Scheja DSA 7: Katzenspuren
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-86889-877-4
Verlag: Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Schwarze Auge Roman Nr. 7
E-Book, Deutsch, Band 7, 256 Seiten
Reihe: Das Schwarze Auge
ISBN: 978-3-86889-877-4
Verlag: Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ilnamar ay Shorn, der erfahrene Kämpe und asketische Ordensritter kennt seit Jahren nur ein Ziel: Er muß Djamila, die spöttische Diebin mit den Augen einer Katze zur Strecke bringen und ihrer gerechten Strafe zuführen. Doch als Ilnamar die hübsche Djamila endlich zu fassen bekommt, sehen sie sich plötzlich einem gemeinsamen übermächtigen Feind gegenüber. Der Gardist und die Königin der Diebe schließen einen höchst zerbrechlichen Bund ...
Christel Scheja (*19.04.1965 in Solingen) ist eine deutsche Autorin und Illustratorin, die zunächst Informatik und Mathematik studierte bevor sie eine Ausbildung zur Datenverarbeitungskauffrau absolvierte. Schon in ihrer Jugend schrieb sie Artikel für Zeitschriften und Fanzines der Genres Fantasy, Science-Fiction und Horror. Neben eigenen Romanen schreibt sie auch immer wieder für 'Das Schwarze Auge'. Die vielgelobte Hobbyzeichnerin war auch an Regionalbeschreibungen und dem Briefspiel beteiligt und hat mehrere Romane sowie Kurzgeschichten beigesteuert.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1. Kapitel Einen Monat zuvor: Grüne Augen blitzten aufmerksam hinter dem Rand eines Zeltes hervor. Sie folgten dem Mann, bis er im Menschengewühl des Basares verschwand. Djamilla richtete sich auf und grinste derart hinterlistig, daß der Tuchhändler, bei dessen Stand sie sich aufhielt, seine Börse fester packte und das zierliche, in eine bauchfreie Bluse und eine Pluderhose gekleidete Mädchen argwöhnisch musterte. Mit der freien Hand machte er eine Geste gegen Unheil. Die Diebin schleuderte ihren roten, durch ein schmales Band am Hinterkopf gebändigten Zopf über die Schulter und strich über einen der zarten pfirsichfarbenen Schleier, woraufhin der Händler wütend das Gesicht verzog und auf sie zukam. Lachend drehte sie sich weg. Wo bist du, mein schöner, mutiger und stattlicher Hauptmann?, dachte sie und zwinkerte fröhlich, was ein junger Novadi als Einladung zu nehmen schien. Er kam von dem Waffenstand auf der anderen Seite auf Djamilla zu, die aufreizend die Hüften bewegte, ehe sie mit einem geschmeidigen Sprung in einer Gruppe von schnatternden Dienerinnen und einer fremdländischen Schar blonder, hünenhafter Thorwaler verschwand. Enttäuscht gab der Mann sein Vorhaben auf, wie Djamilla mit Erleichterung feststellte, als sie aus der Deckung eines Früchtestandes wieder auftauchte. Grinsend spielte sie mit einem goldgelben Pfirsich und biß herzhaft hinein. Zu einer anderen Zeit hätte sie diesen Wüstenprinzen in eine Falle gelockt und sich mit ihm auf verschiedenste Weise vergnügt, aber an diesem Tag war sie auf der Jagd nach wohlhabendem Wild. Sie leckte sich den Pfirsichsaft von den Lippen und warf den Rest einem streunenden Hund zu. Einen Moment erwog sie, dem alten Haimamud ibn Haimamud al Abras zu lauschen, aber der erzählte wieder einmal die Geschichte von Dashim und den Götterjuwelen, die sie schon oft gehört hatte. Ihre Augen suchten im Gewühl des Basars eine grün-gelb leuchtende Uniform. O ja, es ist heute nicht ganz ungefährlich, hier zu sein, hat er doch seine Leute zur Bewachung auf den Markt geschickt, damit sie endlich ein paar von uns Dieben fangen, stellte sie fest und spielte mit den Schnüren der Bluse. Aber was wäre das Leben ohne ein bißchen Gefahr! – Deine Bluthunde sind nicht besonders aufmerksam in dieser Hitze ... Sie grinste, als einer der Stadtgardisten durch Nadan, ihren Stellvertreter in der Gilde, um seine Börse erleichtert wurde. Der drahtige, schwarzhaarige Dieb tändelte schon wieder unschuldig mit einer Sklavin, als der Mann den Verlust bemerkte und sich hastig, aber ohne Erfolg, nach allen Seiten umblickte. Djamilla seufzte und blickte auf. Die Sonne brannte heiß von einem wolkenfreien blauen Himmel auf die Paläste, Häuser und Hütten und ließ die goldenen Kuppeldächer jenseits der Mauern leuchten. Eine Glocke aus Gestank schwebte über dem Basar der Unterstadt. Die Stadtmauern verschwammen in dem stinkenden Dunst. Die Mittelländler, die nicht davon lassen konnten, in ihrer dicken, steifen Wollkleidung oder gar in Rüstungen durch die Stadt zu schlendern, wischten sich den Schweiß von der Stirn. Sie waren die besten Kunden der Wässerverkäufer und Weinhändler. Eine blonde Frau öffnete sich stöhnend vor Hitze das Lederwams. Ein Brustbeutel kam zum Vorschein, Djamillas Rechte zuckte vor: Mit einem der scharfen, kleinen Wurfmesser, die sie in breiten Armbändern verborgen hielt, durchtrennte sie den Tragriemen der Börse. Zufrieden summend schob sie das Beutelchen unter die Schärpe und steckte die Klinge fort. Vermutlich befand sich nicht viel darin – aber so viel Dummheit mußte einfach bestraft werden. Sie lehnte sich gegen einen Brunnen, um die Nordländerin zu beobachten, die jetzt mit einem Wasserverkäufer feilschte und entsetzt zusammenzuckte, als sie den Verlust ihres Geldes bemerkte. Hilfloses Suchen folgte ... Djamilla konnte wegen des Marktlärms nicht verstehen, was sie sagte. Schon nach kurzer Zeit ließ die Diebin den Blick wieder über den Basar streifen. Der Platz war nicht groß, so daß sie ihn von ihrem leicht erhöhten Standpunkt am östlichen Rand übersehen konnte. Ein lauer Wind umschmeichelte sie und brachte die vielfältigsten Gerüche mit sich: den Duft von gebratenem Fleisch von den Ständen der Essensverkäufer, Gewürze, die Ausdünstungen der Menschen und Tiere. Auf der gegenüberliegenden Seite des Markts drängten sich Bauern aus dem Umland um Ziegen, Schafe und laut protestierende Mherwatis, die sogar die Rufe der eifrigsten und lautesten Händler übertönten. Sie beobachtete grinsend, wie Rhamun al Khar, der wie ein Ziegenbock stinkende alte Straßenhändler, um einen dunkelhaarigen Mann herumwieselte und ihm mit quäkender Stimme seine Waren anbot, die er in einer Lade vor der Brust trug. »Hört mich an, edelster aller Herren! Bitte gewährt Eurem unterwürfigen Diener ein bescheidenes Wort. Ich will Euch ...«, schwatzte er drauflos und ließ sein Opfer nicht zu Wort kommen. Djamilla verließ den Brunnen, um sich unauffällig zu nahem. Als sie Rhamuns Kunden zu Gesicht bekam, verstand sie, warum sich der Alte gerade ihn ausgesucht hatte. Mit den Narben im Gesicht, die sich quer über die Wangen zogen und die Oberlippe wulstig enden ließen, und der gebrochenen Nase fand er wohl nicht leicht eine Frau, die bereit gewesen wäre, mit ihm das Bett zu teilen, obgleich er früher stattlich gewesen sein mußte. Kein Wunder, daß der alte Ziegenbock gerade ihm seine geheimnisvollen Mittelchen anpries, die die Mädchen gefügig und sinnlich machten. »Sohn der Tapferkeit, höre mich, deinen armseligen Diener an! Soll deine Manneskraft – denn bei Ras‘Raghs Hörnern, ich sehe sie in dir – nicht auch die schönen, wilden Blüten Rashduls erfreuen? Seht, Bruder des Schwertes und des wilden Stiers, dieses Pulver, im Wein aufgelöst, wird es sie willig in deine Arme sinken lassen!« »Geh weg, du stinkender Bock!« Der Mann stieß den alten Händler ärgerlich beiseite und eilte mit weit ausholenden Schritten an Djamilla vorbei, während Rhamun mit den Händen wütend herumfuchtelte, rot anlief und zeternd Flüche hinter dem »undankbaren Sohn einer Distelpflanze und eines Mherwati« herschrie. Die Diebin folgte ihm, hatte sie doch, als sein Mantel aufklaffte, bemerkenswerte Dinge an seinem Gürtel gesehen. Nicht nur einen vielversprechenden Beutel, sondern auch einen juwelenbesetzten Dolch und das abgenutzte Heft eines Kunchomers. Der Fremde war ein erfahrener Kämpfer, und das machte es noch spannender, ihm den Beutel zu entreißen. Djamilla wartete geduldig, bis sich der Mann einem Pfannkuchenverkäufer zuwandte. Sie tat, als betrachte sie die Seidentücher an einem der anderen Stände und beobachtete das Feilschen, bis sie den richtigen Augenblick gekommen sah. Geschmeidig wie eine Katze glitt sie durch die Menschenmenge. Der Schall von Posaunen ließ den Mann aufhorchen. Er blickte wie viele der anderen zum Madamaltor, das von den Wächtern geöffnet wurde. Dabei schob er den Mantel unwillkürlich zurück. Als er sich reckte, um die verschleierte, in einer Sänfte sitzende Gestalt besser sehen zu können, die eben durch das Tor getragen wurde, stolperte Djamilla. Für die Diebin war es nichts Neues, daß die Shanja den Basar besuchte. Sie hielt den Atem an, als sie das Leder ertastete, und zückte den kleinen Dolch. Kaum hatte sie den schweren Beutel in ihrer Hand, umschloß eine eisenharte Faust ihr Gelenk, und der Bestohlene riß sie mit einem wütenden Schrei herum. Djamilla war nicht bereit, sich gefangen zu geben. Sie zielte mit dem Messer auf seine Augen und trat gegen seine Beine. Wie ein getroffener Löwe brüllte er auf und ließ sie los, um der Klinge auszuweichen, die fast seine Haut berührte. Die Diebin wirbelte herum und bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge. Die Menschen waren noch immer von dem Schauspiel am Madamaltor abgelenkt und stolperten gestoßen nur verwirrt zur Seite. Erst als der Ruf »Haltet die Diebin!« über den Basar gellte, griffen einige Mutige nach ihr, doch Djamilla teilte Tritte und Schläge aus, sprang auf eine niedrige Mauer und hieb auf das Hinterteil eines Mherwati, der laut schreiend auskeilte und die Menge zurückweichen ließ. Nur der Bestohlene ließ sich davon nicht beeindrucken. Auch einige Wachen, die durch den Tumult aufmerksam geworden waren, bahnten sich einen Weg durch die gaffende Menge. Djamilla lachte und klemmte sich dann die Bänder des Beutels zwischen die Zähne. Die Vorsprünge einer Steinwand ausnutzend, kletterte sie geschickt wie ein Äffchen auf die Trennmauer zwischen zwei Häusern und sprang von dort zu einem Balkon hinüber. Sie landete zwischen zum Trocknen ausgelegten Kräutern und nieste heftig. Lachend winkte sie einer kreischenden Matrone zu, während sie an einem Holzgerüst, an dem ein schweres Tuch befestigt war, nach oben kletterte und über das Dach lief. Hastig sah sie sich um. Nur mit einem gewagten Sprung hätte sie es schaffen können, auf ein anderes Dach zu gelangen, um in das Labyrinth der Unterstadt einzutauchen. Hinter ihr ging es hinab zu einem ummauerten Innenhof. Wenn man sie dorthin triebe, wäre sie gefangen, selbst wenn sie den Sprung unbeschadet überstand. Einer der Gardisten schob sich gerade auf das flache Dach und rappelte sich auf, ein anderer hastete durch das Innere des Hauses über eine Treppe nach oben. Krachend flog...