E-Book, Deutsch, Band 56, 64 Seiten
Reihe: Skull Ranch
Roberts Skull-Ranch 56
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-1370-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Alabama-Halunken
E-Book, Deutsch, Band 56, 64 Seiten
Reihe: Skull Ranch
ISBN: 978-3-7517-1370-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mit lauernden Blicken mustert das Banditen-Quartett die steilen Felswände beiderseits der alten Postkutschenstraße. Der Ort ist wie geschaffen für einen Überfall.
Die Hopkins-Brüder, ihre Schwester Angie und ihr Anführer Roscoe Murdock sind auf dem langen Trail von Alabama nach Colorado. Hinter ihnen liegt eine blutige Spur von Verbrechen. Ihr Steckbrief ziert so manches Sheriff's Office. Und deshalb wollen die Alabama-Halunken nach diesem Überfall für eine Weile untertauchen. Bei ihrem ehemaligen Nachbarn John Morgan auf der Skull-Ranch ...
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Alabama-Halunken
von Dan Roberts
Mit lauernden Blicken mustert das Banditen-Quartett die steilen Felswände beiderseits der alten Postkutschenstraße. Der Ort ist wie geschaffen für einen Überfall.
Die Hopkins-Brüder, ihre Schwester Angie und ihr Anführer Roscoe Murdock sind auf dem langen Trail von Alabama nach Colorado. Hinter ihnen liegt eine blutige Spur von Verbrechen. Ihr Steckbrief ziert so manches Sheriff's Office. Und deshalb wollen die Alabama-Halunken nach diesem Überfall für eine Weile untertauchen. Bei ihrem ehemaligen Nachbarn John Morgan auf der Skull-Ranch ...
Der mittelgroße Mann zügelt sein Pferd und blickt nach hinten.
Seine Gefährten lassen ihre Tiere langsam gehen und grinsen. Es liegt etwas Hinterhältiges, Brutales in diesen Gesichtern.
Und selbst die junge Frau wirkt, als sei sie zu allem fähig.
»Hier?«, fragt einer der beiden Reiter nur.
»Ja, hier«, antwortet der Mittelgroße, »ich denke, wir haben eine gute Chance, an ein paar Dollars zu kommen.«
»Wann fährt die Kutsche hier vorbei?«, fragt der zweite Mann, dessen Schultern auffällig breit sind.
»Randy, ich weiß es nicht«, antwortet der Mittelgroße. »Wir warten ebenso lange.«
»Nun gut, Roscoe, aber ich habe Hunger«, sagt Randy.
Roscoe Murdock seufzt.
Dieser verfressene Randy Hopkins, denkt der Anführer der Reiter. Er wird eines Tages seinen letzten Cent in Essen umgesetzt haben, und dann steht er verloren da. Ohne seinen Bruder Sid und seine Schwester Angie wäre er schon lange in irgendeinem Jail gelandet oder aufgehängt worden. Er ist wirklich ein Dummkopf.
Sid, Randy und Angie haben die blonden Haare und die strahlend blauen Augen ihrer Mutter geerbt.
Und vom Vater bekamen sie die Ruhelosigkeit und die Gemeinheit mit.
Sie alle drei sind wild und zu jeder Schandtat fähig. Und bestimmt hätten sie schon lange das Ende ihres zügellosen Lebens erreicht, wenn sich Roscoe Murdock nicht der ehemaligen Nachbarn angenommen hätte.
Als der Krieg zu Ende war, die fürchterliche Auseinandersetzung zwischen Nord- und Südstaaten, kamen die Gebrüder Hopkins und Murdock nach Alabama zurück.
Es war alles tot, zerstört. Kaum ein Haus war unbeschädigt geblieben. Und die Yankee-Soldaten besaßen die absolute Macht.
Nur Angie hatte sich gut durchgeschlagen. Mit sicherem Instinkt machte sie sich an einen Hauptmann heran, den sie aber bald gegen einen Major eintauschte.
Angie ging es gut unter der Besatzung. Es sprach sich schnell herum, dass sie mit ihrer Gunst ziemlich großzügig umging.
Aber die Nachbarn in Alabama beachteten die junge Frau nicht mehr. Sie ließ sich mit den verdammten Blaujacken ein, und das war beinahe noch schlimmer als der verlorene Krieg.
»Hoffentlich bekommen wir so viel, dass wir uns mal wieder in einem richtigen Bett ausschlafen können«, sagt Angie mit dunkler, voller Stimme. »Ich habe die Nase vom freien Himmel voll, Jungs.«
Sid lachte und meinte anzüglich: »Wie dein Ausschlafen aussieht, kann ich mir schon denken. Ich brauche bloß Roscoe anzusehen. Er sieht ziemlich zerrupft aus.«
Murdock grinst nur, und auch das Mädchen lacht.
Ihre Brüder wissen, dass sie was mit Roscoe angefangen hat, aber es stört weder Sid noch Randy.
Sie sind der Meinung, dass Angie alt genug ist, um zu wissen, was sie tun oder lassen muss.
Und sie alle drei sind ruhelos, auf dem langen Trail, der nirgendwohin führt.
Denn niederlassen können sie sich nicht. Es wäre zu gefährlich. Irgendwann einmal kommt jemand, der sie kennt, und dann spielt der Teufel zum Tanz auf.
Viele Überfälle gehen auf das Konto dieser vier Menschen. Seit sie von Alabama nach Westen zogen, frischten sie ihre Vorräte und ihr Geld mit der Beute aus Überfällen auf.
Roscoe blickt zur Straße, die hier durch einen Einschnitt zwischen hohen Felsen verläuft.
Der Ort ist für einen Überfall wie geschaffen. Und sicher wissen das auch die Kutscher und Begleiter. Sie werden aufmerksam sein, aber gegen vier Gewehre können sie nicht viel ausrichten.
»Wir bleiben auf dieser Seite«, sagt Roscoe Murdock und streicht sich über das sandfarbene Haar.
Der mittelgroße Mann verspürt Unbehagen in sich, eine schwache Warnung, die er sich nicht erklären kann.
»Warum verteilen wir uns nicht?«, fragt Randy erstaunt. »Du hast uns doch mal gesagt, dass man den Gegner in die Zange nehmen muss, Roscoe.«
»Weil ich es so will«, antwortet Murdock hart.
Er spricht nicht von seiner Vorahnung. Es hätte keinen Sinn, die Geschwister Hopkins würden ihn auslachen.
»Lass es, Randy«, sagt Sid sanft, »wir sind bisher immer gut mit Roscoe gefahren. Glaub mir, er weiß, was er tut.«
Angie kichert und strahlt Murdock an.
»Führt die Pferde so weit zurück, dass sie nicht gesehen werden können«, befiehlt Roscoe. »Aber sorgt dafür, dass die Tiere nicht gefesselt sind.«
Sid sieht den älteren Mann lange an und fragt: »Hast du Vorahnungen, Captain?«
Murdock zieht die Schultern hoch und murmelt: »Weiß nicht, kann sein. Auf jeden Fall müssen wir vorbereitet sein. Ich habe keine Lust, an einem Strick zu baumeln und Schaukel für die Krähen zu spielen.«
Sid lacht humorlos auf und meint: »Dazu haben wir alle keine Lust. Aber was ist, wenn deine Ahnung eintrifft? Wohin reiten wir?«
Roscoe grinst wölfisch und sagt: »Nach Colorado trailen wir dann, Sid. Du erinnerst dich doch noch an John Morgan, oder?«
»Sicher, wir nannten ihn immer Onkel John!«, ruft Angie. »Und er hat doch auch eine Tochter, Mary-Lou. Sie war ein hochnäsiges Biest. Aber im Krieg verging ihr das.«
»Was ist mit Onkel John?«, fragt Randy.
»Er besitzt im Herzen von Colorado eine Ranch«, antwortet Murdock gedehnt. »Und er ist aus Alabama, genau wie wir. Wenn wir wegmüssen, kriechen wir bei John unter. Er wird seinen alten Nachbarn doch bestimmt einen Gefallen tun.«
Sid wiegt bedenklich den Kopf und meint: »Er ist ein eisenharter Kerl, unser ehemaliger Nachbar. Und für ihn stand stets fest, was Recht war. Glaubst du, er nimmt uns auf?«
Murdock verzieht sein Gesicht zu einem boshaften Lächeln und antwortet: »Wir müssen ihm ja nicht auf die Nase binden, was wir in den letzten Jahren getrieben haben.«
»Hoffentlich begreift Randy das«, sagt Angie seufzend.
Der Breitschultrige dreht sich im Sattel, blickt seine Schwester böse an und sagt: »Du hältst mich wohl für einen Dummkopf, Angie, was?«
»Wie hast du das nur erraten?«, fragt sie zurück. »Du bist wirklich manchmal etwas begriffsstutzig, Randy.«
Er lächelt schlau und meint: »Aber nicht, wenn es um meinen Hals geht!«
»Ruhe«, befiehlt Murdock scharf und hebt die Hand.
Er lauscht und nickt nach einer Weile.
»Macht euch fertig«, sagt er. »Angie, bring die Pferde weg und gib uns mit deinem Gewehr Deckung.«
Alle sitzen ab, recken sich und nehmen die Gewehre aus den Scabbards.
Die Waffen sind gepflegt, wenn auch die Ausrüstung der vier Reiter alt und schäbig wirkt.
Sid, Randy und Angie ziehen die Halstücher über Mund und Nase.
Die junge Frau ist wie ihre Brüder gekleidet. Und wären nicht die entsprechenden Rundungen, so könnte sie als Mann gelten, wenn sie einen Hut trägt, der das halblange, hellblonde Haar verbirgt.
Angie treibt die Pferde so weit zurück, dass sie nicht gesehen werden können.
Murdock zieht sein Halstuch hoch und sagt gedämpft: »Also, wie immer, Jungs, Randy schießt das vordere Deichselpferd ab. Sid nimmt den Kutscher, wenn er sich wehrt, und ich besorge das Reden.«
Die beiden Männer nicken nur.
Ihre blauen Augen wirken hart und gefühllos, und die hochgezogenen Halstücher verstärken diesen Ausdruck noch.
Und dann rollt die Kutsche in den Hohlweg.
Randy reißt die Winchester an die Schulter.
Der Schuss peitscht, und das vordere Zugtier bricht zusammen.
»Hooooohh, hooooooooh, anhalten, ihr Ziegenböcke!«, brüllt der Mann, der die Zügel hält.
Er reißt an den Leinen und stemmt den linken Fuß auf das Pedal der Bremse.
Die Eisenreifen reiben quietschend über den Bremsklotz, und dann steht die schwere Concord-Kutsche.
Der Fahrer bleibt reglos sitzen. Er weiß, wie es weitergeht.
Aber der zweite Mann auf dem Bock rechnet sich wohl eine Chance aus. Er greift unter den Sitz, reißt eine Winchester heraus und springt mit einem gewaltigen Satz zu Boden.
Er federt in den Knien, will in die Deckung des Wagenkastens laufen, als ein Gewehr peitscht.
Der Beifahrer dreht sich um sich selbst, lässt seine Winchester fallen und bricht zusammen.
»Das ist keine Sonntagsschulstunde!«, brüllt Roscoe Murdock. »Euch geschieht nichts, wenn ihr vernünftig seid. Habt ihr das kapiert?«
Der Kutscher winkt mit der Rechten.
»Alles...




