Rüttenauer | Der Blaustrumpf am Hofe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 177 Seiten

Rüttenauer Der Blaustrumpf am Hofe


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8496-4485-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 177 Seiten

ISBN: 978-3-8496-4485-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
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Ein Frauenspiegel aus dem Rokoko. Diese Ich-Erzählung aus dem 18. Jahrhundert ist eine Emanzipationsgeschichte, die unter anderem in Paris und der Normandie angesiedelt ist.

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Die Hoffnungen der Herzogin auf spanischen Beistand, so phantastisch sie sich ausnahmen, gewannen bald eine feste Handhabe. Mehrere Personen des höchsten Adels von Frankreich waren dahin übereingekommen, daß die Angelegenheit der legitimierten Fürsten und insbesondere die des Herzogs von Maine nicht ohne die Mitwirkung ihrer Körperschaft erledigt werden dürfe. Ein Protestschreiben gegen den genannten Parlamentsbeschluß wurde aufgesetzt und von vielen angesehenen Personen der hohen Aristokratie unterzeichnet. Dies veranlaßte die Herzogin von Maine, sich mit einigen dieser hohen Herren in Verbindung zu setzen. Sie wußte die Mehrzahl unter ihnen unzufrieden mit der Regierung des Regenten und vom besten Willen beseelt, eine Verschwörung gegen ihn ins Werk zu setzen. Denn darum handelte es sich letzten Grundes. Der lustige Regent, wie man den Orléans schon damals nannte – er hat nachher die Welt noch lange auf seine Art belustigt –, sollte, und auch noch mit Hilfe einer auswärtigen Macht, beseitigt und der gute Herzog von Maine an seine Stelle gebracht werden.

Zwei von den Verschwörern, die eine führende Rolle übernommen hatten, der Graf von Laval und der Marquis von Pompadour, wurden ihr zugeführt. Diese standen in Beziehung zu dem Fürsten von Cellamare, dem spanischen Botschafter, und glaubten durch dessen Vermittlung etwas ihrem Zweck Dienliches erreichen zu können. Sie überredeten die Herzogin von Maine, diesen Botschafter in einem kleinen Nebenhause des Arsenals zu empfangen, wohin sie sich denn, nur von wenigen Personen begleitet, eines Abends verfügte. Der Graf von Laval aber brachte selbst, als Kutscher verkleidet, den spanischen Botschafter bei finsterer Nacht in jenes Haus. Dies wiederholte sich ein zweites Mal und wurde vom Regenten in Erfahrung gebracht, der von dieser Zeit an die heimlichen Wege der Herzogin streng beobachten ließ, ohne daß sie etwas dergleichen ahnte.

Man muß mir die Darlegung der politischen Absichten meiner Herrin erlassen, ich habe nie etwas davon verstanden. Das einzige, was ich daraus entnehmen konnte, war dies, daß man den König von Spanien davon abbringen wollte, der sogenannten Quadrupel-Allianz beizutreten, was dem Herzog von Orleans sehr zum Nachteil gedeihen mußte, dem an dieser Allianz alles lag.

Dies sah nun bedenklich nach Hochverrat aus und noch manches Bedenkliche mochte geschehen sein, was mir verborgen geblieben ist. Außerdem verlangte der spanische Botschafter, daß man ihm Modelle vorlege für die Briefe, die der König von Spanien über den besprochenen Gegenstand an die Regentschaft sowie an das Parlament schreiben sollte. Mit der Abfassung dieser Modelle betraute die Herzogin von Maine ihren Leibdichter und Liebling, den Herrn von Malesieu. Ich habe diesen geschniegelten Herrn, der gern den eleganten Marquis vorstellte, bereits wiederholt genannt und ihn als das Orakel von Sceaux bezeichnet. Er gab sich als Mathematiker und Maître de plaisir, als Gelehrter und Dichter, als Philosoph und Theaterregisseur, kurz als alles, was man haben wollte. In Wahrheit aber war der Mann mit der lächerlich langen Perücke und den überhohen Stöckelschuhen von weißem Brokat nur eines, nämlich der geriebenste Höfling, d. h. einer, wie ihn die Fürsten sich wünschen. Kraft dieser Eigenschaft war ihm bis jetzt alles gelungen, aber diesmal sollte er sich gründlich die Finger verbrennen.

Außer ihm wurde noch der Kardinal von Polignac dazu bestimmt, an diesen verfänglichen Briefkonzepten zu arbeiten. Das Original des Manuskripts, von beider Hand abwechselnd geschrieben, sollte ins Feuer geworfen werden.

Und also arbeiteten am nächsten Morgen Herr von Polignac – er war damals der begünstigte Geliebte der Herzogin – und Herr von Malesieu zusammen im Schlafzimmer meiner fürstlichen Herrin an diesen Briefentwürfen.

Der Kardinal aber hatte große Eile, noch rechtzeitig zur Messe des Königs zu kommen. Indem er daher schleunigst wegging, empfahl er der Herzogin von Maine noch einmal dringend an, die Urschrift nach Vollendung der Kopie sofort zu verbrennen, und Herr von Malesieu nahm das Konzept in dieser Absicht an sich. Aber sei es, daß ihm der Gedanke kam, es aufzubewahren oder daß er es vergaß, kurz, er konnte es plötzlich nicht mehr finden, ein Beweis, wie sehr der gewandte Hofmann schon jetzt gänzlich den Kopf verloren hatte. Es war eben auch das erstemal, daß es um eine für ihn ernste Sache ging. Denn Philosophie und Mathematik und Poesie hatte er wohl immer nur als Allotria betrieben. Er geriet natürlich sehr in Unruhe über diesen Verlust, von dem er zuerst niemandem etwas mitteilte. Und so glaubte man, daß diese Papiere nicht mehr vorhanden seien. Sie wurden später zum furchtbarsten Indizium gegen die Verschwörer.

Mir hatte die Herzogin von Maine davon nichts gesagt. Sie vertraute mir vieles an, anderes verschwieg sie. Ich selber tat nichts, um sie zu vertraulichen Mitteilungen zu veranlassen; denn ich sah die Folgen so sehr voraus, daß ich öfter versuchte, sie der Herzogin vor Augen zu stellen. Als ich ihr aber eines Tages sagte, sie sei auf dem besten Wege, eingekerkert zu werden, lachte sie mich aus und hatte nur die eine Furcht, der Herzog von Maine könne ihren Plänen Widerstand entgegensetzen.

Die Gunst, in der ich bei ihr stand, schützte mich indessen nicht vor einer Krisis, die mich beinahe für immer von ihr getrennt hätte.

Eines Abends fühlte ich mich unwohl und legte mich auf mein Bett, um da die Stunde meiner Nachtwache abzuwarten. Man rief mich. Ich fragte, ob man mich in meinem besonderen Amt gebrauche, etwa einen Brief zu schreiben, ein Buch zu holen oder was sonst meine Obliegenheiten sein mochten. Man erklärte mir, es sei nur zum Ankleiden der Herzogin.

Da ich dabei für gewöhnlich fast nichts zu tun hatte, glaubte ich meine Ruhe noch etwas länger ausdehnen zu können, aber Ihre Königliche Hoheit schickte nochmals nach mir.

Als ich bei ihr eintrat, ließ sie sich eben, von drei oder vier Frauen umgeben, die Schminke auflegen.

Ohne mich eines Blickes zu würdigen, erteilte sie mir einen sehr trockenen Verweis über den Dispens, den ich mir erlaubt hatte. Sie brauche, fügte sie hinzu, ihre Frauen zur Bedienung und nicht zur Errichtung einer Akademie.

Dieser spitzige Ton, den ich noch nie von ihr gehört hatte, ärgerte mich und ich antwortete, sie müsse doch wissen, daß ich zum gewöhnlichen Dienst so wenig Talent hätte und daß sie in dieser Hinsicht mit niemandem schlechter fahren könne als mit mir.

Meine Antwort machte sie noch gereizter, und was sie mir sagte, ich erinnere mich nicht mehr genau der Worte, veranlaßte mich dazu, mich zu entfernen.

Sie schickte diese Nacht nicht nach mir, und ich benützte diese Zeit, meine Vorbereitung zur Abreise zu treffen; denn ich war fest entschlossen, meinen Dienst aufzugeben.

Uebermüdet und von den ewigen Quälereien angeekelt, wurde ich nur durch die Achtung der Herzogin für mich in meiner Stelle zurückgehalten; sobald ich diese Achtung entbehren mußte, war mir das übrige unerträglich.

Seit kurzem hatte ich mir ein eigenes Mädchen zur Bedienung auf meine Kosten genommen, da die gemeinschaftliche Magd, die für alle vier Kammerfrauen gehalten wurde, eine Veranlassung beständiger Uneinigkeit bildete. Rondel hieß das Kind und war ein blondes kleines Ding von großer Unschuld und Naivität, das ich bald sehr lieb gewann. Nachdem ich ihr erzählt hatte, was vorgefallen, gab ich den Auftrag, meine Sachen einzupacken. Doch wollte ich diesen Schritt nicht ohne die Zustimmung meiner Freunde tun und begab mich deshalb mit Tagesanbruch zu Herrn von Valincour, der mit seinem ehemaligen Zögling, dem Grafen von Toulouse, ebenfalls mit in die Tuilerien übergesiedelt war, und dessen Klugheit und gute Dienste schon in so mancher Angelegenheit sich als eine notwendige Stütze für mich erwiesen hatten. Auch er meinte, daß ich mich nicht schlecht behandeln lassen dürfe und stimmte meinem Plan bei, mich fürs erste in ein Kloster zu begeben. Ach, daß mir doch damals diese Absicht gelungen wäre!

Um meinem Abschied eine angemessene Form zu geben, verfügte ich mich noch am selben Vormittag zur Frau von Chambonnas, der Ehrendame der Herzogin von Maine. Zu ihr sagte ich, in dem mühevollen Leben, zu dem man mich zwang, habe mich nur die Güte Ihrer Königlichen Hoheit aufrechterhalten, und da ich mich nun dieser Güte beraubt sähe, wäre mir das Leben unerträglich, weshalb ich entschlossen sei, mich in ein Kloster zurückzuziehen.

Und ich bat Frau von Chambonnas, der Herzogin von Maine mein Gesuch um meine Entlassung zu unterbreiten und sie um ihre Zustimmung zu bitten, mich zurückziehen zu dürfen.

Meine Absicht war, mich bei der Herzogin nicht mehr zu zeigen. Aber die Ehrendame antwortete mir,...



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