E-Book, Deutsch, Band 2, 240 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
Schenk Pferdesoldaten 2 - Im Krieg gegen Mexiko
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7380-8773-4
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 240 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
ISBN: 978-3-7380-8773-4
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michael H. Schenk ist ein deutscher Autor, der mit seinen Romanen in verschiedenen Genres begeistert und vor allem mit seiner Fantasy-Serie um 'Die Pferdelords' bekannt wurde. Ein besonderes Interesse gilt der Geschichte Nordamerikas, mit der er sich seit vielen Jahren befasst.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1 Die Begegnung
Pferdesoldaten 2
Im Krieg gegen Mexiko
Military Western
von
Michael H. Schenk
© M. Schenk 2016
Die Kolonne folgte dem Ufer des Rio Grande auf der amerikanischen Seite. Sie war seit Wochen unterwegs und nun würde sie bald die Einmündung des Rio Conchos erreichen, um dort auf die mexikanische Seite zu wechseln. Das Ziel war die Stadt Chihuahua in der gleichnamigen Provinz. Jetzt, im Jahr 1847, war es Feindesland, denn seit über einem Jahr befanden sich die U.S.A. und die Republik Mexiko im Krieg.
Die Kolonne bestand aus fünf Kompanien der First U.S.-Dragoons, einer kleinen berittenen Artillerieabteilung mit vier Sechspfünder-Haubitzen, und dreißig Frachtwagen. Verstärkung und Nachschub für die Truppen des U.S.-Generals John E. Wool, der gegen Chihuahua vorrückte und die Stadt erobern sollte.
Im vergangenen Jahr waren die Mexikaner in der Schlacht von Monterrey durch den U.S.-General Taylor zur Aufgabe der Stadt Monterrey gezwungen worden. General Wool hatte inzwischen in Erfahrung gebracht, dass Chihuahua nicht vom Feind verteidigt wurde, da dieser erst seine Truppen reorganisieren musste. Jetzt marschierte Wool auf die Stadt zu, während sich Taylor in Richtung auf Saltillo bewegte. Ziel der amerikanischen Truppen war es, das Gebiet im unteren Bereich des Rio Grande zu sichern. Bislang waren die meisten Gefechte für die U.S.-Truppen siegreich verlaufen, dennoch gab es Verluste durch die Kämpfe, Erkrankungen und sogar Desertionen.
Major Benjamin Holmes führte nun Verstärkungen heran, die aus den Kompanien A, B, D, F und G der First U.S.-Dragoons, der kleinen Batterie berittener Artillerie und jenen dreißig Wagen bestand, die mit wertvollem Nachschub an Waffen, Munition, Uniformen und Lebensmitteln beladen waren. Drei Kompanien ritten vorne, gefolgt von dem langen Wagenzug und der Nachhut, die aus der vierten Einheit bestand. Die Fünfte stellte den Flankenschutz. Man kam nur langsam voran, denn die Wagen waren schwer beladen. Sie wurden von einem Fahrer gelenkt, dem ein zweiter Mann als Gespannführer zur Seite gestellt war, der neben dem rechten Leittier der Achtergespanne ging.
Die Kolonne war schon vor dem Morgengrauen aufgebrochen. Jetzt stand die Sonne am Himmel, doch der Februar war bitter kalt und die Soldaten hatten sich in die langen himmelblauen Mäntel gehüllt, deren Capes in den gelegentlichen Windböen auswehten. Nun zeigte es sich, dass die überlangen Ärmel der Mäntel durchaus praktisch waren. Gewöhnlich wurden sie als Stulpe zurückgeschlagen, jetzt waren diese nach unten geklappt und bedeckten die Hände bis über die Fingerspitzen. Da es keine Handschuhe gab, waren die Männer froh, ihre Finger auf diese Weise halbwegs warm halten zu können.
Inzwischen lagen die Canyons hinter ihnen, in denen der Rio Grande zwischen steil aufragenden Felswänden floss. Dort war der Weg sehr schmal gewesen und die Kolonne hatte sich weit auseinandergezogen. Immer wieder musste man größere Steine und Felsen räumen, damit die Wagen vorankamen. Jetzt erreichte man breiteres Terrain. Die steilen Wände auf der amerikanischen Seite wichen teilweise kilometerweit zurück. Mexiko präsentierte sich am anderen Ufer mit einer weiten Ebene, die gutes Vorankommen versprach. Während das amerikanische Ufer recht steil wirkte, stieg es auf der mexikanischen Seite sanft an. Mancher Unkundige hätte sich von dem hier langsam fließenden Rio Grande verlocken lassen, eine Durchquerung zu versuchen, doch mit den Fahrzeugen und Geschützen war dies nur an den wenigen Furten möglich.
Auf dem graubraunen Boden wuchsen Gräser, Kakteen und kleine Gruppen von verkrüppelt wirkenden Kiefergewächsen. Texas wirkte hier karg, obwohl es auch sehr fruchtbare Gebiete gab. Vor zwei Tagen hatte man einen Berglöwen gesichtet, doch ansonsten machte sich Großwild rar. Hier, entlang des Trails, war es zu oft von Weißen, Indianern oder Mexikanern gejagt worden. Die Männer lebten nun schon seit Wochen von Armee-Rationen und bedauerten es, kein frisches Fleisch erjagen zu können.
Die Kolonne folgte einem alten Trail, einer Handelsstraße, die schon viele Jahre von Jägern und Händlern genutzt wurde. Sie führte von Santa Fe über El Paso herunter, immer den Rio Grande entlang, bis hin zu dessen Mündung in den Golf von Mexiko. Seit der Rebellion der Texaner, gegen die mexikanische Herrschaft, war der Fluss die Grenze. Allerdings eine Grenze, die seit ihrem Bestehen umstritten war. Mexiko hatte sie nur widerwillig akzeptiert, da es keinen Krieg mit den U.S.A. riskieren wollte, die ihre Sympathien für die Republik Texas offen bekundeten. Nun war Texas ein Teil der Union. Die Differenzen zwischen Mexiko und der nordamerikanischen Staaten-Union waren im vergangenen Jahr eskaliert und beide Seiten bezichtigt sich gegenseitig, dies provoziert zu haben.
Captain Matt Dunhill ritt vor seiner B-Kompanie, die im Augenblick die Spitze der Kolonne innehatte. First-Lieutenant James Clyborn trabte an seiner linken Seite. Der dritte Offizier der Abteilung, Second-Lieutenant George McClure befand sich ungefähr auf Höhe der Mitte der Formation. Die drei Männer kannten sich seit langer Zeit, seitdem das Regiment im Jahr 1833 aufgestellt worden war. In diesen vierzehn Jahren hatten sie vieles gemeinsam erlebt. Lange und eintönige Patrouillen, Eskorten für Siedlertrecks, und Kämpfe gegen Indianer und Banditen. Das Erlebte hatte sie zu einer festen Kameradschaft zusammengeschweißt. Dies galt auch für viele jener Soldaten, die zum „Urgestein“ der B-Kompanie zählten. Mancher Kamerad war gefallen, versetzt worden oder aus anderen Gründen ausgeschieden. Andere füllten die Reihen auf. Die Gesichter mochten wechseln, doch sie alle wurden unter dem Wimpel der B-Kompanie vereint. Ein flatterndes Stück Tuch, achtundsechzig Zentimeter hoch, hundertvier Zentimeter lang und hinten achtunddreißig Zentimeter tief keilförmig eingeschnitten. In der oberen roten Hälfte standen die weißen Buchstaben „U.S.“, gefolgt von dem kleineren Schriftzug „Dragoons“, in der unteren weißen Hälfte der rote Buchstabe „B“. Matt Dunhill und seine Männer erfüllte es mit Stolz, diesen Wimpel zu führen.
Die Dragoner verstanden sich als Teil einer Elitetruppe, denn in der ganzen Armee gab es nur zwei Dragoner-Regimenter. Vor acht Monaten war eine dritte berittene Truppe aufgestellt worden, das „Regiment of Mounted Rifles“, doch die Dragoner betrachteten diese Einheit nicht wirklich als Reiter. Die Rifles ritten zwar zum Schlachtfeld, saßen dort jedoch ab und kämpften als Infanterie. Sie trugen grünen Besatz und grüne Rangabzeichen an den Uniformen und nicht das Orange der Dragoner. Zu Beginn des Krieges gegen Mexiko war zudem eine Reihe von freiwilligen Reiter-Regimentern aufgestellt worden, aber als reguläre Truppe hielten Dunhills Männer nicht viel von den oft undisziplinierten Einheiten der „Volunteers“.
Die Einmündung des Rio Conchos kam näher. Für die meisten Kompanien war dies ein eher unbekanntes Gebiet, doch das galt nicht für Dunhill und seine Kameraden. Rechts von ihnen stiegen die Berge auf, links befand sich der Fluss und ein kleines Stück rechts voraus öffnete sich jene freie Fläche, auf der die Ruinen einer alten spanischen Anlage standen. Ruinen, um die Kompanie B vor Jahren gegen eine überlegene Streitmacht mexikanischer Banditen gekämpft hatte. Viele gute Männer und mancher Freund waren hier gefallen, Seite an Seite mit einer kleinen Gruppe berittener texanischer Jäger und einer Handvoll Siedler. Es war lange her und doch stiegen nun die Erinnerungen in den Reitern auf.
First-Lieutenant James Clyborn räusperte sich. Seine Stimme klang belegt, als er zu den Überresten hinüber deutete. „Siehst du den Hügel, Matt? Da hatten die Kerle damals die Kanone aufgestellt, mit der sie uns beinahe fertig gemacht hätten.“
„Nun, es ist ihnen nicht gelungen“, entgegnete Matt Dunhill wortkarg. Auch wenn die Dragoner hier letztlich siegreich geblieben waren, so war dieser Sieg schmerzlich erkauft worden. Der Tod gehörte zum Leben des Soldaten, aber die Erinnerung nahm dem Captain die Lust, über die damaligen Ereignisse zu sprechen, auch wenn man sie teilte.
Clyborn spürte die Gedankengänge des Freundes. Er lächelte trübsinnig und deutete über den Fluss zum anderen Ufer. „Mexiko, Matt. Wir überqueren gleich die Grenze.“
„Eine Grenze, die Mexiko nur sehr widerwillig anerkannt hat.“ Matt Dunhill wandte sich im Sattel, als er raschen Hufschlag hinter sich hörte. Er lächelte, als er Captain Thomas Deggar erkannte.
Der Befehlshaber der C-Kompanie hatte als First-Lieutenant unter ihm gedient und vor einem Jahr endlich sein eigenes Kommando erhalten. Beförderungen von Mannschaften und Offizieren waren selten. Die „Regiments-Rolle“ schrieb eine bestimmte Anzahl der jeweiligen Dienstgrade vor und man konnte nur aufrücken, wenn der vorherige Inhaber der Position gefallen oder auf andere Weise aus dem Dienst ausgeschieden war. In Deggars Fall war sein Vorgänger vom Pferd gestürzt und hatte sich das Bein gebrochen. Der Bruch war nie richtig verheilt und so war die Stelle des unglücklichen Offiziers vakant geworden. Ein Glücksfall für Deggar.
„Komplimente von Major Holmes“, richtete der junge Captain aus und hob in einer lässigen Geste die Hand an den Schirm der blauen Feldmütze. Die steifen Tschakos waren flachen Mützen mit breitem Schirm und...