E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Schmid Spielend verkaufen
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-86414-314-4
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wie Sie Ihre Kunden mit originellen Ideen begeistern
E-Book, Deutsch, 220 Seiten
ISBN: 978-3-86414-314-4
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Virgil Schmid ist Sales-Coach, Trainer und Verkäufer aus Leidenschaft. Er hat das Verkaufen von der Pike auf gelernt und blickt als Marketingleiter und Geschäftsführer auf viele Umsatzerfolge zurück. Heute vertrauen zahlreiche bekannte Unter-nehmen auf seine Expertise als Berater und Kenner der erfolgreichen Fish!-Philosophie.
Autoren/Hrsg.
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Teil I: Spielanlässe
»Es kommt darauf an, sich von den anderen zu unterscheiden; ein Engel im Himmel fällt niemandem auf.«
George Bernhard Shaw
1. Wer spielt, gewinnt Kunden!
Die unglaubliche Müsli-Mix-Maschine
Knapp 300 Millionen Euro geben die Deutschen im Jahr für Müsli aus. Die Erfindung des Schweizer Arztes Maximilian Oskar Bircher-Benner ist heute in ganz Europa beliebt. In den Supermarktregalen machen sich die Produkte der Lebensmittelkonzerne von Nestlé über Kellogg’s bis Dr. Oetker Konkurrenz. Und dann sind da noch die etablierten Familienunternehmen von Kölln bis Seitenbacher. Was würden Sie drei Studenten sagen, die angesichts dieser Marktlage fröhlich verkünden: Wir machen eine Müsli-Firma auf?
Bevor Sie den Dreien vorschnell einen Vogel zeigen: Wir sprechen hier von einem Erfolgsmodell, bei dem aus einer studentischen Frotzelei binnen weniger Monate einträglicher Ernst wurde. Denn die Kunden spielten von Anfang an mit. Warum? Gegenfrage: Mögen Sie eigentlich Rosinen im Müsli? Und was würden Sie davon halten, wenn Sie Ihr ganz persönliches Lieblingsmüsli mit Ihren Lieblingszutaten kreieren und ihm dazu noch einen witzigen Namen verpassen könnten? Mymuesli macht’s möglich!
Drei Passauer Studenten auf dem Weg zum Badesee. Im Autoradio läuft der Werbespot einer Müslifirma aus dem Odenwald, der die Kunden im heimeligen Dialekt beschwört, etwas für die Gesundheit zu tun und dafür dieses Müsli zu kaufen. Hier spricht in der Tat der Inhaber selbst, erkennbar kein Profi-Sprecher – und die gebetsmühlenartige Wiederholung des Firmennamens kann einem arg auf den Wecker gehen. Was manche Radiohörer bewegt, den Sender zu wechseln, bringt die Badeausflügler auf eine Idee: »Nicht nur sollten wir bessere Radiowerbung machen – warum nicht gleich ein besseres Müsli?« Nachzulesen ist diese Gründungsgeschichte auf der Homepage von Mymuesli.
Wer sagt eigentlich, dass die besten Ideen in grauen Meetingräumen oder aufwendig geplanten Kreativ-Workshops entstehen? Wohl jeder hat schon einmal in Gedanken »Was wäre, wenn?« gespielt. Was wäre beispielsweise, wenn sich jeder sein eigenes Müsli mixen könnte und sich niemand mehr über verhasste Rosinen ärgern müsste? Wenn Allergiker sichergehen könnten, dass im ihrem Müsli keine Mandeln sind? Wenn Schokofreaks und Gesundheitsfreunde gleichermaßen auf ihre Kosten kämen? Am 30. April 2007 ging www.mymuesli.com online, ein Shop, in dem Kunden aus Dutzenden von Zutaten ihr Lieblingsmüsli selbst mixen und bestellen können. Fünf Jahre später boomt der Internetverkauf, sind Niederlassungen in Großbritannien und der Schweiz gegründet, Ladengeschäfte eröffnet und ist eine neue Müsli-Maschine in Betrieb genommen, die nach Auskunft der Gründer 566 Billiarden verschiedene Müslisorten abfüllen kann (kein Druckfehler, sondern Potenzrechnung). Eigene Werbespots gibt es inzwischen auch. Sie können ja mal selbst schauen, ob Sie Ihnen besser gefallen als die der Konkurrenz.
Die spielerisch entwickelte Idee schlägt ein, auch weil sie Kunden Einzigartigkeit verspricht und zum Mitmachen einlädt – zum Spiel mit inzwischen über 75 Zutaten, die der Käufer individuell mixen und in eine Dose mit einem beliebigen Schriftzug packen kann. Einzige Einschränkung: nicht mehr als 18 Buchstaben. Wie verspielt Erwachsene sein können, zeigen Aufdruckwünsche wie »Mähdrescher« oder »Eherettungsversuch«. Mymuesli bietet ein Kauferlebnis, das vielen Menschen deutlich mehr Spaß macht als die Lektüre der kleingedruckten Zutatenlisten im Supermarktregal. Dafür zahlen sie gerne etwas mehr und tragen zusätzlich noch die Versandkosten. Auch Firmenkunden wissen den Service von Mymuesli zu schätzen. So verschenkte beispielsweise die Kolping Krankenkasse Schweiz ein eigens komponiertes Müsli an Kunden und Partner. Die sympathische Überraschung »für Ihre Gesundheit« passte perfekt zum Organisationsziel und kam prima an. Die Kasse, die beim Internet-Vergleichsdienst Comparis Bestnoten erzielte, weiß offenbar, wie man sich von Wettbewerbern abhebt.1
Produkte sind austauschbar, Kauferlebnisse nicht
Wie gut »Spielen« und »Verkaufen« zusammenpassen, wurde mir vor vielen Jahren bewusst, als ich zufällig auf die »Fish!«-Philosophie stieß. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Viele von Ihnen werden die Geschichte des Pike Place Fishmarket in Seattle kennen. Und wenn nicht, auch kein Problem, denn sie ist schnell erzählt: Der Fischhändler John Yokoyama stand fast vor dem Aus, als ein junger Verkäufer in einer Krisensitzung vorschlug, dann müsse man eben »weltberühmt« werden.2 Was absurd klang, führte zu einer völlig neuen Art des Verkaufens. Statt passiv hinter ihren Fischtheken zu stehen, begannen die Verkäufer, sich die Fische zuzuwerfen, verbunden mit dem Warnruf »Fish!« Wenn ein Riesenlachs durch die Luft segelt, ist eine Warnung der Umstehenden durchaus angebracht. Neben dem kunstvollen Werfen, bei dem schon mal im Chor »Sechs Krabben auf den Flug nach Wisconsin!« gebracht werden, entdeckten die Verkäufer ihren Humor. Es sieht beispielsweise ziemlich komisch aus, wenn ein großer Karpfen auf dem Arm des Fischverkäufers zur Handpuppe mutiert, die auf den Kunden einredet.
Die Kunden mochten das Spiel, der Fischmarkt entwickelte sich zur Attraktion. Allein das Zuschauen macht vielen Menschen Spaß. Andere werden von den Verkäufern einbezogen und stellen beispielsweise fest, wie schwierig es ist, selbst einen Fisch aufzufangen. Die Kunden können mitspielen und sie genießen es. Von Krise ist auf dem Pike Place Fischmarkt keine Rede mehr. Fish!, das Buch über den Markt und die dahinter stehende Philosophie, wurde auch in Europa zum Bestseller. Die Kernsätze der Fish!-Philosophie lauten:
- Spielen und Spaß haben: Wie das funktionieren kann, haben Sie gerade gelesen. Aus Gewohnheiten ausbrechen, neue Spielregeln erfinden, etwas auf eine Weise tun, die anders ist und die man selbst mag. Freude ist ansteckend, die meisten Menschen können sich einer vergnüglichen Atmosphäre kaum entziehen. Selbst wenn man eben noch schlechter Laune war, überträgt sich die positive Energie eines fröhlichen Gegenübers auf einen selbst. Und in einer Situation, in der man es nicht erwartet, wirken Spiel und Spaß noch stärker.
- Die persönliche Einstellung wählen: Wer sich entscheidet, seine Arbeit zu lieben, wird Glück, Lebenssinn und Erfüllung erfahren. Glauben Sie nicht? Also, wenn das sogar auf einem Fischmarkt im regnerischen Seattle, bei Kistenschlepperei und kaltem Fisch funktioniert … Anders als viele Menschen glauben, sind wir unseren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert. Unsere Gedanken und Bewertungen bestimmen unsere Gefühle. Der Verkäufer, der überzeugt ist, dass Kunden grundsätzlich eher anstrengend und nervig sind, wird tagtäglich Bestätigungen dafür finden. Sein Kollege, der seine Kunden schätzt und es genießt, mit ihnen in Kontakt zu treten, ebenso.
- Anderen Freude bereiten: Wer anderen positive Gefühle verschafft, bekommt selbst auch welche. Denken Sie beispielsweise daran, wie Sie sich gefühlt haben, als Sie das letzte Mal mit einem Geschenk einen echten Volltreffer gelandet haben. Das alte Sprichwort »Geteilte Freude ist doppelte Freude« stimmt tatsächlich. Offenbar sind wir Menschen so gestrickt, dass wir uns gut fühlen, wenn wir dafür sorgen, dass andere sich gut fühlen. Positive soziale Kontakte wirken sogar lebensverlängernd, wie die Altersforschung regelmäßig bestätigt.
- Präsent sein: Damit ist die Kunst gemeint, sich total auf den Moment und das aktuelle Gegenüber zu konzentrieren. Aufmerksamkeit zählt zu den knappsten Ressourcen unserer Tage. Im Zeitalter der Smartphones und Tablet-PCs, Dutzender Fernsehsender und anderer Ablenkungen, bei Hektik und Stress allerorten wird es immer seltener, dass jemand einem anderen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt. Erinnern Sie sich noch daran, wann ein Verkäufer sich das letzte Mal total auf Sie eingestellt hat? Darin liegt eine persönliche Wertschätzung, die unwiderstehlich wirkt.
Auf Youtube finden Sie verschiedene Videos, auf denen Sie sich den Pike Place Markt in Aktion anschauen und die Geschicklichkeit der Verkäufer beim Fischewerfen bewundern können. Nach wenigen Sekunden wird beim Zuschauen klar: Ein Besuch hier ist wirklich ein Erlebnis.
Ich ahne, was einige von Ihnen jetzt denken: Das ist wieder so eine typisch amerikanische Erfolgsgeschichte. Bei uns funktioniert das nie! Schließlich kann man Versicherungspolicen schlecht werfen, und auch bei Porzellan wäre das wenig ratsam. Ich behaupte: Spielerische Elemente lassen sich in allen Branchen und Verkaufsbereichen einbauen; es muss ja nicht immer geworfen werden. Man muss sich nur trauen, und ein bisschen Fantasie gehört natürlich auch dazu. In diesem Buch möchte ich den Beweis antreten und Ihnen anhand zahlreicher Beispiele und Ideen zeigen, wie Sie »spielend verkaufen« können, und zwar mehr und besser als bisher. Denn Menschen lieben alles, was Abwechslung vom Alltag verspricht, ein Erlebnis bietet. Und in der Hinsicht ist das Spiel einfach unschlagbar.
Unternehmen, die spielen
Es gibt sie längst: Unternehmen, die auf Spiel und Spaß setzen und damit bestens verdienen. Und damit meine ich nicht die angestaubten »Gewinnspiele«, bei denen Kunden ein paar banale Fragen gestellt werden und es in erster Linie ums Adressensammeln geht –...