersuchungen oder Überlegungen angestellt werden, um schrittweise einzelne Möglichkeiten auszuschließen und schließlich die verbleibende Möglichkeit als schadenursächlich oder schadenmitursächlich nachzuweisen. Gerade in diesem Zusammenhang ist es angezeigt, zwischen den Begriffen „schadenursächlich", „schadenauslösend" und „schadenbegünstigend" zu unterscheiden.