E-Book, Deutsch, 280 Seiten
Reihe: MM-Reisen
Schmid Tessin Reiseführer Michael Müller Verlag
4. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96685-220-3
Verlag: Michael Müller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps
E-Book, Deutsch, 280 Seiten
Reihe: MM-Reisen
ISBN: 978-3-96685-220-3
Verlag: Michael Müller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der »Sonnenstube der Schweiz« kann man an der Piazza Grande von Locarno im Korbstuhl sitzen und einen Kaffee schlürfen, während nördlich der Alpen noch geheizt wird. Mit ihrem milden Klima und der üppigen Flora hat die Gegend schon früh Reisende aus dem Norden angezogen.
Erst später wurden die vielen Täler entdeckt. Wanderer finden dort unzählige markierte Wege, und wo der Anstieg steil ist, oft eine Gondelbahn. Auch Kunst und Kultur des 20. Jahrhunderts sind im Tessin zu Hause: vom Hesse-Museum in Montagnola bis zur futuristischen Kapelle von Mario Botta auf dem Monte Tamaro oder dem internationalen Filmfestival von Locarno, zu dem Cineasten aus aller Welt pilgern.
Und natürlich kann man sich im Tessin auch kulinarisch verwöhnen lassen: am besten am Granittisch im schattigen Grotto.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Valle Leventina Die Valle Leventina oder einfach „die Leventina“, wie das Tal des Ticino-Flusses zwischen Airolo und Biasca genannt wird, ist in erster Linie eine verkehrsschwere Transitachse. Lkws donnern über die Autobahn, die Einheimischen haben das Nachsehen. Giornico - Juwel der Leventina Seit 2016 der Gotthard-Basistunnel eröffnet wurde, rollen zumindest keine Güterzüge mehr durch die Leventina, aber auch die Personenzüge des Fernverkehrs, die früher oft noch in Airolo hielten, erblicken erst unten in Bodio wieder das Tageslicht. Eine touristische Entwicklung im Tal scheint nur beschränkt möglich. In den Ausläufern des Gotthardmassivs wird Ski gefahren, doch hält sich der Wintersport in Grenzen. Mehr Zukunft hat der sanfte Tourismus; zunehmender Beliebtheit bei Wanderern erfreut sich die Gegend um den Lago Ritom, zumal eine Bergbahn den mühsamen Aufstieg zu Fuß erspart. Weniger bekannt ist das abgelegene Bedrettotal westlich von Airolo. Selbst für den, der keine Wanderabsichten hegt, hält die Leventina ein Schmuckstück bereit: Das Dörfchen Giornico mit seinen Brücken und Kirchen lohnt den Besuch und wartet obendrein mit einem wunderschönen Grotto auf. St. Gotthard Der „Gotthard“ ist für die Schweizer mehr als nur ein Gebirge, er ist ein nationaler Mythos. Hier kreuzen sich die Kulturen der mehrsprachigen Schweiz, das Gebiet spielt seit der Gründung der Eidgenossenschaft eine zentrale Rolle. Die Gotthardroute verbindet seit Jahrhunderten Nord- und Südeuropa, ob als Säumerweg im Mittelalter oder heute als Straßen- und Eisenbahntunnel. Im Gotthardmassiv entspringen Rhein, Rhone, Reuß und Ticino, deren Wasser in die Nordsee, ins Mittelmeer und in die Adria fließen. Militärstrategen erkannten den Wert des Gotthards schon früh. Im 15. Jahrhundert drangen die Eidgenossen in die Leventina vor, um sich die Kontrolle über den Pass zu sichern. Im 18. Jahrhundert besetzten Napoleons Truppen den Pass, umzingelten und vertrieben dort die russischen Gegner. Im Zweiten Weltkrieg schließlich wurde der Gotthard zum Mittelpunkt weitläufiger Festungsanlagen. Wäre Hitler in die Schweiz einmarschiert, so hätte er sich spätestens hier die Zähne ausgebissen; so jedenfalls lernten es Schweizer Schüler noch in den 1950er- und 60er-Jahren. Der Gotthard ist einfach ein harter Brocken - kein Wunder, dass sich eine der erfolgreichsten Schweizer Hard-Rock-Bands „Gotthard“ nennt. Autobahn: Umweltschäden durch Straßenbau Die Gotthard-Autobahn durch die Valle Leventina, die hinter dem Gotthardpass beginnt, wird heute nur noch von Ewiggestrigen als gelungene Verbindung von Natur und Technik bezeichnet. In Wirklichkeit hat die meistbefahrene Alpenstraße das einst beschauliche Tal grundlegend zerstört. 2016 befürwortete eine Mehrheit der Schweizer Stimmbürger den Bau einer zweiten Gotthardröhre, um die notwendige Sanierung des bestehenden Tunnels in Ruhe durchführen zu können. Die Alpenschützer waren dagegen und plädierten für eine „weiche“ Lösung (sukzessive Sanierung bis ca. 2035), die Autolobby war für eine zweite Röhre und siegte. Bis 2029 soll diese fertiggestellt sein, dann die Sanierung des alten Tunnels beginnen - und ab 2032 sollen beide Tunnels befahrbar sein. Selbst wenn, wie vorgesehen, beide Tunnels nur einspurig befahren werden, dürfte die Gotthardroute damit an Attraktivität zunehmen (weniger Stau), das Verkehrsaufkommen wird sich also weiter erhöhen. Seit der Eröffnung des Straßentunnels 1980 hat sich der Personenverkehr durch den Gotthard mehr als verdoppelt, der Güterverkehr mehr als verdreifacht - Tendenz steigend. 2017 zählte man im Tagesdurchschnitt fast 16.000 Autos und rund 2200 Lastwagen. Neben der Lärmbelästigung ist die Luftverschmutzung die schlimmste Folge dieser Entwicklung. Die Ozonbildung zeigt im Sommer europäische Höchstwerte; im Sottoceneri kommt dann zur hausgemachten dicken Luft je nach Wind- und Wetterlage noch die verpestete Luft des Ballungsraums Mailand hinzu. ? Auskunft über den derzeitigen Stand der Arbeiten - aus regierungsamtlicher Sicht, also unkritisch - gibt es im Infozentrum Airolo neben dem Bahnhof (April-Okt. Fr 13-17, Sa 9-17 Uhr, Nov.-März Sa 13-17 Uhr). Wegvarianten: Der Straßentunnel ist eine praktische und schnelle Variante, um ins Tessin zu gelangen. Bei schönem Wetter aber ist die Passstraße eine empfehlenswerte Alternative, in der Regel ist sie von Juni bis September befahrbar. Auf der Passhöhe erwartet den Reisenden ein wunderbares Bergpanorama: eine Pause machen, die klare Luft einatmen, sich die Füße vertreten, sich stärken - oder im historischen Zollhaus die Geschichte des Gotthards vom Mittelalter bis heute studieren. Die Passstraße ist auch eine Lösung, wenn sich vor dem Tunnel der Verkehr staut, was an sommerlichen Wochenenden die Regel ist (über Wartezeiten informiert Radio SRF im 30-Minuten-Takt). Motorradfahrer wählen stets die Passvariante, sie atmen lieber frische Bergluft ein als Abgase im Tunnel und genießen obendrein das Kurvenwedeln. Gotthard-Passhöhe Sehenswertes Sasso San Gottardo: Das 2012 eröffnete Museum in der einst wohl wichtigsten Alpenfestung der Schweizer Armee ist zweigeteilt. Erst gelangt man durch einen kurzen Stollen zur Kasse, der sich die Abteilung „Themenwelt“ anschließt. Danach führt ein 600 m langer Stollen mit anschließender Standseilbahn hoch zur Abteilung „Historische Festung“. Die Gesamtfläche des Museums beträgt 8000 m2, was 100 durchschnittlichen 4-Zimmer-Wohnungen entspricht. Der Besuch dauert entsprechend lang, und auch wenn draußen die Sonne brennt: Nehmen Sie einen Pullover mit, und lassen Sie die Stöckelschuhe im Auto ... Themenwelt: Vier Säle präsentieren sich in modernster Ausstellungstechnik und konzentrieren sich auf vier Themenkreise: Energie und Nachhaltigkeit, Mobilität und Lebensraum, Wasser und Klima, Sicherheit und Überwachung. Bei Letzterem erfährt man einiges über Cyberkriminalität, Passwortknacken und Kreditkartenbetrug. Und in jedem der vier Säle wird man einen Apfel, ein Stück Jeans und ein Handy finden - damit hat es eine besondere Bewandtnis. Ein spezieller, separater Raum ist den in der Nähe gefundenen riesigen Bergkristallen gewidmet (effektvoll beleuchtet). Für den Themenrundgang wird ein sehr nützlicher Audioguide (Smartphone für QR-Codes) gratis zur Verfügung gestellt. Historische Festung: Hier ist der Ort selbst das Thema. Im Zweiten Weltkrieg spielte der Gotthard für die Landesverteidigung eine zentrale Rolle. Mit dem nationalsozialistischen Deutschland im Norden, dem an Nazideutschland angeschlossenen Österreich im Osten und dem faschistischen Italien im Süden war nach der Kapitulation Frankreichs die Situation für die Schweiz äußerst brenzlig geworden. Der Oberbefehlshaber der Schweizer Armee, General Henri Guisan, entwarf darauf die Strategie des „Réduit national“: Die Schweizer Armee sollte sich bei einem Einmarsch der Deutschen weitgehend in die Bergwelt zurückziehen, die Alpenpässe schützen und diese notfalls auch zerstören. Mitten ins Gotthardmassiv wurde so zwischen 1941 und 1943 eine militärische Festungsanlage gebaut - der „Sasso da Pigna“, in dem Sie sich befinden. Die Schweizer Armee war noch bis 1998 hier zugange. Nach dem Ende des Kalten Kriegs war die Anlage überflüssig geworden, vermutlich entsprach sie auch nicht mehr den Anforderungen einer inzwischen weiterentwickelten Militärtechnik. Zu besichtigen sind neben zwei Geschützständen (ein 5-Minuten-Video demonstriert Zielberechnung und Abschuss) die diversen Räumlichkeiten für die Festungstruppe und ein 20-Minuten Film über die Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Im ehemaligen Munitionsdepot ist in über 200 Regalfächern eine Ausstellung mit Originalexponaten eingerichtet: Soldatenschuhe, General-Guisan-Fotos, eine Wolldeckenklopfmaschine mit monströsem Staubsaugersack, ein Schreibtelegraph und anderes mehr. Viele Fächer stehen noch leer, die Ausstellung wird fortgeführt. Unter anderem wird auch eines der 17 Todesurteile dokumentiert, die während des Zweiten Weltkriegs in der Schweiz gefällt wurden. Wegen Landesverrats wurde ein 20-jähriger Bürogehilfe verurteilt: „1.) zum Tode durch Erschießen, 2.) zur Ausschließung aus dem Heere, 3.) zu den Kosten des Verfahrens von Fr. 1137.40 nebst einer Gerichtsgebühr von Fr. 100“ - in dieser Reihenfolge. Oder lesen Sie im Register der Disziplinarverfahren der Festungstruppe: „3 Tage scharfer Arrest wegen Betrunkenheit beim Einrücken“. ? Wenn der Pass geöffnet ist (in der Regel Juni bis Mitte Okt.): Einlass Juni/Juli 10.30-15 Uhr, Di geschl.; im Aug. tägl. 10.30-15 Uhr, Sept. bis Mitte Okt. Mi-So 10.30-15 Uhr. Dauer des Besuchs ca. 2 Std. Eintritt 25 CHF. Eisenbahn: Die längste Röhre der Welt Das Jahrhundertprojekt der schweizerischen Verkehrspolitik heißt NEAT, das Kürzel steht für „Neue Eisenbahn-Alpentransversale“ und strebt in der Hauptsache eine effizientere Abwicklung des Schienenverkehrs von Nord nach Süd an und umgekehrt. Kernstück der NEAT ist der 2016 eröffnete...