Erst legte er sich mit den biedersinnigen Freunden des Historismus und der Wiener Ringstraßen-Architektur an, dann mit den Secessionisten, mit denen er gerade noch paktiert hatte: Nike Wagner zitiert in „Geist und Geschlecht“, ihrem Standardwerk zu Karl Kraus und der Wiener Moderne, einen Zeitgenossen von
Adolf Loos (1870–1933)
, der den Architekten, Designer und Publizisten als den „Mann, der Nein sagt“ charakterisierte. Und kaum jemand sagte mit mehr avantgardistischem Furor Nein als Loos:
Nein zum Ornament, zum dekorativen Beiwerk, zu überflüssigen Details, zum fantastischen Wuchern des Irrationalen.
Als
Architekt der Tabula rasa
propagierte Loos eine
Architektur der Einfachheit und Klarheit, in der die Form der Funktion folgt
, aber durchaus luxuriösen Überfluss und das Spiel mit klassizistischen Elementen zulässt. Programmatisch ist sein Vortrag
Ornament und Verbrechen(1913)
, in dem er in nietzscheanischer Erregungs- und Überwältigungsprosa gegen den antiquierten Unverstand seiner Zeitgenossen wettert. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der Freund von Karl Kraus, Peter Altenberg und Oskar Kokoschka die Gelegenheit erhalten, seine Ideen auch baulich Gestalt werden zu lassen. Die
schlicht-funktionalen Innenraumgestaltungen
, die er für das
Café Museum (1899)
, für die
American Bar (1908)
oder das
Modehaus Knize (1913)
entwarf, brüskierten in ihrer fremdartigen modernen Anmutung die Wiener. Auch sein wohl berühmtestes Bauwerk in Wien, das als Looshaus bekannte große Geschäftshaus am Michaelerplatz (1912) gegenüber der Nordfassade der Hofburg, wurde mit seiner nüchternen, aber dennoch exklusiv-eleganten Fassade
als Provokation empfunden
und soll sogar Kaiser Franz Joseph I. derart in Rage versetzt haben, dass er sich fortan weigerte, einen Fuß auf den Michaelerplatz zu setzen. Das Looshaus wie auch einige der zahlreichen Villen, die er baute, etwa die kubistische Villa Müller in Prag, gelten als
Schlüsselwerke der Moderne
.
Diese Einführung macht mit den architektonischen Ideen von Adolf Loos vertraut, erläutert sein Konzept des „Raumplans“, stellt seine wichtigsten Werke vor und beschreibt das Leben eines streitbaren, aber auch abgründigen Intellektuellen am Beginn der Moderne.
Sarnitz / Gössel
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Weitere Infos & Material
Sarnitz, August
August Sarnitz ist Architekt und Professor für Architekturgeschichte und -theorie an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Er ist Autor von Büchern über Architektur des 20. Jahrhunderts und Exilliteratur in den Vereinigten Staaten und Neuseeland, darunter Titel über Rudolf M. Schindler, Lois Welzenbacher, Ernst Lichtblau, Ernst Plischke und Adolf Loos.
Gössel, Peter
Peter Gössel betreibt eine Agentur für Museums- und Ausstellungsdesign. Für TASCHEN hat er Monografien über Julius Shulman, R. M. Schindler, John Lautner und Richard Neutra sowie mehrere Architekturtitel der Kleinen Reihe herausgegeben.