Rückert-John | Natürlich Essen | Buch | 978-3-593-38484-9 | sack.de

Buch, Deutsch, 300 Seiten, Format (B × H): 139 mm x 215 mm, Gewicht: 375 g

Rückert-John

Natürlich Essen

Kantinen und Restaurants auf dem Weg zu nachhaltiger Ernährung

Buch, Deutsch, 300 Seiten, Format (B × H): 139 mm x 215 mm, Gewicht: 375 g

ISBN: 978-3-593-38484-9
Verlag: Campus Verlag GmbH


Die moderne Ernährung ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr in die Kritik geraten, vor allem durch Lebensmittelskandale wie BSE, Acrylamid oder Gammelfleisch. Während viele Menschen auf Kantinenund Restaurantessen angewiesen sind, ist die gesunde, nachhaltige Ernährung dort jedoch immer noch die Ausnahme. Jana Rückert-John stellt vier Fälle vor – ein Restaurant, eine Kindergartenküche sowie eine Krankenhaus- und eine Betriebskantine –, in denen die Umstellung geglückt ist. Sie zeigt, wie der Prozess in Gang gesetzt wurde, wer etwa bei der Produktauswahl entscheidet und wie das Ganze finanziert wird. Eine solche Umstellung erfordert langfristige Lernprozesse und grundlegende Veränderungen in Organisation und Struktur – die Studie belegt jedoch eindrucksvoll, welchen Gewinn alle Beteiligten daraus ziehen.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung
Nachhaltige Entwicklung
Historische Verortung
Kontroversen der Nachhaltigkeitsdebatte
Nachhaltigkeitsverständnis
Nachhaltige Ernährung mit Blick auf Konsumprozesse
Entwicklung der Debatte um nachhaltige Ernährung
Einrichtungen der Außer-Haus-Verpflegung als Großverbraucher
Inhaltliche Bestimmung eines nachhaltigen Ernährungskonsums
Teilaspekte eines nachhaltigen Ernährungskonsums
Organisation und organisationaler Wandel - Theoretische Vorüberlegungen
Organisation als soziales System
Besonderheiten des sozialen Systems Organisation
Struktureller Wandel von Organisationen als Evolution
Empirische Beobachtung organisationaler Strukturen und ihres Wandels
Methoden
Der Ansatz der Einzelfallstudie
Die Populationsauswahl
Datenerhebung
Auswertungsmethode und -technik
Fallanalysen
Städtisches Kindertagesstättenkonzept einer gesunden Ernährung
und die Umsetzung in einer ausgewählten Kindereinrichtung
Klinik mit anthroposophischer Philosophie
Betriebsrestaurant
Restaurant
Vergleichende Analyse der Fälle
Ziele und Motive alternativer Ernährung
Produktauswahl und Finanzierung
Umsetzung der Ernährungsprogramme durch Fachpersonal
System-Umwelt-Beziehungen: Lieferanten, Direktvermarkter und
Adressaten der Ernährungsprogramme
Wie ist nachhaltige Ernährung in der
Außer-Haus-Verpflegung möglich?
Ausblick
Literatur


Ernährung hat grundlegende Bedeutung für die Gesellschaft. Diese Aussage ruft heute trotz ihrer Banalität Erstauen hervor, denn Hunger und Durst gehören in der Wohlstandsgesellschaft längst nicht mehr zu den alltäglichen Erfahrungen wie noch vor 50 Jahren. Ernährung erscheint in westeuropäischen Industrieländern als Selbstverständlichkeit. Ihre existenzielle Bedeutung ist nahezu vergessen und somit auch, dass Ernährung Voraussetzung für Gesellschaft ist. Diese Art der Selbstverständlichkeit von Ernährung trifft jedoch nicht für alle Menschen zu. In weiten Teilen der Welt ist Hunger und Unterernährung infolge von Nahrungs- und Wassermangel aktuell. So waren im Jahre 2004 cirka 850 Millionen Menschen davon betroffen. Die Verteilung von Nahrung ist bis in die Gegenwart ein Kennzeichnen der Disparität innerhalb und zwischen Weltregionen (Prahl/Setzwein 1999). Hungersnöte, Wasserknappheit und Missernten waren in der Geschichte häufig mit Krisensituationen wie Kriegen und ökologischen Katastrophen verbunden. Heute finden sich dafür vor allem in Afrika Beispiele.
Wurde Ernährung bis in die 1960er Jahre in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern noch vorrangig unter dem Fokus von Nahrungssicherung diskutiert, so hat die Thematisierung von Ernährung in den letzten Dekaden eine deutliche Veränderung erfahren (Hirschfelder 2001). Im westlichen Kontext geht es heute weniger um die Grundsicherung der Ernährung der Bevölkerung. Vielmehr werden die Folgen der industrialisierten Erzeugung von Nahrungsmitteln und der zunehmend europäisch ausgerichteten Agrarpolitik mit Primat auf Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Agrarmarkt diskutiert, die anstelle des Mangels ein Überangebot von Nahrung schaffen. Hiermit sind Fragen des Umgangs mit Nahrungswohlstand und mit Fehlernährung durch Überernährung berührt (Eberle u.a. 2004). Dieser Fokuswechsel könnte leicht als weltvergessene Wohlstandsdebatte missverstanden werden, wenn nicht klar wäre, dass der Hunger der Welt, die Industrialisierung der Nahrungsmittelerzeugung, die Globalisierung des Lebensmittelmarktes und Anzeichen von Fehlernährung in der westlichen Welt aufeinander verweisen (Oltersdorf/Weingärtner 1996; Tappeser u.a. 1999b).
Die aktuelle Debatte um Ernährung in den westlichen Industrieländern ist in diese Kontexte einzubetten, um deren Bedeutung verstehen zu können, wenn die in der Nachkriegszeit gewonnene Selbstverständlichkeit der Versorgung durch die Frage der Sicherheit wieder problematisch wird. Diese Feststellung lässt sich in verschiedene Perspektiven entfalten. Die Ernährung in Deutschland und anderen westlichen Industrieländern ist gesundheitlich problematisch, wenn hiermit die Zunahme verschiedener Wohlstandskrankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Fettleibigkeit, infolge von Fehlernährung verbunden ist. Hinzu kommen Nahrungsmittelskandale, die unter den Stichworten BSE, Acrylamid und Gammelfleisch drohende Ernährungs- und Gesundheitsrisiken anzeigen. Eine ungesunde Ernährung überlastet nachweislich die sozialstaatlichen Sicherungssysteme und verschärft die Probleme ihrer Finanzierbarkeit (Kohlmeier u.a. 1993). Vor allem ist aber die heutige Ernährung in Deutschland und anderen westlichen Ländern ökologisch problematisch, da sie direkt und indirekt ein Fünftel des gesamten Materialumsatzes und Primärenergieverbrauchs umfasst (BUND/Misereor 1997: 108). Infolge der Massenproduktion und Industrialisierung wird zudem der Verlust kultureller Vielfalt in der Ernährung beklagt. Ernährung kann aus sozialwissenschaftlicher Sicht schlichtweg nicht als natürliche Zufuhr von Substanzen verstanden werden, die der menschliche Körper zur Entwicklung und Erhaltung seiner Funktion benötigt. Die vielfältigen Facetten von Ernährung machen deutlich, dass Ernährung weit über körperliche Bedürfnisse hinausgeht und daneben psychische, soziale, wirtschaftliche und politische Dimensionen umfasst (Setzwein 1997; Prahl/Setzwein 1999; Barlösius 1999). Diese gilt es bei der Thematisierung von Ernährung und hiermit verbundener Probleme umfassend zu begreifen.
Die Problemperzeption der Ernährung und das Nachdenken über Alternativen bezeichnet jedoch kein solitäres Phänomen. Diese Entwicklungen wurden angestoßen und begleitet von grundsätzlichen Debatten um die ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen von Gesellschaft. Bei der Suche nach Kriterien, Leitlinien und Umsetzungsstrategien für eine langfristige und global zukunftsfähige Entwicklung der Menschheit ist in den letzten Jahren das Leitbild nachhaltiger Entwicklung zu einem beherrschenden Thema in den Wissenschaften, den nationalen und internationalen umwelt- und entwicklungspolitischen Diskussionen sowie der Öffentlichkeit geworden. Im Konzept der Nachhaltigkeit, das die Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales miteinander verzahnt, finden die verschiedenen Debatten zur ökologischen Selbstbedrohung der Gesellschaft zusammen. In der politischen Diskussion um Nachhaltigkeit und der sozialwissenschaftlichen Reflexion kommt hierbei neben der Fragestellung des "Was", also des Gegenstandsbereichs von Nachhaltigkeit, vor allem die Frage auf, "wie" eine derartige Entwicklung möglich ist, das heißt, wie eine Umstellung normativer Orientierungen der Nachhaltigkeit auf das alltägliche Verhalten bewirkt werden kann. Hierbei stehen sich zwei Argumentationsansätze gegenüber: Der demokratiepolitische Ansatz zielt auf den Einsatz von mehr Partizipation als funktionale und normative Voraussetzung tiefergreifender Wandlungsprozesse im Bereich von Interessenlagen und Handlungsroutinen. Der systemtheoretische Ansatz betont, dass sich Gesellschaft als komplexes und dynamisches System in ihrer Totalität nicht steuern lässt. Veränderungsprozesse können nur partiell durch die Politik angeregt werden (Voß/Bauknecht 2004).


Jana Rückert-John, Dr. rer. soc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet 'Land- und Agrarsoziologie mit Genderforschung' der Universität Hohenheim (Stuttgart).


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