Roesler Psychodynamische Paartherapie


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8444-3129-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 16, 130 Seiten

Reihe: Praxis der psychodynamischen Psychotherapie – analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

ISBN: 978-3-8444-3129-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Paartherapie stellt in der psychotherapeutischen und psychosozialen Versorgung eine wichtige Größe dar, denn schwerwiegende chronische Paarkonflikte tragen erheblich zur Entwicklung und Aufrechterhaltung psychischer wie auch körperlicher Erkrankungen bei. Dieser Band stellt eine forschungsbasierte und integrative Form der psychodynamischen Behandlung von Paarproblemen bzw. Störungen in Paarbeziehungen vor.

Einleitend wird eine allgemeine Definition von Paarproblemen sowie ein Überblick über deren Verbreitung gegeben. Weitere Kapitel stellen Forschungsergebnisse und Theorien zu Paarbeziehungen und Paardynamik vor, erörtern psychodynamische Konzepte für die Paartherapie und informieren über die Wirksamkeitsforschung in diesem Bereich.
Basierend auf diesen Ausführungen wird ein theoretisches Erklärungsmodell für die Entstehung von Paarproblemen aus psychodynamischer Sicht vorgestellt, um darauf abgestimmte Interventionen zu begründen. Der Fokus liegt dabei auf den Emotionen, Bedürfnissen und Beziehungsmustern. Ziel der Interventionen ist es u.a., problematische Interaktionsmuster zu identifizieren und aus der Entwicklungsgeschichte heraus zu verstehen sowie korrigierende emotionale Beziehungserfahrungen herbeizuführen. In einem abschließenden Kapitel wird auf Möglichkeiten der Diagnostik eingegangen. Die praxisnahen Ausführungen mit Beispielen bieten hilfreiche Anregungen, um Paare bei der Bewältigung ihrer Konflikte zu unterstützen.

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Zielgruppe


Tiefenpsychologisch fundiert arbeitende Psychotherapeut*innen, Psychoanalytiker*innen, Psychologische Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie, Paar- und Familientherapeut*innen, Mitarbeitende in der Paar-, Familien und Erziehungsberatung, Psychologische Berater*innen, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


|3|1  Grundlagen der Paarbeziehung: Paarbeziehung in der Spätmoderne
Es gibt wenige Grundmuster menschlichen Verhaltens, die derart über alle Kulturen und Epochen verbreitet sind wie die Institutionalisierung von Paarbeziehungen. Nicht nur findet man in praktisch allen Kulturen zu allen Zeiten, von einfachsten Jäger-Sammler-Gruppen bis hin zu hochkomplexen Gesellschaften, ein Zusammenleben von Mann und Frau in einer zumeist lebenslang dauernden Verbindung, sondern auch die ritualisierten Formen der Zusammenführung der beiden Partner1 in Form der Heirat sowie die darum herum gruppierten Regeln gleichen sich über viele Kulturen hinweg in hohem Maße (Levi-Strauss, 1976). Im Ethnografischen Atlas des Kulturanthropologen Murdock (1967), einer Untersuchung von 849 menschlichen Gesellschaften und ihren Eheformen, fand sich, dass weit über 90?% der untersuchten Ethnien eine lebenslange monogame Form des Zusammenlebens von Mann und Frau praktizierten. Insofern kann man die heterosexuelle Paarbeziehung durchaus als eine anthropologische Grundkonstante bezeichnen (siehe dazu ausführlich Roesler, 2024). Vor diesem Hintergrund lässt sich Paarbeziehung folgendermaßen definieren: „Eine Paarbeziehung ist eine enge, persönliche und intime, auf Dauer angelegte, exklusive Beziehung zwischen erwachsenen Personen unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts. Typischerweise zeichnet sich eine Paarbeziehung durch Liebe, persönliches Vertrauen und sexuelle Interaktion aus“. Ebenso stellt das Auftreten von Konflikten und Leid in Paarbeziehungen eine Grundkonstante menschlichen Zusammenlebens dar, eines der zentralen Themen der menschlichen Geistesgeschichte von den frühesten Mythen bis hin zur modernen Filmindustrie. Dabei sind in spätmodernen Gesellschaften sowohl die Ansprüche an als auch die Herausforderungen für Paarbeziehungen deutlich gewachsen, was sich in einer weiten Verbreitung von Paarproblemen niederschlägt. |4|Allein schon die hohe Scheidungsrate macht deutlich, dass die Belastung von Paarbeziehungen mit Beziehungsproblemen erheblich ist und ein hoher Bedarf an Paartherapie besteht. Mittlerweile ist auch wissenschaftlich gut abgesichert, dass die Folgen von Trennung/Scheidung nicht nur für die davon betroffenen Kinder, sondern auch für die beteiligten Partner, selbst für diejenigen, die die Trennung initiieren, mit erheblichen Schäden verbunden sind. Ähnliches gilt auch für anhaltende ungelöste Paarkonflikte, die nicht zur Trennung der Partner führen. Demgegenüber zeigen aktuelle Studien, dass bei jungen Menschen eine verbindliche langdauernde Paarbeziehung für die allermeisten nach wie vor zu den wichtigsten Werten im Leben zählt. Die Sehnsucht nach stabilen und erfüllenden Paarbeziehungen ist auch heute noch ungemindert – die Rhetorik von der „Versingelung“ der Gesellschaft oder dem Zerfall tragfähiger Bindungen ist durch die Datenlage nicht gestützt. Allerdings haben offenbar zunehmend mehr Menschen Schwierigkeiten damit, die in Paarbeziehungen auftretenden Konflikte zu bewältigen oder schrecken gar grundsätzlich vor intimen Beziehungen zurück (Roesler & Bröning, 2024). Versorgungsstrukturen mit Paartherapie haben sich im Beratungsbereich etabliert, im deutschen Gesundheitswesen aber – etwas zugespitzt formuliert – existiert die Paarbeziehung bislang praktisch kaum, auch präventive Angebote sind keineswegs flächendeckend vorhanden. Wie auch in der Einzelpsychotherapie hat sich die Psychoanalyse als erste therapeutische Schule mit der Entwicklung von Konzepten für die Paartherapie beschäftigt und in dieser Geschichte ihre Paartherapiemodelle immer wieder aktualisiert; dabei sind auch in jüngster Zeit ganz neue therapeutische Ansätze entstanden, z.?B. die Mentalisierungsbasierte Paartherapie (vgl. Kap. 6.11). In der internationalen Debatte wird schon länger über common factors in verschiedenen paartherapeutischen Ansätzen diskutiert und die Entwicklung entsprechender integrativer Verfahren gefordert. Aktuelle Versuche, integrative Modelle oder Konzepte der Paartherapie vorzulegen, finden aber häufig nur in additiver Form statt, wie z.?B. in der Verhaltenstherapie oder dem systemischen Ansatz. Damit ist gemeint, dass Methoden und Interventionskonzepte aus unterschiedlichen Ansätzen aneinandergefügt werden, ohne ein verbindendes theoretisches Modell im Hintergrund zu formulieren, das eine Logik der Veränderungsprozesse in Paarbeziehungen berücksichtigen würde. Hier wird häufig eine Metaphorik von Reparatur und Werkzeugen („Tools“) für die Paartherapie verwendet, die ich für unangebracht und letztlich irreführend halte. Aus dieser Sichtweise folgt dann, dass man die Werkzeuge („Tools“) je nach Bedarf oder persönlicher Präferenz aus den unterschiedlichen therapeutischen Schulen miteinander kombinieren kann. Oft fehlt ein kohärentes und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauendes Modell davon, was eine |5|Paarbeziehung zwischen zwei Menschen überhaupt ist, was ihre Bedingungen und die darin entstehenden Probleme sein können sowie was es tatsächlich braucht, um hier therapeutische Veränderung herbeizuführen. Die angesprochene Sichtweise würde einen mechanistischen Blick auf menschliche Beziehungen einnehmen und meiner Ansicht nach deren Komplexität verfehlen. Auch wird dabei übersehen, dass solche additiven Modelle die Gefahr bergen, dass inkonsistente oder gar widersprüchliche Ansätze kombiniert werden, wobei manche Autoren betonen, dass hierdurch nicht nur nicht geholfen, sondern auch Schaden angerichtet werden kann (Snyder et al., 2012). Ich habe in meinem Buch Paarprobleme und Paartherapie (Roesler, 2024) versucht, diese in vielen Ansätzen vorfindbare mangelhafte wissenschaftliche Fundierung zu liefern und zu einem kohärenten Modell davon, was Paarbeziehungen sind, welche Bedingungen sie haben, wie es hier zu Störungen kommen kann, und wie dies therapeutisch sinnvoll veränderbar ist, zu integrieren, und verweise für eine ausführlichere Diskussion darauf. Es lässt sich mit guten Gründen argumentieren, dass Menschen zu langdauernden monogamen Paarbeziehungen angelegt sind, nicht nur um bei dem Heranwachsen der Nachkommen zu kooperieren, sondern weil beim Menschen die Emotionsregulation grundsätzlich dyadisch angelegt ist und daher alle Menschen lebenslang auf die Verfügbarkeit emotionaler Sicherheit in nahen zwischenmenschlichen Beziehungen angewiesen sind. Dies lässt sich mit anthropologischen und biologischen Erkenntnissen (z.?B. zur Rolle des Hormons Oxytocin in Paarbeziehungen und bei der Sexualität) ebenso schlüssig erklären wie mit neueren Erkenntnissen aus der affektiven Neurowissenschaft, der Forschung zu Paarinteraktion und der Bindungsforschung. Die psychoanalytischen Ansätze haben schon sehr früh in ihren Modellen diese wissenschaftlichen Grundlagen berücksichtigt und integriert und damit die psychoanalytische Paartherapie weiterentwickelt. Im vorliegenden Band sollen diese Grundlagen, insbesondere die affektive Neurowissenschaft, die Bindungstheorie, die Paarinteraktionsforschung sowie der Mentalisierungsansatz, zunächst vorgestellt werden, um dann die wichtigsten psychoanalytischen Paartherapieansätze und ihre historische Entwicklung sowie ihre Kernelemente zusammenzufassen. Die Wirksamkeitsforschung zur Paartherapie im Allgemeinen sowie zur psychodynamischen Paartherapie wird im Überblick dargestellt. Auf dieser Grundlage wird ein aktuelles, integratives, wissenschaftlich fundiertes Modell psychodynamischer Paartherapie (vgl. Kap. 8) im Sinne eines praxisorientierten Handbuches, um nicht zu sagen Manuals, vorgestellt. Zu den Begriffen Paarberatung und Paartherapie. Im Folgenden wird mit dem Begriff „Paartherapie“ immer auch der Bereich der Paarberatung eingeschlossen, da die hier behandelten Problematiken sowie die eingesetzten |6|Interventionsformen sich nicht grundsätzlich unterscheiden, es unterscheiden sich höchstens die institutionellen Kontexte (Beratungsstellen bzw. Gesundheitswesen). Wenn im Paarsetting in der Richtlinienpsychotherapie gearbeitet wird, hat dies den Anspruch, in den gängigen Klassifikationssystemen (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen [DSM]; American Psychiatric Association [APA], 2022; Internationale Klassifikation der Krankheiten [ICD]; World Health Organization, 2019) erfasste psychische Störungen zu behandeln, zu bessern oder zumindest deren Besserung zu unterstützen. Dies gilt z.?B. für Depressionen, Angststörungen, Borderline-Störungen ...



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