Vorstellungen von jungen Deutschen und türkischstämmigen Migranten über ein Leben in Deutschland
E-Book, Deutsch, 310 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm
ISBN: 978-3-86234-106-1
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziologie von Migranten und Minderheiten
- Sozialwissenschaften Ethnologie | Volkskunde Volkskunde Minderheiten, Interkulturelle & Multikulturelle Fragen
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Altersgruppen Kinder- und Jugendsoziologie
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;7
2;Vorwort;11
3;0 Einführung;13
4;1 Theoretischer Hintergrund der Untersuchung;17
4.1;1.1 Migration aus sozialpsychologischer Sicht;18
4.2;1.2. Migration aus Perspektive der Akkulturationsforschung;33
4.3;1.3. Türkischstämmige Migranten in Deutschland;60
4.4;1.4. Migration aus Sicht des interkulturellen Lernens;75
5;2 Fragestellung;87
6;3 Methoden;93
6.1;3.1. Qualitative Studie;93
6.2;3.2 Quantitative Studie;130
7;4 Ergebnisse;149
7.1;4.1 Ergebnisse der qualitativen Studie;149
7.2;4.2 Ergebnisse der quantitativen Studie;213
8;5 Diskussion;241
8.1;5.1 Die türkischstämmigen Migranten;241
8.2;5.2 Die Deutschen;260
8.3;5.3 Wechselwirkungen zwischen Deutschen und türkischstämmigen Migranten;282
8.4;5.4 Ausblick und praktische Konsequenzen;285
9;6 Zusammenfassung;289
10;7 Literatur;293
"5 Diskussion (S. 239-240)
Ein Großteil der bisher vorliegenden Studien zu Akkulturationsorientierungen bei Migranten und Einheimischen fand Belege dafür, dass Integration bei beiden Gruppen, die am häufigsten auftretende Akkulturationsorientierung ist (Berry, 2001; Berry, 2005; Bourhis et al., 1997c; Pfafferot & Brown, 2006; Rohmann et al., 2006; Jasinskaja-Lahti et al., 2003).
Die Grundlage dieser Studien bilden Fragebogendaten, die die Akkulturationsorientierung auf Einstellungsebene erheben und sich dabei meist auf schwer interpretierbare Doppelfragen (»twobarrelled- questions«) stützen. Im theoretischen Teil der vorliegenden Studie wurden Schwachpunkte an dieser Methodik und an den damit erzielten Ergebnissen erläutert.
Aufgrund dieser Kritik wurde ein Erhebungsinstrument für Akkulturationsorientierung und Bewältigungsformen in migrationsbezogenen Alltagssituationen erprobt, das eine möglichst verhaltensnahe und konkrete Erfassung bei Migranten und Einheimischen ermöglicht. Die Ergebnisse mit diesem Instrument wurden mit denen der etablierten Erhebungsmethoden verglichen.
5.1 Die tïrkischstmmigen Migranten
Integration als Idealvorstellung – Assimilation als dominante Verhaltensorientierung In der vorliegenden Studie wurde eine Migrantenstichprobe untersucht, die nicht als repräsentativ für türkischstämmige Migranten in Deutschland gelten kann. Der Bildungsstand und die Deutschkompetenzen liegen über dem Durchschnitt der türkischstämmigen Migranten. Es handelt sich dabei um Personen, die erfolgreich das deutsche Bildungssystem durchlaufen haben und nach umgangssprachlichen Maßstäben gut integriert sind bzw. durch den erfolgreichen Schulabschluss zumindest einen Indikator für einen positiven Akkulturationsverlauf aufweisen. Damit wurde gezielt ein Personenkreis untersucht, der günstige Voraussetzungen für die Bewältigung der Akkulturationsanforderungen aufweist.
Die Interviews zeigen, dass die überwältigende Mehrheit (92 %) dieser Migranten auf der Ebene der Verhaltensplanung eine starke Tendenz zur Assimilation aufweist. Auf der Ebene der Reflexion entsprechen die von den Migranten ausgesprochenen Gedanken immerhin bei der Hälfte denen von Deutschen. Für knapp ein Drittel dominiert das türkische Orientierungssystem die Abwägungen. Bei rund 20 % der Migranten lassen sich die Reflexionen zu gleichen Teilen dem türkischen und dem deutschen Orientierungssystem zuordnen. Damit kann mit den Interviews der bisherige Forschungsstand zur Dominanz der Integrationsorientierung bei Migranten, die sich auch in der hier vorgenommenen Fragebogenerhebung wiederfindet, nicht bestätigt werden.
Das nahezu vollständige Fehlen von integrativen Verhaltensplänen für die vorgegebenen Situationen lässt Zweifel aufkommen, ob das von Berry und Bourhis beschriebene Verständnis von Integration auf der Verhaltensebene überhaupt eine häufige Realisierung findet, oder ob es sich dabei letztlich um eine Idealvorstellung von Akkulturation handelt, die für die Migranten eine kognitive Bewältigungsstrategie der Anpassungsanforderungen darstellt: Die Migranten gewinnen Sicherheit aus der Überzeugung, sich nicht vollständig anpassen zu müssen, sondern vertraute Facetten der eigenen Identität beibehalten zu können."