Schedl | Die Kunst der Gotik | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Schedl Die Kunst der Gotik

Eine Einführung
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8463-8525-8
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Einführung

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-8463-8525-8
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Über einen Zeitraum von fast 400 Jahren ist die europäische Kunst des Mittelalters durch den Stil der Gotik geprägt.

Von Frankreich und Italien aus verbreiteten sich ab Mitte des 12. Jh. seinerzeit neue bautechnische Lösungen und räumliche und figürliche Gestaltungsweisen über ganz Europa.
Barbara Schedl stellt die Zentren gotischer Kunst vor und erörtert zeitspezifische Sichtweisen.
Anhand ausgewählter Beispiele beschreibt sie die Vielfalt, Bedeutung und Funktion der gotischen Kunst. Ein Glossar erschließt zentrale Begriffe und Quellentexte. Die Katalogtexte zu den Bauobjekten sind durch Grundrisszeichnungen illustriert.

Dieser Band stellt eine profunde Einführung in den internationalen Kunststil der Gotik dar, die Basiswissen anschaulich und strukturiert vermittelt und motivieren will, das ein oder andere Thema eingehender zu studieren.

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Vorwort 7
1 Rahmenbedingungen 9
1.1 Annäherung an den Begriff „Gotik“ 9
1.2 Struktur von Zeit und Ort 11
2 Lebensbedingungen, Vorstellungen und
Konzepte der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen 13
2.1 Mensch, Technik und Umwelt 13
2.2 Geschichte und Politik, Kirche und Kloster 16
2.3 Wissen und Universität 18
2.4 Zusammenfassung: Neue Bild- und Raumformen 19
3 Der Grundstein in Frankreich 23
3.1 Skelettbau und Spiritualität: Saint-Denis und Abt Suger 23
3.2 Die gotische Kathedrale und ihre Strukturelemente: Chartres, Reims, Amiens 28
3.3 Effizienz und Bautechnik 44
3.4 Farbe und Licht – der Kirchenraum 47
3.5 Der Pariser Hof – Sainte-Chapelle und Buchkunst 48
4 Entfaltung – England, Italien und deutsches Sprachgebiet 53
4.1 Rivalität zum Kontinent: Gotik in England 53
4.2 Tradition und Innovation: Gotik in Italien (13. und 1. Hälfte 14. Jh.) 59
4.2.1 Friedrich II. – stupor mundi 60
4.2.2 Die Räume der Zisterzienser und Bettelorden 61
4.2.3 Konkurrenz der Kommunen 66
4.2.4 Das Atelier Pisano 69
4.2.5 Giotto und sein Umfeld – davor und danach 75
4.2.6 Der selbstbewusste Künstler 90
4.3 Rezeption und Synthese – Gotik im deutschen Sprachgebiet
13. und 1. Hälfte 14. Jh.) 92
4.3.1 Klosterkirchen, Bischofsitze, Pfalzkapellen 93
4.3.2 Liturgie und Inszenierung 100
4.3.3 Der Zackenstil 109
5 Neue Zentren, Formen und Funktionen (14. /15. Jh.) – Spätgotik 111
5.1 Der Papst in Frankreich 112
5.2 Ressourcenmanagement nach den Katastrophen 114
5.3 Zentrum „Prag“ 116
5.4 Luxus und Andacht 123
5.4.1 Bibliophile Kostbarkeit – das Stundenbuch 123
5.4.2 Das eigenständige Porträt 124
5.4.3 Retabel und Altar 125
5.4.4 Andachtsbilder – Frömmigkeitsformen 128
5.5 Globalisierung um 1400 131
5.5.1 Burgund und Berry 131
5.5.2 Böhmen 135
5.5.3 England 137
5.5.4 Deutsches Sprachgebiet 137
5.5.5 Oberitalien 138
5.5.6 Schöne Madonnen 139
5.6 Die neue Wirklichkeit – die altniederländische Malerei 139
5.7 Architektur im Wettbewerb 142
5.8 Farbe, Dramatik und Erzählfreude – Bildwerke nördlich der Alpen (2. Hälfte 15. Jh.) 144
5.9 Neue Medien 149
6 Resümee 153
Literaturhinweise 155
Literatur zu Kapitel 1: Rahmenbedingungen 155
Literatur zu Kapitel 2: Lebensbedingungen, Vorstellungen und
Konzepte der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen 156
Literatur zu Kapitel 3: Der Grundstein in Frankreich 157
Literatur zu Kapitel 4: Entfaltung – England, Italien und deutsches Sprachgebiet 157
Literatur zu Kapitel 5: Neue Zentren, Formen und Funktionen (14./15. Jh.) – Spätgotik 158
Abbildungsverzeichnis 161
Glossar 163
Register (Personen, Orte, Werke) 169


2     Lebensbedingungen, Vorstellungen und Konzepte der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen
2.1     Mensch, Technik und Umwelt
Die wesentlichste Veränderung, die sich im Laufe des 12. Jahrhunderts mehr und mehr manifestierte, bestand im wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung der Städte, des Handels und der Geldwirtschaft. Damit begann eine Entwicklung, die anstelle der feudalen, persönlichen Bindung des mittelalterlichen Menschen an seinen Herrn (Grundherr, Adeliger) eine rechtlich legale ermöglichte und zum Erstarken eines selbst- und machtbewussten Stadtbürgertums führte (Vorbild für den modernen Staatsbürger). Der nach sozialen, berufsständischen Kriterien definierte dreigliedrige Aufbau der frühmittelalterlichen Gesellschaft – Klerus, Adel, Bauer – veränderte sich im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts zu einem komplexen Sozialgefüge, zu dem fortan auch Handwerker, Gelehrte und Kaufleute gehörten. Im frühen Mittelalter nahmen die Städte in ihrer rechtlichen und sozialen Bedeutung stark ab. Eine gewisse Ausnahme stellten jedoch die Bischofsstädte, vor allem jene mit antiker Tradition, dar. Damals waren Burgen und Städte befestigte Bereiche und allenfalls Mittelpunkt der Verwaltung. Die Bewohner blieben in ihren rechtlichen und sozialen Systemen (Feudalsystem) voll integriert. Die hoch- und spätmittelalterliche Gesellschaft zeichnete sich hingegen durch ein soziales Beziehungsgeflecht aus, innerhalb dessen verschiedene Kategorien der sozialen Zuordnung, wie Stand, also familiär-soziale Herkunft („Adel“, „Nichtadelige“ oder „Erbbürgertum“), Familie, Dynastie, die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe, zu einem Land oder Territorium sowie Alter und Geschlecht, politische Allianzen und Beziehungen zu weltlichen und geistlichen Eliten eine Rolle spielten. (Abb 1) Das bedeutet aber, dass besonders weltliche und geistliche Lebensformen nur aus moderner wissenschaftlicher Perspektive gegensätzlich zu betrachten sind. Die Bevölkerung Europas stieg – nach vorsichtigen Schätzungen – von ca. 46 Millionen um das Jahr 1050 auf rund 61 Millionen Menschen um das Jahr 1200. Die Zuwachsrate um fast 50 Prozent stand in enger Beziehung zu einer enormen Vergrößerung der damaligen Anbauflächen. An dieser Entwicklung hatten die alten Orden, die „Benediktiner“ und vor allem die „Zisterzienser“, einen großen Anteil. Nicht nur durch Rodung der Wälder, sondern auch durch Entwässerung, Trockenlegung und Deichbau kamen neue Bebauungsflächen hinzu. Der verstärkte Einsatz des Räderpflugs und die Einführung der Dreifelderwirtschaft seit dem Hochmittelalter steigerten die Erträge um ein Vielfaches. Die zunehmende Verbreitung der vertikalen Wassermühlen und die Erfindung der Windmühlen waren entscheidende technische [<<13] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe Neuerungen, welche die Produktivität, aber auch die Arbeitsteilung in den Städten erhöhte. Das hohe technische Niveau (wie das z.B. detaillierte Bauzeichnungen zu erkennen geben) und die zahlreichen technischen Erfindungen im Maschinenbau (Laufrad mit Baukran, Winde, Zange) fanden auch in der Bauorganisation und -konstruktion ihren Niederschlag. Diese agrarischen Umwälzungen und technischen Neuerungen ließen nicht nur die Bevölkerungszahlen in die Höhe schnellen, sondern regten auch Handel und Gewerbe an, denn es galt, die vielen Menschen zu versorgen. Der Warenaustausch erlangte wieder überregionale Bedeutung, und es etablierten sich in dieser Zeit wichtige Handelswege und große Umschlagszentren, wie York, Rom, Venedig, Santiago de Compostela, Mainz, Köln usw. Abb 1   Aspekte mittelalterlicher Gesellschaftshierarchien Bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts erreichte das Ausmaß gerodeter Gebiete einen Höchststand. Weiträumige ehemalige Waldflächen wurden jetzt als Acker- und Grünflächen genutzt, was sich, so wird vermutet, schließlich auch auf die klimatische Situation auswirkte. 1313 bis 1318 führten vor allem starke Niederschläge zu Missernten und verheerenden Hungersnöten. Die Preise landwirtschaftlicher Produkte stiegen abrupt an. Menschen, die im Einzugsgebiet von Rhein, Weser, Elbe und Donau lebten, waren 1342 mit den heftigsten Niederschlägen und den stärksten Überschwemmungen zumindest des zweiten nachchristlichen Jahrtausends konfrontiert. Die Veränderung des Ökosystems durch Erosionsprozesse und die geänderten Wasserbilanzen führten bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts zu einer Stagnation der Bevölkerungszunahme. Die Katastrophen des 14. Jahrhunderts kulminierten 1348 bis 1350 in der großen Pestpandemie, in der ein Drittel der europäischen Bevölkerung starb. Vor allem sozial niedrige Schichten waren aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen in den Städten betroffen. Es war schwer, Arbeitspersonal wie Knechte, Mägde oder Bauarbeiter zu bekommen oder grundsätzlich eine Mannschaft zusammenzustellen, was auch die Löhne in die Höhe trieb. Zwischen 1350 und 1500 blieb die Bevölkerung stabil, wuchs also nicht an, was nicht nur durch weitere Seuchen und Ressourcenknappheit an Rohstoffen, Heizmaterial und Nahrungsmitteln zu erklären ist, sondern auch durch späte Heirat, meist erst nach 25 Jahren, und einer relativ hohen Ehelosigkeit von heiratsfähigen Mädchen (10 bis 15 Prozent der Frauen). Nicht nur die erwähnten technischen Errungenschaften in den Bereichen Landwirtschaft und Handwerk (Mühle, Pflug, Dreifelderwirtschaft) stellten die Menschen in eine neue Umwelt, auch die Erfindung des Hemmungsmechanismus, der die Anfertigung mechanischer Uhren mit präzisem Glockenschlag zu jeder Stunde ermöglichte, stellte die Zeitwahrnehmung der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen auf eine völlig andere Grundlage. Diese neue Art der Zeitmessung ersetzte Sonnen-, Wasser- oder Kerzenuhr und musste lediglich zweimal am Tag nachgestellt werden, um die Genauigkeit sicherzustellen. Der Tag konnte fortan in gleich lange Stunden eingeteilt werden, und im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts wurden öffentliche Uhren an europäischen Kirchtürmen angebracht. Die hier nur kurz skizzierten Entwicklungen beeinflussten die Lebensbedingungen des Großteils der mittelalterlichen Menschen; diese waren geprägt von einer geänderten Ressourcenbasis (Ver- und Entsorgung der lebensnotwendigen Güter), unterschiedlich dicht besiedelten Lebensräumen (Stadt und Land), von neuen sozialen Gruppen (Bürger, Patrizier, Stadtherr), aber auch von anderen religiösen Gemeinschaften (Bettelorden, Ketzer). Dichter gewordene Kommunikationswege infolge der neuen Beweglichkeit der Händler, Pilger und Kreuzfahrer erweiterten den Erfahrungshorizont der Menschen erheblich. Besonders Kaufleute, Händler, Handwerker [<<15] und Künstler knüpften ein weitgespanntes Netz von Beziehungen und förderten den Warenaustausch und den Wissenstransfer, was technische und künstlerische Errungenschaften betraf. 2.2     Geschichte und Politik, Kirche und Kloster
Die Politik zur Zeit der Gotik war im Wesentlichen bestimmt durch drei Machthaber, die ihre Position und Bedeutung immer wieder neu definierten und verhandelten: erstens den König von Frankreich, zweitens den deutschen König, der zugleich auch den Titel des römischen Kaisers beanspruchte, und schließlich den Papst. War die territoriale Macht des französischen Königs im 12. Jahrhundert besonders durch die Konflikte mit den Fürsten und dem normannischen England, zu dem auch weite Gebiete des Festlandes gehörten, eher beschränkt, änderte sich diese Situation im 13. Jahrhundert mit der Rückgewinnung der Westküste und der Normandie sowie der Ausweitung nach Süden bis hin zum Mittelmeer. Frankreich entwickelte sich zu einer zentral gelenkten stabilen Monarchie. Das Heilige Römische Reich erstreckte sich theoretisch von Sizilien über weite Teile Italiens bis an die Nord- und Ostsee. Es war im Westen vom Königreich Frankreich (etwa am Flussverlauf der Maas und der Saône) und im Osten von den Königreichen Polen und Ungarn begrenzt. Der deutsche König bzw. römische Kaiser, gewählt von den Reichsfürsten (später sieben Kurfürsten), hielt dieses in zahlreiche Territorien unterteilte Gebilde zusammen. Die einzelnen Herzöge, Fürsten, Bischöfe, aber auch die italischen Städte (italienische Stadtstaaten) errangen im Laufe der Zeit unterschiedliche, mehr oder minder autonome Machtbefugnisse, was zu zahlreichen Konflikten führte. Der Süden Europas hingegen, insbesondere die Iberische Halbinsel, wurde vom arabischen Einfluss dominiert, der mit dem Fall Granadas erst im 15. Jahrhundert völlig zurückgedrängt werden konnte. Seit der Karolingerzeit existierte in Europa (mit Ausnahme der Iberischen Halbinsel) ein festes kirchenpolitisches hierarchisches System mit dem Papst und seinem Sitz in Rom (von 1309 bis 1376 in Avignon), gefolgt von Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen als Häuptern der kirchlichen Verwaltungsgebiete (Erzdiözesen bzw. deren Suffraganbistümer) sowie deren Unterteilungen, den Pfarreien. Der Pfarrer war für die wichtigsten Bereiche der Seelsorge zuständig, wie Taufe, Beichte, Hochzeit und Begräbnis. Die kirchlichen Hochfeste sollten nur in der eigenen Pfarrkirche besucht werden. Das Leben der Menschen war stark geprägt von kirchlichen Vorgaben, basierend auf der christlichen Lehre, die durch den Klerus vermittelt...


Schedl, Barbara
Dr. Barbara Schedl lehrt am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien.



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