E-Book, Deutsch, Band 22, 204 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
Schenk Pferdesoldaten 22 - Die letzte Attacke
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7565-9570-9
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 22, 204 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
ISBN: 978-3-7565-9570-9
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michael Schenk, Jahrgang 1955, schreibt Fantasy, Science Fiction, Horror und historische Romane. Er war Veranstalter des ersten Re-enactments zum nordamerikanischen Bürgerkrieg in Deutschland in Baumholder und Mitbegründer des ersten Dachverbandes der Re-enacment-Gruppen. Seine Militär-Western zeichnen sich durch ein ungewöhnliches Maß an Authentizität aus und bieten Spannung, weit jenseits der üblichen Klischees. Für seine Serien hat er unter www.sky-navy.de eine eigene Homepage angelegt.
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Voller Zuversicht
Hauptquartier General-in-Chief Ulysses Simpson Grant, United States of America, nahe Petersburg.
Matt Dunhill war nun fünfundfünfzig Jahre alt und hatte genug vom Krieg gesehen, um dessen Ende herbeizusehnen. Dieses schien nun in greifbare Nähe gerückt.
Matt trug jetzt die Adler-Abzeichen eines (Full-) Colonels auf den Schulterstücken und war darüber nicht sonderlich begeistert. Grant setzte Matt als Verbindungsoffizier ein, obwohl der lieber mit seinem Regiment, der 5th U.S.-Cavalry, geritten wäre. Die Trennung von seiner Truppe fiel ihm schwer, auch wenn er Sergeant-Major Schmittmann als Ordonanz an seiner Seite wusste.
Wilhelm Schmittmann war ehemaliger Rittmeister des Königreichs Hannover. Ein überzeugter Demokrat und inzwischen ein guter Freund des Colonels.
Beide trugen Paradeuniform. Matt den zweireihigen langen Rock der Regimentsoffiziere und Wilhelm das kurze Shell-Jackett der Unteroffiziere und Mannschaften. Wilhelm war besonders auf die beiden gelben Litzenschlaufen, auf beiden Seiten des Stehkragens, stolz. Sie zeigten die Zugehörigkeit zu einem regulären US-Regiment, während die Kragen der Volunteer-Truppen nur eine einzelne Schlaufe aufwiesen. Matt trug die in Gold gestickten Fransenepauletten der Offiziere auf den Schultern, Wilhelm hingegen Messingepauletten. Während Matts Sporen das Motiv des Adlers wiedergaben, waren die seines Freundes schlicht geformt. Matts rote Schärpe war aus Seide, die des Sergeant-Major aus Wolle. Die gelben Streifen an den Außennähten von Wilhelms Hose waren 2,54 Zentimeter breit, die von Matt nur 0,3 Zentimeter. Seit einem Jahr war es Offizieren erlaubt, die himmelblauen Mäntel und Hosen von Mannschaften und Unteroffizieren zu tragen, da die dunkelblauen sie sehr deutlich von den unteren Rängen unterschieden und zum leichteren Ziel machten.
Diese äußeren Unterschiede konnten nicht darüber hinwegtäuschen, wie eng die Kampfgefährten einander verbunden waren. Keiner von ihnen hätte zu sagen gewusst, wie oft er dem anderen schon Leben und Gesundheit verdankte. Doch beide waren sich darin einig, nur dann in den Kampf zu ziehen, wenn sie einander Seite an Seite wussten.
Es war Sonntag. Wie fast alle Soldaten hatten sie in Paradeuniform am Gottesdienst des Feld-Geistlichen teilgenommen. Gleiches fand in allen Lagern der Bürgerkriegs-Armeen statt. Die meisten Soldaten waren religiös oder hofften, dass sie es sich, im Falle ihrer Abwesenheit, nicht mit dem Allmächtigen verscherzten.
Zum Abschluss des Gottesdienstes waren „Weeping Sad And Lonely“, „The Minstrel Boy“ und „Battlecry Of Freedom“ gesungen worden. Damit war der Dienst am Herrn beendet und der in der Army begann wieder. Matt Dunhill und Wilhelm Schmittmann waren gebeten worden, im Anschluss das Hauptquartier von General Grant aufzusuchen. Beide waren gespannt, was der Grund dieses höflichen Befehls war und ob er darauf hindeutete, dass es endlich losging.
Hinter ihnen lag eines der großen Armee-Lager der Union. Dort bestand der Boden noch immer aus Schlamm, der nur allmählich trocknete. Die Wolkendecke des frühen Morgens war verschwunden und die Frühlingssonne brachte jene Wärme, die darauf hoffen ließ, dass der weiche Boden bald hart genug sein werde.
Matt Dunhill hörte ein missmutiges Brummen von Wilhelm und wandte sich dem Freund zu. „Was ist, Willy?“
Der hatte eine Stiefelspitze fest in den Grasboden gedrückt und betrachtete die Pfütze, die sich dort sofort bildete. „Verdammter Regen. Alles noch aufgeweicht. Da ist kein Durchkommen mit Wagen oder Kanonen. Selbst für uns Kavalleristen ist der Boden ein Problem.“
Matt nickte. „Glücklicherweise gilt das auch für die Rebellen. Aber es bedeutet auch, dass Sheridan mit seinen Kavallerie-Divisionen noch auf sich warten lassen wird. Ist ein ziemlicher Weg aus dem Shenandoah Valley zu uns.“
Die beiden Freunde gingen die paar hundert Schritte zu Fuß, die sie vom Hauptquartier von General Grant trennten. Der General nahm eines der Farmhäuser in der Umgebung von Petersburg als Hautquartier in Anspruch. Seine Besitzer waren nicht sehr erfreut über die Beschlagnahme. Das Paar machte keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Konföderation, als man es, entschieden, jedoch durchaus höflich, kurzerhand ausquartierte.
Grant wählte das Haus auf Grund seiner günstigen Lage, denn es gab durchaus auch Häuser mit Anhängern der Union als Bewohner, die sicherlich erleichtert waren, jetzt wieder das Sternenbanner zu sehen.
Das zweigeschossige Haus war ungewöhnlich groß und gepflegt. Die sauberen weißen Bretterwände und rot gestrichenen Fensterrahmen vermittelten den Eindruck, als sei es vom Krieg vollkommen unberührt. Ein ausladender Balkon diente der Veranda als Dach. Von dort konnte man, mit einem Fernglas, bequem bis Petersburg hinüberspähen. Auch dies ein Grund für die Wahl des Generals. Eine große Unions-Fahne hing vom Handlauf des Balkons herab.
Ein Stück abseits des Gebäudes hielt sich eine Kompanie Kavallerie auf. Sie war die turnusmäßige Sicherheitstruppe des Hauptquartiers.
Zwei Privates und ein Offizier der Infanterie hielten neben der Eingangstür auf der Veranda Wache. Am Zügelholm vor der Brüstung der Veranda waren mehrere Sattelpferde angebunden.
„Wir scheinen spät dran zu sein“, vermutete Matt. „Sind schon jede Menge Pferde da.“
Die meisten dunkelblauen Satteldecken der Reitpferde zeigten die mehrfachen, goldfarbenen Einfassungen und Sterne von Generälen.
Wilhelm stutzte und deutete hinüber. „Sheridan ist da.“
„Bist du sicher?“
Der Sergeant-Major grinste breit. „Ich erkenne Rienzi. Das ist der Hengst von Sheridan.“
Wenn Schmittmann das sagte, dann war das eine Feststellung. Matt erkannte neidlos an, dass der ehemalige Rittmeister ein untrügliches Gespür für die Identität von Pferden besaß. „Dann hoffe ich nur, dass ‚Little Phil‘ auch seine vielen Freunde mitgebracht hat.“
Sheridan besaß die leicht o-förmigen Beine eines Mannes, der sein Leben im Sattel zubrachte. Er war von eher kleiner Statur, was ihm seinen Spitznamen eingebracht hatte, den man tunlichst nur hinter seinem Rücken aussprach.
„Das reinste ‚Captains Meeting‘, Sir. Merritt und Custer sind ebenfalls da.“
Wilhelm bezog sich damit auf Wesley Merritt und George Armstrong Custer, die, ebenso wie Elon J. Farnsworth, vom Captain direkt zum Brigadier-General befördert worden waren.
„Klingt gut“, meinte Matt. „Dann scheint es doch bald loszugehen.“
Matt kannte Merritt nicht persönlich, hatte aber im Grund nur Gutes über ihn gehört. Mit dem deutschstämmigen Custer, geborener Köster, haderte er hingegen. Man nannte den „Boy-General“ in den Zeitschriften mutig und entschlossen. Matt sah ihn eher als wagemutig an und wusste, dass der Mann sich und seine Kavalleristen schon mehrfach in Situationen gebracht hatte, aus denen ihn nur Glück oder rechtzeitige Verstärkung retteten.
Aus dem Lager hinter ihnen war noch immer Gesang zu hören. Jetzt kam er von den Militärkapellen, welche beliebte Märsche spielten und in deren Refrains die Zuhörer einfielen.
Ein Sergeant eines Freiwilligen-Kavallerieregiments trat auf die Veranda hinaus.
„Einer von Custers Leuten“, stellte Wilhelm mit einem kurzen Blick auf das rote Halstuch des Mannes fest. „Verdammter eitler Geck.“
Matt wusste nicht, ob Willhelm den Sergeant oder Custer selbst meinte. In jedem Fall war der General für eine gewisse Eitelkeit bekannt. Er trug meist selbst entworfene Uniformen und sein persönliches Markenzeichen war ein rotes Seidentuch, das er an Stelle des vorgeschriebenen schwarzen Binders trug. Seine Kavalleristen waren jedoch stolz auf ihren jungen Kommandeur. Inzwischen befehligte der (Brevet) Major-General eine Division mit zwölf Freiwilligen-Regimentern. Alle Kavalleristen besaßen rote Halstücher, die sie als Custers Reiter kenntlich machten.
„Die Leute lieben ihn“, meinte Matt leise. „Die Zeitungen berichten immer wieder begeistert von den Heldentaten des Boy-Generals. Das ist gut für die Union und die Armee, und so lieben ihn auch die Politiker.“
„Nur so lange, bis ‚Hartarsch‘ (Anmerkung: „Hard Backsides“) selbst in die Politik geht und Senator oder sogar Präsident werden will“, kam die bissige Erwiderung von Wilhelm. „Immerhin, wenn Custer bei Sheridan ist, dann hat der wahrscheinlich auch seine ganze Kavallerie mitgebracht. Dann geht es endlich los.“
Matt und Wilhelm betraten das Haus. Im Flur hingen Mäntel und Hüte an den dafür vorgesehenen Haken. Ein Adjutant stand an der Tür zum Wohnzimmer und ließ die beiden ein. Sofort wurden sie von Stimmengewirr empfangen.
Lieutenant-General (General-in-Chief) Ulysses Simpson Grant hatte die maßgeblichen Generäle versammelt und umstand mit ihnen einen großen Tisch, auf dem die Karte von Petersburg und Umgebung ausgebreitet lag.
Neben Grant war dies Philip Henry Sheridan, schlank und mit langem Schnauzbart, der sich längst den Ruf eines hervorragenden Kavalleristen und Taktikers verdient hatte. Neben ihm stand Wesley Merritt, ebenso schlank, mit kurzem Schnäuzer und Stirnglatze. Auch er mit hervorragendem Ruf als Reiterkommandeur. Dann natürlich George Armstrong Custer, dessen leuchtend roter Binder ihn von allen anderen ebenso abhob wie seine langen blonden Locken.
Der einzige Infanterie-Kommandeur war Major-General Gouverneur Kemble Warren. (Anmerkung: Gouverneur ist hier Vorname und bezeichnet kein politisches Amt.) Er hatte sich den Titel des „Helden...