Ross | Das Riff der Delfine | E-Book | www2.sack.de
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E-Book, Deutsch, 284 Seiten

Ross Das Riff der Delfine


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7641-9122-1
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 284 Seiten

ISBN: 978-3-7641-9122-1
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Delfine in höchster Not! Für Sheyna gibt es nichts Schöneres, als vor der Küste von Florida zu schnorcheln und den spielenden Delfinen zuzusehen. Als sie von einer explodierten Ölplattform im Golf von Mexiko hört, glaubt sie nicht, dass der Ölteppich den Tieren gefährlich werden könnte. Bis einige tote Delfine am Strand angespült werden und das Öl die Fischgründe vor der Küste bedroht. Sie gerät in die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fischern, Medien und Ölmanagern und muss um ihr Leben fürchten. Ihr einziger Halt in dieser ausweglosen Situation ist Andy, der freundliche junge Mann aus dem nahen Dolphin Center... Gefährliche Spannung vom Meister des romantischen Abenteuerromans!

Christopher Ross schreibt romantische Abenteuer mit Spannung und Gefühl. Durch Bestseller wie 'Das Geheimnis der Wölfe' und 'Mein Freund, der Husky' wurde er einem großen Publikum bekannt.
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1


Mit Tränen in den Augen fuhr Sheyna auf die Brücke. Das vertraute Geräusch, als die Räder ihres alten Chevys über den Gitterrost zwischen dem Asphalt rollten, erlöste sie von ihren trüben Gedanken und ließ sie nach Südwesten blicken. Obwohl sie in Marathon aufgewachsen und viele Male über den Overseas Highway gefahren war, spürte sie noch immer dieses aufgeregte Kribbeln, wenn sie das Festland verließ und zu beiden Seiten der Straße das Meer auftauchte. Links der Atlantik, rechts der Golf von Mexiko und vor ihr eine Kette von winzigen Inseln, die sich wie an einer Perlenschnur aufgereiht bis ins hundert Meilen entfernte Key West zogen. Über mehr als vierzig Brücken führte der »Highway that Goes to Sea« in die »amerikanische Karibik«, wie die Leute vom Fremdenverkehrsamt die Florida Keys auch nannten.

Schon von der ersten Brücke hatte Sheyna eine spektakuläre Aussicht auf das Meer, das in der tief stehenden Sonne wie flüssiges Silber glänzte und eine unglaubliche Ruhe ausstrahlte. Ein Gefühl, das sie die leicht verkrampften Hände um das Lenkrad lockern und ihren Herzschlag langsamer werden ließ. Zumindest für ein paar Augenblicke gelang es ihr, die quälenden Gedanken zu vertreiben und sich am Anblick der Keys zu erfreuen. Dem scheinbar endlosen Highway, der sich von einer winzigen Insel zur anderen wand und sich am fernen Horizont in den Hitzeschleiern zu verlieren schien. Den Palmen, die sich im schwachen Wind kaum bewegten, den Luxushotels mit ihren Privatstränden, den Restaurants und »Tropical Bars«, der heiteren Ausgelassenheit, die selbst zu Beginn der Hurrikansaison über den kleinen Inseln lag.

Sheyna klappte die Sonnenblende herunter und versuchte sich zu entspannen. Doch ihre Gedanken kehrten auch in der karibisch-heiteren Atmosphäre zu ihren Eltern zurück, die sie vor ein paar Tagen in ihrem Apartment in Hialeah angerufen hatten, ausgerechnet in dem Augenblick, als sie zum Training aufbrechen wollte. Seitdem sie in Miami wohnte, hatten ihre Eltern noch nie an einem Dienstag angerufen. Sheyna meldete sich sonntagmorgens und ihre Eltern mittwochabends, wenn sie sicher zu Hause war, so hatten sie es ausgemacht. Ein außerplanmäßiger Anruf bedeutete, dass es Probleme gab.

»Hey, Dad! Heute ist Dienstag! Hattest du Sehnsucht nach mir?«

»Sheyna«, antwortete er, und sie hörte schon am Klang seiner Stimme, dass ihn etwas bedrückte. »Was macht das College? Lernst du auch was?«

»Jeden Tag etwas Neues. Wenn ich gewusst hätte, was für ein weites Feld die Meeresbiologie ist, hätte ich es mir vielleicht noch mal überlegt. Weißt du, wie viele Fischarten es in den sieben Weltmeeren gibt? Zehn Millionen!«

»Und die musst du alle auswendig kennen?«

»Dann bräuchte ich wohl noch ein paar Jahre länger für mein Studium.« Sie trat ans Fenster und lachte verhalten. »Aber du rufst mich doch nicht an, um mit mir über Fische zu plaudern, oder? Ist alles in Ordnung bei euch?«

»Nun ja«, sagte er nach einigem Zögern, »deine Mom und ich würden gern etwas mit dir besprechen. Hier in Marathon. Es haben sich da einige Dinge ergeben …« Er dachte wohl darüber nach, ob er noch mehr sagen sollte, entschied sich aber dagegen. »Wann kommst du denn wieder nach Hause?«

»Am Donnerstag, das weißt du doch. Ich schreibe ein Referat über die Wasserbeschaffenheit vor den Keys und laufe wahrscheinlich das ganze Wochenende mit einem Messgerät am Strand herum.« Sie blickte auf den Interstate Highway, der einige Blocks von ihrem Apartment entfernt die Vorstädte von Miami zerteilte, und blinzelte in die untergehende Sonne. »Was denn für Dinge, Dad? Ist irgendwas mit dir und Mom? Mom geht es doch gut, oder?«

Sie hörte, wie er tief durchatmete. »Wir haben finanzielle Probleme, Sheyna. Die Besucherzahlen auf den Keys sind zurückgegangen, und die Touristen, die kommen, geben weniger Geld aus. Wir hätten einen Burger King oder einen Dairy Queen aufmachen sollen, dann ginge es uns wesentlich besser.«

»Ist es so schlimm?«

»Leider, Sheyna. Lass uns am Donnerstag darüber reden.«

»Muss … muss ich das College aufgeben, Dad?«

»Nein, wo denkst du hin? Aber … wir finden eine Lösung, Sheyna.«

Die Nachricht war keine wirkliche Überraschung für sie. Obwohl der Präsident in jeder zweiten Rede davon sprach, dass sich die Wirtschaft im Aufschwung befinde und Amerika keine Angst vor der Zukunft zu haben brauche, waren die Leute vorsichtig geworden und gaben lange nicht mehr so viel Geld aus wie früher. Viele aßen lieber Fast Food, als in ein Restaurant wie den »Happy Pelican« zu gehen, da konnten ihre Eltern noch so sehr darauf verweisen, dass sie nur frischen Fisch und frische Schalentiere verarbeiteten.

Es war nicht schwer zu erraten, worüber ihre Eltern mit ihr sprechen wollten. Selbst wenn sie das College weiter bezahlten, würden sie eine stärkere Beteiligung von ihr erwarten. Kein Mietzuschuss mehr, kein monatlicher Scheck, kein Extraschein für das Benzin, wenn sie nach Hause kam. Statt an zwei oder drei Abenden würde sie jeden Abend im Starbucks an der Ecke arbeiten müssen, vielleicht müsste sie sogar noch einen zusätzlichen Job annehmen.

Was soll’s, versuchte sie sich zu beruhigen, es gab viele junge Frauen, die auf diese Weise ihr Studium finanzierten. Kein Grund, gleich Trübsal zu blasen. Wenn der Vermieter ihr erlaubte, eine weitere Studentin in ihrem Apartment wohnen zu lassen, könnten sie sich die Miete teilen und auch beim Essen sparen. Für zwei Personen kochte es sich leichter als für eine und preiswerter war es auch. Es gab immer Mädchen, die ein günstiges Zimmer suchten.

Sie könnte es sich auch einfach machen, zu Timmy zurückkehren und bei ihm einziehen. Er würde sie mit Kusshand aufnehmen. Seine Eltern besaßen mehrere Münzwäschereien, ein wesentlich einträglicheres Geschäft als ein Restaurant, und er hatte genug Geld. Sie würde nicht mal fürs Essen bezahlen müssen. Aber das kam natürlich nicht infrage. Sie war nicht der Typ, der sich aus finanziellen Gründen an einen Mann hängte, selbst wenn er der Quarterback des College-Footballteams war. Der ErsatzQuarterback, wenn man es genau nahm, die letzten vier Spiele hatte der Neue aus Fort Lauderdale auf seiner Position gespielt. Zugegeben, er sah gut aus, besonders mit freiem Oberkörper, und anfangs war sie auf seine fröhliche Unbekümmertheit hereingefallen. Sie hatte sich in sein Cabrio gesetzt und ihre dunkelblonden Haare wehen lassen, war mit ihm zum Schnorcheln rausgefahren und hatte sich von ihm in diesen schicken Klub in South Beach einladen lassen.

Ein »Augenblick der Schwäche«, wie sie diese Zeit inzwischen nannte. Denn was sie für gute Laune und fröhliche Unbekümmertheit gehalten hatte, war nichts weiter als das kindliche Gemüt eines dummen Jungen, der nur wegen seiner sportlichen Leistungen ans College gekommen war und sich weder für Meeresbiologie noch für irgendetwas anderes interessierte. Vier Wochen hatte es gedauert, bis sie ihn durchschaut und sich von ihm getrennt hatte, wenige Stunden vor ihrem entscheidenden Spiel gegen ein College aus Jacksonville. Sie spielte Fußball, auf der Sechserposition, wie sie gerne betonte, obwohl das keiner außer ihrem Trainer und ihren Mitspielerinnen verstand. Mit anderen Worten, sie war die Abräumerin vor der Verteidigung und inszenierte das Spiel nach vorn. »So was wie Quarterback?«, hatte Timmy gelästert. »Seit wann ist das was für Mädchen? Warum bist du keine Cheerleaderin?«

Und natürlich hatte er sich auch geweigert, sie zu dem Spiel zu begleiten. »So ’n Weiberkram mach ich nicht mit«, hatte er abfällig gesagt. Die üblichen Machoallüren, die sich einige Mädchen im Team von ihren Freunden anhören mussten. Sie war allein zum Spiel gefahren und so wütend aufgelaufen, dass sie sich schon nach drei Minuten eine Gelbe Karte eingefangen hatte. Dann hatte sie mitgeholfen, die Mädels aus Jacksonville mit 4:1 vom Platz zu fegen und in die Endrunde der Meisterschaft einzuziehen. Man hatte sie sogar zum »Player of the Game« gewählt, eine Auszeichnung, auf die sie mächtig stolz war. Zur Profispielerin würde es bei ihr zwar niemals reichen, dazu war ihr die Meeresbiologie auch viel zu wichtig, aber als Amateurin konnte sie sich sehen lassen.

Sie war froh und regelrecht erleichtert, mit Timmy Schluss gemacht zu haben, obwohl er sie noch wochenlang genervt hatte und es offensichtlich nicht ertragen konnte, von einem Mädchen den Laufpass zu kriegen. »Du wirst noch auf Knien angekrochen kommen«, war seine harmloseste Bemerkung, an die sie sich erinnerte. »Aber nur in deinen Träumen!«, flüsterte sie entschlossen. Sie hatte...



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