Rodrian | Krimi-Klassiker - Band 3: Wer barfuß über Scherben geht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 3, 213 Seiten

Reihe: Krimi-Klassiker

Rodrian Krimi-Klassiker - Band 3: Wer barfuß über Scherben geht


1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95520-417-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 3, 213 Seiten

Reihe: Krimi-Klassiker

ISBN: 978-3-95520-417-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Erich stand nicht auf. Er lag auf dem Rücken neben dem Tisch; sein halboffener Mund grinste. Ein Trick, dachte Robert. Dann sah er das Blut. Sein Leben lang wurde Robert Eschbach von seinem älteren Stiefbruder Erich unterdrückt und gedemütigt. Doch nun erhält er die Chance, sich zu rächen: Erich, Besitzer einer großen Zeitung, plant, die krummen Geschäfte des Geschäftsmanns Alfred Mackenroth in einem großen Enthüllungsbericht aufzudecken. Der jedoch macht Robert ein Angebot: Wenn er den Bericht verhindert, wird er zum Partner gemacht. Robert willigt ein, doch dann läuft die Sache aus dem Ruder ... Als erste deutsche Autorin von Kriminalromanen hat Irene Rodrian Krimigeschichte geschrieben. Bei dotbooks erscheinen ihre Klassiker nun exklusiv im eBook. Jetzt als eBook: 'Wer barfuß über Scherben geht' von Irene Rodrian. dotbooks - der eBook-Verlag.

Irene Rodrian, 1937 in Berlin geboren, wurde u. a. mit dem Edgar-Wallace-Preis für ihren Krimi »Tod in St. Pauli« und dem Glauser Ehrenpreis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet. Seither hat sie sich mit zahlreichen Bestsellern in einer Gesamtauflage von über zwei Millionen und als Drehbuchautorin (»Tatort«, »Ein Fall für Zwei«) einen Namen gemacht. Irene Rodrian lebt heute in München. Bei dotbooks erschienen bereits Irene Rodrians Barcelona-Krimis über das Ermittlerinnen-Team Llimona 5 »Schöner sterben in Barcelona«, »Das dunkle Netz von Barcelona«, »Eisiges Schweigen« und »Ein letztes Lächeln« sowie die Reihe »Krimi-Klassiker«, die folgende Bände umfasst: »Tod in St. Pauli«, »Bis morgen, Mörder«, »Wer barfuß über Scherben geht«, »Finderlohn«, »Küsschen für den Totengräber«, »Die netten Mörder von Schwabing«, »Ein bisschen Föhn und du bist tot«, »Du lebst auf Zeit am Zuckerhut«, »Der Tod hat hitzefrei«, »... trägt Anstaltskleidung und ist bewaffnet«, »Das Mädchen mit dem Engelsgesicht«, »Vielliebchen«, »Handgreiflich«, »Schlagschatten«, »Über die Klippen«, »Bei geschlossenen Vorhängen«, »Strandgrab« und »Friss, Vogel, oder stirb«. Die Webseiten der Autorin: www.irenerodrian.de und www.llimona5.com Die Autorin im Internet: www.facebook.com/irene.rodrian
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2


Mackenroth saß am Steuer. Robert sah seinen schweren, halslosen Kopf und den linken Arm, der auf die Tür gestützt war. Ein Mann saß seitlich hinter Mackenroth, und ein anderer stand gegen den Kotflügel gelehnt und rauchte ... Drei. Sie hatten ihn noch nicht gesehen.

Die Leute vom Dampfer, die nicht zum Strand oder in die Cafés wollten, hatten die Straße erreicht. Die drei Minirockmädchen liefen an Robert vorbei, dann die Jungen, die das Interesse an den Mädchen verloren hatten und eine leere Blechschachtel vor sich herkickten. Robert drehte sich langsam um und ging zurück,

Los, renn schon! Quatsch. Ganz ruhig bleiben; das ist die einzige Möglichkeit, nicht aufzufallen. Schneller – sie suchen dich schon! Nicht so schnell, wenn ich laufe , ... Die haben mich doch längst gesehen. Eine Falle? Er ging schneller, noch schneller, dann lief er. Er klemmte die Mappe fest unter den rechten Arm und ruderte mit dem linken durch die Luft, um das Gleichgewicht zu halten. Plötzlich tauchten dicht vor ihm zwei alte Männer auf, er bremste, seine glatten Ledersohlen rutschten auf dem Kies, sein Arm ruderte heftiger. Die beiden Alten sprangen aufgescheucht zur Seite und brabbelten böse hinter ihm her. Eine Familie mit vier kleinen Kindern war mit einmal um ihn herum, er blieb aufatmend stehen und sah sich um.

Sie waren ihm nicht gefolgt.

Robert ging zum Uferweg hinunter. Auf dem Platz vor dem Dampfersteg standen die beiden dicken Frauen mit dem dicken Mädchen. Das Mädchen lächelte, als es ihn sah; manche geben nie auf ... So ein Hund, dieser Mackenroth, dachte er mit einer Mischung aus Neid und Hilflosigkeit.

Der Uferweg war hier schnurgerade und übersichtlich wie ein Tennisplatz. Robert wagte nicht, ihn zu benützen. Er kletterte die Böschung zum öffentlichen Badestrand hinunter, sprang über eine dicke Wurzel auf den Kies und wandte sich nach rechts.

Die Luftmatratzen lagen dicht bei dicht. Wasserbälle, bleiche Bäuche, zwischendurch ein krebsroter Sonnenbrand. Ein Federball zischte dicht an seinem Ohr vorbei, ein Mädchen kicherte. Er versuchte, schneller zu gehen, aber die Kieselsteine waren spitz und glatt, und die freien Streifen zwischen den Decken und Handtüchern kaum meterbreit. Ein kahlköpfiger Opa ließ sich prustend ins Wasser fallen und seufzte zufrieden auf. Robert riß an seinem Hemdkragen und setzte sich auf einen Steinbrocken.

Noch durch das Wäldchen und über die Mauer, dann hatte er es geschafft. Was würde Mackenroth tun, wenn er sah, daß Robert nicht kam? Einen der Männer zum Uferweg schicken? Robert starrte auf die Schlehenhecke, die vom Uferweg bis zum Wasser hinunter reichte. Zu dicht, um hindurchzukriechen. Robert zog die Schuhe aus, die Perlonsocken, stopfte sie in die Schuhe und rollte die Hosenbeine hoch. Als er ins Wasser stakste, rief ihm der Opa etwas zu, Robert verstand ›Flaschenscherben‹ und nickte zurück.

Das Wasser kam ihm kalt vor, und seine nackten Füße fanden kaum Halt auf den glitschigen Steinen. Eine dünne Moosschicht färbte alles grün und machte es unmöglich, unter der schimmernden Wasseroberfläche etwas zu erkennen ... Glasscherben hatte der Alte gesagt ... Robert hielt die Mappe in einer Hand, die Schuhe mit den Socken in der anderen, und tastete sich vorsichtig weiter, am Ufer entlang auf die andere Seite der Hecke. Seine Fußsohlen waren nicht ans Barfußlaufen gewöhnt, und seine Wut auf Erich, auf Mackenroth und auf seine eigene Hilflosigkeit schwoll an wie ein Gasballon in der Sonne. Als er schon über die Hälfte geschafft hatte, fing sein linkes Hosenbein an zu rutschen; er versuchte, es mit einer Hand festzuhalten und hätte beinahe einen Schuh verloren.

»Mist, verfluchter!«

Ein Pärchen, das auf einer Luftmatratze vorbeizog, schaute interessiert herüber, Robert fluchte leise weiter. Sicher war es jetzt schon nach eins. Er watete zum Ufer hin. In letzter Sekunde rutschte das Hosenbein endgültig und saugte sich mit Wasser voll. Robert ging schneller, stolperte, fing sich und kletterte über die Böschung zum Wäldchen hinauf. Oben ließ er die Mappe und die Schuhe ins Gras fallen und hob den Arm, um nach der Uhr zu sehen.

»Hallo«, sagte Mackenroth, »ziemlich warm heute, wie?«

Er saß auf dem Stamm einer Krüppelkiefer, der fast parallel zum Boden lag und von kletternden Kindern und ruhebedürftigen Liebespaaren blank gewetzt war. Er war so niedrig, daß Mackenroth bequem darauf sitzen konnte, die kurzen Beine übereinandergeschlagen, die Bügelfalten seines hellgrauen Sommeranzuges sorgfältig zurechtgezupft, eine Hand aufgestützt und den Bauch nicht wie sonst unter dem Jackett verborgen, sondern angriffslustig vorgewölbt. Überlegen. Behäbig und immer überlegen.

»Warum stelzen Sie da rum wie ein Storch im Salat?« ?«  erkundigte sich Mackenroth.

»Scherben«, murmelte Robert. »Da sollen Scherben im Wasser ...« Mackenroth lachte. »Wer barfuß über Scherben geht, ist selber dran schuld. Sollte man vermeiden. Auch im Geschäftsleben.«

Robert schwieg. Er wollte nach der Mappe schauen, aber er konnte seine Augen nicht von dem dunkelroten Schädel abwenden und von dem feisten Stiernacken, der in zwei Falten über den Kragen quoll; man konnte es sogar von vorn sehen. Mackenroth wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn und den Nacken und beobachtete ihn.

Die anderen, dachte Robert, wo sind die anderen? Er ist doch nicht allein hier ... Es war still. Er bückte sich nach der Mappe.

»Liegen lassen!«

Die Stimme kam von hinten. Robert sah über die Schulter zurück, ohne sich aufzurichten. Jetzt, aus der Nähe, erkannte er die beiden Männer; er hatte sie schon öfter gesehen. Der eine war Mackenroths Baggerführer, der andere sein Polier, auf dem Papier jedenfalls. Hubert Beck und Max Lemparter. Arbeitshosen, karierte Hemden, Mörtelstaub, sonnenverbrannte Haut und Muskeln ... Es stimmte also. Robert fielen die Gerüchte ein, die er über Mackenroth und seine schlagfreudigen Baubullen gehört hatte. Wer Mackenroth in die Quere kam, wurde fertiggemacht. Einfaches Erfolgsrezept: Body-Guard, der Markenartikel aus Amerika für den Manager von heute. Beseitigt lästige Störenfriede wie aufmuckende Arbeiter, Konkurrenten oder Journalisten ... Roberts Hand bewegte sich unabhängig von seinen Gedanken, öffnete sich und schloß sich über dem Taschengriff.

»Du sollst das liegen lassen!«  wiederholte Hubert laut.

»Seit wann duzen wir uns?« Robert starrte auf sein nasses Hosenbein und die nackten Zehen. Keine 30 Zentimenter weiter die massiven Lederstiefel von Max, unförmig breit durch die stählerne Schutzkappe.

»Er hat recht«, sagte Mackenroth friedlich. »Höflichkeit hat noch keinem geschadet.«

Robert richtete sich auf, die Mappe fest in der Hand. Eine Wespe umkreiste seinen Knöchel. Die Schuhe lagen außer Reichweite.

Max machte einen Schritt auf Robert zu. »Her mit der Mappe!«

Robert wich zurück. Die Wespe folgte ihm. »Was haben Sie vor, Mackenroth?« Er trat nach der Wespe, was sie nur noch wütender machte.

»Ich will sehen, was da drin ist.« Mackenroth wedelte mit dem Taschentuch in Richtung Aktenmappe. »Wenn es mich nichts angeht, bekommen Sie's zurück.« Er machte eine Pause und sah Robert an. »Sie haben mich heute morgen abgehängt, aber in Fürstenried hatte ich Sie schon wieder. Sie waren auf dem Katasteramt und bei der Baubehörde. Was wollten Sie da?«

Die ganze Zeit, dachte Robert. Er war die ganze Zeit hinter mir her, sogar in München. Er schluckte.

»Was ist mit Ihrem Wagen los? Etwas Ernstes?« Mackenroth sprach Schriftdeutsch, Worte mit überbetonten Endsilben sorgsam aneinandergereiht. Er gab sich Mühe, den bayerischen Satzbau zu vermeiden. »Bei der Werkstatt hätte ich Sie schnappen können. Aber es waren mir zuviel Leute da.«

»Ich bin doch nur der Laufbursche ...« Robert zwang sich, den Fuß still zu halten, und die Wespe verzog sich irritiert. »Weshalb wenden Sie sich nicht an meinen Bruder?«

»Ich mag ihn nicht. Er ist hinterhältig.« Mackenroth schneuzte sich und steckte das Taschentuch weg. »Es war dumm von Ihnen, mit dem Dampfer zu fahren. So unbeweglich. Meine Tochter hat Sie beobachtet.«

»Das war Ihre ...« Robert dachte an das dicke Mädchen und unterdrückte ein Grinsen.

»Ganz recht, meine Tochter. Und Ihre Familie möchte ich nicht geschenkt! Stimmt es, daß Ihr Bruder verrückt spielt, wenn einer auch nur zwei Sekunden zu spät kommt?«

Robert zwang sich, nicht auf die Uhr zu sehen, und schüttelte den Kopf. »Alles nur Gerede. Ich hab's eilig, weiter nichts.«

»Ich auch.« Mackenroth streckte eine Hand aus. Am Mittelfinger blinkte Gold, die Nägel waren manikürt. Trotzdem blieb es eine Maurerhand. »Geben Sie die Mappe her!«

»Nein.« Hat das jetzt zittrig geklungen? Robert umklammerte die Tasche fester, Max und Hubert standen hinter ihm und sahen abwartend zu Mackenroth ... Diese idiotischen Fernsehkrimis!

»Sehen Sie, Eschbach ...« Mackenroth zog die Hand zurück und sah sie interessiert an ... »ich hab mich von unten raufgearbeitet ...«

»Gott, wie rührend!«

»Aber es stimmt.« Mackenroths Stimme klang unerwartet hoch. »Ich bin nur ein Geschäftsmann, aber ich habe es geschafft. Ich bin oben, und da will ich auch bleiben. Schon wegen meiner Tochter.«

»Hören Sie auf – gleich fang ich an zu weinen!«

»Ich arbeite ganz schön; das Baugeschäft ist eine harte Branche. Da bleibt keine Zeit für andere Sachen. Ich hab mich bis heute nie um Ihre Zeitung gekümmert, Zeitungen – na! Eine wie die andere ... Aber wenn es gegen mich geht, ist das etwas anderes.«

»Es ist Erichs Zeitung. Ich mache...


Rodrian, Irene
Irene Rodrian, 1937 in Berlin geboren, erhielt für ihren Roman „Tod in St. Pauli“ 1967 den begehrten Edgar-Wallace-Preis. Seither hat sie sich mit zahlreichen Bestsellern in einer Gesamtauflage von mehreren Millionen und als Drehbuchautorin (Tatort, Ein Fall für Zwei) einen Namen gemacht. Irene Rodrian lebt heute in München.

Bei dotbooks erschienen bereits Irene Rodrians Barcelona-Krimis über das Ermittlerinnen-Team Llimona 5 („Meines Bruders Mörderin“, „Im Bann des Tigers“, „Eisiges Schweigen“, „Ein letztes Lächeln“) sowie die Reihe „Krimi-Klassiker“, die folgende Bände umfasst:

„Tod in St. Pauli“
„Bis morgen, Mörder“
„Wer barfuß über Scherben geht“
„Finderlohn“
„Küsschen für den Totengräber“
„Die netten Mörder von Schwabing“
„Ein bisschen Föhn und du bist tot“
„Du lebst auf Zeit am Zuckerhut“
„Der Tod hat hitzefrei“
„… trägt Anstaltskleidung und ist bewaffnet“
„Das Mädchen mit dem Engelsgesicht“
„Vielliebchen“
„Handgreiflich“
„Schlagschatten“
„Über die Klippen“
„Bei geschlossenen Vorhängen“

Die Autorin im Internet: www.irenerodrian.de und www.llimona5.com



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