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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 77, 64 Seiten

Reihe: Skull Ranch

Roberts Skull-Ranch 77

Hondo, das Halbblut
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7517-3154-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Hondo, das Halbblut

E-Book, Deutsch, Band 77, 64 Seiten

Reihe: Skull Ranch

ISBN: 978-3-7517-3154-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Reglos lauscht Hondo, das Halbblut, in die Nacht. Irgendetwas weckte ihn, aber draußen bleibt alles still. Lautlos huscht er zum Fenster seines kleinen Hauses. Behutsam hebt er den Vorhang an und späht hinaus.
Die Nacht ist stockfinster. Der Mond ist hinter den Wolken verborgen. Kein Stern steht am Himmel.
Er weiß, dass draußen zwischen den Hügeln und Büschen die Weißen lauern. Sie wollen ihn, das Halbblut, vertreiben und sein Land an sich reißen.
Und wenn Hondo nicht aufgibt, werden sie ihn töten...

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Hondo,
das Halbblut

von Dan Roberts

Reglos lauscht Hondo, das Halbblut, in die Nacht. Irgendetwas weckte ihn, aber draußen bleibt alles still. Lautlos huscht er zum Fenster seines kleinen Hauses. Behutsam hebt er den Vorhang an und späht hinaus.

Die Nacht ist stockfinster. Der Mond ist hinter den Wolken verborgen. Kein Stern steht am Himmel.

Er weiß, dass draußen zwischen den Hügeln und Büschen die Weißen lauern. Sie wollen ihn, das Halbblut, vertreiben und sein Land an sich reißen.

Und wenn Hondo nicht aufgibt, werden sie
ihn töten ...

Der Halbindianer gleitet auf seinen Mokassins zur Tür. Die Winchester steht direkt neben dem Pfosten. An einem Nagel, oben über dem Rahmen, hängt ein Revolver.

Mit sicherem Griff hebelt Hondo eine Patrone in das Lager des Gewehres. Er steckt sich den Colt in den Hosenbund.

Sekundenlang überlegt der Mann mit der bronzefarbenen Haut, bevor er den Bogen und den Köcher mit den gefiederten Pfeilen zurechtstellt. Eine schwache Ahnung sagt ihm, dass er die Waffen der Vorfahren brauchen wird.

Schließlich ertastet er das Stirnband, das er als Kind von seiner Mutter erhielt. Er weiß, dass dieses helle Band so etwas wie ein Ausweis ist, sollte er auf den Stamm stoßen.

Hondo verschwendet keinen Blick und keinen Gedanken an das Blockhaus, seine Vorräte und sein Eigentum. Er weiß, dass alles verloren ist. Flüchtig denkt er an den Mais, der bald reif sein wird. Der Halbindianer verspürt Kummer. Er erbte das Land von seinem Vater und bebaute es. Niemals stahl er, niemals hatte er Streit, weder mit einem weißen noch mit einem roten Mann.

Und jetzt kommen sie, die weißen Halunken, und wollen ihm sein Land nehmen.

Hondo hebt das Gewehr. Sein Instinkt gab ihm ein, dass die Angreifer in den nächsten Sekunden heranjagen werden.

Und dann kommen sie!

Vier, fünf Schüsse krachen. Die Kugeln bohren sich in die dicken Stämme des Blockhauses.

»Hondo! Hondo Yates, komm raus!«, gellte eine Stimme. »Komm raus, oder wir holen dich, du roter Bastard.«

Statt einer Antwort drückt der Halbindianer ab. Einer der Reiter wird im Sattel zurückgestoßen.

Wütend brüllen Kerle auf. Auf einmal donnern mehr als anderthalb Dutzend Revolver. In Zickzacksätzen preschen die Pferde heran. Die Reiter ducken sich in den Sätteln zusammen. Links und rechts der Pferdeköpfe blüht es orangerot auf. Immer wieder klatscht heißes Blei in die Stämme. Eine Kugel fährt durch die Scheibe. Eine Unzahl kleiner Glassplitter bohrt sich in Hondos Gesicht.

Er jagt Schuss um Schuss aus dem Gewehr. Auf einmal klickt es nur, das Röhrenmagazin ist leer.

Aber noch immer feuern die Angreifer. Sicher, sie haben Verluste, aber noch sind sie dem einzelnen Mann im Blockhaus überlegen. Noch halten sich zehn Männer auf den Pferden und lassen ein Bleigewitter los, als führten sie Krieg.

Hondo lässt die Winchester fallen. Langsam öffnet er die Tür. Als der Spalt breit genug ist, schlüpft er ins Freie. Mit dem Rücken zur Wand mustert der Halbindianer die Umgebung. Er kennt jeden Stein, jede Unebenheit des Bodens seit seiner Kindheit, denn hier wuchs Hondo auf.

Die Angreifer haben einen weiten Halbkreis gebildet. Hondo huscht zur Ecke seines Hauses. Er presst die Lippen zusammen, als er weiter hinten etwa fünf Pferde ausmacht. Die Kerle wollen ihn heraustreiben und auf ihre Kumpane zutreiben.

»Viel Aufwand für einen einzelnen Mann«, sagt Hondo kaum hörbar.

Auf einmal fällt kein Schuss mehr.

»Hast du genug, Bastard?«, brüllt ein Mann fragend. »Das war erst der Anfang. Gib auf, komm aus deiner Dreckshütte raus. Wir lassen dich laufen, Hondo Yates. Ja, du kannst abziehen, wenn du ein Papier unterschrieben hast. Wie ist es? Es lohnt sich nicht, für ein Stück Land zu sterben.«

Hondo zieht den Revolver aus dem Hosenbund und zielt lange. Er kann die Gegner kaum erkennen.

Aber jetzt reißt die Wolkendecke auf!

Hondo kennt den Mann nicht, der ungefähr zwanzig Yards entfernt auf einem Rappen sitzt und beide Hände als Schalltrichter um den Mund gelegt hat.

»Komm schon raus, du verdammter Indianer!«, brüllt der Kerl. »Wenn wir dich holen, schneiden wir dir das Fell in Streifen!«

Hondo lacht bitter auf und ruft scharf: »So sehen also eure Versprechen aus, was? Ich denke, ich kann abziehen.«

Der Kerl richtet sich im Sattel steil auf. Er spürt wohl, dass die Stimme nicht aus dem Blockhaus kommt.

Hondo zieht durch.

Der Angreifer wirft die Arme hoch und fällt nach hinten. Sein Pferd springt erschreckt zur Seite, als sich das Gewicht auf seinem Rücken plötzlich anders lagert.

Der Mann landet auf dem Boden.

Das Pferd, denkt Hondo, ich muss das Pferd haben!

Wie eine Schlange gleitet er zu Boden und kriecht vorwärts.

»Feuer! Gebt's dem verfluchten Roten!«, schreit ein anderer Mann.

Die Kerle schießen aus allen Rohren. Hondo hat noch fünf Schuss in der Trommel. Die will er sich aufsparen, bis er mit dem Pferd davonjagt.

Das Tier ist nervös, aber unter den kundigen Händen des Halbindianers beruhigt es sich etwas. Es schnaubt, als sich Hondo vorsichtig in den Sattel zieht.

Willig gehorcht das Pferd dem Zügeldruck. Es dreht sich herum, geht an und marschiert zur Seite davon.

Jetzt haben die Angreifer den Flüchtenden entdeckt!

»Er verschwindet, gebt es ihm, los!«, brüllt einer der Halunken.

Hondo drückt ab, bis kein Schuss mehr in der Trommel ist. Er kann sich nicht vergewissern, ob er getroffen hat, er gibt dem Pferd die Zügel frei.

Mit weiten Sätzen jagt der Rappe davon.

Eine Kugel fährt über Hondos Schulter. Wie ein Peitschenhieb brennt die Wunde. Die Gewehre hämmern Schuss auf Schuss heraus. Das dumpfe Wummern der Revolver mischt sich in das Peitschen der Winchesters.

Der Rappe wird noch schneller. Hondo hat ein hervorragendes Pferd erwischt. Aber der Kugelhagel ist zu dicht. Auf einmal wiehert das Tier vor Schmerz grell auf. Es bricht zur Seite hin aus, steigt vorne hoch und fährt wild mit den Hufen durch die Luft.

Als die Eisen auf den Boden schmettern, bricht der Rappe in die Knie. Hondo zieht beide Füße aus den Steigbügeln. Er macht sich bereit, mit einem gewaltigen Satz davonzuspringen, wenn das Pferd zusammenbricht.

Und da knickt das Tier auch mit der Hinterhand ein.

Der Halbindianer zögert keine Sekunde mehr. Er zieht die Beine an den Leib, stemmt die Mokassins gegen das Sattelleder und schnellt sich wie eine Raubkatze davon.

Das Pferd atmet röchelnd, schnarchend. Hondo landet zwischen einigen stacheligen Büschen, zerreißt sich die Haut der Hände und des Gesichtes, bevor er auf den Boden prallt.

Schlangengleich dreht sich der Mann. In einer fließenden Bewegung zieht er den Bogen von der Schulter. Eine halbe Sekunde später liegt ein Pfeil auf der Sehne.

Hondo hat nur noch die Waffen seiner Vorväter. Colt und Winchester sind leergeschossen, liegen irgendwo im Gelände.

Und da rasen auch schon die weißen Halunken heran!

Blitzschnell verschießt Hondo sechs Pfeile. Trotz des schwachen Mondlichtes trifft er genau. Gellende Schreie beweisen ihm, dass seine Geschosse die Schufte erwischten.

»Zurück, verdammt, zurück!«, schreit ein Mann, »wer weiß, ob der rote Hurensohn die Pfeile nicht vergiftet hat! Wir bleiben ihm auf der Spur. Irgendwann erwischen wir den Kerl.«

Hondo nutzt geschickt jede Deckung aus. Er rennt geduckt von Schatten zu Schatten. Die Angst der Angreifer vor vergifteten Pfeilen ist Hondos Chance. Er nutzt sie und arbeitet sich weiter vor. Nach wenigen Minuten gleitet der Halbindianer in sein Maisfeld. Dicht am Boden kriecht er zwischen den Pflanzen davon. Er will nach Osten, nach Shiprock. Denn in der kleinen Stadt bekommt er Hilfe, das weiß er genau. Und nichts braucht Hondo Yates jetzt dringender als Hilfe.

Während er sich durch den Mais arbeitet, wird ihm klar, dass er das Land verlassen muss. Auf einmal verspürt Hondo auf der Zunge einen bitteren, galligen Geschmack. Das hier ist seine Heimat, sein Land. Er kann nicht bleiben, kann nicht um sein Land kämpfen, denn die Weißen sind zu zahlreich und zu stark.

Hondo tastet nach dem hellen Stirnband, das er im Hemd verwahrte. Für ihn gibt es nur eine Chance. Er muss es versuchen, auch wenn seine Mutter nach ihrer Heirat mit einem Weißen nicht mehr dem Stamm angehörte; er muss versuchen, die Kiowa zu erreichen. Denn nur dort kann er Hilfe finden, Hilfe gegen die weißen Eroberer, die ihm sein Land nehmen wollen.

Als Hondo weit genug entfernt ist, richtet er sich auf. Angestrengt horcht der Mann mit der bronzefarbenen Haut in die Nacht.

Weit entfernt schreit eine Eule. Kurz darauf hört der Halbindianer das angstvolle Fiepen einer Maus. Sie wurde die Beute des nächtlichen Jägers.

Kein Verfolger ist auf Hondos Fährte.

Zufrieden lächelnd richtet sich der Mann auf. Er schaut sich um, bevor er losläuft. Alles ist ruhig. Nach hundert Schritten wird Hondo langsamer. Er weiß genau, wie er laufen muss. Seine Mutter lehrte es ihn, als er noch klein war.

Hundert...



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