Röhrig | Aus und vorbei | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Röhrig Aus und vorbei

Woran Frauenfreundschaften zerbrechen und wie wir daran wachsen - Mit zahlreichen Erfahrungsberichten
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-24641-9
Verlag: Kailash
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Woran Frauenfreundschaften zerbrechen und wie wir daran wachsen - Mit zahlreichen Erfahrungsberichten

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-641-24641-9
Verlag: Kailash
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wenn Freundinnen Schluss machen

Kaum ein Mensch ist Frauen wichtiger als die beste Freundin: Sie ist Vertraute und Beraterin, Kummerkasten und Komplizin. Umso schmerzlicher empfinden wir es, wenn die Freundschaft schleichend oder unerwartet in die Brüche geht. Wie kann es sein, dass uns die vermeintliche Soul Sister plötzlich fremd wird oder verrät? Dorothee Röhrig hat viele Fallgeschichten über gescheiterte Frauenfreundschaften gesammelt und die Expertise von Psychologen eingeholt. Ihr Fazit: Wenn man anerkennt, was an der Freundschaft gut war und dass zur Weiterentwicklung auch das Loslassen gehört, kann man nach dem Ende der gemeinsamen Wegstrecke positiv und gestärkt weiterleben.
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Zum Ausheulen war ich gut genug

Alexandra und Cora

Cora und du habt euch in Hamburg bei einem Praktikum kennengelernt. Was hat dich zu ihr hingezogen?

Cora war blitzgescheit und mit vielen Talenten ausgestattet. Ich war von ihr fasziniert. Sie konnte nicht nur toll schreiben, sondern auch sehr gut zeichnen und im Nu neue Sprachen lernen. Ein durchweg kreativer Mensch, sprudelnd, mit immer neuen Ideen. Dazu sehr unternehmungslustig. Wir sind zusammen verreist, nach Thailand, nach Australien, und konnten wunderbar miteinander lachen. Ich habe mich von ihrer Lebendigkeit anstecken lassen. Wir waren wie im Flow miteinander. Passten zusammen wie der Schlüssel ins Schloss. Ich mochte Cora unheimlich gern.

Sie hat deine Lebensfreude gekitzelt?

Absolut. Sie hat mich immer gut draufgebracht. Aber es war mehr. Uns verband eine ziemlich komplizierte Kindheit. Cora war Einzelkind, ihre Mutter hatte große psychische Probleme und musste oft in die Klinik. Cora fühlte sich zuständig, sie war allein damit und total überfordert. Ihre Mutter hat sich später umgebracht. Bei mir war es nicht so krass. Aber auch ich komme aus einer Familie, die keine war. Meine Mutter hat meinen Vater verlassen und uns Kinder zurückgelassen. Cora und ich konnten uns über diese belastenden Erlebnisse sehr gut austauschen. Eine verstand die andere. Im Glück wie im Unglück waren wir uns ganz nah.

Jede war für die andere der Anker …

Ja, so kann man es sagen. Wir hatten beide keine Stabilität und definierten uns stark über unsere jeweiligen Probleme. Ängste, Spannungszustände, Selbstzweifel, darüber kann man sich endlos austauschen. Wo will ich mit mir hin?, das war so eine der Fragen. In dieser Gefühlslage brauchst du einen Verbündeten. Es hat lange gedauert, bis ich im Leben angekommen bin. Bis ich etwa dreißig Jahre alt war, habe ich nur gesucht. Genau wie Cora. Die Kombination aus negativen Erfahrungen und Fröhlichkeit hat uns zusammengeschweißt. Nur, dass ich mich stabilisiert habe und irgendwann ein normales Leben anfing. Ich begann regelmäßig zu arbeiten, während Cora nie Boden unter die Füße bekam und weiter nach sich suchte. Ich bin sicher, sie hatte wie ihre Mutter eine Form von Depression.

Wie hast du das bemerkt?

Es gab Phasen, in denen sie kaum gegessen hat und nicht schlafen konnte. Sie machte verschiedene Therapien, doch ohne erkennbares Ergebnis. Ständig kreiste sie um sich und ihre eigenen Probleme. Cora blieb stehen, während ich mich weiterentwickelte. Schade, denn im Grunde war sie begabter als ich.

Konntest du ihr helfen?

Das habe ich mit allen Kräften versucht. Ich ließ sie bei mir wohnen, wenn es ihr schlecht ging. Besorgte ihr einen Job. Borgte ihr Geld, wenn sie pleite war. Auf Dauer war das anstrengend. Als Coras beste Freundin bin ich da, dachte ich. Ohne Einschränkung. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sich langsam unser Gleichgewicht verschob.

Wie das?

Ich fühlte mich langsam nur noch wie ein emotionaler Mülleimer. Zum Ausheulen war ich gerade gut. Oder zum Geld pumpen. Wir haben darüber gesprochen und uns auch gestritten. »Es geht in unserer Freundschaft nicht nur um dich«, versuchte ich ihr klarzumachen. Aber sie ließ nichts an sich ran. Ich habe unser Ungleichgewicht durchaus als Problem empfunden, aber wusste nicht, was ich dagegen tun sollte. Ständig habe ich nachgefragt, getröstet, Hilfe angeboten. Das gibt es bei mir jetzt nicht mehr.

Hast du eine Idee, warum du dich so aufgeopfert hast?

Ich weiß es nicht genau. Sicherlich zum einen, weil ich mich hundertprozentig als Freundin empfand. Da steht man einfach zusammen. Vielleicht genoss ich aber auch das Gefühl, Cora moralisch überlegen zu sein. Der Gutmensch sozusagen. Das könnte für mich der Gewinn gewesen sein. Ich habe mich schon gefragt, ob das bei mir strukturell ist. Ob ich öfter in diese Falle tappe. Aber so ist es nicht mit anderen Freunden. Dieses wahnsinnige Verantwortungsgefühl habe ich nur Cora gegenüber erlebt. Sie schien mir so schutzlos in der Welt zu sein. Ich hatte das Gefühl, sie retten zu müssen. Auch noch, als sie nach dem Tod ihrer Mutter ziemlich viel Geld erbte.

Da brauchte sie deine Hilfe?

Wie ein Kind! Sie wusste nicht, was sie mit dem vielen Geld machen sollte. Sie hat ihr Erbe letztlich verprasst. Cora hat sich teure Wohnungen geleistet, ist ständig durch die Welt gegondelt. Sie hat das Geld nach Strich und Faden rausgeworfen. Irgendwann war alles weg. Dabei hätte sie so viel aus ihrem Leben machen können, mit ihrer finanziellen Unabhängigkeit.

Hast du auch mal gedacht, Cora geht es ganz schön gut?

Ich ticke völlig anders. Ich verdiene mein Geld und komme damit aus. Ich habe Cora ihren Geldsegen total gegönnt. Aber wir waren in unterschiedlichen Welten unterwegs. Cora meinte wohl, sie bekommt den Jackpot, und ich habe nur so ein kleines, spießiges Leben. Doch neben Abwertung empfand sie mir gegenüber auch Neid. Bei mir war alles auf der Reihe. Ich hatte schon lange meinen Freund, mit dem ich heute noch glücklich zusammen bin. Cora dagegen ist wild gereist und wechselte ständig ihre Begleiter. Sie fühlte sich zu Höherem berufen und fand mein geregeltes Leben bestimmt unendlich öde. Ich war nicht mehr spannend für sie. Da bin ich sicher.

Hat das Thema Geld eure Krise ausgelöst?

Nein, als sie erbte, dachte ich: Wenn die Familie nicht hilft, dann wenigstens das Geld, damit sie in die Pötte kommt. Allerdings, es war schon sehr befremdlich, wie sie mit ihrem Vermögen umging. Wenn ich sie darauf ansprach, wurde sie aggressiv. »Das ist mein Geld, das steht mir zu. Es geht dich nichts an, wofür ich es ausgebe«, so in der Art.

Aus welchem Grund seid ihr sonst gescheitert?

Wie gesagt, da war schon länger dieses Ungleichgewicht. Und gekippt ist das Ganze, als ich selbst einmal eine schreckliche Krise hatte und Cora brauchte. Ich hatte meinen Job verloren, die Arbeitsagentur machte mir keine allzu große Hoffnung, mein Vater wurde plötzlich pflegebedürftig, und ich musste mich obendrein noch operieren lassen. In dieser angespannten Verfassung verabredete ich mich mit Cora zu einem Spaziergang.

Was passierte da?

Sie wusste über meine Situation Bescheid, wir hatten telefoniert. Dann bei unserem Treffen fragte sie nicht ein einziges Mal, wie es mir geht. Mein Zustand war ihr total egal, sie zeigte null Interesse an mir. Stattdessen erzählte sie mir, dass sie keine gescheiten Klamotten habe und unbedingt etwas Neues bräuchte. Cora war total auf dem Egotrip. Ich konnte das nicht glauben. Von einer Sekunde auf die andere war bei mir der Stecker gezogen. Ich ging nach Hause und dachte mir: Das war’s.

Du hast ihr keinen Vorwurf gemacht?

In diesem Moment nicht. Ich war ehrlich gesagt sprachlos. Danach habe ich mich komplett zurückgezogen und mich nie mehr gemeldet. Für mich war klar, das ist aus. Irgendwann hat Cora mich angerufen und aufs Band gesprochen: »Wo steckst du denn?« Ich habe ihr daraufhin einen Brief geschrieben. »Vielleicht wunderst du dich, dass ich mich nicht mehr melde. Aber ich habe das Gefühl, unsere Freundschaft ist zu Ende. Wahrscheinlich vermisst du mich gar nicht.« Der Brief war nicht lang. Ich hatte erwartet, dass Cora sich meldet. Irgendeine Art von Reaktion. Aber es kam nichts außer einer Facebook-Anfrage, viel später. Coras gnadenlose Egozentrik hat mich unfassbar geschmerzt. Die Tatsache, dass ich ihr überhaupt nicht wichtig war, gab unserer Freundschaft den Rest.

Wie lange ist das jetzt her?

Zehn Jahre. Wir waren über zwanzig Jahre eng befreundet. Ich habe viel eingesteckt in dieser Zeit. Mit Sicherheit zu viel. Aber Freundschaft ist ein wertvolles Gut für mich, ich gebe nicht schnell auf. Auch möglich, dass ich aus Angst vor Verlust darin verharrt habe. Und mich mit den guten Momenten getröstet habe, die es zwischendurch ja auch immer gab. Die beste Freundin zu verlieren ist extrem schmerzhaft. Meine Mutter hat mich verlassen. Seitdem habe ich wahrscheinlich eine Macke. Alleingelassen zu werden ist für mich eine Erfahrung, die ich nur schwer aushalte. Es braucht viel, bis ich aktiv sage: »Jetzt reicht es.« Das Herz wieder zu verschließen, wenn es einmal offen war, ist eine harte Sache.

Du bist mit Freundschaften vorsichtiger geworden?

Sagen wir so: Ich würde mein Visier nie mehr komplett öffnen. Lieber behalte ich einen Rest Distanz. Heute habe ich sehr gute Freundinnen, aber es ist nicht mehr so symbiotisch. Mein Bedürfnis nach Ausschließlichkeit hat sich verändert. Das ist auch eine Frage des Alters. Der Reifung. Diese Aufregung, diese Unsicherheit in mir hat sich gelegt. Ich kann besser bei mir bleiben als früher.

Möchtest du den Kontakt mit Cora wieder aufnehmen?

Nein. Das ist vorbei. Ich wüsste nicht, wo wir ansetzen sollten. Wir haben keine Basis mehr. Ich habe zu lange in einer nur halb zufriedenstellenden Situation ausgehalten. Cora war eiskalt bei unserem letzten Treffen. Sie interessiert sich nicht für mich, das muss ich einfach zur Kenntnis nehmen. Dass unsere Freundschaft keinen Abschluss gefunden hat, nagt allerdings schon an mir. Ich bin nicht verbittert, aber es ist verdammt traurig nach über zwanzig Jahren. Wenn Cora nach meinem Brief auf mich zugegangen wäre, hätte ich ihr sicherlich verzeihen können. So gibt es nichts mehr zu verzeihen.

Weißt du, was aus ihr geworden ist?

Sie lebt in Frankreich, hörte ich. Und ist Mutter. Vielleicht hat sie sich ja mal alte Fotos angeschaut und an uns gedacht …

Wofür bist du Cora dankbar?

Für die gute Zeit. Für zwanzig...


Röhrig, Dorothee
Dorothee Röhrig studierte Germanistik und war viele Jahre lang in gehobenen Positionen für verschiedene Frauen- und Publikumszeitschriften tätig. Sie war Gründungsmitglied und von 2009 bis 2015 Chefredakteurin bzw. Herausgeberin der Zeitschrift »Emotion«. Ihr erstes Buch "Die fünf magischen Momente" erschien 2016. Dorothee Röhrig ist Mutter einer Tochter und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.



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