E-Book, Deutsch, 239 Seiten
Reihe: Die Nebel von Walhalla
Schinko Die Nebel von Walhalla (Bd. 1)
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-649-64417-0
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alessas Seelenpferd
E-Book, Deutsch, 239 Seiten
Reihe: Die Nebel von Walhalla
ISBN: 978-3-649-64417-0
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alessa, Nell und Feeja sind begeisterte Reiterinnen ... und sie hüten ein ganz besonderes Geheimnis. Ihr Pferde stammen aus der Welt der nordischen Götter – zusammen entwickeln sie magische Fähigkeiten.
Alessa ist wie verzaubert, als sie auf der Koppel zum ersten Mal auf Courage trifft. Die Stute strahlt eine unglaubliche Energie aus, und als die sonst eher ängstliche Alessa sich auf ihren Rücken schwingt, durchströmt das Mädchen ein ungekannter Mut und Siegeswille. Alessas bedächtige Cousine Nell findet dagegen in dem Rennpferd Blitz ihre perfekte Ergänzung. Kein Wunder, eröffnet ihnen schon bald die Besitzerin des Hofs: Die Mädchen wurden von den uralten Walküre-Pferden auserwählt. Zusammen mit der gleichaltrigen Feeja bilden sie fortan das Team Valkyrie. Und die ersten Gefahren aus der Unterwelt lassen nicht lange auf sich warten …
Weitere Infos & Material
Prolog
Zum Speerhof
Besondere Pferde
Reitstunde mit Hindernis
Eine Entdeckung
Die Legende der Walküren
Eine Warnung
Die erste Mission
Nachts auf der Koppel
Ein tollkühner Plan
Nur Mut!
Auf der Flucht
In der Falle
Team Valkyrie
ZUM SPEERHOF
Das Auto rumpelte über den ausgebleichten Asphalt. Vor der Windschutzscheibe erschien eine Abzweigung, an der ein verwitterter, hölzerner Wegweiser das Ziel nannte: »SPEERHOF«. »Sehr einladend klingt das ja nicht gerade«, merkte Mam auf dem Beifahrersitz schräg vor Alessa an. »Man könnte einem Reiterhof doch sicher einen hübscheren Namen geben. Zum Beispiel …« Paps bog ab. Unter lautem Geklapper holperte das Auto über ein Schlagloch. Die nun einspurige Straße verlief zwischen Feldern auf einen Hügel zu. Rechts zog ein Weizenfeld vorbei, roter Klatschmohn und weiße Kamille blühten an seinem Rand, dazwischen blassblaue Kornblumen. »… Reiterhof Mohnblüte«, schlug Mam vor. »Oder …« Auf der Fahrerseite ragten die Äste mehrerer Obstbäume über die Straße. Alessa zog unwillkürlich den Kopf ein und lehnte sich rüber zu Nell, die neben ihr auf dem Rücksitz hockte. Ein romantisch-verklärter Ton schlich sich in Mams Stimme. »Oder Reiterhof zum alten Walnussbaum!« »Das waren Kirschbäume«, brummte Nell leise genug, dass es die Erwachsenen vorne nicht hörten. Alessa unterdrückte ein nervöses Kichern. Mam mochte ja ein Genie sein, wenn es darum ging, für ihre Auftraggeber Shampoo, Linkshänder-Zahnbürsten oder vegane Schokolade zu vermarkten, aber Baumkunde zählte nicht zu ihren Stärken. Trotzdem war ausgerechnet sie Feuer und Flamme gewesen, als man Paps die Leitung einer Kleinstadt-Filiale angeboten hatte. »Gibt es dort Pferde?«, hatte Nells einzige Frage gelautet, als Mam wieder mal am Frühstückstisch zwischen Müsli und Apfelschnitten für die Aktion »Umzug aufs Land« geworben hatte. Alessas um zwei Monate ältere Cousine war bei allen Entscheidungen eher die Ruhe in Person. Dabei betraf der Umzug sie genauso, denn sie wohnte bei Alessa und deren Eltern, während ihre Mutter als Naturfotografin durch die Welt reiste. Zurzeit trampte Tante Martha gerade durch den hohen Norden. »Natürlich!«, hatte ihr Mam versichert. »Drei Reiterhöfe in der näheren Umgebung, dazu jede Menge Bauern.« Und damit war die Sache für Nell auch schon erledigt gewesen. Alessa hingegen hatte tausend Fragen gehabt. Mit jedem neuen Tag war ihre anfängliche Begeisterung einem mulmigeren Gefühl im Magen gewichen. Was, wenn die Schule in der Kleinstadt eines dieser Hochsicherheitsgefängnisse aus Beton wäre? Und das neue Haus schimmelte und nach Brokkoli stank und alle Nachbarn große, bissige Hunde besaßen? Bis jetzt hatte sich zum Glück keine ihrer Befürchtungen erfüllt. Die Schule war, soweit sich das in den Ferien von außen feststellen ließ, ein ganz normales Gebäude mit großen Fenstern. Das Haus ihrer Familie war auch völlig okay mit einem schönen Garten und zwei Zimmern im oberen Stock, einem für sie, einem für Nell, und einem kleinen Bad nur für sie beide. Und in ihrer neuen Siedlung hatte Alessa bloß einen einzigen ältlichen Dackel getroffen. Nun aber, auf dem Weg zum Reiterhof, kehrten ihre Ängste zurück. Wie würde es in der neuen Reitschule sein? Würde man dort anders putzen, anders satteln, anders aufzäumen oder gar mit Sperrriemen oder Kandare reiten? Von den drei Höfen in der Umgebung lag der Speerhof am günstigsten. »Da könnt ihr bequem mit dem Rad hinfahren«, hatte Mam vorgeschlagen. Auch Paps hatte gemeint, die Bewegung an der frischen Luft würde ihnen nicht schaden. Als wäre Reiten keine Bewegung an der frischen Luft! Ob Alessa Mam wenigstens dazu bringen könnte, ihnen neue, stylishere Radhelme zu kaufen? Ihrer stammte noch von vor zwei Jahren, als Türkis ihre Lieblingsfarbe gewesen war. Würden die anderen Mädchen im Stall sie damit auslachen? So wie in Paulis Reitschule! Dort hatte es unter den Schülern zwei Grüppchen gegeben. Die reiche Angeber-Clique, die sich mehr für Reitkleidungsmarken als für die Pferde interessiert hatte. Und die Zicken, die zwar nicht ganz so hochnäsig gewesen waren, die Alessa aber immer zuckersüß zu ihren Fortschritten gratuliert und dann hinter ihrem Rücken gnadenlos über sie geätzt hatten. Dazu noch Herr Pauli, der alte Rittmeister, der im Stall ein strenges Regiment geführt hatte. Niemand durfte ein Lieblingspferd haben und niemand seinem Reittier je ein Leckerli zustecken, weil das den Fütterungsplan durcheinandergebracht hätte. Nur die junge Reitlehrerin Crissy war richtig nett gewesen. Von ihr hatte Alessa eine Menge gelernt. Und natürlich hatte ihr die Zeit mit den Pferden geholfen, all die Zickereien und jeden Tadel zu ertragen. Die Straße wand sich den Hügel hoch. Alessa zupfte aufgeregt an ihren glatten schwarzen Haaren. Dann legte sie verstohlen die Hand auf die Brust ihrer leichten Jacke. Tante Martha hatte ihr zu ihrem dreizehnten Geburtstag einen kleinen schwarzen Samtbeutel aus Island geschickt. Darin war ein silberner Runenanhänger für ihr Halskettchen gewesen. Er sah in etwa so aus wie ein Schwert mit der Klinge nach unten und einem großen X quer darüber. Gemeinsam mit Nell hatte Alessa das Symbol gegoogelt und war auf eine Rune gestoßen, die »Mut« bedeutete. Der Anhänger glänzte hübsch, passte aber nicht recht zu ihrem Stil. Trotzdem hatte Alessa ihn vor der Fahrt zum Speerhof aus ihrer Schmuckschatulle gekramt. Unter dem hohen Kragen der Jacke würde ihn niemand sehen und beim Start in ein neues Reiterleben konnte man gar nicht zu viel Mut bei sich tragen! Sie warf einen Blick auf Nell, die aus dem Fenster sah und gähnte. Die meisten Leute hielten sie beide für Schwestern, manchmal sogar für Zwillinge. Dabei hätten sie gar nicht unterschiedlicher sein können. Während Alessa vor jeder Prüfung für ein Reitabzeichen nachts wach lag und beim Frühstück kaum einen Bissen runterbrachte, verschlief Nell meistens, löffelte dann in aller Seelenruhe ihre Cornflakes und trödelte im Bad. Letztes Mal hatte sie sogar ihren Reithelm zu Hause vergessen und sich Alessas leihen müssen. Und die Prüfung mit Bravour bestanden! Heimlich hatte Alessa ihre Gelassenheit oft bewundert. Wenn auch meistens nur so lange, bis sie durch Nells Schuld mal wieder den Bus verpasst und Herr Pauli sie deswegen angeblafft hatte. Sie waren gerade über die Kuppe des Hügels, als Paps bremste. »Ich glaube, da vorn ist es.« Mit klopfendem Herzen lehnte sich Alessa vor. Die asphaltierte Straße endete an einem Gatter, das offen stand. Links davon war ein Holzschild, so grau und verwittert wie zuvor der Wegweiser. »SPEERHOF« stand in Riesenbuchstaben oben, darunter in kleinerer Schrift: »Fam. Gunnar«. Zwischen dem Wort »Speerhof« und dem »Fam. Gunnar« verlief eine waagrechte Linie mit einer Spitze am Ende. Ein Speer. Mam schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Also wirklich. Ein galoppierendes Pferd wäre doch ansprechender.« »Ich glaube, jeder, der zum Reiterhof fährt, weiß schon, wie ein Pferd aussieht«, witzelte Nell. Paps lachte. Mam gluckste und dieses Mal musste auch Alessa kichern. »Speerhof« klang wirklich zu dramatisch! Hoffentlich waren die Pferde keine wilden Schlachtrösser, die ihre Reiter erst abwarfen und dann auf ihnen herumtrampelten. Paps stieg wieder aufs Gas. Langsam fuhren sie über eine Schotterstraße mit einem verwilderten Grasstreifen in der Mitte. Auf den ersten Blick sah es hier ganz nett aus. Die umzäunten Koppeln neben Alessas Fenster hatten Unterstände, da konnten die Pferde wohl auch nachts und vielleicht sogar im Winter draußen bleiben. Bloß wo waren die Pferde? Am Ende der Straße lag der Hof. Ein großes Bauernhaus, ihm gegenüber eine Reithalle mit einem schmalen gelb verputzten Anbau, ganz vorne ein Reitplatz, hinter diesem der Stall. Und da – immerhin: Eine einzelne Reiterin bewegte sich über den Platz. In der Sonne schimmerte das fuchsrote Fell ihres Pferdes wie Kupfer. Aufgeregt presste Alessa ihre Nase an die Scheibe. Der Fuchs sprang über ein Hindernis aus rot-weiß gestreiften Stangen. Seine Reiterin trieb ihn auf das nächste zu … Ihr erdbeerblondes Haar war fast so rot wie die Mähne und der Schweif ihres Pferdes und wehte über dem Kragen der dunklen Reitjacke. Nell stupste sie an. Alessa guckte rüber zur Beifahrerseite. Und dort, auf zwei Koppeln nebeneinander, grasten die Pferde. Schimmel, Schecken, Braune in allen Schattierungen und Rappen. Ein zotteliger Apfelschimmel stürmte herbei und rannte neben dem Auto her bis ans Ende seiner Koppel, so ungestüm, dass Alessa Angst bekam, er würde gegen den Zaun prallen. Sie...