E-Book, Deutsch, Band 20, 211 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
Schenk Pferdesoldaten 20 - Der Verräter
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7565-7272-4
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 20, 211 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
ISBN: 978-3-7565-7272-4
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michael Schenk, Jahrgang 1955, schreibt Fantasy, Science Fiction, Horror und historische Romane. Er war Veranstalter des ersten Re-enactments zum nordamerikanischen Bürgerkrieg in Deutschland in Baumholder und Mitbegründer des ersten Dachverbandes der Re-enacment-Gruppen. Seine Militär-Western zeichnen sich durch ein ungewöhnliches Maß an Authentizität aus und bieten Spannung, weit jenseits der üblichen Klischees. Für seine Serien hat er unter www.sky-navy.de eine eigene Homepage angelegt.
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Kapitel 2 Hinterhalt
Am nördlichen Ufer des North Anna River.
Die Landschaft entlang des North Anna River war abwechslungsreich. Gelegentlich erstreckte sich der Baumbestand bis an die Ufer, an anderen Stellen wuchsen Gras und Buschwerk. Dann gab es wiederum Bereiche, in denen sich ab der Uferböschung dichtes Gras zu sanft oder steil ansteigenden Hügeln hin ausbreitete, die zu mittelgroßen Bergen werden konnten.
Unabhängig von ihrer Ufergestaltung waren Bachläufe und Flüsse ideal, um an ihnen Trails oder Straßen entlangzuführen. Gleichgültig ob Pferd, Maultier, Reiter oder Gespannführer, sie alle brauchten Wasser und so zog sich das Wegenetz an vielen Stellen längs des Leben spendenden Wassers.
Das galt auch für das Jahr 1865 und für die Versorgungskonvois der Union, die immer weiter gegen Süden vorrückte und dabei die Nachschubwege der Konföderation in Bedrängnis brachte oder abschnitt.
Major Clive Bennet hatte eine Stelle ausgewählt, die rund zehn Meilen vom Ziel des erwarteten Konvois entfernt lag. Hier war die Uferböschung relativ hoch. Knapp fünfhundert Yards entfernt erhoben sich felsige Hügel, deren Hänge in Richtung auf den Fluss schroff und steil wirkten.
Die Landschaft war von Schnee und der Fluss von einer dünnen Eisschicht bedeckt. Die Männer trugen Feldmäntel mit langen Pelerinen oder provisorische Ponchos, indem sie Schlitze in wärmende Decken geschnitten hatten.
Bennet langte in die graue Weste und zog seine silberne Taschenuhr hervor. Als er den Deckel aufspringen ließ, verzog er missmutig das Gesicht. „Sie sind spät dran. Wenn sie noch später kommen, dann wird man sie im Lager vermissen und ihnen sicherlich eine Patrouille entgegenschicken. Das könnte den ganzen Plan gefährden.“
Clive Bennet war Kommandeur einer konföderierten Kavallerieeinheit. Die Uniformierung seiner Männer bildete ein Sammelsurium von Ausrüstungsteilen des Nordens und des Südens. Die wenigsten Kavalleristen besaßen noch die vorgesehene graue Jacke mit dem gelben Kragen und keilförmigem Manschetteneinsatz. Seitdem die Unionsmarine die südlichen Häfen weitestgehend blockierte, gab es nicht mehr ausreichend Färbemittel für den Farbton Grau und die im Land wachsenden Erdnüsse verhalfen vielen Jacken zu dem typischen „butternut“ (Erdnussbraun) der späten Kriegsjahre.
Bennet trug die Sterne eines Majors am gelben Kragen und zusätzlich die passenden Schulterstücke eines Yankee-Majors, der dafür keine Verwendung mehr hatte. Über der roten Schärpe lag das schwarze Koppelzeug eines Unionsoffiziers, wobei Bennet das goldene Schloss mit dem silbernen Adler und Eichenlaub auf den Kopf gedreht trug.
Die beiden Colt-Navy-Modelle und der Säbel waren gepflegt und zeigten deutliche Gebrauchs- und Kampfspuren.
Bennet stand im Sichtschutz einer Felsengruppe, an seiner Seite Sergeant Prescott, dessen Kleidung ebenso wenig den Vorgaben des konföderierten Uniformkatalogs entsprach. Er hatte die Lanze mit der Regimentsfahne leger an die Schulter gelegt. Sie zeigte das Staatswappen von South Carolina und trug den beidseitigen gestickten Schriftzug „17th South Carolina Cavalry“.
Major Clive Bennet sah zum Stand der Sonne und dann nochmals auf das Ziffernblatt seiner Uhr, bevor er den bauchigen Deckel wieder einrasten ließ. „Wenn sie nicht in einer halben Stunde da sind, dann müssen wir abbrechen.“
„Bislang waren die Informationen unseres Mannes im Yankee-Lager immer zuverlässig“, meinte Prescott. „Wahrscheinlich wurden die Yankees irgendwie aufgehalten.“
„Hoffentlich wurden sie nicht angegriffen, das hätte gerade noch gefehlt.“
„Keine Sorge, Sir, der General hat doch versichert, dass alle Einheiten informiert sind und den Konvoi passieren lassen. Moment, Major, der Lieutenant gibt Signal.“
Über einem größeren Felsen am Hang war der Oberkörper eines schlanken Mannes sichtbar, der mit seinem grauen Feldhut winkte.
„Dem Herrn sei Dank“, knurrte der Major. „Sie haben sich also doch nur verspätet und sind gerade noch in der Zeit.“
Prescott erwiderte das Zeichen mit der Regimentsstandarte und Lieutenant Kendricks verschwand wieder hinter seiner Deckung. Dann rannte der Sergeant mit dem Major ein paar Dutzend Schritte zurück, wo in einer Lücke zwischen zwei Hügeln die Kompanie „D“ auf sie wartete.
Es war sehr aufwendig gewesen, die bei den Vorbereitungen entstandenen Spuren im Schnee zu beseitigen. Abgeschnittene kahle Baumzweige und Decken hatten ihren Zweck hier ebenso erfüllt wie im Sommer, wenn es galt, eine verräterische Fährte zu beseitigen. Doch jetzt war diese Arbeit wesentlich aufwändiger und anstrengender gewesen.
„Es geht gleich los, Männer“, berichtete Bennet. „Die Yankees kommen.“
„Hoffentlich bemerken sie die Falle nicht.“ Der Lieutenant der Abteilung starrte sorgenvoll in Richtung des Wegs, auf dem der Nachschubkonvoi der Union kommen musste. „Wäre ein Jammer um den schönen Plan.“
„Die Yanks werden so blind sein, wie es alle Yanks sind“, meinte Prescott beruhigend und saß an der Seite des Majors auf. Sorgfältig achtete er darauf, dass sich das Tuch der Fahne nicht um die Lanze geschlungen hatte und schüttelte es aus. „Bereit, Major, Sir.“
„Wir müssen auf Kendricks Schuss warten“, hielt Bennet seine Reiter zurück. „Kann nicht mehr lange dauern. Man kann die Blaubäuche schon hören.“
Der Major übertrieb nicht.
Trecks verursachten eine typische Geräuschkulisse. Zwar dämpfte der Schnee die Laute der Hufschläge und der rollenden Wagenräder, doch der typische „klirrende Trab“ einer Kavallerieabteilung ließ sich nicht vermeiden. Ausrüstungsteile schlugen mit leisem Klappern aneinander und die lose in den Scheiden steckenden Säbel ließen gelegentlich das charakteristische Klingen hören. Dazu das Schnauben der Pferde, die leisen Stimmen ihrer Reiter und die anfeuernden Rufe der Gespannführer.
Auf Hüten, Schultern und Kruppen der Pferde lag eine dünne Schicht von Schnee, denn die Kälte der Witterung ließ ein Schmelzen auf Grund der Körperwärme nicht mehr zu.
Der einzelne Schuss aus einem Revolver war nicht zu überhören, auch wenn der Schnee selbst diesen Laut dämpfte.
Befehlsgemäß sprangen Lieutenant Kendricks und die abgesessenen Soldaten der „B“-Kompanie hinter den Deckungen am Hang auf und richteten ihre Waffen drohend auf die überraschten Yankees.
Gedämpft war der Befehl des Offiziers der Kavallerieeskorte des Konvois zu vernehmen. Er versuchte, Truppe und Wagen in Sicherheit zu bringen, in dem er den Hinterhalt, an seiner linken Flanke, durch einen raschen Vorstoß hinter sich lassen wollte.
„Vorwärts.“ Major Clive Bennet stieß den rechten Arm drei Mal in die Luft. Kompanie „D“ trabte an. Die knapp achtzig Reiter stießen aus der Lücke zwischen den Hügeln vor, schwenkten nach rechts und versperrten Reitern und Wagen der Union unvermittelt den Weg.
Der Unionsoffizier an der Spitze der Kavallerieeskorte schien nicht überrascht. Es war logisch, dass man versuchen würde, ihm bei einem Hinterhalt den Fluchtweg zu versperren.
Major Bennet wusste, dass nun die „A“-Kompanie im Rücken der Yankees auftauchte.
Wie angekündigt war es ein kleiner Nachschubkonvoi. Nur sechs schwere Planwagen, mit einer Eskorte aus einer Kompanie Infanterie und einer kleinen Abteilung von fünfzig Kavalleristen.
Der Anführer der Unionsreiter ließ seine Männer in zwei Linien aufmarschieren. Er schien abzuwägen, ob ihm ein Durchbruch durch den fast doppelt so starken Gegner gelingen könnte, obwohl er an der linken Flanke und im Rücken von gleichstarken Abteilungen bedroht war. Knappe Befehle ließen Infanterie und Gespannführer hinter den Wagen Deckung nehmen, den gefrorenen Fluss im Rücken.
Bennet wollte unnötiges Blutvergießen und vor allem unnötigen Lärm vermeiden. Er zog seinen Säbel und hielt ihn mit beiden Händen über dem Kopf, während er seinen Braunen mit den Schenkeln dirigierte. Es war das Zeichen, dass er das Gespräch suchte. Begleitet von Sergeant Prescott, mit der Regimentsstandarte knapp hinter sich, ritt er im Schritt auf die Yankees zu.
Der Unionsoffizier rief ein paar knappe Befehle, dann kam er Bennet, den Hornisten neben sich, entgegen.
„Major Clive Bennet von der konföderierten Kavallerie“, stellte sich Bennet vor und deutete einen militärischen Gruß an. „Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie von meinen Männern umzingelt sind und jeder Widerstand sinnlos ist.“
Der Yankee sah instinktiv zum Fluss hinüber, als überlege er, ob der Konvoi über den Fluss entkommen könne.
„Falls Sie erwägen sollten, uns ans andere Ufer zu entkommen“, sagte Bennet eindringlich, „so versichere ich Ihnen, dass Sie uns keinesfalls davonreiten könnten. Und, davon abgesehen, dass das Eis des Flusses Ihre Wagen nicht trägt … Wenn Sie erlauben?“
Ohne auf eine Erwiderung zu warten, schob Bennet seinen Säbel zurück und zog einen seiner Revolver. Hastig rief der Yankee seinen Männern einen Befehl zu, bevor sein Gegenüber einen Schuss in die Luft feuerte.
Schlagartig erschienen über der Kante des Flussufers die Köpfe der „F“-Kompanie.
„Captain Farling, dritte Ohio-Kavallerie“, stellte sich der Unionsoffizier nun seinerseits vor. „Sie werden meine Männer verschonen, wenn wir kapitulieren?“
„Verdammt, Yank, für wen halten Sie mich?“, knurrte Bennet. „Wenn Sie keinen Widerstand leisten, dann werden Sie selbstverständlich verschont. Wobei ich...