Schaefer | Es klickt, ich lebe! | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 120 Seiten

Schaefer Es klickt, ich lebe!

Die Geschichte meiner Herzklappenoperation und das Leben danach
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-347-14188-9
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Geschichte meiner Herzklappenoperation und das Leben danach

E-Book, Deutsch, 120 Seiten

ISBN: 978-3-347-14188-9
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Einfühlsam Christian Schaefer, Medizinjournalist, berichtet in Tagebuchform von den ersten, zunächst verdrängten Symptomen seines Herzfehlers, von der Einpflanzung einer künstlichen Herzklappe und schließlich von der allmählichen Rückkehr in den 'normalen' Alltag. Mit seinem spannend und einfühlsam geschriebenen Erfahrungsbericht will er Betroffenen und ihren Angehörigen helfen, sich in einer medizinischen Welt zurechtzufinden, die vielen Menschen fremd und unheimlich erscheint. Diese Biographie und Ratgeber hilft Patienten, ihre eigene Situation besser zu verarbeiten. (Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35, 28. August 1995)

Christian Schaefer ist Medizinjournalist und Herausgeber verschiedener Patientenratgeber. Vor über 30 Jahren erhielt er auf Grund einer schweren Aortenklappeninsuffizienz eine mechanische Herzklappe. Damit verbunden ist eine lebenslange Gerinnungshemmung.
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Intensivstation

15. September. Beim Aufstehen begann das Herz plötzlich schneller als bisher gefühlt zu schlagen. Ich bekam Angst und bat meine Frau, mich schnellstens zum Arzt zu fahren. Sie meinte, es sei besser, einen Krankenwagen anzufordern, der mich direkt nach Essen bringen könnte, wo meine Unterlagen von der letzten Untersuchung vorlagen. Sie bestellte telefonisch einen Krankenwagen über die Nummer 112, derweil ich mich hastig anzog. Der Krankenwagen ließ sich jedoch Zeit. Die innere Unruhe, Angst und das schnell schlagende Herz trieben mich auf die Straße. Bald darauf kam der Wagen. Der Fahrer und Begleiter erschienen erstaunt, mich angezogen mit einer hellen Cordjeans und einem mit großen Mustern versehenen Pullover auf der Straße vorzufinden. Da das von mir gewünschte Krankenhaus in Essen, also außerhalb unseres Bezirks lag, beschrieb ich ihnen den schnellsten Weg. Dort angekommen war meine Nervosität so stark, dass ich mich schleunigst auf die Toilette begeben musste, ohne jedoch jemandem Bescheid zu sagen. Ich wurde gesucht, gefunden und auf die Intensivstation gebracht.

Da lag ich nun fast ausgezogen und angeschlossen an einem EKG-Gerät. Um mich herum Ärzte und Schwestern. Ich fühlte mich unwohl in meiner Haut. Die Betten links von mir waren ebenfalls belegt. Es war das erste Mal, dass ich mich auf einer Intensivstation befand. Die Anwesenheit des mir bekannten Internisten beruhigte mich ein wenig. Es wird ja nicht so schlimm werden, dachte ich bei mir. Die Ärzte betrachteten den Monitor, der über mir auf einer Ablagefläche stand. Dann wurde mir ein Medikament gespritzt und ich bekam zusätzlich ein Beruhigungsmittel verabreicht.

„Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, wir werden Sie jetzt erst einmal ständig überwachen“, sagte der Chefarzt. Dabei beließ er es zunächst einmal und ich konnte und musste mich mit meiner neuen Situation vertraut machen.

Kurze Zeit später traf meine Frau ein. Zuvor hatte sie die Kinder auf den Schulweg gebracht. Ich bemerkte, dass sie in Sorge war. „Was ist los mit mir?“, fragte ich sie. „Die Ärzte können im Moment noch nichts Eindeutiges sagen“, war ihre Antwort. „Wir müssen abwarten. Ich habe Dir Dein Waschzeug mitgebracht, da Du ja einige Tage zur Kontrolle hierbleiben sollst.“ Wir verabschiedeten uns bald darauf, da der Hund noch ausgeführt und das Mittagessen für die Kinder zubereitet werden musste.

Ich fühlte mich allein. Meine Gedanken fingen an zu kreisen. Eigentlich wollte ich sowieso diese Woche zum „Check-up“ hierher kommen, wie mir ein ansässiger Landarzt am Urlaubsort vor drei Wochen dringend angeraten hatte. Ich hatte ihn auf das ständige Drängen meiner Frau hin aufgesucht, da ich meinen Beschwerden endlich auf den Grund gehen sollte.

Flach zu schlafen, wie es meine Gewohnheit war, konnte ich schon seit längerer Zeit nicht mehr. Jedes Mal kurz vor dem Einschlafen hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Auch war ich während langer Spaziergänge schnell ermüdet und es war mir oft schwindelig. Trotzdem bin ich noch ausgiebig Fahrrad gefahren. Ich hatte den Eindruck, im Trainingsrückstand zu sein und versuchte, diesen durch sportliche Aktivitäten zu beheben. Auch Tennis hatten wir im Urlaub gespielt. Mit 46 Jahren sollte man ja noch fit sein!

Der Landarzt stellte einen unregelmäßigen Herzrhythmus und einen betonten zweiten Herzton sowie ein deutliches Diastolikum mit Maximum über den Erbschen Punkt fest. Auch über der Lunge konnte ein leises Giemen auskultiert werden. Das durchgeführte EKG wies einen AV-Block I Grades auf sowie eine deutliche linksventrikuläre Hypertrophie. Die Lungenfunktionsprüfung bescheinigte eine kombinierte restriktive und obstruktive Ventilationsstörung. Das Lungenvolumen betrug nur 2,8 Liter – so der Befundbericht, der uns Anfang September erreicht hatte.

In den vergangenen vierzehn Tagen hatte ich noch verschiedene Geschäftsreisen mit dem Auto unternommen. Ich erinnerte mich an die Reifenpanne auf der Autobahn, die ich mit Mühen überstanden hatte. Aber auch, dass ich die Abende zu Hause nutzte, regelmäßig eine Runde von knapp fünf Kilometern im nahegelegenen Wald zu wandern. Wenn es dann leicht bergab ging, bin ich sogar gejoggt. Ich kam dann schon sehr schnell außer Atem und das Herz schlug mir bis zum Hals. Selbst das Schwimmen im Freibad ließ mich meinen Herzschlag stärker spüren. Waren wir eingeladen, hatte ich oftmals das Gefühl, nicht mehr in der Runde der Freunde lange stehen zu können. Mir war leicht schwindelig und ich war häufig schweißnass, so dass eine Sitzgelegenheit stets willkommen war.

Zu Hause hatte ich regelmäßig meinen Blutdruck gemessen, wobei mir die große Differenz zwischen dem ersten und zweiten Wert auffiel. Manchmal 180 zu 40 mm/Hg. Vielleicht war es ein sportlich trainiertes Herz, was in mir schlug?

Und nun lag ich hier und es schien mir, als ob die behandelnden Ärzte keinen Ansatzpunkt für eine schnelle Heilung fanden.

Am gleichen Tag wurde eine Röntgenaufnahme gemacht. Es folgte eine Ruhe-Spirometrie, die von einer forcierten Vitalkapazität von nur 2,4 l ausging, und abends wurde noch ein EKG geschrieben.

Am folgenden Morgen bat ich den Stationsarzt, zum Waschen aufstehen zu dürfen. Er ließ mich gewähren. Ich war froh darum, denn ich fühlte mich auf der Intensivstation gefangen und gefesselt. Es wurden jeweils morgens und abends EKG-Streifen aufgezeichnet, mir Medikamente verabreicht, und weiterhin wurde ich ruhiggestellt. Die Ärzte sprachen von einem Herzvitium (Herzfehler).

Ich bekam Besuch von einer Mitarbeiterin unseres Verlages. Sie hatte wichtige Akten in ihrer Tasche mitgebracht. Soweit ich konnte, beantwortete ich alle Fragen und gab noch einige Anweisungen für die nächste Ausgabe unserer Fachzeitung. Meine Frau war morgens und abends bei mir. Zu Hause musste ja auch alles seinen Gang gehen.

Ich hörte viel Radio mittels eines Kopfhörers. Gebannt verfolgte ich die Barschel-Affäre. Sie war eines der wenigen Ereignisse, die ich während meines Aufenthaltes auf der Intensivstation mitbekam. Ich beobachtet die anderen Patienten, die sicherlich viel kränker waren als ich und die Tätigkeiten der Ärzte und Schwestern um mich herum. Ich durfte aufstehen, wenn ich zur Toilette musste. Langsam gewöhnte ich mich an meinen Zustand; jedoch immer in der Hoffnung, bald nach Hause kommen zu dürfen.

19. September. Der Geburtstag meiner Frau. Um 11.00 Uhr wird ein EKG geschrieben. Die ventrikulären Extrasystolen werden eingekreist. Medikamente werden verabreicht. Das Beruhigungsmittel tut seine Wirkung. Ich fühle mich insgesamt schwächer. Nun kann ich nur noch im Rollstuhl zur Toilette gefahren werden.

Als meine Frau kommt, bin ich traurig, denn ich kann ihre keine Blumen, geschweige ein Geschenk überreichen. Zu ihrem Geburtstag und dann auch noch krank. Ich war wütend auf mich, weil ich nicht handeln konnte.

Wieder Visite, wieder Fragen, wieder keine Antworten. Ein Herzfehler, kein Sinusrhythmus. Meine Frau fährt nach Hause und ich höre wieder Radio. Wie sie ihren Geburtstag weiter verlebt, weiß ich nicht mehr. Das Beruhigungsmittel löscht Vieles aus.

Am Abend werden kurz hintereinander zwei EKG-Streifen geschrieben. Bei späterer Begutachtung der Unterlagen stellte ich fest, dass mein Herz sehr langsam geschlagen haben muss.

Die Tage vergehen. Ich registriere das Treiben um mich herum immer weniger.

24. September. Ich werde in einen anderen Raum der Intensivstation verlegt, in dem ich alleine liege. Draußen im Garten blühen Herbstblumen. Meine Frau kommt mich besuchen. Gestützt kann ich zum Fenster gehen und sehe unseren Dackel, der am Gartenzaun angeleint ist. Sie erzählt mir, was sich zu Hause ereignet hat. Unser nicht volljähriger Sohn hat sich meinen Autoschlüssel genommen und hat den Wagen vom Hausparkplatz auf die Straße gefahren. Ein Nachbar soll sich darüber beschwert haben. Ich bemerke wieder meine aufgezwungene Unfähigkeit zu handeln. Das macht mich nervös und nagt im Innern. „Es wird schon alles gut gehen.“ Mit diesen Worten verlässt mich meine Frau.

Es muss gegen 22.00 Uhr gewesen sein, als plötzlich mein Herz zu rasen anfing. Panische Angst ergreift mich. Ich sehe auf den Monitor, der neben mir auf dem Nachttisch steht. Die Zacken reihen sich eng aneinander und zerfließen. Ich drücke den Alarmknopf und dann wird mir schwarz vor Augen. Ich muss wohl das Bewusstsein verloren haben.

Dem Arztbericht entnehme ich Monate später, dass es zum plötzlichen Kammerflimmern mit Erbrechen und Schockzustand gekommen ist, das mit entsprechenden Reanimationsmaßnahmen gut beherrscht werden konnte. In der Nacht wurden noch Röntgenaufnahmen im Bett gemacht sowie diverse EKG-Streifen geschrieben.

Am nächsten Morgen, als ich aufwachte, befand ich mich wieder in dem Raum auf der Intensivstation, in dem ich vorher gelegen hatte. Eine Schwester sitzt an meinem Bett. Sie hat Tränen in den Augen....



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