Schäfer | Ich hab` rübergemacht! | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Schäfer Ich hab` rübergemacht!

Alle wollten in den Westen, nur ich nicht!
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95865-678-9
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Alle wollten in den Westen, nur ich nicht!

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-95865-678-9
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ich hab`rübergemacht! - Alle wollten in den Westen, nur ich nicht! Hunderttausende ostdeutsche Landsleute machten in den Jahren nach der Maueröffnung rüber in den Westen. Ich habe auch rübergemacht, aber genau in die andere Richtung. Und dafür hielten mich damals nicht wenige meiner Kumpels aus der westfälischen Heimat für einigermaßen bekloppt! 'Ich hab` rübergemacht!' ist nicht zwingend autobiographisch, sondern eine Satire. Erleben Sie, wie man sich als Wessi fühlte, einen Plattenbau zu beziehen, als Betonkutschenfahrer den 'Aufbau Ost' mit voranzutreiben, beim Einkaufen im Baumarkt schier zu verzweifeln und in weiteren haarsträubenden Situationen die Angleichung von Ost und West Schritt für Schritt mitzuerleben. Die Stationen dieser Ereignisse sind Hannover, Bonn, Berlin, Jena und Dresden und erstrecken sich von 1984 bis 2010.

Fabian Schäfer wurde als Wassermann 1965 in Lippstadt in Westfalen geboren. Nach der Bundeswehrzeit in Bremen und Hannover, einer Buchhändlerlehre in Göttingen und dem Studium von Deutsch und Geschichte in Bonn, wohnte er von 1991 bis 2006 in Jena. Weitere Stationen waren Leipzig und Dresden, wo er heute mit seiner zweiten Frau lebt. Er hat zwei Söhne aus erster Ehe.

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Damals (1984–1993)- Schützenfest
  Es war in den ersten Jahren der Kohl-Ära. Viele von meinen Klassenkameraden wurden wie ich unmittelbar nach dem Abitur einberufen und dadurch von der geliebten Mutterbrust beinahe gewaltsam entwöhnt. Während der Grundausbildung war nicht nur mir mehr als einmal zum Heulen zumute. Aber schließlich wollten wir ja keine Weicheier sein, und so haben wir uns alle mehr oder weniger tapfer über fünfzehn Monate zu richtigen Männern formen lassen. Diese Feststellung beziehe ich weniger auf die militärischen Fähigkeiten, die wir erlernten. Im darauf folgenden Leben in Freiheit haben diese uns wohl nicht allzu sehr geholfen. Kameradschaft und Teamgeist waren vor allem gefragt und wurden auch von den meisten von uns erfolgreich praktiziert. Besonders gefordert wurden diese Eigenschaften bei so wichtigen Events wie Gewaltmärschen oder Stubenreinigen, die unsere Vorgesetzten regelmäßig in väterlicher Fürsorglichkeit für uns auf den Dienstplan setzten, damit wir Grünschnäbel uns nicht langweilten. Entweder erreichten wir alle zusammen die von den militärischen Führungskräften geforderten Ziele, oder wir hatten allesamt die entsprechenden Restriktionen zu ertragen. Diese waren dann doch meist weniger witzig. Keiner verbrachte gerne seine eigentliche Freizeit mit dem zusätzlichen Reinigen von Scheißhäusern. War diese Tätigkeit einfach nur eklig, konnte ein aus erzieherischen Gründen verordneter Wochenenddienst auch an der Heimatfront durchaus fatale Folgen haben. Wenn in dieser Zeit eine feste Freundin allein zuhause auf einen wartete, blieb sie im besten Fall einfach nur unbefriedigt. Wenn sie allerdings charakterlich nicht sonderlich gefestigt war, konnte es auch schon mal vorkommen, dass sie ersatzweise mit irgendeinem anderen Typen dafür sorgte, dass zumindest ihr Hormonhaushalt ausgeglichen blieb. Da ich damals am Wochenende in einer ostwestfälischen Kleinstadt bei meinen Eltern wohnte, und dort so ziemlich jeder jeden kannte, blieben solche Geschichten nicht lange unentdeckt. Meine ehemaligen Schulfreunde wurden auf alle möglichen Bundeswehrstandorte verteilt. Am Wochenende haben wir uns jedoch meistens in unserer Heimatstadt wieder gesehen. Dann konnten wir beweisen, dass wir alle trotz der räumlichen Entfernung so ziemlich die gleichen Verhaltenmuster eingetrichtert bekommen hatten. Meinte eine unserer Freundinnen, sich eine sexuelle Abwechslung gönnen zu müssen, hatte der Typ, der unsere Abwesenheit schamlos ausgenutzt hatte, nicht viel zu lachen. Aufs Maul gab es eigentlich eher selten. Es war stattdessen die Regel, dass der Betreffende sich auf keiner Festivität in unserem Heimatort und dem weiteren Umfeld mehr sehen lassen konnte. Allein unsere massive Anwesenheit und die Androhung von körperlichen Folgen, wenn derjenige sich nicht unverzüglich entfernte, reichten aus, ihm den Spaß an dem weiteren Abend reichlich zu verderben. War er der irrigen Meinung, sich stattdessen auf einer anderen Veranstaltung in der näheren Umgebung vergnügen zu können, hatte er sich auch damit verrechnet. Aufgrund der relativen Übersichtlichkeit unseres Reviers waren wir meist genau informiert, wo und wann Wochenend-Events stattfanden. Also folgten wir demjenigen einfach, wenn er sich verzog, da wir uns selten darum kümmerten, ob wir irgendwo erwünscht, geschweige denn überhaupt eingeladen waren. Spätestens dann zog der Schmarotzer den endgültigen Rückzug weiterem Stress vor. Mit relativer Sicherheit brauchte derjenige aus unserer Mitte, der gehörnt worden war, in der Folgezeit die dumme Visage des Aasgeiers nirgendwo mehr zu ertragen. Während der dienstfreien Zeit lernten wir jungen Kerle eine Reihe weiterer wichtiger Fähigkeiten, die uns auch im Leben nach dem Bund in der Welt der Erwachsenen enorm weiterbrachten. Es gelang mir nach einigen Wochen Übung ohne nennenswerte Probleme das Skatblatt in meiner Hand auch dann noch zu realisieren, wenn ich mehr als einen halben Kasten Bier verkonsumiert hatte. Der Obolus für die zum Kartenspiel obligatorische Flüssignahrung wurde durch den aufgrund unseres begrenzten Wehrsolds recht gemäßigten Spieleinsatz finanziert. Natürlich eskalierten diese die Kameradschaft fördernden Veranstaltungen bisweilen. Wenn es zu exzessivem Bierkonsum kam, was eher selten der Fall war, konnte es schon mal passieren, dass einer der Kameraden plötzlich am Spieltisch in den Schlaf der Gerechten verfiel. Diese Auszeit gönnten wir übrigen dem friedlich Schlummernden selbstredend von Herzen. Nicht selten fühlte sich dann aber ein anderer Kamerad dazu berufen, den Beweis für den durchaus verständlichen Schwächeanfall auf Polaroid zu bannen. Um den Anblick noch ein wenig abzurunden, konnte es auch vorkommen, dass auf dem Foto der Schwanz eines nicht minder alkoholisierten Kameraden zu sehen war. Der entblößte Nachweis draller Männlichkeit wurde dazu fotogen auf dem vorschriftsmäßig geschnittenen Haupthaar des selig Schlafenden postiert. An Phantasie hat es uns offensichtlich nie gemangelt, wobei man freilich über das Niveau solcher Einlagen geteilter Meinung sein kann. Nicht wenige Kameraden übten sich zwangsläufig in der hohen Kunst des Onanierens. Unter diesen Handwerkern gab es wiederum eine besonders schamlose Spezies. Ohne Hemmungen ließen diese Kameraden die übrigen Stubenkollegen an ihren fleischlichen Freuden teilhaben. Sie ließen sich auch nicht durch das dabei entstehende rhythmische Quietschen der metallenen Bettgestelle von ihrer Handarbeit abhalten. Zumindest fand das ganze Procedere normalerweise im Dunkeln nach dem Zapfenstreich statt, sodass uns anderen der Anblick der Sauerei erspart blieb, die ja zwangsläufig am Ende des Vorgangs folgen musste. Ich persönlich zog es vor meine diesbezüglichen Trainingseinheiten möglichst unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen.   Der Standort am Rande einer norddeutschen Großstadt war deswegen für uns von Vorteil, weil wir auch während dieser entbehrungsreichen Zeit nicht unbedingt auf die Freuden der zwischenmenschlichen Beziehungen zum schönen Geschlecht verzichten mussten. Mit der Straßenbahn konnten wir innerhalb kurzer Zeit in das Zentrum gelangen, wo es in den zahlreichen Kneipen und Discos reichlich spaltbares Material gab. Nicht alle meiner Schulfreunde hatten diesbezüglich so viel Glück wie ich. Diejenigen, die in eine Kaserne einberufen wurden, die irgendwo am Arsch der Welt lag, konnten entweder den Kontakt zwischen ihren Fingern und ihrem kleinen Freund intensiv pflegen oder gegen Bares in einem der meist in der Nähe vorhandenen einschlägigen Etablissements Druck ablassen. Die Aufnahme von Beziehungen zur weiblichen Landbevölkerung war für diese bedauernswerten Kameraden meist mangels Masse die goldene Ausnahme. Einmal im Jahr fand im Zentrum der Großstadt ein Schützenfest statt. Dabei handelt es sich noch heute um das größte Fest dieser Art in Deutschland. Ich kannte solche Veranstaltungen bereits aus meiner westfälischen Heimatstadt und den umliegenden Dörfern. Im Grunde wird dabei jedes Jahr ein neuer Depp gesucht, der so blöd ist, für alle anderen das Bier und den Schnaps zu bezahlen. Dazu wird üblicherweise auf dem Dorfplatz ein Holzvogel aufgestellt, auf den die meist schon reichlich angetrunkenen Schützenbrüder mit Luftgewehren ballern, bis das bedauernswerte Federvieh irgendwann vom Sockel fällt. Derjenige, der den letzten Schuss vor dem traurigen Ende des hölzernen Vogels abgegeben hat, ist der neue Schützenkönig. Dadurch wird er für ein Jahr zum Herrscher über eine Horde von übermäßig an Alkoholkonsum interessierten Vereinsmeiern, zumindest sah ich diese Typen so. Es ist Usus, dass die Schützen-Heinis sich zu jeder offiziellen Veranstaltung mit einer besonders schicken Uniform ausstaffieren. Unter einem meist grünen Jackett, an dem bei ganz besonders verdienstvollen Kameraden reihenweise Orden angeheftet sind, wie bei einem russischen Brigadegeneral, tragen die Jungs weiße Hosen und weiße Hemden. Das ist deshalb besonders sinnvoll, weil die nach Tagen des mehr oder weniger unkontrollierten Alkoholkonsums unvermeidlichen Bier- und Schnapsflecken einen optimalen Kontrast zum Weiß der Einheitsbekleidung bilden. Die Grundausbildung bei der Bundeswehr ist in solchen Vereinen ausnahmsweise von Vorteil. Die Kameraden müssen sich nämlich zunächst unter dem Befehl ihrer Vorgesetzten in militärischer Ordnung in einem fröhlichen Zug durch die Gemeinde bewegen, bevor sie irgendwann den Schützenplatz erreichen. Bei diesen zunächst wohl organisierten Veranstaltungen wird nicht nur auf einen Vogel geschossen, sondern auch ordentlich gevögelt. Die dabei anwesende Damenwelt rekrutiert sich nicht selten aus den Exemplaren, die auf Männer in schicken Uniformen stehen. Offensichtlich wirkt diese Bekleidung auf sie nicht selten wie ein Aphrodisiakum. Die paarungswillige Dame himmelt den auserwählten Uniformierten zu fortgeschrittener Stunde mit leicht glasigen Kuhaugen an. Dabei scheint für diese Spezies die körperliche Konstitution des einmal erwählten Partners keine entscheidende Rolle zu spielen. Der Alkoholpegel im Blut des männlichen Balzpartners gibt diesem wiederum die Möglichkeit, mit ausgefeilten rhetorischen Mitteln den Ort der geplanten Kopulation vorzuschlagen. Dafür kommen zum einen die Motorhauben der um den Schützenplatz geparkten Fahrzeuge in Frage. Es bieten sich aber auch die Deichseln der Bierwagen an, die im Hintergrund des regen Geschehens abgestellt sind, und in denen der Nachschub für die durstige Festgemeinde gekühlt wird. Mit der Fortdauer der Veranstaltung gebärdet sich der eine oder andere Balzvogel wie die männlichen Vertreter der vorher zur Ermittlung des neuen Häuptlings abgeschossenen Tiergattung. Nicht selten bekommt man, wenn man sich...



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