E-Book, Deutsch, 188 Seiten, Format (B × H): 200 mm x 240 mm
Rohwedder Outdoor Leadership
3. völlig überarbeitete Auflage 2022
ISBN: 978-3-96557-104-4
Verlag: ZIEL
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Führungsfähigkeiten, Risiko-, Notfall- und Krisenmanagement für die Arbeit mit Gruppen
E-Book, Deutsch, 188 Seiten, Format (B × H): 200 mm x 240 mm
Reihe: Gelbe Reihe: Praktische Erlebnispädagogik
ISBN: 978-3-96557-104-4
Verlag: ZIEL
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Outdoorprogramme erfreuen sich nach wie vor zunehmender Beliebtheit. Durch die Vielseitigkeit ihrer Inhalte beleben sie sowohl die Erlebnis- also auch die Bildungslandschaft bei uns. Das Buch möchte dazu einladen, differenzierte Führungsfähigkeiten zu entwickeln und konzentriert sich dabei hauptsächlich auf die weichen Faktoren (soft skills) für den Umgang mit Menschen in diesen Programmen. Hilfreiche Modelle aus der Persönlichkeits- und Sozialpsychologie liefern dabei ein praxisnahes Wissen, die als Steuerungsinstrumente in der Arbeit mit Gruppen Outdoor eingesetzt werden können.
Die vorgestellten Risikomanagementstrategien bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Unfallvermeidung und berücksichtigen dabei neueste Erkenntnisse aus der Human Factor Forschung. Da sich auch bei größter Vorsicht Unfälle nicht völlig verhindern lassen, werden bewährte Ablaufstrukturen für Notfall- und Krisenmanagementkonzepte vorgestellt.
Abschließend wendet sich das Buch der Erstellung von Sicherheitskonzepten zu.
Autoren/Hrsg.
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1.5Auftrags- und Rollenklärung
Nur wenn die Erwartungen klar sind, können auch die Aufgaben und die Rollen klar sein. Insofern braucht jeder Guide eine gute Auftragsklärung um Widersprüche, Missverständnisse, Enttäuschungen oder auch Unfälle verhindert werden können. Folgende Fragen sind für eine erste Klärung hilfreich: •Wie lautet der Auftrag genau? •Welche Erwartungen sind damit verbunden? •Von welchen Personen kommen diese Erwartungen? •Welchen Aufgaben muss ich dabei erfüllen? •Welche Rolle/n habe ich letztlich? •Wie stimmig ist der Auftrag letztlich für mich? Bei den Aufgaben gibt es oft „offizielle“ Aufgaben, die aus dem Auftrag heraus definiert sind, oft aber auch inoffizielle Aufgaben. Die Inoffiziellen entstehen durch Lücken und Freiräume des Auftrages und werden subjektiv hineininterpretiert. Beispiel: Als Beispiel kann hier eine Kanutour genannt werden. Die Aufgaben werden hinsichtlich der Örtlichkeit, der Länge der Tour, der Materialbeschaffung, der Sicherheitseinweisung, der Führung auf dem Gewässer und für eventuell notwendige Rettungsmaßnahmen beschrieben. Auch die Gruppengröße ist hier festgehalten und die Einhaltung verschiedener Sicherheitsstandards, die der Veranstalter vorgibt. Im Auftrag steht nicht beschrieben, ob ein Feuer machen auf einer Sandbank zur Pause vorgesehen ist, ob Seitenarme erkundet werden können, ob interaktive Spielformen bei der Kanutour genutzt werden usw. Inoffizielle Aufgaben können für ein Programm sehr bereichernd, aber auch hemmend oder sogar widersprüchlich und riskant sein. Beeinflusst werden diese Aufgaben noch vom eigenen Rollenverständnis des Guides. Der Rollenbegriff definiert sich über die Art und Weise, wie die Aufgaben durchgeführt oder „ausgefüllt“ werden. Rollen offenbaren also ein Verhaltensrepertoire, das aus der seelischen Prägung des Rollenträgers heraus erklärt werden kann und verkörpern damit gewisse Verhaltenswahrscheinlichkeiten. Wenn der Guide einen sehr herzlichen Charakter hat, wird er in seiner Arbeit fürsorglich mit den Teilnehmern umgehen. Er nimmt also die Rolle des „Kümmeres“ an. Wenn der Guide eine fürsorgliche Frau ist, wird sie eher die Rolle der „Mütterlichen“ annehmen. Im Gegensatz dazu wäre der „Forderer“ jemand, der seine Rolle als jemand versteht, Teilnehmer und Gruppen immer an ihre Performance zu erinnern oder an ihre Leistungsgrenze bringen will. Der „Softie“ wäre jemand, der Konfrontationen mit Teilnehmern eher aus dem Weg geht usw. 1. Offizieller Aufgabenbereich Erwartungen an den Guide Kommunikation mit dem Guide 2. Inoffizielle Aufgaben Gestaltungs- und Interpretationsspielraum des Guides Rollenverständnis des Guides Die Art und Weise, wie wir unsere Rolle ausfüllen, wird beeinflusst von verschiedenen Rollenvorbildern, denen wir begegnet sind oder mit denen wir in unserer Ausbildung zum Guide zu tun hatten. Letztlich ist aber für das eigene Rollenverständnis die eigene Authentizität wichtig. Eine Führungskraft wird dann als authentisch erlebt, wenn sie in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen handelt und sich und anderen nichts vormacht. 1.5.1Erwartungskonflikte Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, kann durch die Erwartungen der Auftraggeber, der Veranstalter, der Teilnehmenden und letztlich auch der Guides vor allem durch mangelnde Kommunikation ein Pool von Unklarheiten, unterschiedlichen Erwartungen oder auch Befürchtungen entstehen, die in der Summe ein Konfliktpotenzial darstellen. •Sie können den Veranstalter betreffen, der den Auftrag vom Auftraggeber (Firmen, Schulen, Vereine etc.) nicht eindeutig klärt. •Sie können vom Veranstalter nicht deutlich genug an den Guide kommuniziert werden. •Sie können die inoffiziellen Aufgaben betreffen, die der Guide übernimmt. •Das können Erwartungen der Teilnehmenden sein, die andere Vorstellungen haben. •Das können aber auch Rollenkonflikte des Guides sein, wie etwa bei innerer Zerrissenheit oder weil Zweifel über die Erfüllung der Aufgaben bestehen. Beispiel: Ein Bergführer auf einer Expedition ist nicht nur Bergführer, sondern zugleich auch Reiseleiter. Die Bergführer Funktion ist unstrittig gekennzeichnet durch seine Ausbildung, seine Fachkompetenz und seine alpine Erfahrung. Inwieweit es seine Aufgabe ist, die Gruppe am Seil auf den Berg zu führen, oder als Berater und Begleiter zu fungieren, hängt von der Art der Expedition ab und muss vorab mit dem Veranstalter geklärt werden. An den Expeditionsleiter werden aber auch Erwartungen hinsichtlich Logistik, Reisablauf und zu Kenntnissen über Land und Leute gestellt. Hier muss er also eine Reiseleiter Funktion annehmen. Er ist aber nicht auch noch gleichzeitig Koch für die Gruppe. Ebenso muss er nicht permanent im Lager aufräumen oder putzen. Erwartungen werden in der Regel zum (Gruppen-) Thema, wenn sie nicht erfüllt oder befriedigt werden. Dann muss in einem Gespräch für eine Klärung gesorgt werden. In manchen Outdoor Situationen können sich allerdings die Rahmenbedingungen so verändern, dass sie Unklarheiten provozieren und einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit haben. Das folgende Beispiel legt Zeugnis davon ab, wie es unter Umständen zu einer Katastrophe hätte kommen können. Fallbeispiel: Ein junger Bergführeraspirant erhält von einer Bergschule den Auftrag eine Wochenendfortbildung zum Thema Wasserfalleisklettern mit 5 Personen durchzuführen. Das gebuchte Wochenende naht, doch das Wetter verschlechtert sich durch heftige Neuschneefälle. Die Lawinenwarnzentrale gibt zum Wochenende die höchste Lawinenwarnstufe (Stufe 5) aus. Der junge Aspirant erkennt wohl die Gefahr. Aber er traut sich nicht, die Aufgaben zu variieren und als Alternative mehr Theorie zu unterrichten, was aus Sicht des Kunden eine unpopuläre Entscheidung darstellen könnte. In seinem Rollenverständnis fehlt also die Abgeklärtheit des „Durchsetzers“, der eine mögliche Unzufriedenheit in der Gruppe aushalten kann. Da der Leiter der Bergschule nicht erreichbar ist, geht er mit der Gruppe ein nicht mehr wirklich zu kalkulierendes Risiko ein. Dieser Fall ist auch aus der Perspektive des Risikomanagements und der Organisationsverantwortung interessant. Die Wetterverschlechterung war vorhersehbar, so dass ein anderer Austragungsort frühzeitig hätte umgebucht werden können. Der Bergschulleiter hätte die Entscheidungsproblematik vorhersehen und dem jungen unerfahrenen Aspiranten beistehen müssen. 1.5.2Auftrags- und Rollenklärung aus Sicht des Guides Für eine Auftrags- und Rollenklärung möchte ich folgende Anregungen geben, die sich bewährt haben: •Wie definiert mein Auftraggeber meine Aufgabe? (Führer, Leiter, Eventmanager, zugleich Materialwart, Unterhalter im Abendprogramm usw.) •Wie verstehe ich meine Aufgabe? (offiziell und inoffiziell) •Habe ich als freiberuflicher Guide einen Vertrag, in dem meine Aufgaben, die Versicherungsfragen und mein Honorar klar geregelt sind? •Welche Vorstellungen oder Erwartungen haben die Teilnehmenden? •Wie verstehen diese meine Aufgaben? •Welche Rolle muss ich in dem Programm einnehmen? •Wie kommuniziere ich meine Aufgabe und meine Rolle an alle Beteiligten? •Wo lasse ich mich manchmal von Teilnehmenden „über den Tisch“ ziehen? •Was mache ich auf keinen Fall? Das Erkennen des eigenen Rollenverhaltens ist nicht ganz einfach und setzt einerseits die Bereitschaft voraus, sich mit sich selber auseinanderzusetzen und sein Verhalten und seine Wirkung auf andere zu reflektieren. Auf der anderen Seite sind es aber gerade die Rückmeldungen von Kollegen oder auch Teilnehmern, die dieses Erkennen erst möglich machen. Tipps im Umgang mit konstruktiven Rückmeldungen und Feedback beschreibe ich im...