E-Book, Deutsch, Band 19, 249 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
Schenk Pferdesoldaten 19 - "Santa Rosa"
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7565-6533-7
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 19, 249 Seiten
Reihe: Pferdesoldaten
ISBN: 978-3-7565-6533-7
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michael Schenk, Jahrgang 1955, schreibt Fantasy, Science Fiction, Horror und historische Romane. Er war Veranstalter des ersten Re-enactments zum nordamerikanischen Bürgerkrieg in Deutschland in Baumholder und Mitbegründer des ersten Dachverbandes der Re-enacment-Gruppen. Seine Militär-Western zeichnen sich durch ein ungewöhnliches Maß an Authentizität aus und bieten Spannung, weit jenseits der üblichen Klischees. Für seine Serien hat er unter www.sky-navy.de eine eigene Homepage angelegt.
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Marseillaise
Santa Rosa, Imperio Mexicano, im Grenzbereich zu New Mexico.
Die Juaristas von Benito Juarez waren fort und wieder hatte keiner von ihnen Verdacht geschöpft, es könne sich bei Santa Rosa um etwas anderes handeln, als ein Hort der Unterstützer des von Frankreich abgesetzten Präsidenten. Für die Bewohner des Dorfes war es ein bewährtes Spiel und ihre einzige Sorge bestand darin, dass sich eines Tages zwei der verfeindeten Gruppen in ihrem Ort treffen könnten. In den vergangenen zwei Jahren war eine solche kritische Situation nur ein einziges Mal eingetreten und sie hatten sie bereinigen können, in dem die Wache auf dem Torreon einfach behauptet hatte, der Feind rücke mit furchtbarer Übermacht an. So waren die Gäste hastig abgerückt und das einzige Problem im Dorf war es gewesen, das Willkommen rechtzeitig auf die anderen Besucher auszurichten.
Juanito Mendoza, der vierzehnjährige Sohn des Arztes, hielt gerade auf dem Torreon Wache. Seine Rufe hatten Emilio herbei gerufen. Und wie immer, wenn ein anderer Dorfbewohner Ausschau hielt, eilte auch Paolo besorgt herbei.
Padre Joaquin ließ die Glocke läuten, damit das Dorf erfuhr, dass man sich auf den Empfang einer noch unbekannten Gruppe einrichten müsse.
Die Mittagshitze lag brütend über Santa Rosa und auf den Feldern im Norden war die Arbeit eingestellt worden. Auf der südlich gelegenen Schaffarm trieb man hastig die Tiere in den Pferch und bereitete sich darauf vor, sich nötigenfalls in die östlichen Hügel in Sicherheit zu bringen, denn noch war unbekannt, wer sich da näherte.
„Eh, Juanito, wer kommt da?“, rief Emilio zur Turmplattform hinauf.
„Reiter!“, war die helle Stimme des Jungen zu vernehmen. „Viele Reiter!“
„Bueno, Juanito, doch was für Reiter?“
Paolo Lopez war bereits auf dem Weg nach oben, während Juanito versuchte, die Konturen in der Staubwolke zu deuten. Erleichtert vernahm er die Schritte von Paolo auf den Stufen der steinernen Rundtreppe.
„Manchmal blitzt es“, meldete der Sohn des Arztes verlegen und reichte das Teleskop weiter.
„Du hast es gut gemacht“, lobte Paolo und legte die Hand aufmunternd auf Juanitos Schulter. „Du hast uns rechtzeitig gewarnt und das ist sehr, sehr gut. Dein Vater Pepe kann stolz auf dich sein.“
Erleichtert und mit vor Eifer gerötetem Gesicht sah der Vierzehnjährige nun zu, wie der fähigste Beobachter das Instrument auf die südliche Straße nach San Felipe richtete. Die Erwähnung von Juanito, dass es in der Staubwolke gelegentlich aufblitze, war für Paolo ein wichtiger Hinweis. Sorgfältig stellte er die Schärfe nach.
„Eh, Paolo, mein Guter, wer ist es?“, drängte der Alcalde von unten.
Es eilte, denn die Reiter waren schon bedrohlich nahe. Dennoch nahm sich Paolo Zeit, ihm durfte kein Irrtum unterlaufen.
„Maldetto, Paolo!“
Der Beobachter ließ das Teleskop sinken. Es gab keinen Zweifel. „Franzosen, Emilio! Es sind Franzosen! Panzerreiter des Kaisers!“
„Du bist der Beste!“, lobte nun Emilio und wandte sich auch schon um, damit er Padre Joaquin informieren konnte. „Franzosen, Padre! Franzosen!“
Der Padre seufzte erleichtert. Die Soldaten des Kaisers hatten sich noch nie am Gold seiner Kirche bereichert, doch beim Messwein verhielt es sich anders. Nun galt es die Glocke zwei Mal zum Schlagen zu bringen, damit Santa Rosa wusste, dass es sich um Kaiserliche handelte.
Emilio Hermanez traf bei seinem eigenen Haus ein. „Esmeralda, du Entzücken meines Herzens, es sind Franzosen!“, rief er seiner Frau zu, die abwartend auf dem umlaufenden Balkon stand. „Lass dir von Francesca mit den Fahnen helfen!“
Schon war er weiter. Gerade ertönte der volle Klang der Kirchenglocke.
Während Esmeralda und ihre Haushaltshilfe die kaiserliche Fahne Mexikos und die französische Trikolore am Handlauf befestigten, schoben Hubertus Lanzmayer, Juan Ramirez und zwei Helfer das Piano auf den Vorbau der Cantina hinaus, um es, wieder einmal, unter den Vorbau von Emilios Haus zu bringen.
Juans Gesicht war von der Anstrengung in der mittäglichen Hitze gerötet. „Emilio, mein Freund, sage Dolores, sie soll den Champagner kühlen. Die Franzosen mögen ihn nicht warm.“
„Seguramente, mein Freund, Seguramente“, versicherte der Alcalde.
Auf dem Dorfplatz versammelten sich die ersten Bewohner. Einige Frauen und Mädchen sonderten sich ab, um unter dem schattigen Vorbau des Alcalden Aufstellung für den Chor zu nehmen. Padre Joaquin verließ die Kirche, um zu kontrollieren, ob die Dorfbewohner auch die richtigen Fähnchen bereithielten.
Emilio Hermanez, Alcalde von Santa Rosa, dankte wieder einmal der Weisheit der Vorfahren für die Errichtung des ungewöhnlich hohen Torreons und dafür, dass die Bauvorschriften in Santa Rosa nicht erlaubten, höhere Gebäude zu errichten. Ohne die hohe Beobachtungsplattform wäre das Dorf sicher schon oft ein Opfer von Plünderungen, wenn nicht Schlimmerem, gewesen.
„Sie kommen!“, meldete der Posten am südlichen Ortseingang. „Es sind die Panzerreiter des Kaisers!“
„Welche Überraschung“, murmelte Emilio. „Als wenn wir das nicht längst wüssten.“
Es war stets eine Erleichterung, wenn sich Berittene näherten. Die hielten sich nie lange auf, während man bei Fußtruppen nie vorher wusste, ob sie in Santa Rosa verweilen wollten, was stets Gefahr bedeutete. Je länger sich Fremde aufhielten, desto größer war die Gefahr, dass ein Bewohner versehentlich zu viel verriet oder man auf andere Weise hinter das Geheimnis des Dorfes kam.
Hufgetrappel und das Scheppern und Klirren von Ausrüstung wurde im Süden hörbar. Ein französisches Clairon blies ein Signal. Zwischen den Häusern verfielen die Franzosen in langsamen Trab. Die ersten Pferde mit ihren Reitern wurden sichtbar.
Emilio Hermanez hob die Hand.
Hubertus Lanzmayer griff in die Tasten und stimmte die Marseillaise an. Schon fiel der Chor ein und da man nur die erste Strophe kannte, würde man diese wiederholen, bis der Alcalde erneut die Hand hob.
Nun trabten die ersten Reiter auf die Plaza.
Es war ein prachtvoller Anblick. Die Franzosen trugen grüne Uniformjacken und weiße Hosen mit breiten roten Streifen. Dazu silberne Metallhelme mit langem Nackenschild und prächtigen schwarzen Rosshaarschweifen. Die Kürasse blitzten silbern, bei den Offizieren mit Gold abgesetzt. Weiße Bandeliers verliefen von den linken Schultern zur rechten Hüfte und hielten einschüssige Karabiner und Patronentaschen. An den Sätteln waren Holster für die langläufigen Reiterpistolen.
Der Kommandant der Kürassiere hatten die Säbel ziehen lassen, deren Klingen blitzend an den rechten Schulternähten lagen. Über der Spitzengruppe wehte eine kleine und reich mit Gold bestickte Standarte.
Emilio breitete freudestrahlend die Arme aus. „Meine lieben Freunde, seid willkommen! Es lebe Maximilian I.! Es lebe das Imperio Mexico! Es lebe die große Republik Frankreich!“
Der Mann an der Spitze, ein französischer Colonel, zügelte sein Pferd, während die Kolonne seiner Reiter auf die Plaza trabte und diese auszufüllen schien.
Emilio begriff, dass es sich um mindestens zweihundert Soldaten handelte. Das war mehr als eine der üblichen Patrouillen. In solcher Stärke traten die Franzosen nur auf, wenn sie eine Strafexpedition gegen den Feind planten.
Ein Rumpeln und Rasseln war zu hören. Drei bespannte Sechspfünder fuhren hinter den Reitern auf, gefolgt von weiteren Kürassieren. Nun wurde es auf dem Dorfplatz eng und Emilio begann um die Vorräte im Dorf zu fürchten. Mit einem halbherzigen Lächeln hob er erneut die Hand und die Marseillaise verstummte abrupt.
„Marquis Louie-Alphonse des Viscarde“, stellte sich der Colonel vor. „Ich habe die Ehre, die zweite Escadron der dritten Cuirasseurs des Kaisers zu befehligen. Habt Dank für euer Willkommen, Alcalde. Habt alle Dank für den herzlichen Empfang“, wandte sich der Franzose an die anderen Dorfbewohner.
„Vivat Mexico!“, kam die begeisterte Erwiderung.
Ein Capitaine gab einen Befehl, der Cornett stieß in sein Clairon und die Soldaten saßen ab.
Der Colonel übergab die Zügel seines Pferdes an den Standartenträger und kam in Begleitung des Capitaine näher.
„Dies ist Capitaine de Monrieux“, stellte der Marquis lächelnd vor und zog die Stulpenhandschuhe aus. „Senor Alcalde, meine Escadron ist auf der Suche nach Rebellen. Sie haben nicht zufällig Juaristas zu Gesicht bekommen?“
Halbwahrheiten waren schwerer zu entlarven als vollständige Lügen, das wusste Emilio aus Erfahrung. „Si, Senor Colonello, wir haben diese schrecklichen Banditen gesehen und nicht nur das. Sie kamen in unser schönes Dorf, begannen zu plündern und benahmen sich wie Barbaren.“
„Wann war das und wohin haben sich die Rebellen zurückgezogen?“, fragte der Colonello prompt.
„Ah, lassen Sie mich überlegen … Si, es war vor fünf Tagen“, antwortete Emilio. „Sie kamen von Süden und sind dann nach Osten geritten.“
Der Capitaine stieß einen französischen Fluch aus. Die nachfolgenden Worte konnten die Dorfbewohner nicht verstehen, da sie ebenfalls in der Muttersprache des Offiziers folgten.
Der Marquis nickte mit bedauerndem Gesicht. Er wandte sich wieder dem Alcalden zu. „Vermutlich wollten die Juaristas zur texanischen Grenze. Sie versuchen immer wieder, von den Americaines Waffen zu kaufen. Hatten die Rebellen Wagen dabei?“
„Nein, Senor, keine Wagen.“
Der Marquis...