E-Book, Deutsch, Band 1, 376 Seiten
Schmidt Blattgold
2023
ISBN: 978-3-8392-7324-1
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Pforzheim-Krimi
E-Book, Deutsch, Band 1, 376 Seiten
Reihe: Hauptkommissarin Franziska Kusterer
ISBN: 978-3-8392-7324-1
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In einer Pforzheimer Villa wird die Leiche einer Putzfrau aufgefunden. Es gibt keine Hinweise auf einen fremdverschuldeten Tod, doch das Anwesen, das der Unternehmerfamilie Ruf gehört, wurde offenbar durchsucht. Die Ermittlungen führen Hauptkommissarin Franziska Kusterer und ihr Team in die Pforzheimer Schmuckbranche, wobei ihnen schnell bewusst wird, dass dort nicht alles Gold ist, was glänzt. Bald kommt es zu einem weiteren rätselhaften Vorfall …
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Kapitel 2
Dienstag. Noch 17 Tage. Mit geschlossenen Augen rührte Franziska Kusterer in ihrer halb vollen Kaffeetasse. Stechende Kopfschmerzen plagten sie, seit sie vor knapp 20 Minuten aufgestanden war. Vor dem Küchenfenster war es noch stockfinster, lediglich die Laternen der nahen Ringstraße sorgten für vereinzelte Lichtkegel. Nach einer Weile öffnete sie gequält die Lider und griff nach ihrem Smartphone, das sie neben sich auf dem schmalen Küchentisch abgelegt hatte. Auf dem Sperrbildschirm wurden ein paar ungelesene Nachrichten und E-Mails aufgelistet, die sie allesamt ignorierte. Sie öffnete lediglich den Chat von ihrem Sohn Patrick, neben dem eine neue Mitteilung angezeigt wurde. »Hey mama ich komm vor weihnachten nicht mehr heim hab zu viel stress an der uni«, stand dort geschrieben und ihre Laune verschlechterte sich noch weiter. »Okay, schade«, antwortete sie kurz und suchte dann eine Weile nach einem passenden Emoji, das sie anfügen konnte. Nachdem sie sich für eines mit geschlossenen Augen und nach unten hängenden Mundwinkeln entschieden hatte, schickte sie die Nachricht ab und massierte sich erneut die Schläfen. Wenige Zeit später fuhr Franziska Kusterer über die B 10 von ihrem Wohnort in Remchingen-Singen in Richtung Pforzheim. Die um diese Uhrzeit noch kaum befahrene Straße verlief durch breite Wiesen, bevor sie sich nach dem Ersinger Kreuz in einigen engen Kurven durch ein dichtes Waldstück schlängelte. Ihr Weg führte sie über das Gewerbegebiet Wilferdinger Höhe, vorbei an unzähligen Autohäusern und Baumärkten, ehe die Straße nach dem großen Gebäudekomplex des Siloah-Krankenhauses in den Talkessel abfiel. Durch eine Unterführung kreuzte sie die Bahnlinie, die Karlsruhe und Stuttgart verband, und nur einige Minuten später stieg die Hauptkommissarin auf ihrem Stammparkplatz im schmalen Innenhof des schmucklosen Polizeipräsidiums aus. Ein forscher Winterwind brachte ihre schulterlangen dunkelbraunen Haare zum Wehen. Mit großen Schritten eilte sie zum nächstgelegenen Eingang und huschte in das auf Sparflamme beheizte Gebäude. Sie betrat an diesem Tag als Erste das Großraumbüro ihrer Abteilung, und schon kurz darauf saß sie mit ihrer zweiten Tasse Kaffee des frühen Morgens an ihrem Computer. Mit schnellen, erprobten Griffen navigierte sie zu einem Ordner, in dem bereits Bilder vom Tatort abgespeichert waren. Sie klickte sich durch die Aufnahmen, die größtenteils aus dem Treppenhaus und Atelier stammten. Die zahlreichen Fotos der Leiche von Melek Özkan interessierten sie im Moment nicht allzu sehr. Vielmehr waren es die Aufnahmen aus dem Studio, die sie mit einer gewissen Faszination betrachtete. »Was hast du da gesucht?«, murmelte sie. »Und was hast du gefunden?« »Vermutlich nicht allzu viel«, ertönte die Stimme von Thomas Wengler und Franziska Kusterer erschrak, wobei sie beinahe ihre Kaffeetasse umgekippt hätte. Vorsichtshalber schob sie das heiße Getränk ein Stück von sich. »Ich habe dich gar nicht reinkommen sehen«, meinte sie schließlich und blickte zu ihrem Kollegen, der noch immer seine dicke blaue Winterjacke und eine Strickmütze trug. »Du hast ja auch unentwegt auf deinen Bildschirm gestarrt. Schon irgendetwas entdeckt?« »Nicht wirklich«, gab sie zu. »Ich fahre auf halb zehn zu Kürsat Özkan und hätte gerne dich und Frau Kaplan mit dabei.« »Selbstverständlich.« Wengler nickte und ging an seinen Arbeitsplatz, wo er seine Umhängetasche abstellte und seinen Computer hochfuhr. Er hatte sich gerade gesetzt, als sich die Tür plötzlich öffnete und Claudia Schweiger hektisch eintrat. Auch sie steckte noch in ihrer Jacke und trug zudem einen überdimensionierten Schal. Mit kleinen Schritten trippelte sie zu Franziska Kusterer und trat ein, ohne an den schmalen Türrahmen anzuklopfen. »Der Tag geht gleich gut los«, beschwerte sie sich. »Guten Morgen, Claudia«, begrüßte Kusterer sie ruhig, was die Sekretärin atemlos entgegnete. Ein starker Kopfschmerz durchfuhr die Hauptkommissarin und ihre Gesichtszüge verkrampften sich unweigerlich. »Was gibt es denn?«, fügte sie an. »Da fährt man einmal mit dem Auto zur Arbeit und dann gibt es natürlich einen Unfall auf der A 8 und in Niefern ist Verkehrschaos. Und dann kommt man hier an und es sind gleich drei Nachrichten auf dem AB von der PZ. Die haben natürlich gestern noch Wind von dem Einbruch bekommen, wenig überraschend, und haben ein paar Fragen.« »Hat wieder dieser Herr Peters angerufen?« »Ja, wer sonst?«, entgegnete Claudia Schweiger und verdrehte genervt die Augen. »Einfach ignorieren. Der soll sich bis zur nächsten Pressekonferenz gedulden. Gibt es schon einen Termin für unseren Fall?« »Soweit ich weiß, noch nicht. Ich schau noch mal nach und geb dir dann Bescheid.« »Alles klar.« Franziska Kusterer sah der Sekretärin hinterher, bis sie das Großraumbüro wieder verlassen hatte, dann stand sie selbst auf und ging zu Thomas Wengler hinüber. »Es ist schon fast sieben«, stellte sie unruhig fest. »Willst du Aufgaben verteilen oder sehnst du dich nach dem Kollegen Fischer?«, fragte Wengler keck, während er gerade eine E-Mail verfasste. »Ersteres, natürlich«, brummte Kusterer und nippte an den Resten ihres Kaffees, der mittlerweile nicht einmal mehr lauwarm war. »Was hast du gestern eigentlich noch über Melek Özkan herausgefunden?«, erkundigte sich ihr Kollege. »Nur grundlegende Infos. Wir haben auch schon einmal damit angefangen, die Kontakte aus dem Notizbuch durchzugehen, das wir von ihrem Ehemann bekommen haben.« »Und wer sind die Leute?« »Ein paar wenige Freunde. Ansonsten wahrscheinlich alles Familienmitglieder, soweit ich das bisher beurteilen kann. Und weitere Arbeitgeber. Aber ich gehe eh davon aus, dass die Kontakte uns nicht besonders weiterhelfen«, meinte sie. »Da wären wir wieder bei deinem Pessimismus.« »Zudem sich vermutlich gleich schlechte Laune gesellen wird«, sagte sie mit Blick auf die Tür, durch die Wolfgang Fischer gerade eintrat. Die gesamte Ermittlungsgruppe hatte sich mit etwas Verspätung um den großen, ovalen Tisch des Besprechungsraums versammelt. Neben Franziska Kusterer, Thomas Wengler, Wolfgang Fischer, Manuel Bischof und Hayat Kaplan waren noch zwei weitere Beamte anwesend. Sandra Köhler war Anfang 30 und hatte lange, eindeutig blondierte Haare. Ihre Gesichtszüge waren hart und ihre blauen, ausdruckslosen Augen wurden von einer Spur zu viel Make-up umgeben. Manfred Knoll stellte in gewisser Weise ihr exaktes Gegenteil dar. Während ihre Gliedmaßen außerordentlich dürr und lang waren, äußerte sich sein erhöhtes Körpergewicht vor allem in einem ausgeprägten Bauch und fehlenden Hals. Mit Ende 50 war er zudem einer der ältesten Angestellten der Pforzheimer Kriminalpolizei. Franziska Kusterer war die einzige Person im Besprechungsraum, die nicht auf einem der bequemen Stühle Platz genommen hatte, und stattdessen vor einer großen Weißwandtafel stand. »Wir haben ja bereits gestern mit dem Backgroundcheck zu Melek Özkan begonnen und damit müssen wir natürlich mit höchster Intensität fortfahren«, begann sie den inhaltlichen Teil der Besprechung, nachdem sie diese mit einigen Formalitäten zur Organisation der Ermittlungen eröffnet hatte. »Dazu gehört auch ein ausführliches Gespräch mit Kürsat Özkan, dem Ehemann der Verstorbenen, das ich später leiten werde. Heute Mittag hätte ich dann gerne ein vollständiges Profil zu Melek Özkan, inklusive Lebenslauf, das wir dann durch die Informationen aus dem Gespräch ergänzen können.« »Was wissen wir bisher?«, fragte Manfred Knoll. »Melek Özkan wurde 46 Jahre alt. Sie kam in Aksaray zur Welt. Das ist eine Stadt in der Zentraltürkei. Entschuldigen Sie meine Aussprache«, fügte sie mit Blick auf Hayat Kaplan an, doch die Kollegin hielt gleich einen wohlgemeinten Daumen in die Höhe. »Sie ist in der Türkei aufgewachsen, aber schon im Alter von acht Jahren nach Deutschland gekommen. Und sie hatte auch schon seit über 20 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft. Frau Köhler«, übergab sie das Wort an die junge Kollegin, die hastig ihr Handy verstaute, das sie unter dem Tisch benutzt hatte. Kommentarlos wartete die Hauptkommissarin, bis Sandra Köhler einen Ausdruck in die Hand genommen hatte. »In ihrem Notizbuch haben wir ein paar geschäftliche Kontakte gefunden. Und wenn diese Informationen stimmen, dann hatte Melek Özkan zum Zeitpunkt ihres Todes wohl vier unterschiedliche Jobs. Zum einen bei Hildegard Ruf zu Hause und im Firmengebäude von Ruf-Schmuck. Sie hat allerdings auch noch für einen gewissen Roland Müller in Birkenfeld gearbeitet und für eine Margot Krämer in der Südweststadt. Wir haben allerdings noch keinen Kontakt mit diesen Personen aufgenommen.« »Danke für die Zusammenfassung«, sagte Kusterer knapp. »Mit einigen Namen und Telefonnummern aus dem Notizbuch konnten wir uns bisher noch nicht genauer auseinandersetzen. Das müsste also heute jemand übernehmen. Wer sind sie? Woher kannten sie Melek Özkan? Das Übliche eben.« »Was ist mit dem Ehemann?«, erkundigte sich Manfred Knoll. »Kürsat Özkan. Wir sind noch nicht dazu gekommen, ihn wirklich zu überprüfen. Richtig, Frau Köhler?« »Ich weiß bisher nur, dass er seit etwa vier Jahren Hartz IV bezieht. Mehr hab ich noch nicht.« »Und wie sieht die Spurenlage am Tatort aus?«, erkundigte sich Knoll, der das Gebäude am Vortag nicht betreten hatte,...