Schleif | Endlich richtig entscheiden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Schleif Endlich richtig entscheiden

Der Richter verrät seine besten Strategien
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7453-1099-3
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der Richter verrät seine besten Strategien

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-7453-1099-3
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Thorsten Schleif ist Amtsrichter – und viel beschäftigt. Jährlich fällt er Urteile in über 400 Strafverfahren. Hinzu kommen zahllose Entscheidungen, die er im Eilverfahren trifft, etwa über Haftbefehle. Ohne Zweifel – es sind schwerwiegende Fälle. Doch Richter Schleif ist Meister der Entscheidung. Er urteilt nicht wahllos, sondern bewusst. Und er kann sich nicht drücken, er muss entscheiden.

Jetzt wird der Richter zum Ratgeber: Er legt zuerst die Voraussetzung dar, den Mut zur Entscheidung, und verrät, wie wir diesen entwickeln. Sodann zeigt er anhand vieler Beispiele, wie wir richtig entscheiden, im privaten Alltag wie im Beruf. Schleif berücksichtigt die wichtigsten Einsichten der Hirnforschung und Psychologie. Und er lässt uns an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben. Eine aufmunternde Lektüre, ein Antidot für Entscheidungsmuffel und eine Kur für notorische Falschentscheider!.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Teil I:
Entscheiden wollen
Zwischen Können und Tun liegt ein Meer und auf seinem Grunde gar oft die gescheiterte Willenskraft. Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916) Kapitel 1
Eine Frage der Einstellung
Gleich ob du glaubst, du kannst es oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten. Henry Ford (1863–1947) »Wie, ›einfach entscheiden‹?« Meine junge Kollegin blickt mich verwirrt an. Vor ein paar Minuten hat sie mein Büro betreten und mich um Hilfe gebeten. Sie schildert einen Sachverhalt und erklärt mir, wie sich die Rechtsprechung dazu entwickelt hat. Es haben sich zwei verschiedene Rechtsauffassungen herausgebildet, die jeweils gute Argumente vorbringen. »Beides lässt sich vertreten. Ist doch schön, jetzt kannst du dich einfach entscheiden!« Meine Antwort scheint ihr nicht zu gefallen. »Was meinst du mit ›einfach entscheiden‹? Das ist doch mein Problem! Ich muss mich entscheiden und weiß nicht, wie! Wie machst du so etwas?» Ich überlege kurz: »Gar nicht. So ein Problem hatte ich noch nie.« Jetzt habe ich sie vollends verwirrt. »Wie bitte? Du hattest noch nie den Fall, dass zwei entgegengesetzte Meinungen beide gut vertretbar sind?«, fragt sie. »Doch, oft! Aber ich habe mich nie entscheiden müssen.« Ich mache eine kurze Pause und füge dann hinzu: »Ich habe mich immer entscheiden dürfen.« Meine Kollegin blickt mich an. Ich bin mir nicht sicher, ob sie lachen oder mir einen Tritt versetzen will. Vielleicht beides. Aber dann sagt sie: »Erklärst du mir das?« Auf die richtige Einstellung kommt es an! Wahnsinn, welch genialer Gedanke! Und dafür haben Sie dieses Buch aufgeschlagen? Bevor Sie jetzt wütend in die Buchhandlung eilen und das Geld zurückverlangen, bitte ich um ein wenig Geduld: Natürlich ist der Gedanke, dass es auf die richtige Einstellung ankommt, nicht neu. Unzählige Motivationsbücher und Trainer haben dies bereits seit Jahrzehnten, Jahrhunderten, zum Teil sogar seit Jahrtausenden zutreffend erkannt. Wenn wir eine Person oder eine Sache nicht mögen, fällt es uns schwer, sich mit ihr zu beschäftigen. Dagegen erledigen wir die Dinge, die wir mögen, mit Leichtigkeit. Zum Beispiel ist einer meiner besten Freunde ein ausgezeichneter Läufer, der schon zahlreiche Halbmarathons und Marathons gelaufen ist. Er liebt das Laufen und kann sich stundenlang damit beschäftigen. Kraftsport allerdings ist überhaupt nichts für ihn, es macht ihm keinen Spaß und wenn er es vermeiden kann, betritt er kein Fitnessstudio und geht jeder Hantel aus dem Weg. Bei mir ist es genau umgekehrt. Seit mehr als 25 Jahren trainiere ich mit Gewichten, hingegen würde es mir nie einfallen, joggen zu gehen. Laufen kann ich nichts abgewinnen. Mit dieser Einstellung wird aus meinem Freund kein Kraftsportler und aus mir kein Läufer. Nun ist dies – abgesehen von den positiven gesundheitlichen Aspekten, die ein ausgewogenes Training mit sich bringt – nicht weiter schlimm. Bestimmten Dingen und Personen, die wir nicht mögen, können wir in unserem Alltag sehr gut aus dem Weg gehen. Bei Entscheidungen verhält es sich allerdings etwas anders. Will man am Leben teilnehmen, ist es erforderlich, Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen bedeuten Selbstbestimmung und persönliche Freiheit. Keine eigenen Entscheidungen treffen zu dürfen, heißt fremdbestimmt und unfrei zu sein. Dementsprechend haben wir eine äußerst positive Einstellung zu Entscheidungen. Oder etwa nicht? Ich weiß, was Sie jetzt denken: Oje, wenn der schon so fragt, bedeutet das nichts Gutes. Und Sie haben recht ... Ich mag dich echt nicht
Wir Menschen hassen es, Entscheidungen zu treffen! So jetzt ist es raus. Und ich muss sagen: Ich fühle mich viel besser, nachdem ich Ihnen das mitgeteilt habe. Sie nicht? Schade ... Vielleicht tröstet es Sie etwas: Wir hassen nicht alle Entscheidungen gleichermaßen. Und wir können auch gar nichts dafür, unsere tiefe Abneigung ist angeboren und anerzogen. Ich hoffe, Sie stehen für ein kleines Experiment zur Verfügung. Bitte ergänzen Sie spontan die fehlenden Wörter in den folgenden Sätzen: »Wer die Wahl hat, hat die ...« »Sie ... sich schon entscheiden!« Wenn Sie diese Sätze um die Wörter »Qual« (Satz 1) und »müssen« (Satz 2) ergänzt haben, habe ich eine schlechte Nachricht für Sie. Zwar haben Sie eine natürliche, typisch menschliche Einstellung zu Entscheidungen, diese ist jedoch leider nicht gerade positiv.2 Entscheidungen machen Ihnen nicht immer Freude, Sie empfinden sie mitunter als unangenehm, als ein notwendiges Übel. Erkennen Sie sich in dieser Beschreibung wieder? Unsere Sprache verrät sehr viel über unsere Einstellung zu bestimmten Personen, Gegenständen und Situationen. Deshalb haben Sie die beiden Sätze um die Wörter »Qual« und »müssen« ergänzt und nicht etwa um »Freiheit« und »dürfen«. In sehr vielen Situationen empfinden wir Entscheidungen nicht als Freiheit und als ein Dürfen, sondern als ein Müssen und eine Qual. Diese Einstellung zu Entscheidungen ist so tief in unserem Bewusstsein verankert, dass uns Formulierungen wie »Er musste eine Entscheidung treffen« oder Redewendungen wie »Wer die Wahl hat, hat die Qual« völlig natürlich und richtig vorkommen – obwohl Entscheidungen ohne jeden Zweifel ein Ausdruck unserer persönlichen Freiheit sind, also tatsächlich kein Müssen, sondern ein Dürfen darstellen. Trotzdem ist für uns bereits der Begriff Entscheidung eher mit negativen als mit positiven Gefühlen verbunden, und zwar seit mehr als 1000 Jahren. Schwerter, Blut und Psychologen
Das Wort entscheiden stammt von dem germanischen skeidir für Schwertscheide ab. Dieser Wortstamm wurde dann im Althochdeutschen zu intsceidôn, was »das Schwert aus der Schwertscheide ziehen« bedeutet. In früherer Zeit war eine Ent-Scheidung nicht selten mit dem Verlust von Blut und Körperteilen verbunden. An dieser Stelle erspare ich mir weitere Einzelheiten. Denken Sie einfach an die dritte Staffel von Games of Thrones. Diese blutige Wortherkunft ist übrigens nicht etwa nur auf die deutsche Sprache beschränkt. Nicht weniger morbiden Ursprungs als das deutsche Wort Entscheidung sind auch das englische decision, das französische décision und das italienische decisione. Sie alle haben ihren Ursprung im lateinischen Wort decidere, was unter anderem »abhauen« und »abschneiden« bedeutet. Doch warum ist für uns eine Entscheidung derart unangenehm, dass schon unsere Vorfahren für sie Namen wählten, die an gewaltsame Trennung und schmerzlichen Verlust erinnern? Verdeutlichen wir uns zunächst, was bei einer Entscheidung geschieht. »Entscheiden ist der Prozess des Wählens zwischen mindestens zwei Optionen mit dem Ziel, erwünschte Konsequenzen zu erreichen und unerwünschte Konsequenzen zu vermeiden. Der Prozess führt im günstigsten Fall zu einer Entscheidung. Durch die Entscheidung wird eine Option selektiert und der Entschluss gebildet, diese zu realisieren.«3 Diese Definition fand ich in dem lehrreichen Buch Denken – Urteilen, Entscheiden, Problemlösen von Tilmann Betsch, Joachim Funke und Henning Plessner, das sich mit Entscheidungspsychologie befasst. Sie wissen ja, ich bin Jurist. Und Juristen – vielleicht gehören Sie zu den bedauernswerten Menschen, die ein solches Exemplar im Bekanntenkreis haben – lieben Definitionen. Das Wesen einer Entscheidung ist also die Auswahl einer von mehreren Optionen. Und genau das ist der Grund für unsere natürliche Abneigung gegen Entscheidungen. Denn wenn man sich für eine Option entscheidet, dann entscheidet man sich zugleich auch zwangsläufig gegen eine oder sogar mehrere andere Optionen. Die nicht gewählten Optionen werden aufgegeben, sie sind verloren. Und gerade der Verlust einer Option ist etwas Fürchterliches für unser Gehirn, was Sie im folgenden Kapitel mithilfe von Computern, Marmelade und Weihnachtsgeschenken erfahren werden. Kapitel 2
Der Feind in meinem Hirn – angeborene Abneigung
Der US-amerikanische Psychologe Dan Ariely stellte in seinem Buch Denken hilft zwar, nützt aber nichts die angeborene Abneigung gegen den Verlust einer Option infolge einer Entscheidung in einem Experiment mit MIT-Studenten eindrucksvoll unter Beweis.4 Auf einem Computerbildschirm erscheinen drei verschiedenfarbige Türen. Die Versuchsteilnehmer können sich für einen hinter der jeweiligen Tür liegenden Raum entscheiden, indem sie die Tür anklicken. In dem Raum können sie durch weiteres Mausklicken Geld sammeln. Dabei wissen die Teilnehmer nicht, welche Geldmengen hinter den jeweiligen Türen verborgen sind. Insgesamt stehen einem Teilnehmer 100 Mausklicks zur Verfügung. Am einträglichsten ist es, alle Türen auszuprobieren, sich für den Raum mit der größten Gewinnspanne zu entscheiden und dann in diesem Raum die Mausklicks zu verbrauchen. Das finden auch die Versuchsteilnehmer schnell heraus. Dann erweitert Ariely jedoch das Experiment: Jede Tür, die nach zwölf Mausklicks nicht geöffnet worden ist, verschwindet für immer. Dies gestaltet er anschaulich und lässt die Türen mit jedem Mausklick in einem anderen Raum immer kleiner werden. Nun ist es plötzlich den Teilnehmern wichtig, keine der Türen verschwinden zu lassen. Sie hüpfen von einem Raum in den anderen und verbrauchen wertvolle Klicks lediglich dafür, Türen offen zu halten. Von dieser Strategie rücken die Teilnehmer selbst dann nicht ab, wenn jeder Klick auf eine Tür einen bestimmten Geldbetrag kostet. Selbst dann, wenn man ihnen erklärt, welchen Geldbetrag sie hinter den...


Thorsten Schleif, 1980 geboren, studierte Rechtswissenschaften in Bonn und ist seit 2007 Richter in Nordrhein-Westfalen. Gegenwärtig ist er als Vorsitzender des Schöffengerichts und Jugendrichter am Amtsgericht Dinslaken tätig. Von März 2014 bis September 2018 war er alleiniger Haftrichter für die Amtsgerichte Dinslaken und Wesel. Der zweifache Vater lebt mit seiner Familie in Duisburg.



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