Schmidt | Gestohlene Zukunft | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 236 Seiten

Schmidt Gestohlene Zukunft


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-6902-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 236 Seiten

ISBN: 978-3-7412-6902-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Kindermörder treibt sein Unwesen in deutschen Städten. Seine grausamen Taten verknüpfen sich unaufhaltsam mit dem Schicksal einer bis dahin glücklichen Essener Familie. Auch dort kommen eines Tages Erinnerungen aus der Kindheit hoch. Missbrauch an Kindern, der täglich in unserer direkten Nachbarschaft begangen und doch in den meisten Fällen verschwiegen wird. Eine SoKo setzt alles daran, dieser Bestie das Handwerk zu legen. Mit sehr viel Einfühlungsvermögen beschreibt der Autor die Jagd auf den Täter. Es bleibt am Schluss die Frage, ob Täter eventuell auch Opfer sein kann. Konfliktstoff, der in diversen Dialogen ausführlich dargestellt wird.

H.C. Scherf wurde im Jahre 1948 in Essen geboren. Der gelernte Schriftsetzer hat sich die Liebe zum gedruckten Buch bis zum heutigen Tag bewahrt.

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Fundort Essener Stadtwald
»Was habe ich dem Tag getan, dass er mich schon so früh bestraft?«, murmelte Wilms mit Blick auf das vor ihm auftauchende Chaos. Eigentlich sollte dies ein ruhiger Tag werden, da ihm die beiden letzten Einsätze einen Berg an Überstunden beschert hatten. Allerdings dachte man bei einem Tatort wie diesem nicht über das eigene Wohlbefinden nach. Kindermord ist das Letzte und das Verwerflichste für einen Polizisten. Einsatzfahrzeuge der Polizei blockierten einen Fahrstreifen Richtung Essen-Rellinghausen, der Verkehr bewegte sich im Schneckentempo auf der Frankenstraße. Auch der Dienstwagen des Hauptkommissars fand hier kein Durchkommen. Wilms trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, schlug dann ein und nahm die Abkürzungen durch die angelegten Randbeete. Das Grünflächenamt wird fluchen, dachte sich Wilms. Schaulustige bildeten mittlerweile Rudel, ihre Hälse reckten sie in Richtung Wald. Uniformierte Polizisten drängten allzu Neugierige zurück, die nicht einsehen wollten, warum ihnen der Zugang verwehrt wurde. Schließlich war das ihr Wald, der Ort, an dem der sonntägliche Spaziergang stattfinden sollte. Walter Höfner, der Leiter der Schutzpolizei, führte Wilms zum Tatort. Die wartenden Journalisten überfielen ihn vor der Absperrung sofort mit Fragen. Verärgert schob er sie zur Seite, ohne darauf zu antworten. »Fürchterliche Schmeißfliegen, diese Zeitungsleute. Das macht mich immer wieder aggressiv«, bemerkte er gegenüber dem Kollegen, als sie außer Hörweite waren. »Wer hat den Jungen gefunden?« »Ein Passant und sein Enkel. Die beiden stehen dort drüben. Sie gehen hier jeden Sonntag spazieren. Der Junge fand den Müllsack, der etwas versteckt hinter dem Distelstrauch dort hinten lag, beim Spielen. Herrn Schnell, so heißt der Mann, kam das nicht ganz geheuer vor, also benachrichtigte er mit dem Handy die Polizei. Er meinte, der Geruch war schon sehr penetrant«, antwortete der Einsatzleiter. »Danke. Wo steckt denn wieder dieser Trokut?« Wilms sah sich nach seinem Assistenten um. »Ach, Sven, nehmen Sie bitte die Aussage von Herrn Schnell auf. Der hat das Opfer gefunden, besser gesagt, sein Enkel. Aber nehmen Sie ein wenig Rücksicht in Ihrer Wortwahl. Ich meine nur, wegen des Jungen.« »Was haben Sie immer mit meiner Wortwahl, Chef? Ich beherrsche die deutsche Sprache schon recht lange und kann mich gut verständlich machen«, erwiderte Trokut. »Das glaube ich Ihnen ja. Doch der Junge muss nicht jede Einzelheit erfahren, das ist noch ein Kind. Verstehen Sie? Ich spreche derweil mit der Spurensuche.« Ein Gebiet in der Größe eines Fußballfeldes war mit Absperrband gesichert. Ermittler in weißen Schutzanzügen, die Aliens glichen, bewegten sich um einen zentralen Punkt, immer darauf bedacht, keine Spuren zu zertreten. Sie sicherten jeden noch so bedeutungslos erscheinenden Gegenstand in diesem Bereich. Selbst Zigarettenkippen wurden mit Pinzetten aufgehoben und verschwanden in Plastikbeuteln. Die Szene hatte etwas Unwirkliches. Dichter Laubwald, der lediglich einzelnen Strahlen der Sonne gestattete, den Boden zu erhellen. Dieser Wald durfte seine Natürlichkeit behalten, indem das Unterholz nicht ausgelichtet wurde. Herabgefallene Äste blieben, wo sie die Natur platziert hatte, lediglich der Müll der Besucher wurde regelmäßig entfernt. Wilms mochte die Spaziergänge durch den Stadtwald. Schon als Kind hatte er immer diesen Weg genommen, wenn er mit Freunden zum Schwimmen an den Baldeneysee wollte. Selbst heute, mit achtundvierzig, wo sein gelichtetes Haupthaar die ersten grauen Strähnen zeigte, nahm er sich immer mal wieder Zeit, um hier abzuschalten. Wilms zog die Schultern hoch und dachte in diesem Augenblick an Joel, seinen neunjährigen Sohn, den er vor zwei Stunden von der Schule abgeholt und zu Claudia, seiner Exfrau, gebracht hatte. Was wäre, wenn dort sein Kind gelegen hätte? Allein die Vorstellung ließ ihn die Fäuste ballen. Claudia hatte sich nie richtig mit seinem Beruf abfinden können und sie hatten sich mit den Jahren auseinandergelebt. Der Job hatte nicht nur seine Ehe zerstört, sondern ihm auch diverse Sorgenfalten verpasst. Humor und Lockerheit waren ihm mit den Jahren abhanden gekommen. Das war wohl das Los eines jeden Kriminalbeamten. Dass er sich gerade die frisch polierten Schuhe verdreckte, war Wilms völlig egal, als er sich dem Tatort näherte. Auch er stülpte sich vor dem Betreten der Sperrzone Plastikschoner über die Schuhe. »Hi, Hermann. Was hast du für mich?« Wilms konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Gerade musste er sich wieder daran erinnern: Er hatte sich bei ihrer ersten Begegnung vor etwa fünfundzwanzig Jahren darüber amüsiert, dass ausgerechnet ein Rechtsmediziner Dr. Todt hieß. Dieser erhob sich ächzend aus der knienden Position und sah Wilms an. Nur sein Gesicht war nicht von Schutzfolie verdeckt. Schon lange nicht mehr hatte Wilms diesen sonst so abgebrühten und zu sarkastischen Scherzen neigenden Mediziner so nachdenklich erlebt. »Ist das mit deinem Meniskusschaden immer noch nicht behoben?« fragte Wilms, während er ihm hochhalf. »Ach, da ist doch nichts mehr zu machen. Die Schmerzen werden bleiben, Holger. Alles klar bei dir? Wie geht es Claudia und Joel, siehst du die beiden ab und zu?« Dr. Todt strich sich das Laub von den Hosenbeinen. Der Schutzanzug schlotterte geradezu um seinen ausgemergelten Körper. Wer diesen Mann nicht näher kannte, unterschätzte sehr oft seinen ausgeprägten Scharfsinn. Kaum jemand im Dezernat lieferte so exakte Hinweise wie Dr. Todt. »Doch, doch. Eigentlich verstehe ich mich mit Claudia heute besser als früher. Die Distanz hat uns zu mehr Toleranz verholfen. Mit Joel bin ich oft unterwegs. Er möchte später einmal Polizist werden. Kannst dir sicher vorstellen, wie begeistert Claudia von dem Gedanken ist.« Todt fuhr fort, nachdem er mit der Grundreinigung zufrieden war. »Übrigens, das sind genau die Fälle, die ich lieber den Kollegen überlassen würde. Also, zur Sache: männliche Leiche, Alter etwa fünf Jahre, wahrscheinlich erwürgt, tot seit zirka zwei Tagen, unbekleidet und weist im Analbereich stärkere Verletzungen auf. Mehr kann ich dir im Augenblick nicht geben. Genaueres kann ich erst nach der Autopsie sagen. Ach ja: auf der Zunge des Jungen fanden wir Kratzspuren, so als ob sich eine Hand in seinem Mund befand. Da könnten beim Täter Bisswunden entstanden sein.« Wilms konnte Hermann verstehen, solche Fälle ließen keinen Beamten kalt. Hier nistete sich trotz aller Abgeklärtheit des langen Berufslebens stets ein Hass gegen den Täter ein. Natürlich hatten sie alle, die hier ermittelten, in vielen Seminaren von Psychologen gehört, dass Pädophile anders zu sehen seien – sie seien krank und könnten diesen Trieb nicht in den Griff bekommen. Doch wer brachte im Angesicht dessen, was hier vor ihnen lag, Mitgefühl für den Verbrecher auf? Verständnis für den Mörder, wenn dieser Junge vielleicht stunden- oder tagelang gelitten hatte, bevor der Täter ihn wie Abfall beseitigte? Es war den grimmigen Gesichtern der umstehenden Ermittlungsbeamten anzusehen, dass jeder von ihnen alles daran setzen würde, diesen Täter seiner gerechten Strafe zuzuführen. Wilms hatte Mühe, seine Gedanken zu ordnen. Sein Blick hing wie gebannt an diesem schmutzigen Müllsack, unter dessen dünner Oberfläche sich die Konturen des kleinen Körpers abzeichneten. Der Mörder hatte dieses Kind zumindest an einem Stück entsorgt. Wie viele Schmerzen hatte der Kleine erleiden müssen! Wie arglos war er in sein Verderben gelaufen! Kinder waren noch nicht mit dem Misstrauen der Erwachsenen ausgestattet. Sie glaubten noch an das Gute im Menschen. »Hallo, Holger, ist da jemand zu Hause?« Dr. Todt fasste Wilms am Arm und schüttelte ihn aus seinen trüben Gedanken. »Die Kollegen der Spurensicherung möchten dir was zeigen. Ich fahr in die Pathologie und warte dort auf den Jungen. Wir kriegen das Schwein schon, Holger. Bis dann.« Dr. Todt legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und verschwand. »Was habt ihr für mich?« fragte Wilms den Gruppenleiter der Spurensicherung. Der hatte seinen Mundschutz nach unten gezogen, sodass Wilms trotz des Schutzanzuges den Kollegen Remmert erkennen konnte. Er hielt einen Gipsabdruck mit einem sehr deutlichen Reifenprofil in der Hand. »Also, Chef. Ich kann noch nicht sagen, ob diese Spuren tatsächlich vom Täterauto stammen, doch verkehren hier in der Regel nur Fahrzeuge der Forstverwaltung. Und die haben Geländereifen drauf. Das hier ist aber der Sommerreifen eines Pkws, etwa 245er Breite. Ein Auto der Oberklasse. Wir werden den Reifentyp ermitteln, dann haben wir auch schon eine gute Eingrenzung auf den Fahrzeughersteller.« Wilms wandte sich an seinen Assistenten Tokrut, der mittlerweile mit der Befragung des Augenzeugen fertig war und einige Schritte hinter ihm interessiert zuhörte. Den...



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