Schlüter | Machtspiel | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Schlüter Machtspiel


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-3423-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-8192-3423-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nathalie Hofmeister, Tochter eines prominenten Politikers, erlebt die Schattenseiten des Rampenlichts. Als ihr Vater in einen politischen Skandal verwickelt wird, gerät auch sie ins Kreuzfeuer der öffentlichen Aufmerksamkeit. In der Schule wird sie zur Zielscheibe, während zu Hause der Druck unerträglich wird. Zwischen politischen Intrigen und persönlichen Krisen sucht Nathalie nach einem Weg, ihre Identität und Unabhängigkeit zu bewahren. "Machtspiel" ist ein packender Roman über die Verstrickungen von Macht und Medien, die Suche nach Wahrheit und das Erwachsenwerden unter außergewöhnlichen Umständen.

Bevor Andreas Schlüter, geboren 1958, mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern begann, leitete er Kinder- und Jugendgruppen und arbeitete als Journalist und Redakteur. 1994 feierte er mit dem Kinderroman Level 4 - Die Stadt der Kinder einen fulminanten Erfolg. Seit über dreißig Jahren ist er als Autor tätig. www.schlueter-buecher.de

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Zwischenfall
Montag, 8 Uhr 00
Umfragen bedeuteten nichts, versuchte er sich zu beruhigen. Er hämmerte es sich in den Schädel und sagte es sich laut vor dem Spiegel vor: »Umfragen bedeuten nichts! Jeder weiß das!« Aber er konnte sich selbst nicht überzeugen. Sie machten ihn nervös, diese verdammten Umfragen, die seit zehn Tagen in den Keller gegangen waren wie Aktienkurse an einem schwarzen Freitag. Bei 16 Prozent hatten sie schon gelegen! Sensationelle 16 Prozent, die niemand der kleinen Partei zugetraut hätte und die klar eine Regierungsbeteiligung verhießen. Die großen Parteien begannen zu schwitzen. Siegessicher war der Spitzenkandidat der FSDU durch die Lande gereist, hatte eine Kundgebung nach der anderen bravourös bewältigt, und das alles, weil seine Strategie aufgegangen war. Er war es, der diesen Kandidaten aufgebaut hatte. Er hatte die Mosaiksteinchen des Kandidaten-Images zusammengefügt zu einem Gesamtkunstwerk: Mann in den besten Jahren, gut aussehend, staatsmännisch, korrekt gekleidet, ohne bieder zu wirken. Mit attraktiver Ehefrau; immer noch die erste. Keine Affären. Weltmännisch und doch mit liebenswerter Familie im trauten Heim. Erfolgreich und entscheidungsfreudig, gleichzeitig kumpelhaft locker und sportlich. Erfahren und seriös und doch jung geblieben. Am Puls der Zeit, was durch die Tochter symbolisiert wurde. Die schöne Nathalie! Ein Geschenk für jeden Wahlstrategen. Schön, intelligent und brav, die 15-Jährige. Er hatte alles ersonnen und geschickt in der Öffentlichkeit platziert: die Homestorys in der Yellowpress, die glückliche Familie auf den Plakaten, den Blick ins gläserne Büro des eifrig arbeitenden Kandidaten und in dessen private (selbstverständlich nur kleine Alltags-) Sorgen. Gespickt mit Fotos aus Nathalies Kindheit: Nathalie mit Schnupfen, Nathalies aufgeschlagenes Knie nach den ersten Versuchen auf dem Fahrrad, Nathalies Einschulung. Und immer der Kandidat als treu sorgender Vater zur Stelle: am Krankenbett, das Fahrrad haltend, während der Schulfeier. Dort, wo er real gefehlt hatte, der viel beschäftigte Vater, hatte er ihn ins Bild hineinkopieren lassen. Das war heute kein Problem mehr mit dem Computer. Wen interessierte die Wahrheit, wenn die Story gut war? Alles hatte der Kandidat ihm zu verdanken, dem jüngsten Wahlstrategen aller Zeiten: Gernot Dremel, Kommunikationswissenschaftler und Pressereferent, ehemaliger stellvertretender Chefredakteur einer großen Boulevardzeitung, mit gerade mal 35 Jahren schon an den Hebeln der Macht. Ein kometenhafter Aufstieg. Und dann das! Diese Dummheit der Parteibürokraten, die ihm vor zehn Tagen beinahe das Genick gebrochen hätte. Parteispendenaffäre! Im Wahlkampf! Der Geschäftsführer hatte der Partei etwas Gutes tun wollen und mindestens eine Million Euro an Spenden organisiert. Es war Jahre her und auch nicht weiter schlimm. Im Gegenteil. Ohne großzügige Spenden war eine große Partei nicht zu finanzieren. Alle Parteien lebten von Steuergeldern, an denen sich jede Partei nach den Wahlen reichlich bediente, und von Spenden. Nur dass dieser Dummkopf von Parteisekretär das Geld nicht etwa ordnungsgemäß als Spende verbucht, im Kassenbericht erwähnt und die Spende – wie es sich gehörte – als Einnahme der Partei versteuert hatte. Nein, die Million war auf noch ungeklärtem Wege statt auf das Parteikonto in drei geheime Schließfächer einer großen Bank in der Schweiz gelandet. Von dort wurden einzelne Beträge bar in Koffern abgeholt und an »verdiente Mitarbeiter für besondere Leistungen« ausgezahlt. Das Dumme daran: Mindestens drei dieser »verdienten Mitarbeiter« gehörten zum engsten Kreis des Kandidaten und waren nun wegen Verstoßes gegen das Parteispendengesetz und wegen Verdachts auf Korruption angeklagt. Die Quittung war prompt gefolgt. Wochenlang hatte Dremel das Fernsehduell vorbereitet, zu dem die Spitzenkandidaten der Parteien geladen waren. Wahlen wurden heutzutage nicht mehr nach Programmen gewonnen. Kaum ein Wähler schaute sich je ein Parteiprogramm an. Wozu auch? Es stand ohnehin in fast allen das Gleiche. Nicht weil alle Parteien die gleiche Politik machen wollten, sondern weil alle sich auf derart allgemeine und unverbindliche Aussagen zurückzogen, dass sie sich beinahe bis zur Wortgleichheit anpassten. So kam es dann zu Arbeit und Wohlstand für alle oder der Priorität für neue Arbeit; zu einer Steuerpolitik: gerecht und leistungsfördernd oder man warb für solide Finanzen, gerechte Steuern, starkes Land und für die Bildung: Fundament für die Zukunft unserer Gesellschaft oder Chancen durch Bildung. Auf jeden Fall wollten die Parteien ein menschliches Deutschland gestalten und eine gute Zukunft für Familien. Dabei selbstverständlich Sicherheit für alle – überall in Deutschland.*1 Die Wahlkampfmanager der Parteien wussten, dass es schon lange nicht mehr darauf ankam, was die Parteien forderten, weil sie mehr oder weniger alle das Gleiche versprachen. Es war auch nicht wichtig, wie die Parteien ihre Versprechen einlösen wollten. Denn die Mehrheit der Wähler glaubte den Ankündigungen aus Parteiprogrammen ohnehin nicht. Entscheidend war geworden, wer in einer Regierung die Probleme anzupacken versprach. Wahlen waren zu Personalentscheidungen geworden, vergleichbar mit einem Casting für eine Modeloder Popstar-Karriere. Ebenso wie dort kam es auf jede Kleinigkeit an, die vor den Medien präsentiert wurde. Ein Spitzenkandidat stotterte? Das signalisierte Unsicherheit, also musste man ihm das Stottern abgewöhnen. Er lächelte zu wenig? Also brachte man ihm bei, seine Gesprächspartner häufiger mal freundlich anzuschauen. Schulungen für Schuhverkäufer und Vorbereitungen für Politikerduelle im Fernsehen gewannen beachtliche Ähnlichkeit, wobei der Schuhverkäufer nur eine Grundhaltung gegenüber dem Kunden trainierte, während der Spitzenpolitiker werbewirksame Gesten und Mimiken zu lernen hatte wie ein Schauspieler: nicht so oft am Ohr kratzen, das Zucken der Mundwinkel einstellen, die Hände öffnen, keine Fäuste ballen. Wichtig waren auch Kleidung und Benehmen: Selbstbewusst musste das Auftreten sein, aber nicht arrogant; man hatte seinen Gesprächspartner ausreden zu lassen und gleichzeitig dafür zu sorgen, mehr Redeanteil als der Gegner zu erobern. Man musste höflich und bescheiden wirken und sich dennoch niemals vom Journalisten unterbrechen lassen, es galt, geschickt jede Nachfrage zu umschiffen, nichts Konkretes zu äußern, dabei aber verständlich zu wirken. Mehr als 50 Videos von Hofmeisters Auftritten in Interviews und Reden hatte Dremel analysiert, so wie ein Fußballtrainer den Gegner vor einer Weltmeisterschaft. Detail für Detail war er mit seinem Kandidaten durchgegangen, hatte ihn auf Schwächen aufmerksam gemacht und dessen Stärken herausgestellt. Sein Spitzenkandidat war zu einem perfekten Medienmann herangewachsen. Er hätte die Fernsehrunde sicher auch mit Bravour gemeistert, wäre nicht kurz vorher dieser verdammte Spendenskandal aufgeflogen. Immer und immer wieder hatten sowohl die Moderatoren als auch die Spitzenkandidaten der anderen Parteien auf dieser Affäre herumgehackt. Wenigstens der Kanzler und der Spitzenkandidat der großen Oppositionspartei hatten sich vornehm zurückgehalten, denn beide hielten sich die Option offen, mit Hofmeister und seiner Partei eine Koalition einzugehen. Hofmeister war geschickt jedem Angriff ausgewichen und geduldig immer wieder auf die Themen zu sprechen gekommen, die ihn auszeichneten, doch es hatte alles nichts genützt. Der Korruptionsvorwurf stand im Raum und konnte nicht restlos entkräftet werden, weil es zu wenig Informationen gab. Da nützten der schönste Anzug, das freundlichste Medienlächeln und die professionellsten Worthülsen nichts. Hofmeisters Glaubwürdigkeit hing an einem seidenen Faden und schon waren die Umfragewerte in den Keller gestürzt. Gernot Dremel zerknüllte die Zeitung mit der neuesten Umfrage, nach der die FSDU auf sieben Prozent abgerutscht war, und feuerte sie in die Ecke. Mit der Aufklärung der Parteispendenaffäre hatte er zum Glück nichts zu tun. Er wollte gar nicht wissen, wie viel Dreck in dem Korruptionssumpf da noch aufgewühlt werden würde. Er hatte ganz andere Sorgen. Er musste den Spitzenkandidaten retten. Niemand würde nach der Wahl noch von der Spendenaffäre reden: Wenn sie die Wahl mit Pauken und Trompeten verloren, konnte der Wahlkampfmanager seine Karriere in die Tonne kloppen. So lief das Geschäft. Wie im Fußball. Verlor die Spitzenmannschaft ein wichtiges Spiel, wurde der Trainer gefeuert, selbst wenn das Spiel nur wegen eines unberechtigten Elfmeters verloren worden war. Gernot Dremel konnte nicht auf Mitleid oder gar Einsicht hoffen. Zu viel stand auf dem Spiel. Wenn er gestärkt und mit verbesserten Karrierechancen aus dem Wahlkampf hervorgehen wollte, brauchte sein Kandidat den Erfolg. Gernot Dremel ging ins Badezimmer, warf sich eine der Tabletten ein, die ihm halfen, den Tag zu überstehen und sah auf die Uhr. In einer halben Stunde traf er sich mit dem Kandidaten. Er hatte eine Idee, wie er den Karren aus dem Dreck ziehen konnte. Natürlich hatte er die. Es...



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