Ross | Mein Freund, der Husky | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Ross Mein Freund, der Husky


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7641-9121-4
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-7641-9121-4
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Alaska, 1924: Jennifer arbeitet als Krankenschwester im abgelegenen Ort Nome. Sie verliebt sich in den Fallensteller Hendrik und ist von seinen Huskys begeistert - besonders der schwarze Balto hat es ihr angetan. Mitten im arktischen Winter sucht eine Diphtherie-Epidemie den Ort heim. Doch das lebensrettende Serum fehlt und kann nur mit einer Hundeschlitten-Stafette durch die Wildnis gebracht werden. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, bei dem Husky Balto seine Stärke beweisen muss. Ein Abenteuer voller Spannung und Poesie im Norden Alaskas.

Christopher Ross schreibt romantische Abenteuer mit Spannung und Gefühl. Durch Bestseller wie 'Das Geheimnis der Wölfe' und 'Mein Freund, der Husky' wurde er einem großen Publikum bekannt.
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1


Schon auf dem Bahnsteig in Snohomish fiel Jennifer Weston der junge Mann im abgetragenen Mantel auf. Er wirkte nervös, beinahe verängstigt und zog seinen zerdrückten Hut tief in die Stirn, als er ihren neugierigen Blick bemerkte.

Jennifer stieg in den Zug der Great Northern nach Seattle, wuchtete ihren Koffer ins Gepäcknetz und setzte sich auf eine freie Bank. Einer der vielen Arbeitslosen, die auf der Straße leben, dachte sie. Erst vor ein paar Tagen war ein Mann auf der Farm ihres Vaters gewesen und hatte sich ein Abendessen erbettelt. »Wenn die in Washington nicht bald was unternehmen, geht es uns bald allen so!«, hatte ihr Vater geschimpft, nachdem der Mann gegangen war.

Sie lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. Scheinbar endlose Maisfelder und vereinzelte Farmhäuser und Scheunen flogen vorbei. Durch den Nieselregen und die dunklen Rußwolken von der Lokomotive waren sie nur schemenhaft zu erkennen. An einem der zahlreichen Bahnübergänge glaubte sie ihren Vater zu sehen, einen stämmigen Mann mit verwittertem Gesicht, aber als sie mit der Handfläche über das feuchte Fenster wischte, um ihn genauer erkennen zu können, war er verschwunden.

»Geh nur«, war seine Reaktion gewesen, als sie ihm eröffnet hatte, dass sie nach Alaska gehen würde. »Seit du in diesem verdammten Krankenhaus arbeitest, warst du sowieso kaum zu Hause! Geh nach Alaska zu den Bären und Antilopen!«

»Elchen«, hatte sie ihn verbessert. Er hatte gern und viel geflucht, aber das hatte sie schon lange nicht mehr gestört. Einige ihrer Patienten waren auch nicht besser gewesen. Zwei Jahre hatte sie als Krankenschwester im Providence Hospital in Everett gearbeitet, ein Vergehen in den Augen ihrer Eltern. Sie hatten kein Verständnis dafür gehabt, dass die Tochter eines Farmers in der Stadt arbeitete.

Jennifer wandte sich vom Fenster ab und begegnete dem Blick des geheimnisvollen Mannes. Er saß zwei Bänke weiter neben einer Frau, die sich in seiner Gegenwart sichtlich unwohl fühlte und angestrengt in einem Roman las. Als Jennifer dem Blick des Mannes begegnete, drehte er rasch den Kopf weg, als hätte er sie die ganze Zeit angestarrt. Aber warum?

Sie war nicht so hübsch, dass sich die Männer ständig nach ihr umdrehten. An diesem Morgen schon gar nicht. Ihr dunkelbraunes Haar hatte sie zu einem braven Knoten hochgebunden und unter einem breitkrempigen Hut versteckt, und ihr langer Regenmantel ließ wenig von ihrer schlanken Figur erahnen. Er verdeckte das dunkelgrüne Wollkostüm, dass sie sich von ihrem Ersparten für die Reise gekauft hatte. Sie trug feste Schuhe und dicke Strümpfe, um besser gegen die Kälte im hohen Norden gewappnet zu sein.

Doch ihre dunklen Augen hatte schon Pete Dougherty immer bewundert. Der Sohn des Eisenwarenhändlers hatte monatelang um sie geworben und ihr sogar einen Heiratsantrag gemacht, aber der Gedanke, ihren Beruf aufzugeben und ihr Leben hinter einem Ladentisch zu verbringen, war ihr nie gekommen. »Jede Frau braucht einen Mann«, hatte ihr Vater gesagt, und sie hatte geantwortet: »Aber es muss der richtige sein.«

Sie musterte den Fremden verstohlen, überlegte angestrengt, ob sie ihn von irgendwoher kannte. Gehörte er zu den Landarbeitern, mit denen sie auf dem Fest am 4. Juli getanzt hatte? War er einer ihrer Patienten? Sie versuchte, ihn sich ohne den ungepflegten Bart vorzustellen, aber auch das brachte sie nicht weiter. Nein, sie kannte den Mann nicht. Sie hatte ein gutes Gedächtnis für die Menschen, die sie im Providence versorgt hatte, und er gehörte nicht dazu. Wenn sie ihm jemals begegnet war, dann irgendwo auf der Straße.

Als sie sicher sein konnte, dass er sie nicht mehr beachtete, entspannte sie sich. Sie lehnte ihren Kopf gegen das Fenster und schloss die Augen. Während der vergangenen Nächte hatte sie kaum geschlafen. Sie war nervös und angespannt, und es belastete sie, einer ungewissen Zukunft in einem fremden Land entgegenzufahren.

Sie machte sich nichts vor. Ihre Unterschrift, die sie für mindestens drei Jahre an ein winziges Krankenhaus am Polarkreis band, hatte sie nur unter den Vertrag gesetzt, um vor ihren Problemen weglaufen zu können. Vor den uneinsichtigen Eltern, die sie an den heimischen Herd zu binden versuchten. Vor dem jungen Pete Dougherty, der ihr schon lange auf die Nerven gegangen war. Vor dem eintönigen Dienst im Providence Hospital, der lediglich Routinearbeiten von ihr verlangte und die Sorge um die kranken Menschen von deren Bezahlung abhängig machte.

Der Zug wurde langsamer und fuhr über mehrere Weichen, bevor er mit quietschenden Bremsen in einem nördlichen Vorort von Seattle hielt. Durch die Wagen ging ein heftiger Ruck. Einige der stehenden Passagiere wurden nach vorn geschleudert und zischender Qualm stieg an den Fenstern empor. Er vermischte sich mit dem Nieselregen und dem Nebel, der während der letzten paar Meilen zugenommen hatte und in dichten Schwaden über dem trostlosen Stationsgebäude hing. Ein Wetter, das Jennifer nur allzu vertraut war, gehörten Regen und Nebel an der amerikanischen Nordwestküste doch zu den ständigen Begleitern. Den letzten heißen Tag hatte sie vor sieben Wochen am 4. Juli erlebt, dem amerikanischen Nationalfeiertag.

Nur wenige Tage später war der lange erwartete Brief gekommen. Sie hatte ihn mehrmals gelesen und kannte ihn auswendig: »Sehr geehrte Miss Weston, wir freuen uns, Sie als neue Mitarbeiterin des Maynard Columbus Hospitals in Nome begrüßen zu dürfen, und übersenden Ihnen beiliegend Ihr Ticket für die Schiffsreise nach Alaska. Wir haben eine Kabine auf der Victoria für Sie gebucht und bitten Sie, sich am 25. August 1924 um spätestens 9 Uhr im Hafen von Seattle einzufinden. Die Victoria sticht um 10.30 Uhr in See und wird voraussichtlich zwei Wochen später in Nome eintreffen. Eine Angestellte unseres Krankenhauses wird sie am Anlegesteg begrüßen und Sie zu Ihrer Dienstwohnung führen. Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und freuen uns auf Ihre Ankunft in Nome. Hochachtungsvoll, Dr. Curtis Welch.«

Der Bahnsteig war schwarz von Menschen, und die laute Stimme des Schaffners forderte die Passagiere auf, jeden freien Platz in den Wagen zu nutzen und sich an den Haltegriffen festzuhalten, falls sie keinen Sitzplatz mehr fanden. Während des Berufsverkehrs waren alle Züge überfüllt. Unter den zusteigenden Passagieren war auch ein Polizist, ein untersetzter Mann in einer schlecht sitzenden Uniform, der umständlich seinen Gürtel mit Pistole, Schlagstock und Taschenlampe zurechtrückte, bevor er sich an einer Haltestange festhielt. Er blickte gelangweilt in den Regen hinaus.

Jennifer schenkte ihm kaum Beachtung. Seltsam kam ihr nur das Verhalten des Mannes im abgetragenen Mantel vor, der sich verstohlen von seinem Platz erhob, sehr zur Freude seiner Nachbarin, und hastig das Abteil verließ. Floh er vor dem Polizisten? Hatte er etwas ausgefressen? Benahm er sich deshalb so komisch?

Aus den Lautsprechern drang ein ungeduldiges »All aboard!«, und der Zug setzte sich in Bewegung. Am spärlich bebauten Ufer des Lake Washington entlang wand er sich der Stadt entgegen. Die ersten Fabriken und Lagerhallen tauchten auf, ragten dunkel und unheilvoll aus dem nebligen Dunst. Am Rande einer Straßenkreuzung leuchtete das Schild eines Restaurants. Die Scheinwerfer einiger Automobile bewegten sich langsam durch den Regen.

Dann rückten die Häuser dichter zusammen, die Lichter kamen näher, und der Zug fuhr parallel zu einer breiten Straße, deren frischer Asphalt wie flüssiges Pech glitzerte. Die Lokomotive schnaubte, als hätte sie Mühe, die letzten Meilen bis zur Stadt zu schaffen, und die Wagen ratterten und schlingerten über die schlecht verlegten Schienen. Einige Schulkinder, die am Straßenrand auf den Bus warteten, winkten den Passagieren zu. Der Lokführer erwiderte ihren Gruß mit einem lang gezogenen Pfeifen, das in dem schlechten Wetter irgendwie wehmütig und verloren klang. Dann tauchte der Zug in den neuen Tunnel, der erst vor wenigen Jahren gebaut worden war, wurde langsamer und quälte sich schnaufend zur King Street Station empor.

Mit allen anderen Passagieren drängte Jennifer auf die Straße hinaus. Vor dem Aussteigen hatte sie den breiten Hut mit einer Nadel festgesteckt, aber der kühle Wind, der vom Puget Sound heraufkam, war böig und riss ihn ihr von den Haaren.

Der Polizist fing ihn auf und reichte ihn ihr. »Teuflisches Wetter heute, nicht wahr?«, sagte er. Er schien freundlicher zu sein, als sie gedacht hatte.

»Man gewöhnt sich dran, Officer.«

Er beobachtete grinsend, wie sie den Hut erneut feststeckte. »Na, ich weiß nicht«, erwiderte er. »Ich komme aus San Diego, da hat es fast nie geregnet.«

Sie hätte ihn gern gefragt, warum er nach Seattle gezogen war, aber der Polizist tippte bereits an seine Mütze und ging weiter. Sie nahm ihren Koffer auf und lief die King Street hinunter. Bis zum Hafen waren es nur drei Blocks, und es war viel zu teuer, eines der schwarzen Taxis heranzuwinken, die vor dem Bahnhof standen....



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