Schirilla / Becker / Kricheldorff | Migration und Flucht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 282 Seiten

Schirilla / Becker / Kricheldorff Migration und Flucht

Orientierungswissen für die Soziale Arbeit
erweiterte und überarbeitete Auflage
ISBN: 978-3-17-044161-3
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Orientierungswissen für die Soziale Arbeit

E-Book, Deutsch, 282 Seiten

ISBN: 978-3-17-044161-3
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Migration sowie der Umgang mit Vielfalt und Ausgrenzung sind nicht nur in migrationsspezifischen Sozialen Diensten Thema, sondern in allen Bereichen Sozialer Arbeit. Ausgehend von der Darstellung von Migration und Flucht und ihren sozialen Herausforderungen erörtert das Buch migrationsspezifische Handlungsfelder der Sozialen Arbeit und erläutert entsprechende Konzepte und Methoden - auch bezüglich der Arbeit in der Mehrheitsgesellschaft. Debatten u.a. zu Integration und transkultureller Kompetenz werden in ihrer Relevanz für ein handlungsleitendes Konzept Sozialer Arbeit befragt. Als Querschnittsthemen werden behandelt: Rassismus, Diskriminierung, interkulturelle und rassismuskritische Bildungsarbeit sowie ethische, postkoloniale und transnationale Aspekte.

Prof. Dr. Nausikaa Schirilla lehrte an der Katholischen Hochschule Freiburg Soziale Arbeit, Migration und Interkulturelle Kompetenz.
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Einleitung


Dieser Band versucht eine Quadratur des Kreises. Migration als Handlungsfeld der Sozialen Arbeit zu beschreiben ist kein einfaches Unterfangen, denn Soziale Arbeit reagiert auf soziale Probleme und Migration stellt kein soziales Problem dar. Migration ist eher ein Versuch, soziale Probleme zu lösen. Migration kann als ein Querschnittsthema in der Sozialen Arbeit begriffen werden, aber ein Querschnittsthema stellt kein eigenes Handlungsfeld dar. In Literatur und Forschung sind ausgesprochen konträre Positionen zu dieser Frage zu finden. Es existieren auch völlig unterschiedliche Begriffe: interkulturelle Soziale Arbeit, Migrationssozialarbeit, Soziale Arbeit in der Einwanderungsgesellschaft, Diversity. Rassismuskritische Arbeit. Es gibt weder einen gemeinsamen Namen noch verbindliche Methoden noch einheitliche gesetzliche Grundlagen eines Handlungsfeldes Migration.

Dennoch wird Migration immer wichtiger für die Soziale Arbeit, gerade angesichts aktueller Migrationsbewegungen. Es sind eher die Folgen der Migration und insbesondere die Reaktionsformen der Einwanderungsländer, die eine Herausforderung für Soziale Arbeit darstellen. Migrant*innen sind aber auch Gegenstand Sozialer Arbeit, wenn sie benachteiligt sind, marginalisiert oder diskriminiert werden. Die Gründe, weshalb es zu dieser Marginalisierung kommt, sind vielfältig; sie haben mit der Dynamik von Migrationsbewegungen, mit sozioökonomischen Entwicklungen in den Einwanderungsgesellschaften und mit strukturellen Verankerungen von Rassismus zu tun. Migration und Soziale Arbeit muss daher die Perspektive der Einwanderungsländer – in unserem Fall Deutschland – wie auch die Perspektive der verschiedenen Gruppen von Migrant*innen umfassen. Und wenn Europa aktuell seine Außengrenzen eher abschottet, muss im Sinne sozialer oder internationaler Gerechtigkeit auch ein Blick darauf geworfen werden, was an den Grenzen Europas geschieht.

Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, eine umfassende Einführung in Migration als Handlungsfeld für die Soziale Arbeit zu leisten und verschiedene Blickwinkel, Ansätze und Konzepte darzustellen. Dabei ist die Auswahl der verschiedenen Konzepte und Ansätze von dem Bestreben geleitet, folgende Aspekte mit einzubeziehen:

  • aktuelle Diskurse um Migration und Soziale Arbeit

  • Anforderungen und Erfahrungen der Fachpraxis

  • aktuelle gesetzlich bzw. politisch geforderte Interventionsformen

  • die Selbstartikulationen von Migrant*innen

  • die Interessen und Erfahrungen der Verfasserin

Daher ist die diese Einführung in Migration als Handlungsfeld für die Soziale Arbeit folgendermaßen aufgebaut: In Teil I wird der Gegenstandsbereich des Handlungsfeldes, Deutschland als Einwanderungsland, beschrieben. Dies umfasst eine kurze Geschichte der Zuwanderung in die Bundesrepublik und damit eine Darstellung der verschiedenen Migrantengruppen und Hinweise auf den rechtlichen Status der erwähnten Gruppen. In einem weiteren Schritt werden soziale Problemlagen und Migration beschrieben – es geht um Migration und soziale Benachteiligung, Arbeit und Ausbildung, Wohnen und Bildung. Dem schließt sich ein Teil zu Fragen von Diskriminierung und Rassismus an. Anschließend werden grundlegende Begriffe wie Integration und Assimilation diskutiert.

In Teil II wird die Entwicklung des Handlungsfeldes Migration beschrieben. Ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung des Handlungsfeldes zeigt andere Handlungslogiken und Problembeschreibungen, denn in den 60er Jahren waren die Ausländersozialdienste und Ausländerpädagogik die wichtigsten Strukturen. Der darauf einsetzende Paradigmenwechsel zu Migrationsdiensten und interkulturellem Lernen wie der Ansatz der interkulturellen Öffnung ist für einige wiederum Geschichte, da für sie Antirassismusarbeit und Diversity oder Postmigration aktuelle Paradigmen darstellen.

Nun hängt aber eine Beschreibung des Handlungsfeldes »Soziale Arbeit mit Migrant*innen« sehr stark von paradigmatischen Grundannahmen und Setzungen ab, daher müssen die unterschiedlichen theoretischen Konzeptionen und Zugänge dargestellt werden, die sich treffen, teilweise überschneiden oder auch diametral entgegenstehen. Während einige Autor*innen interkulturelle Soziale Arbeit als angemessene Reaktion auf Migration begreifen, kritisieren andere die mit diesem Konzept einhergehende Kulturalisierung sozialer Probleme bzw. die Reproduktion von Othering-Konstruktionen und fordern eher eine generelle Differenzsensibilität Sozialer Arbeit.

Die Verfasserin dieser Einführung hängt keiner dieser Richtungen explizit an und wird daher in Folge der Entfaltung des Handlungsfeldes einen Mix der verschiedenen Ansätze darstellen. Zentral ist aber die Überzeugung, dass es bei Migration und Soziale Arbeit immer auch um die Mehrheitsgesellschaft geht und Soziale Arbeit im Kontext von Migration auch diese adressiert. Daher werden in Teil III die verschiedenen Interventionsformen Sozialer Arbeit in dem Handlungsfeld Migration entfaltet und mit einigen Fallbeispielen erläutert. In Kapitel 6 wird es um Migration als Herausforderung für die Mehrheitsgesellschaft gehen, also bspw. um Rassismuskritische und interkulturelle Bildungsarbeit und interkulturellen Dialog (? Kap. 6). Kapitel 7 widmet sich den migrationsspezifischen Interventionsformen in der Sozialen Arbeit, vor allem der Migrationsberatung und den Migrationsdiensten bzw. der Flüchtlingsarbeit (? Kap. 7). Kapitel 8 blickt auf die Regeldienste im Sozial- und Gesundheitsbereich, und zwar aus der Perspektive von Migration (? Kap. 8). So geht dieser Teil ausführlich auf die aktuellen Ansätze interkultureller Öffnung ein, erläutert diese sowie aktuelle Konzepte trans- oder interkultureller Kompetenzen und deren Kritik. Die Ansätze interkultureller Öffnung werden in exemplarischen Handlungsfeldern beschrieben, wie bspw. Sucht und Altenhilfe. Eine Darstellung der Konzeption von Diversity, der Ansätze des Diversity-Managements und von Antidiskriminierungsarbeit bilden den Abschluss dieses Kapitels.

In Teil IV werden aktuelle fachliche Debatten der Sozialen Arbeit aufgegriffen und auf Migration bezogen – hier geht es um Ehrenamt, Inklusion und um kommunale Integrationskonzepte. Weiterhin wird gefragt, welche Debatten aus dem Handlungsfeld anschlussfähig sind für Theoriebildung in anderen Handlungsfeldern bzw. Soziale Arbeit allgemein, daher werden in Teil V der Begriff der Gouvernementalität für die Integrationskritik und vor allem das Konzept des Transnationalismus dargestellt und auf verschiedene Themen bezogen. Abschließend werden in Teil VI aus ethischen Debatten zu Migration Perspektiven für die Ethik Sozialer Arbeit eröffnet. Ein Kapitel zu postkolonialen Aspekten von Sozialer Arbeit im Kontext von Migration schließt den Band ab (? Kap. 15).

Dieser Band stellt eine Einführung in das Handlungsfeld dar und enthält daher sicher für viele Lesende Informationen, die nicht neu sind. Zugleich wird versucht, Anschluss an die theoretische Entwicklung zu finden und an Debatten in der Literatur und Migrationsforschung anzuknüpfen. Sozialarbeitswissenschaft wird hier als eine transdisziplinäre Wissenschaft begriffen (vgl. Wendt 1997). Aus diesem Grunde werden hier nicht Forschungsergebnisse oder theoretische Ansätze einzelner Wissenschaftsdisziplinen dargestellt, sondern je nach Fragestellung unterschiedliche Ansätze der verschiedenen Bezugswissenschaften der Sozialen Arbeit rezipiert. Die Dichte und das theoretische Niveau der einzelnen Kapitel sind daher sehr unterschiedlich. Es wird hier der Anspruch verfolgt, einen Überblick über das Handlungsfeld zu geben, dieser wird mit der Literatur und Beispielen aus der Forschung belegt – aber in diesem einführenden Werk kann keine umfassende Literaturübersicht gegeben werden, daher sind die Literaturangaben als Beispiele zu verstehen.

In alle Kapitel sind Fallbeispiele integriert: Sie sollen Lebenswelten näherbringen, Praxisbezüge darstellen und zur Diskussion einladen. Die Fallbeispiele beruhen auf den Erfahrungen der Autorin in Forschung und in ihrer außerakademischen Arbeit. Sie beruhen alle auf wahren Geschichten, sind jedoch so verändert und komponiert, dass sie wiederum nicht reale Geschichten darstellen. Am Abschluss jedes Kapitels sind eine kurze Zusammenfassung und Tipps zur weiteren einführenden Lektüre sowie auch Prosaliteratur und Verweise auf Projekte oder Kampagnen zu finden.

Für die Neuauflage 2024 wurden Zahlen zu Migration und Informationen zu rechtlichen Aspekten aktualisiert (Stand 2023), Literatur hinzugefügt sowie auf neuere Entwicklungen in Theorie und Praxis eingegangen. So wurde das Kapitel zu Flucht und Arbeit mit Geflüchteten weitergeschrieben und es wurden Teile zu Rassismus-Debatten, rechte Gewalt und Gegenstrategien ausgeweitet. Auch neuere Entwicklungen wie die Folgen des Ukrainekriegs und die aktuellen Debatten zur Fachkräfterekrutierung werden aufgegriffen. Der postmigrantische Ansatz wird ausführlich bearbeitet und das Kapitel zur Migrationsethik ist wesentlich länger geworden. Aufgrund der mittlerweile auch in der Sozialen Arbeit erfolgten Rezeption postkolonialer Theorien und der Frage indigenen Wissens wird...


Prof. Dr. Nausikaa Schirilla lehrte an der Katholischen Hochschule Freiburg Soziale Arbeit, Migration und Interkulturelle Kompetenz.



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