Rogan | Der Untergang des Osmanischen Reichs | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 592 Seiten

Rogan Der Untergang des Osmanischen Reichs

Der Erste Weltkrieg im Nahen Osten 1914-1920
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8062-4302-4
Verlag: Theiss in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der Erste Weltkrieg im Nahen Osten 1914-1920

E-Book, Deutsch, 592 Seiten

ISBN: 978-3-8062-4302-4
Verlag: Theiss in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



1914 - aus einem europäischen Krieg wird ein Weltkrieg Der überraschende Kriegseintritt der Osmanen auf Seiten Deutschlands und Österreich-Ungarns hat mehr als jedes andere historische Ereignis dafür gesorgt, dass der europäische Konflikt zu einem Weltkrieg wurde. Auf einmal verläuft im Mittleren Osten die neben der Westfront wichtigste, aber wenig verstandene Front. So gut wie jeder moderne arabische Staat wird in den Krieg hineingezogen. Obwohl die Invasion der Briten und Franzosen bei Gallipoli scheitert, ist die Niederlage gegen die Entente-Mächte unausweichlich. Das Osmanische Reich muss den Weg frei machen für die Schaffung einer neuen Ordnung im Nahen Osten, die bis heute nachwirkt. - Der Frieden vor dem Weltkrieg und der weltweite Ruf zu den Waffen - Der Beginn des Dschihad: Osmanische Kriegszüge im Kaukasus und im Sinai - Der erste Genozid der Moderne: der Völkermord an den Armeniern - Die Folgen des Krieges und die Entstehung der modernen Türkei - Geschrieben von einem der besten Kenner des Nahen und Mittleren Ostens   Wie alles zusammenhängt: der Große Krieg und das Ende des Osmanischen Reichs Die meisten Politiker und militärischen Befehlshaber auf Seiten der Entente-Mächte hielten die Kämpfe im Osmanischen Reich für weniger bedeutend als die Kriegsereignisse an der West- und Ostfront. Es wird Zeit, die osmanische Front an die richtige Stelle zu rücken, und zwar sowohl in der Geschichte des Ersten Weltkriegs als auch in der des Nahen Ostens. Eugene Rogan, Leiter des Middle East Centre in St. Antony's Oxford, schildert in seinem Sachbuch eindrucksvoll den Kampf und endgültigen Untergang des Osmanischen Reiches von 1908/1914 bis 1920. Damit ermöglicht er eine ganz neue, moderne Sicht auf den Ersten Weltkrieg!

Eugene Rogan ist einer der besten Kenner des Nahen und Mittleren Ostens. Aufgewachsen im Mittleren Osten, spricht Rogan sowohl Arabisch wie auch Türkisch. Der US-Amerikaner ist Director des Middle East Centre in St. Antony's, dem 'Babel der Oxford Colleges'. 2013 erschien auf Deutsch seine große Darstellung 'Die Araber. Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch'.
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Weitere Infos & Material


Vorbemerkung zur Nomenklatur 6
Vorwort 7
Kapitel 1: Eine Revolution und drei Kriege: 1908-1913 15
Kapitel 2: Der Frieden vor dem Weltkrieg 50
Kapitel 3: Der weltweite Ruf zu den Waffen 79
Kapitel 4: Die ersten Salven: Erzurum, Basra, Aden, Ägypten und das östliche Mittelmeer 106
Kapitel 5: Der Beginn des Dschihad: Osmanische Kriegszüge im Kaukasus und im Sinai 136
Kapitel 6: Der Angriff auf die Dardanellen 171
Kapitel 7: Die Vernichtung der Armenier 209
Kapitel 8: Der osmanische Triumph auf Gallipoli 241
Kapitel 9: Die Invasion Mesopotamiens 280
Kapitel 10: Die Belagerung von Kut 315
Kapitel 11: Der Arabische Aufstand 359
Kapitel 12: Osmanen in der Defensive: Bagdad, der Sinai und Jerusalem 408
Kapitel 13: Von Brest-Litowsk nach Moudros 466
Schluss: Der Untergang des Osmanischen Reichs 503
Anhang 533
Karten 534
Dank 542
Anmerkungen 545
Quellen und Literatur 571
Bildnachweis 581
Register 582


VORWORT


Der Obergefreite John McDonald fiel am 28. Juni 1915 auf Gallipoli. Er wurde 19 Jahre alt und war, ohne es zu wissen, mein Großonkel. Nichts in seinem Leben hatte John McDonald auf diesen Tod in einem weit entfernten Land vorbereitet. Er stammte aus einem kleinen schottischen Dorf in der Nähe von Perth und ging auf das Dollar-Academy-Internat, wo er Charles Beveridge kennenlernte, der sein bester Freund werden sollte. Im Alter von 14 Jahren verließen die beiden die Schule, um sich Arbeit zu suchen: Sie zogen nach Glasgow und fanden eine Anstellung bei der North British Locomotive Company. Als im Sommer 1914 in Europa der Krieg ausbrach, schlossen sich Beveridge und McDonald gemeinsam den Scottish Rifles an (die auch als Cameronians bekannt sind). Die ungeduldigen Rekruten der 8th Scottish Rifles erhielten in den folgenden Monaten ihre Ausbildung und waren neidisch auf jene Bataillone, die schon vor ihnen nach Frankreich in die Schlacht ziehen durften. Erst im April 1915 wurde das 1/8th Battalion zum Dienst gerufen – allerdings nicht nach Frankreich, sondern zum Kampf gegen das Osmanische Reich.

McDonald und Beveridge verabschiedeten sich am 17. Mai 1915 von ihren Freunden und Familien und brachen in den Krieg auf. Per Schiff gelangten sie auf die griechische Insel Limnos, die britischen und alliierten Truppen als Stützpunkt für den Angriff auf Gallipoli diente. Als die Freunde am 29. Mai in den Hafen von Moudros einfuhren – einen Monat nachdem mit der Landung auf Gallipoli begonnen worden war –, passierten sie eine riesige Armada von Kriegs- und Transportschiffen, die dort vor Anker lag. Die jungen Rekruten dürften ehrfürchtig die Dreadnoughts und Super-Dreadnoughts bestaunt haben – einige der damals größten Schiffe weltweit. Viele zeigten Spuren des heftigen Kampfs um die Dardanellen, da die Schiffsrümpfe und Schornsteine von türkischer Artillerie getroffen worden waren.

Die Schotten bekamen zwei Wochen Zeit, um sich an den Sommer im östlichen Mittelmeer zu gewöhnen, und zogen dann in die Schlacht. Mitte Juni fuhren sie unter dem Jubel der Soldaten und Matrosen auf den noch nicht zum Einsatz befohlenen Schiffen aus Moudros ab. Nur jene, die schon auf Gallipoli gewesen waren und daher wussten, was auf die unschuldig dreinblickenden jungen Rekruten wartete, hielten ihre Begeisterung im Zaum. Ein Cameronian erinnerte sich: „Wir riefen zu einem Schiff voller kranker und verwundeter Australier hinüber: ‚Sind wir deswegen entmutigt? Nein!‘, als ein australischer Witzbold brüllend antwortete: ‚Nun, dann seid ihr es aber in Kürze.‘ Auch wenn unsere Jungs von dieser Antwort ein wenig verblüfft waren, so zeigten sie sich doch nicht von ihr überzeugt.“1

Am 14. Juni war das gesamte Bataillon sicher an Land. Vier Tage später rückten die 8th Scottish Rifles eine steile Klamm namens Gully Ravine zur Front hinauf. Durch das nie nachlassende Maschinengewehr- und Artilleriefeuer, für das Gallipoli bereits berüchtigt war, erlitten die Cameronians schon in den Schützengräben erste Verluste. Als den Scottish Rifles der Befehl zum Angriff auf die türkischen Stellungen erteilt wurde, hatten sie ihren jungenhaften Enthusiasmus bereits verloren. Ein Offizier hielt später fest: „Ob es eine Vorahnung war oder nur die Belastung durch die erst kurz zuvor übertragene Verantwortung, ich konnte jedenfalls [unter den Soldaten] keine Siegesgewissheit spüren.“2

Dem britischen Angriff vom 28. Juni war ein zweistündiger Beschuss durch Schiffskanonen vorausgegangen. Augenzeugen bezeichneten die Bombardierung als unwirksam – das Feuer war bei Weitem nicht ausreichend, um die entschlossenen osmanischen Soldaten aus ihren Verteidigungsstellungen zu vertreiben. Der britische Angriff begann wie geplant um 11 Uhr. Wie an der Westfront kletterten die Männer auf das schrille Pfeifsignal hin aus ihren Gräben. Als die Cameronians hinaufgestiegen waren, empfing sie das volle Feuer der osmanischen Soldaten, die, unbeeindruckt vom Bombardement der britischen Schiffe, in ihren Stellungen verharrten. Innerhalb von nur fünf Minuten waren die 1/8th Scottish Rifles praktisch ausgelöscht. John McDonald starb an seinen Verwundungen im Krankenlager vor Ort und wurde auf dem Lancashire Landing Cemetery beigesetzt. Charles Beveridge starb außerhalb der Reichweite der Krankenträger. Seine Überreste konnten erst nach dem Friedensschluss von 1918 geborgen werden, als seine Knochen bereits nicht mehr von denen der Männer zu unterscheiden waren, die neben ihm zu Tode gekommen waren. Er liegt in einem Massengrab; sein Name wurde in das große Mahnmal am Kap Helles eingraviert.

Das Schicksal der beiden Cameronians brachte Schrecken und Trauer über ihre Freunde und Familien in Schottland. Die Dollar Academy veröffentliche in der Herbstausgabe ihrer Vierteljahreszeitschrift Nachrufe auf John McDonald und Charles Beveridge. Die Zeitschrift beschrieb die beiden jungen Männer als allerbeste Freunde: „Sie arbeiteten zusammen, sie lebten in den gleichen Zimmern, meldeten sich zusammen bei der Armee und ‚in ihrem Tod waren sie nicht getrennt‘.“ Der Nachruf endete mit den Worten: „Beide waren sie junge Männer von herausragendem Charakter und der Positionen, die sie einnahmen, würdig.“ Auch den trauernden Eltern sprach man Mitgefühl aus.

Der Schmerz war größer, als dass ihn meine Urgroßeltern hätten schultern können. Nur ein Jahr nach dem Tod ihres einzigen Sohnes wagten die McDonalds den außergewöhnlichen Schritt und verließen noch während des Krieges Schottland, um sich in den Vereinigten Staaten niederzulassen. Im Juli 1916 – die deutschen U-Boot-Angriffe auf die Atlantik-Schifffahrt waren gerade unterbrochen – nahmen sie zusammen mit ihren beiden Töchtern ein Schiff mit dem für sie ergreifenden Namen SS Cameronia und reisten nach New York. Sie kehrten nie nach Europa zurück. Schlussendlich landete die Familie in Oregon, wo meine Großmutter mütterlicherseits später heiratete und meine Mutter und meinen Onkel zur Welt brachte. Sie und all ihre Nachfahren verdanken ihr Leben dem verfrühten Tod von John McDonald.

Meine persönliche Verbindung zum Ersten Weltkrieg ist alles andere als einzigartig. Eine 2013 im Vereinigten Königreich durchgeführte Umfrage der YouGov-Agentur fand heraus, dass 46 Prozent aller Briten ein Familienmitglied hatten oder in ihrem unmittelbaren Umfeld eine Person kannten, die im Ersten Weltkrieg gedient hatte. Solche persönlichen Verbindungen erklären auch noch mehr als ein Jahrhundert nach seinem Ausbruch die anhaltende Faszination für diesen Krieg. Das schiere Ausmaß der Mobilisierung und das Gemetzel trafen in den Ländern, die von dem Konflikt betroffen waren, so gut wie jede Familie.3

Ich erfuhr von der Geschichte meines Großonkels, als ich mich 2005 auf eine Reise nach Gallipoli vorbereitete. Meine Mutter Margaret, mein Sohn Richard und ich, die Vertreter dreier Generationen, brachen zu den Kriegsgräbern auf, um unseren Respekt zu bezeugen, und waren damit seit 90 Jahren die ersten Familienangehörigen, die John besuchten. Als wir über die gewundenen Straßen der Halbinsel Gallipoli zum Lancashire Landing Cemetery fuhren, bogen wir an einer Stelle falsch ab und landeten beim Nuri-Yamut-Denkmal, das an die türkischen Kriegstoten des 28. Juni erinnert – an genau jene Schlacht, in der John McDonald und Charles Beveridge ums Leben kamen.

Das Denkmal für die türkischen Gefallenen der Schlacht um Gully Ravine, auf Türkisch Zigindere, war eine absolute Entdeckung für mich. Während die Einheit meines Großonkels etwa 1400 Männer verlor – etwa die Hälfte all ihrer Soldaten – und die britischen Verluste insgesamt rund 3800 Soldaten betrugen, kamen bis zu 14 000 Osmanen bei diesen Kämpefen ums Leben. Das Nuri-Yamut-Denkmal ist das Massengrab für all diese osmanischen Soldaten, die unter einer schlichten Marmorgrabplatte mit der einfachen Aufschrift „Sehidlik 1915“ („Märtyrertod 1915“) beerdigt wurden. Alle Bücher, die ich über die Cameronians gelesen hatte, behandelten die furchtbare Verschwendung von britischem Leben an dem Tag, an dem auch mein Großonkel starb. Keine der englischen Quellen hatte die Tausenden türkischen Toten auch nur erwähnt. Es war ernüchternd, zu erkennen, dass die Zahl der trauernden türkischen Familien die Zahl jener, die in Schottland weinten, deutlich überstieg.

Ich reiste von Gallipoli mit der Erkenntnis ab, wie wenig wir im Westen über die türkischen und arabischen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg wissen. Die Unmenge der auf Englisch publizierten Bücher über die verschiedenen Fronten im Nahen Osten betrachteten ausschließlich britische oder alliierte Erlebnisse. Gallipoli galt als „Churchills Debakel“; Kut al-Amara war die „Kapitulation von Townshend“; der Aufstand der Araber wurde von „Lawrence von Arabien“ angeführt; es ging um „Maudes Einzug“ in Bagdad und „Allenbys Eroberung“ von Jerusalem. Sozialhistoriker, die sich der Umkehrung der offiziellen...


Eugene Rogan ist einer der besten Kenner des Nahen und Mittleren Ostens. Aufgewachsen im Mittleren Osten, spricht Rogan sowohl Arabisch wie auch Türkisch. Der US-Amerikaner ist Director des Middle East Centre in St. Antony's, dem "Babel der Oxford Colleges". 2013 erschien auf Deutsch seine große Darstellung "Die Araber. Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch".



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