Schmid / Veith / Weidner | Einführung in die kollegiale Beratung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 126 Seiten

Reihe: Carl-Auer Compact

Schmid / Veith / Weidner Einführung in die kollegiale Beratung


4. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8497-8447-8
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 126 Seiten

Reihe: Carl-Auer Compact

ISBN: 978-3-8497-8447-8
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Organisationen verstehen sich heute zunehmend als Kompetenznetzwerke aus Erfahrungen und Wissen von Teams und Einzelnen. Der größte Teil dieser professionellen Kompetenz entsteht beim Arbeiten und in der Beziehung zu anderen.

Das Konzept der kollegialen Beratung erhebt diesen Umstand zur Methode: Kollegiale Beratung wird hier als Verfahren verstanden, bei dem sich Kollegen in konkreten Fragen der Profession und der Praxis gegenseitig unterstützen und ihr Know-how jeweils passgenau zur Verfügung stellen. Systematisch aufgebaut und genutzt, steigert kollegiale Beratung die Zufriedenheit der Mitarbeiter und verbessert die Effizienz des Unternehmens.

Das Buch führt auf kompakte Weise in die kollegiale Beratung ein. Von den Grundlagen der Methode über den Aufbau einer kollegialen Lernkultur bis zum nachhaltigen Verankern in Organisationen beschreiben die Autoren alle Prozessschritte und Komponenten. Zahlreiche Fallbeispiele, leicht umsetzbare Beratungsübungen, Methodenvorschläge und Checklisten garantieren den direkten Transfer in die Praxis.

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2 Die Methode der kollegialen Beratung
Für das Lernen im Prozess der Arbeit stehen Konzepte im Vordergrund, die darauf bauen, dass Menschen selbst organisiert durch die Auseinandersetzung mit ihren Aufgaben und durch ihr konkretes Tun lernen. Diese Art des Lernens ist ein realistischer Weg zur Bewältigung der zunehmenden Lernanforderungen am Arbeitsplatz. Ein solches arbeitsbegleitendes Lernen führt durch arbeitsnahe Kontexte und lernförderliche Arbeitsformen zu einer tätigkeitsbezogenen Erweiterung, Neustrukturierung oder Löschung vorhandener Kompetenzen eines individuellen oder kollektiven Subjekts in der Erwerbsarbeit (Kirchhöfer 2004). Kollegiale Beratung ist eine Kommunikationsform, die sich in vielerlei Hinsicht besonders für den Einsatz in arbeitsplatzbezogenen Lernprozessen eignet. Hierauf werden wir in Kapitel 3 weiterführend eingehen. In diesem Kapitel 2 wird die Methode als solche analysiert, und es wird dargestellt, wie ihr Einsatz den Aufbau eines kollegialen Unterstützungssystems ermöglicht, welches dazu dient, gemeinsam Schwierigkeiten im täglichen Arbeitsablauf zu lösen und zu überwinden und Verhalten sach-, persönlichkeits-wie beziehungsorientiert zu verbessern. 2.1 Kollegiale Beratung als Arbeitsform
Damit kollegiale Beratung in weitreichenden Umfang genutzt werden kann, empfiehlt sich besonders für Einsteiger die Orientierung an einem Leitfaden. Mit dieser Orientierung ist es für die Beratungsgruppe machbar, in begrenzter Zeit einen anliegenbezogenen Fortschritt zu erreichen. Möglich wird dadurch auch, dass verschiedene Teilnehmer in je einer Beratungseinheit die Rolle des Ratsuchenden einnehmen können, wenn im Rahmen eines Arbeitstreffens mehrere Beratungssequenzen durchlaufen werden. Von zentraler Bedeutung ist es, dass sich die beratenden Teilnehmer explizit auf ihre Rolle und das Erbringen einer für den Ratsuchenden relevanten Unterstützung fokussieren. Mit Rolle ist hier nicht das Agieren eines Schauspielers im Rahmen eines Schauspiels oder Rollenspiels gemeint. Vielmehr wollen die Rollenbeschreibungen (siehe Abschn. 2.1.2 folgende) möglichst klar die Funktionen und die damit verbundenen Aufgaben der Teilnehmer im Beratungsprozess definieren. Die Rollenbeschreibungen sind nicht als strikte Anweisungen gedacht, doch dient die Rollentreue seitens Protagonisten der Strukturierung einer Beratungssitzung in ihrem Aufbau und Ablauf. Jede Rolle fokussiert dabei auf einen zentralen Beitrag im Sinne der Problemlösung gemäß dem eingebrachten Anliegen bzw. zur Gestaltung des Lernprozesses. Die Rollen in der kollegialen Beratung sind nicht an Personen oder Kompetenzen gebunden, sondern sie wechseln von Fall zu Fall. Auch können die Rollen unabhängig von eventuellen sonstigen Hierarchien von allen eingenommen werden und begründen keine bestimmte Hierarchie in der Lerngruppe. Vielmehr begegnen sich die Teilnehmer im Sinne kooperativen Lernens als gleichwertig und erarbeiten gemeinsam Lösungsoptionen. Die Verteilung der Rollen in der kollegialen Beratung variiert je nach Beratungsform. Dabei wird zum Teil nur mit Ratsuchendem und Beratergruppe gearbeitet, wie dies in der von uns so genannten klassischen Designübung beispielsweise der Fall ist. Hier liegt der Hauptfokus darauf, dem Ratsuchenden eine möglichst breite und variantenreiche Palette an Hypothesen, Perspektiven und Ideen für ein weiteres Vorgehen zur Verfügung zu stellen. Oder man verteilt die Rollen nach Ratsuchendem, Hauptberater und Koberater (Berater-Berater). Die von uns so genannte Beratungsübung bietet sich an, wenn der Ratsuchende von einem Berater durch einen Klärungsprozess geführt oder mit einer alternativen Wirklichkeit konfrontiert werden möchte. Diese Übung eignet sich eher für beratungserfahrene Gruppen, denn der Beratungsprozess wird bis zur tatsächlich erfolgten Beratung durchgeführt. Hierbei wird das Handeln des Beraters durch die Berater-Berater unterstützt. Deren Fokus liegt auf der Selbststeuerung des Beraters und nicht in erster Linie auf dem Anliegen des Fallgebers. In einer von uns so genannten Beratermarktübung dagegen stellen mehrere Berater oder Beraterteams dem Ratsuchenden in Bezug auf sein Anliegen ihr Beratungsangebot vor. Der Ratsuchende wählt aus und nimmt die entsprechende Beratung in Anspruch. Der Vorteil dieser Beratungsform für den Ratsuchenden liegt darin, in Bezug auf seine konkrete Zielvorstellung mehrere Optionen des Vorgehens zu bekommen. Für alle ist dies eine Gelegenheit, Beratungsdienstleistungen zu konfigurieren, anzubieten, zu beauftragen, zu erbringen und zu evaluieren. Die verschiedenen Beratungsformen können in ihrer Ausführung also variieren. Innerhalb jeder Beratung(sform) kann mit verschiedenen Methoden auf akustisch-verbaler, visueller und kinästhetischer Ebene gearbeitet werden, damit man den verschiedenen Wahrnehmungs- und Verarbeitungskanälen bzw. der jeweiligen Situation oder dem Problem gerecht wird. Eine gute Beratungsgruppengröße für die Bearbeitung eines Anliegens liegt zwischen vier und sechs Teilnehmern. Die minimale Teilnehmerzahl verteilt sich auf die Rollen: 1 Fallgeber und 2–3 Berater, wobei einer der Berater die Moderations- und Zeitwächterfunktion mit übernimmt. Arbeitet man mit einer großen Beratergruppe, so hat man zwei Möglichkeiten. Entweder man bearbeitet mehrere Anliegen in Gruppen nach oben genannter Besetzung. Oder man wählt mit einer maximalen Besetzung von 13 Personen das Setting des Beratermarkts (im Plenum). Hier arbeiten drei Gruppen parallel und erstellen für den Fallgeber alternative Beratungsangebote. Als Rahmen sollten verschiedene Arbeitsvereinbarungen und grundsätzliche Werte festgelegt werden. Als solche sind Wertschätzung, Kompetenzzuschreibung, Ressourcen- und Lösungsorientierung, aktive Beteiligung, Verbindlichkeit, Zeit- und Fokusdisziplin, Bereitschaft zur Offenheit und Authentizität, Selbstverantwortung und Eigenständigkeit sowie Bereitschaft zu einer Vertrauenskultur aus unserer Sicht die wesentlichen. Der folgende Leitfaden eines kollegialen Beratungsprozesses kann als Grundform verstanden werden. Er kann je nach Beratungsintention variiert und methodisch ergänzt werden. Leitfaden kollegiale Beratung
1 Rollen- und Zeitvereinbarung Ein Kunde, zwei Interviewer, ein Moderator und die Beobachter werden ausgewählt. Die Dauer der kollegialen Beratung wird festgelegt. 5 min 2 Anliegen Der Kunde (A) stellt sein Anliegen dar (nur eine kurze Skizze, möglichst konkret) und formuliert zwei bis drei zentrale Fragestellungen. 10 min 3 Die Interviewer erfragen a) das Ziel der Beratung (z. B.: „Angenommen, unser Gespräch verläuft optimal, was ist dann am Ende für Sie anders?“) b) wesentliche Perspektiven des Problems (mithilfe systemischer Fragen) 20 min 4 Die Interviewer und die Beobachter überlegen sich Hypothesen zur Erklärung des Problems (keine Ratschläge oder Lösungen A hört still zu. 15 min 5 A priorisiert die Hypothesen Welche erlebe ich als weiterführend? 5 min 6 Gruppen-Brainstorming Interviewer und Beobachter formulieren Lösungsideen, die A helfen, bezogen auf die Herausforderung konkret etwas anderes tun zu können. A hört zu. 15 min 7 A bewertet die Lösungsideen Welche sind für meine Fragestellung hilfreich? 10 min 8 Prozessreflexion Wie haben sich die Beteiligten in ihren Rollen erlebt? Was haben wir gelernt? 5 min Beim nächsten Treffen Bericht des Kunden: Welche Fragestellung habe ich eingebracht? Welche Hinweise habe ich dafür bekommen? Was habe ich unternommen? Was ist aus meiner Sicht gut gegangen, was nicht? Welche Folgefragen sind entstanden? Die hier vorgestellte Form des kollegialen Beratungsprozesses enthält die Hypothesenarbeit (Analyse von Hypothesen) als festen Bestandteil (zur Bedeutung und Arbeit mit Hypothesen siehe Abschn. 2.1.5) und spiegelt insofern unsere systemisch-wirklichkeitskonstruktiven Grundhaltung wider. Damit unterscheidet sich dieser Prozessablauf von den an anderer Stelle vorgestellten (Rimmasch 2003; Tietze 2003). Rimmasch eröffnet in der Beratung einen dialogischen Prozess („diagnostische Spirale“, ebd., S. 29 ff.) und arbeitet nach Gesichtspunkten eines dialogischen Lernarrangements. Die Formulierung von...


Bernd Schmid, Dr. phil., Studium der Wirtschaftswissenschaften, Erziehungswissenschaften und Psychologie; Leitfigur der ISB-GmbH, Wiesloch (seit 1984, www.isb-w.de) und des isb-Professionellen-Netzwerkes; internationaler Referent, Lern- und Professionskulturentwickler, Unternehmer und Gründer von Initiativen und Verbänden, dabei Mentor und Konzeptentwickler für das Feld Organisation und im Rahmen der Schmid-Stiftung für das Zusammenwirken von Profit- und Nonprofit-Unternehmertum.
Bernd Schmid ist u. a. Ehrenmitglied der Systemischen Gesellschaft und Ehrenvorsitzender im Präsidium des Deutschen Bundesverbands Coaching; Preisträger des Eric Berne Memorial Award 2007 der International Transactional Analysis Association (ITAA) sowie des Wissenschaftspreises 1988 der European Association for Transactional Analysis (EATA); Life Achievement Award 2014 der Petersberger Trainertage. Zahlreiche Veröffentlichungen in Schrift, Video und Audio, Essays zu persönlichen und professionellen Themen (www.blog.bernd-schmid.com).
Kontakt: www.systemische-professionalitaet.de

Thorsten Veith, M. A. in Erziehungswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft und Diplom in Scienes Politiques et Sociales; laufende Dissertation am Institut für medizinische Psychologie der Universität Heidelberg zum Thema "Gesundheitsentwicklung bei Führungskräften". Leiter des Instituts für systemische Beratung (isb), Wiesloch; Tätigkeiten in Bildungs- und Wirtschaftskontexten, Lehrbeauftragter an Universitäten sowie Seminarleiter (u. a. systemische Beraterausbildung für Junior-Professionals, Kompetenzentwicklung für zukünftige Arbeitswelten für junge Erwachsene und Nachwuchskräfte). Berater und Teamcoach im Profit- und Non-Profit-Bereich zu kollegialer Beratung, Didaktik und Lernkultur in Organisationen, arbeitsplatznahen Lern- und Qualifizierungssystemen.

Ingeborg Weidner, M. A. in Erziehungswissenschaft und Germanistik. Mehrjährige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im schulischen Bereich; Ausbildungen in systemischer Beratung, Therapie und Coaching. Seit 2000 Mitarbeiterin des Instituts für systemische Beratung (isb), Wiesloch, im Bereich Medien und Publikationen sowie der Praktikantenauswahl. Lehraufträge an Universitäten zu systemischer Beratung, kollegialer Beratung, Didaktik und Lernkultur; Workshops zur Berufsorientierung für junge Erwachsene.



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