Robinson Jagd in der Tiefe
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-18400-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Englisch, 0 Seiten
ISBN: 978-3-641-18400-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
HUNTER KILLER - wenn der Jäger zum Gejagten wird ...
2009: In Saudi-Arabien wird ein Militärputsch geplant - schnell wachsen die Ängste vor einem Zusammenbruch des Ölexports und einer weltweiten Wirtschaftskrise. US-Admiral Morgan greift ein und sieht sich schon bald mit seinem Erzfeind, dem Terroristen Rashud, konfrontiert. Unnachahmlich vermag Patrick Robinson hochbrisante politische Szenarien zu entwerfen und mit genauester Kenntnis moderner Waffentechnologie durchzuspielen.Im Jahr 2009 plant der saudi-arabische Prinz Nasir das Regime seines Landes zu stürzen. Die herrschende dekadente Königsfamilie droht das Land durch ihre Ausschweifungen mehr und mehr in den Bankrott zu führen. Für seine Umsturzpläne kann der Prinz die französische Regierung gewinnen, die in einer geheimen Aktion mit U-Booten der Hunter-Killer-Klasse die saudi-arabische Erdölindustrie lahmlegen und gleichzeitig das Armeehauptquartier angreifen will. Leiten soll die Attacke Ravi Rashud - der weltweit meistgesuchte Terrorist.
Doch dem US-amerikanischen Admiral a. D. Arnold Morgan bleibt nicht verborgen, dass sich auf dem internationalen Erdölmarkt etwas tut. Er ahnt Schlimmes und kommt den Verschwörern schließlich auf die Spur. Ein erbittertes Duell mit seinem Erzfeind Rashud bahnt sich an.
Patrick Robinson, geboren in Kent/England, schrieb zahlreiche Sachbücher zum Thema Seefahrt und schaffte mit seinem aufsehenerregenden Debüt 'Nimitz Class' auf Anhieb den Durchbruch als Romanautor. Mit den folgenden U-Boot-Thrillern, die zu internationalen Erfolgen wurden und alle bei Heyne erschienen sind, konnte er sich im Genre Technothriller etablieren. Patrick Robinson lebt heute in Irland und den USA.
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KAPITEL EINS
Mittwoch, 6. Mai 2009
King Khalid International Airport, Riad
Die schwarze Cadillac-Stretchlimousine fuhr an der öffentlichen Anfahrtszone vorbei zu einem breiten Doppeltor, das von zwei bewaffneten Wachmännern bereits geöffnet worden war. An jedem Kotflügel des großen amerikanischen Wagens flatterten zwei Stander, die grünen und blauen Insignien der königlich-saudischen Marine. Beide Wachen salutierten, als die ihnen nur zu gut bekannte Limousine vorüberrauschte und zur breiten Piste des Terminal drei abbog, die für die staatliche Luftverkehrsgesellschaft Saudia reserviert war. In der Limousine saß ein einziger Passagier: Kronprinz Nasir Ibn Mohammed, der stellvertretende Verteidigungsminister. Zwei Wachposten salutierten ihm auf dem Weg zur Startbahn. Eine der neuesten königlichen Boeing 747 wartete bereits mit laufenden Triebwerken. Alle anderen Flüge wurden so lange zurückgestellt, bis der akribisch auf Pünktlichkeit bedachte Prinz in der Luft war. Nasir wurde vom Chefsteward und einem hochrangigen Marineoffizier zur Gangway des Flugzeugs begleitet. Da der Sohn des Prinzen, der 26-jährige Commodore Fahad Ibn Nasir, auf einer Fregatte im Roten Meer diente, wurde der Prinz bei seinen Reisen im Königreich immer wie ein Admiral behandelt. Er war der einzige Passagier an Bord. Sobald er in der ersten Klasse im Oberdeck Platz genommen hatte, wurde die Tür verschlossen, und der Pilot gab Schub. Das königliche Passagierflugzeug donnerte mit seiner leichten Fracht über die Startbahn und erhob sich in den klaren blauen Himmel und den warmen Südwind aus der Wüste, bevor es nach links in Richtung Golf abdrehte und dann nach Nordwesten, über den Irak hinweg nach Syrien. Es kam so gut wie nie vor, dass ein hohes Mitglied der Königsfamilie allein reiste und nicht einmal ein Leibwächter es begleitete, in diesem Fall jedoch war es anders. Denn die Boeing 747 würde noch nicht einmal die halbe Strecke zum eigentlichen Bestimmungsort des Prinzen zurücklegen. Er brauchte sie nur, um Saudi-Arabien offiziell in Richtung eines anderen arabischen Staates zu verlassen. Sein wahres Ziel aber war ein völlig anderes. Ein Koffer hinten im Oberdeck enthielt seine westliche Kleidung. Nach Erreichen der Flughöhe zog der Prinz ein blaues Hemd mit kastanienbrauner Hermès-Seidenkrawatte samt massivgoldener Krawattennadel in Gestalt eines Wüstensäbels an, darüber einen dunkelgrauen Anzug sowie einfache, in London handgefertigte schwarze Schuhe und dunkelgraue Socken. Außerdem enthielt der Koffer eine Aktentasche mit mehreren Dokumenten, die der Prinz nun herausnahm. Dann packte er seinen weißen arabischen thobe weg sowie die rot-weiß karierte ghutra mit dem agal, der doppelt geschlagenen Kordel, mit der die Kopfbedeckung befestigt wird. Er hatte den nach seinem verstorbenen Großonkel benannten Flughafen als Araber verlassen. Als internationaler Geschäftsmann würde er in Damaskus eintreffen. Nach der Landung zwei Stunden später wartete eine Limousine der saudischen Botschaft auf ihn und brachte ihn direkt zum mittäglichen Linienflug der Air France nach Paris. Die Passagiere waren bereits an Bord der Maschine. Keiner von ihnen wusste, dass sie nur auf die Ankunft des arabischen Prinzen warteten. Das Flugzeug stand abseits der Rollbahn, am vorderen Eingang war eine spezielle Gangway platziert worden. Genau davor hielt der Wagen des Prinzen Nasir, Air-France-Personal begleitete ihn anschließend an seinen Platz. Vier Reihen, insgesamt acht Sitze, waren im Namen der saudischen Botschaft gebucht worden. Prinz Nasir nahm auf Nummer 1A Platz. Die restlichen Plätze würden bis zu dem 35 Kilometer nördlich von Paris gelegenen Flughafen Roissy-Charles de Gaulle frei bleiben. Das Kabinenpersonal servierte ein von den Köchen der Botschaft zubereitetes Spezialmenü, Curryhuhn mit Reis auf indische Art, dazu Obstsaft und Süßgebäck. Prinz Nasir hatte als frommer Moslem noch nie in seinem Leben Alkohol angerührt und missbilligte jeden seiner Glaubensbrüder, der dies tat. Der verstorbene Prinz Khalid hatte viele Schwächen gehabt. Zweifellos wusste der Kronprinz von den Eskapaden dieses soeben verschiedenen Mitglieds seiner Familie. Sie flogen über die Türkei und die Balkanstaaten hinweg, überquerten schließlich die Alpen, gingen über dem fruchtbaren Ackerland südlich der Ardennen in den Sinkflug, passierten die Seine und landeten nordwestlich von Paris. Erneut musste sich Prinz Nasir keinerlei Kontrollen unterziehen. Er stieg vor allen anderen Passagieren aus, benutzte dazu eine eigene Gangway, vor der bereits ein schwarzer Wagen des französischen Staates wartete, um ihn zum schwer bewachten Élysée-Palast zu fahren, seit 1873 Amtssitz des französischen Staatspräsidenten. In Paris war es kurz nach 16 Uhr, der Flug von Damaskus hatte fünf Stunden gedauert, wobei er zwei Stunden durch die Zeitverschiebung gewonnen hatte. Zwei Beamte erwarteten ihn am präsidialen Privateingang und begleiteten ihn unverzüglich in die Präsidentenwohnung im ersten Stock, die einen wunderbaren Blick auf die Rue de l’Élysée gestattete. Der Präsident empfing ihn in einem weiträumigen modernen Salon, in dem sechs atemberaubende impressionistische Gemälde hingen – zwei Renoir, zwei Claude Monet und jeweils eines von Degas und Pissarro, Bilder, die auch für 100 Millionen Dollar nicht käuflich zu erwerben gewesen wären. Der Präsident begrüßte Prinz Nasir in tadellosem Englisch, der Sprache, auf die man sich bereits im Vorfeld geeinigt hatte. Ebenso war vereinbart worden, dass niemand zugegen sein sollte, keine Minister, keine Privatsekretäre, keine Dolmetscher. Die folgenden zwei Stunden vor dem Abendessen würden in einem privaten Rahmen stattfinden, der in der internationalen Politik wenn überhaupt nur selten gegeben war. »Guten Tag, Eure Hoheit«, begrüßte ihn der Präsident. »Ich hoffe, die Reisevorkehrungen meines Landes waren zu Ihrer Zufriedenheit.« »Sie waren absolut perfekt«, erwiderte der Prinz lächelnd. »Es hätte nicht besser sein können.« Die beiden Männer kannten sich flüchtig, konnten aber kaum als Freunde, geschweige denn als Blutsbrüder bezeichnet werden. Noch nicht jedenfalls. Die Tür zum Salon wurde geschlossen, und zwei uniformierte, zur Wachmannschaft gehörende Posten bezogen draußen im Gang Stellung. Der Präsident schenkte seinem Gast Kaffee aus einem Silberservice ein, das auf einem wunderbaren napoleonischen Sideboard stand. Prinz Nasir beglückwünschte den Präsidenten zur Schönheit des Möbelstücks und vernahm erfreut dessen Antwort: »Es hat wahrscheinlich Bonaparte selbst gehört – der Élysée-Palast wurde im 19. Jahrhundert von Napoleons jüngster Schwester Caroline bewohnt.« Prinz Nasir verehrte die französischen Traditionen. Er war ein hochgebildeter Mann, hatte nicht nur einen in Harvard erworbenen Bachelor of Arts in englischer Literatur, sondern auch eine maîtrise in europäischer Geschichte von der Universität Paris. Zu wissen, dass Bonaparte selbst von diesem Sideboard aus bedient worden war, verlieh dem Kaffee sogleich einen noch volleren Geschmack. »Also, Eure Hoheit«, sagte der Präsident, »nun müssen Sie mir aber erzählen, warum Sie mich auf diese höchst vertrauliche Weise und so kurzfristig zu sprechen wünschten.« Nur allzu gut wusste er, wie die meisten Araber von hoher Abstammung sich in solchen Situationen verhielten: Sie redeten erst eine halbe Stunde lang über jedes erdenkliche Thema, bevor sie zum Eigentlichen kamen. Prinz Nasir war sich natürlich bewusst, dass Zeit in diesen Kreisen äußerst kostbar war. Der zur Glatze neigende, stämmige Politiker vor ihm hatte sich schließlich um ein ganzes Land zu kümmern. Er entschied, seine Worte mit Bedacht zu wählen. »Monsieur«, begann er, »mein Land befindet sich im letzten Stadium des Niedergangs. In den vergangenen 20 Jahren ist es der Herrscherfamilie – meiner eigenen Familie – gelungen, über 100 Milliarden Dollar der staatlichen Geldreserven auszugeben. Wahrscheinlich verfügen wir mittlerweile nur noch über 15 Milliarden. Und bald werden es zehn Milliarden sein, dann fünf. Vor 20 Jahren noch wurde dem Volk ein großzügiger Anteil an dem Ölreichtum gewährt, mit dem Allah unser Land gesegnet hat. Etwa 30 000 Dollar pro Person und Jahr. Heute liegt dieser Betrag bei etwa 7000 Dollar. Weil wir uns mehr nicht leisten können.« »Aber Sie besitzen doch 25 Prozent der weltweiten Ölreserven ...« Prinz Nasir lächelte. »Unser Problem, Monsieur, ist nicht die Schaffung von Wohlstand. Wir könnten das moderne Saudi-Arabien jederzeit aufgeben, wieder in die Wüste zurückkehren und dort darauf warten, dass die Kassen durch die gewaltigen Öleinnahmen aufgefüllt werden und wir wieder zu den reichsten Nationen der Welt gehören. Aber natürlich ist das nicht praktikabel. Nein, unser Problem ist die skrupellose Geldverschwendung durch die unrettbar verdorbene Herrscherfamilie. Ein hoher Prozentsatz dieser Ausgaben geht unmittelbar auf das Konto der Familie. Abertausenden Prinzen wird ein Lebensstil ermöglicht, den die Erde nicht mehr gesehen hat, seit ... nun ja, seitdem die bourbonische Königsfamilie über Ihr Land geherrscht hat. Ich habe es oft genug gesagt: Saudi-Arabien ist mit dem vorrevolutionären Frankreich zu vergleichen. Monsieur le President, ich beabsichtige, den tapferen Klassenkämpfern des ausgehenden 18. Jahrhunderts nachzueifern. Ich möchte dafür sorgen, dass auch in meinem Land die Rechte des Adels beschnitten werden.« Die sozialistischen Neigungen des Präsidenten waren nur allzu bekannt. So hatte sein Aufstieg...