E-Book, Deutsch, Band 2, 160 Seiten
Rogerson Die Geheimnisse von Thorn Manor
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-641-30770-7
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine »Der dunkelste aller Zauber«-Novelle
E-Book, Deutsch, Band 2, 160 Seiten
Reihe: Der-dunkelste-aller-Zauber-Reihe
ISBN: 978-3-641-30770-7
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Elisabeth Scrivener gewöhnt sich gerade an ihr neues Leben mit dem Magier Nathaniel Thorn. Ihr Dämonenbegleiter Silas ist zurückgekehrt, aber mit ihm auch die neugierigen Reporter. Und die wollen nichts lieber wissen als den neusten Klatsch über den mächtigsten Zauberer der Stadt und die Bibliothekarin, die sein Herz gewonnen hat. Doch Elisabeth hat ganz andere Sorgen: Denn in Thorn Manor gehen seltsame Dinge vor sich. Die Schutzzauber, die die Bewohner des Hauses vor Unheil bewahren sollen, schließen diese plötzlich ein. Und es ist sicherlich nur ein Zufall, dass das gerade dann passiert, als sich Elisabeth und Nathaniel näherkommen …
Die romantische Fortsetzung von »Der dunkelste aller Zauber« – für alle Fans, die nicht genug von Elisabeth, Nathaniel und Silas bekommen können.
Alle Bände der »Der dunkelste aller Zauber«-Reihe:
Der dunkelste aller Zauber (Band 1)
Die Geheimnisse von Thorn Manor (Band 1.5)
Wenn Margaret Rogerson nicht gerade schreibt, trifft man sie beim Malen, Lesen, Gaming, Puddingkochen oder auf der Suche nach Kröten und Pilzen im Wald an. Zu ihren Hobbys zählen außerdem das Sammeln seltsamer Schals und der Konsum von mehr Dokumentarfilmen als sozial akzeptabel wäre (das behaupten zumindest einige). Derzeit lebt sie im Norden von Cincinnati, Ohio.
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1
ICH HAB NICHTS DAMIT zu tun!«, beharrte Nathaniel. Aus der Haustür des Herrenhauses gelehnt, beobachtete er hilflos, wie Ranken an der Dornenhecke emporschossen. Die zum Leben erwachten Formschnitte streiften durch den Garten. Ein bedrohlicher magischer Sturm wirbelte als heulender Zyklon aus Blättern und Zweigen und herausgerissenen Pflastersteinen um Thorn Manor. »Ich schwöre bei Baltasars unheiligem Grab, dass ich nichts damit zu tun habe.«
Elisabeth musterte ihn skeptisch. »Wenn du das sagst, stellt sich meistens heraus …«
»Ja, ja, ich weiß.«
»Wie damals, als es auf der Laurel Avenue plötzlich Teetassen regnete …«
»Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, nicht mehr darüber zu reden.«
»Und das andere Mal, als ein Blitz in einen der Magisteriumstürme einschlug …«
»Ich weiß, was du meinst. Aber ich hatte letzte Nacht keinen Albtraum, oder? Das hättest du garantiert mitbekommen.«
Sie merkte, dass sie rot wurde. »Nein. Hattest du nicht.«
Er grinste sie an. Mit den dunklen Haaren, die der Wind hin und her peitschte, und so bloß im Nachthemd, dessen Ärmel sich aufblähten, sah er umwerfend aus. »Es muss irgendetwas mit den Schutzzaubern des Hauses zu tun haben. Schau dir die Straße hinter dem Tor an, die sieht völlig normal aus.«
Elisabeth blinzelte durch die herumwirbelnden Pflanzenteile und Trümmer: Er hatte recht. Alle anderen in Hemlock Park schienen einen sonnigen, friedlichen Februarmorgen zu genießen. Doch das änderte nichts an ihrem unguten Gefühl. Vor allem, weil sich hinter dem Zyklon eine Menschenmenge versammelt hatte und ganz vorne standen …
»Reporter«, brummte Nathaniel düster.
»Elisabeth Scrivener!«, riefen sie aufgeregt, als sie mitbekamen, dass die Haustür offen stand. »Magister Thorn! Möchtet Ihr Euch zur Lage äußern? Habt Ihr die Kontrolle über Eure Zauberkraft verloren? Stimmt es, dass Euer Dämon zurückgekehrt ist?«
Nathaniel runzelte bloß die Stirn. Doch dann rief ein anderer Reporter: »Wird der Sturm Eure Vorbereitungen für den Ball zur Wintersonnenwende nächste W…«
Den Rest hörte Elisabeth nicht, weil Nathaniel sie schnell ins Haus zog und die Tür hinter ihnen zuschlug.
»Weißt du, eigentlich stört es mich überhaupt nicht«, sagte er später am Tag zu ihr und sah fröhlich einem Busch zu, der am Fenster der Eingangshalle vorbeisegelte. »Genaugenommen finde ich sogar allmählich Gefallen an dem Anblick.«
»So kann es aber nicht bleiben«, bemerkte Elisabeth. »Der Sturm schließt uns im Haus ein. Wir werden verhungern. Abgesehen davon, der Busch gerade eben sah aus, als wäre er vom Dach gekommen.«
Nathaniel schob den Vorhang mit seinem Gehstock ein wenig weiter auf und beobachtete interessiert, wie ein gewaltiger Brocken Mauerwerk vorbeisauste. Die Zuschauermenge kreischte auf und duckte sich. Nathaniel sah nur noch erfreuter aus.
»Ach, ich denke, wir haben ausreichend Vorräte, um ein paar Wochen durchzuhalten. Und falls das Dach undicht wird, kann ich einfach Zauberkraft einsetzen, um … Scrivener?«, fragte er erschrocken. »Wo willst du hin?«
Elisabeth gab keine Antwort, sondern stürmte, Dämonenschlächter in der Hand, aus der Tür.
Als sie einen Augenblick später wieder ins Haus stürzte, wurde sie von einer Armee von Ranken gejagt, die sich um ihre Fesseln wanden, ihre dolchlangen Dornen klackerten zornig über die Fliesen der Eingangshalle. Elisabeth sah verstört aus, ihre Haare waren zerzaust und voller Blätter.
»Ihre Köpfe wachsen nach!«, rief sie und schlug auf die Ranken ein.
»Natürlich!«, brüllte Nathaniel. »Schließlich sind es magische Formschnitte! Wärst du nicht im Nachthemd rausgestürmt, hätte ich dir das sagen können!« Er rief Smaragdfeuer herbei, das mehrere Ranken zu Asche verbrannte und den Raum mit dem durchdringenden Gestank ätherischer Entzündung erfüllte. Doch auch das half nicht; sobald die Asche zu Boden rieselte, drängte die nächste Welle herein und füllte die Lücke.
Unendlich viele Ranken spannten sich von der Hecke bis ins Haus hinein. Je mehr Elisabeth auf sie einhackte und je mehr Nathaniel sie mit Feuerbällen versengte, desto schneller vermehrten sie sich – sie ähnelten den Köpfen einer Hydra. Erst als Mercy, einen durchdringenden Schlachtruf ausstoßend, den Flur herunterkam und mit einem Besen auf die Ranken eindrosch, nahm der Kampf eine Wende. Einen Überraschungsmoment lang schien es zu funktionieren: Sie wichen erschrocken zurück. Bevor die Hecke wieder zu Kräften kommen konnte, kämpfte Elisabeth sich zur Tür vor, presste sie mit aller Kraft zu und klemmte dabei einen Dornenzweig ein, der sich tolldreist hineingeschlängelt hatte. Als er sich nicht zurückzog, hackte sie die Spitze kurzerhand mit dem Schwert ab.
Mit stummem Schrecken beobachteten sie, wie die Ranke nach wie vor lebendig auf dem Teppich herumflatterte, bis Mercy sie geistesgegenwärtig unter einem umgestürzten Mülleimer einfing.
»Sieht aus, als würden wir hier im Haus festsitzen«, bemerkte sie, während der Eimer wütend klirrend über den Teppich sprang.
»Scheint mir auch so«, antwortete Nathaniel fröhlich. »Wie schrecklich ungelegen! Ich werde Wochen brauchen, um das wieder in Ordnung zu bringen.«
Elisabeth fiel ein, was der Reporter zuvor gesagt hatte. »Was hat es mit dem Ball zur Wintersonnenwende auf sich?«, stellte sie Nathaniel zur Rede.
Er war gerade damit beschäftigt, die Asche der verbrannten Ranken von seinen Ärmeln abzuklopfen. »Vertrau mir, Scrivener, es ist wirklich besser, du weißt es nicht. Stell es dir einfach so vor: Du bist in den muffigen alten Ballsaal eines Zauberers eingesperrt, dessen verzauberte Kronleuchter Wachs auf jeden tropfen lassen, der etwas an den Horsd’œuvres auszusetzen hat, und dazu wirst du stundenlang mit oberflächlichem Geschwätz zu Tode gefoltert.«
»Es ist ein gesellschaftlicher Anlass, Mistress«, fügte eine Flüsterstimme vom Flur hinzu.
»Genau«, bestätigte Nathaniel.
In manchen Momenten überlief Elisabeth noch immer ein Schauer, wenn Silas auftauchte. Wie er so in der Dunkelheit des Korridors stand, ähnelte er einem Geist, und es war leicht, ihn sich als solchen vorzustellen – bleich und unwirklich schien seine schmale Gestalt jeden Moment in der Wandtäfelung verschwinden zu können. Sie konnte sich nur schwer von der Vorstellung lösen, dass er das Produkt ihrer Einbildung war, oder bloß ein Trugbild, das Nathaniel in einem seiner Albträume herbeigezaubert hatte. Denn er war unbestreitbar real. Sie hatte ihn berührt. Früh am Morgen hatte er ihr Frühstück gebracht.
Sein Gesicht war nicht zu erkennen, aber sie hatte den Eindruck, dass er sich alle Mühe gab, die Ascheschicht auf den Fliesen der Eingangshalle zu übersehen – ebenso wie den Mülleimer, der entschlossen Richtung Salon schepperte. »Es ist eine jährliche Tradition der Zauberer, um die Beziehungen zwischen den Häusern zu pflegen. Jeden Winter wird ein anderer Magister als Gastgeber gewählt.«
Elisabeth beäugte Nathaniel misstrauisch. Während der letzten Wochen hatte sie ihn beim Verbrennen von Briefen ertappt, die offiziell aussahen. »DU solltest der diesjährige Gastgeber sein, oder?«
»Ich wüsste nicht warum.« Er klopfte weiter seine Ärmel ab. »Bis vor knapp zwei Monaten war ich nicht einmal mehr ein Zauberer.«
Ihre Augen wurden schmal. »Sind die Schutzzauber ein Trick, um dich zu drücken?«
»Nein, aber schade, dass mir das nicht eingefallen ist. Eigentlich genial, oder?« Draußen schrie jemand.
»Reporter«, erklärte Mercy, die durch die Vorhänge spähte. »Sie leben noch.«
»Leider«, erwiderte Nathaniel.
Silas war ins Licht getreten, ohne dass Elisabeth es bemerkt hatte. Die Umrisse der vorbeizischenden Pflanzen warfen im durch die Bleiglasscheiben hereinfallenden Spätnachmittagslicht Schatten auf das Schachbrettmuster der Fliesen, aber es machte seine marmorweißen Züge nicht weniger unheimlich. »Vielleicht sollten wir uns ins Speisezimmer zurückziehen. Euer Abendessen steht bereit, es wird kalt.«
Obwohl seine leise Stimme ohne jeden bedrohlichen Unterton war, sputeten sich alle, seiner Aufforderung nachzukommen.
Das Speisezimmer sah selbst für Silas’ Maßstäbe ungewöhnlich aus. Die Kerzen waren angezündet und spiegelten sich in der polierten Walnusstischplatte der langen Tafel und einer Vielzahl von Silberutensilien und Terrinen wider. Jeder Platz war formvollendet mit feinem Porzellan und Platztellern aus Jade eingedeckt – und zwar nicht nur ihre drei Plätze, sondern alle achtzehn am Tisch. Mercy zögerte an der Türschwelle, bevor sie ungeschickt und mit grimmiger Miene Platz nahm, als bereite sie sich auf einen Kampf vor.
Elisabeth runzelte besorgt die Stirn, doch als Silas mit einer Servierplatte zurückkehrte, sorgte der Essensduft dafür, dass alle ihre Gedanken verflogen. Sie verschlang drei Portionen zarten Weißfisch und gab sich ganz dem Duft der Ingwersauce und dem feinen Knacken der Zuckererbsen hin. Erst dann konnte sie wieder rational denken. Als sie endlich aufblickte, stocherte Nathaniel mit der Gabel im Essen herum.
Sie spürte einen Stich Mitgefühl. Die Aussicht, sich wieder öffentlich in der Gesellschaft der Zauberer zu zeigen, war sicher nicht einfach für ihn. Vor allem nach seiner Verletzung, den Reportern und den kursierenden Fragen zu seiner Zauberkunst. Doch als sich die Unterhaltung der Reparatur der Schutzzauber zuwandte und Nathaniel tat,...