E-Book, Deutsch, Band 49, 64 Seiten
Reihe: Skull Ranch
Roberts Skull-Ranch 49
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-1363-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Westwärts in den Tod
E-Book, Deutsch, Band 49, 64 Seiten
Reihe: Skull Ranch
ISBN: 978-3-7517-1363-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Es ist soweit. Der Treck, der nach mörderischen Strapazen Colorado erreichte und im Bluegrass Valley lagerte, zieht weiter. Als Scouts reiten drei Männer von der Skull mit, denn der Weg in den Goldenen Westen birgt viele Gefahren. Schier unüberwindliche Gebirge, Salzwüsten und kriegerische Indianer lassen den California-Trail für viele zur Endstation werden. Ausgebleichte Knochen und Wagentrümmer zeugen von tödlichen Katastrophen. Gelingt es den Männern von der Skull, ihren Auftrag zu erfüllen ...
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Westwärts in den Tod
von Dan Roberts
Es ist so weit. Der Treck, der nach mörderischen Strapazen Colorado erreichte und im Bluegrass Valley lagerte, zieht weiter. Als Scouts reiten drei Männer von der Skull mit, denn der Weg in den Goldenen Westen birgt viele Gefahren. Schier unüberwindliche Gebirge, Salzwüsten und kriegerische Indianer lassen den California Trail für viele zur Endstation werden. Ausgebleichte Knochen und Wagentrümmer zeugen von tödlichen Katastrophen.
Gelingt es den Männern von der Skull, ihren Auftrag zu erfüllen, oder heißt es auch für sie: Westwärts in den Tod?
Doc Smoky bearbeitet die eiserne Pfanne mit einem Hammer.
Hell klingt das Metall, und die Schläfer richten sich in ihren Cowboybetten auf.
Ein paar Männer fluchen schlaftrunken. Ihnen ist, als hätten sie erst zwei oder drei Stunden geschlafen.
Es ist noch mächtig früh, und die Sonne schickt gerade die ersten Lichtstreifen über die Bergkämme des Ostens.
Doc Smoky ist schon seit beinahe zwei Stunden auf den Beinen. Er weiß, dass den Reitern ein harter Tag bevorsteht, und treibt sie erbarmungslos aus ihren Decken.
»Los, los, ihr Faulpelze!«, schreit der Koch mit fistelnder Stimme. »Raus mit euch, das Frühstück ist fertig! Wenn ihr euch nicht beeilt, werfe ich das Zeug in den Bach!«
Die Männer rollen ihre Betten zusammen und marschieren steifbeinig zu dem kleinen Wasserlauf, an dem sie sich waschen.
Smoky häuft Speck, Schinken und Eier auf die ersten Blechteller.
Die Rückwand des Küchenwagens ist heruntergeklappt. Der Koch stellt eine lange Reihe von Blechbechern auf und nimmt eine große, zerbeulte Metallkanne vom Feuer.
Geschickt füllt Smoky die Becher mit dem starken, heißen Kaffee.
Kaffee muss so stark sein, dass er einen Mann in den Sattel hebt und einen drei Tage toten Indianer erzittern lässt – so lautet ein Sprichwort der Treibherdencowboys.
Und Doc Smoky kocht einen höllischen Kaffee!
Brazos ist der Round-up-Captain.
Der mächtige Cowboy marschiert als Letzter zum Chuckwagen und starrt auf den Teller, den ihm Doc Smoky hinhält.
»Soll das ein Scherz sein, du vertrockneter Pfannenschwenker?«, fragt Brazos grollend. »Das ist doch kein Frühstück! Das ist noch nicht mal genug, um einen hohlen Zahn zu füllen.«
»Trödel nicht so rum. Du hast wohl keine Lust zu arbeiten«, knurrt Smoky.
Brazos geht zur Seite, angelt sich mit der Linken einen Becher Kaffee und murmelt: »Als ob man sich an dieser Zwergenportion lange aufhalten könnte.«
Er nimmt einen gewaltigen Schluck Kaffee und brummt zufrieden.
Und innerhalb weniger Sekunden ist der Teller leer!
»Kaffee ist noch da, für alle!«, ruft Doc Smoky.
Die Männer drängeln sich fröstelnd um den Küchenwagen, vor dem noch drei Feuer brennen, und halten ihre Becher hin.
Es ist noch kühl am Morgen. Der Frühling hat gerade erst begonnen, und es dauert eine Weile, bis die Sonne das Bluegrass Valley im Herzen von Colorado erwärmt hat.
Brazos starrt in seinen Becher und trinkt ihn dann leer.
Seufzend stellt er das zerbeulte Gefäß auf die Klappe und sagt: »Zu Mittag will ich etwas Richtiges zwischen die Zähne bekommen, du nachgemachter Pfannenschwenker. Ich suche selbst drei Kälber aus. Und wenn es zu Mittag nicht ausreichend Fleisch gibt, stopfe ich dich in einen Dutch-Ofen und mache eine Knochensuppe aus dir.«
»Bring mir Fleisch, und ich brate es«, antwortet Doc Smoky ungerührt. »Aber bring es gleich und nicht zehn Minuten vor Mittag, klar?«
Brazos grinst und reibt sich seinen breiten Nacken.
»Aufsitzen, los, los, was steht ihr hier rum!«, brüllt der Round-up-Vormann. »Facht das Brennfeuer an. Die Kreisreiter in die Sättel. Wir haben zu tun, Leute.«
Sekunden später lenken die Kreisreiter ihre Weidepferde vom Lager weg zu den halbwilden Longhorns, die sich während der Nacht gelegt hatten.
Unruhe kommt zwischen den Tieren auf, als die merkwürdigen Wesen, die halb Mensch und halb Pferd zu sein scheinen, sie umkreisen.
»Hooooooo, auf ihr müden Tanten«, ruft einer der Männer, »macht, dass ihr auf die Beine kommt!«
Die Longhorns stehen auf, schütteln die Köpfe und betrachten misstrauisch die Reiter, die ihren Kreis immer enger ziehen und die Rinder in Richtung Brennfeuer treiben.
Einem jungen Stier scheint das überhaupt nicht zu gefallen.
Er senkt den Kopf, stößt mit den Hörnern nach rechts und links und brummt drohend.
Aber er macht einen Fehler, denn er sucht sich Shorty aus. Und der kleine Cowboy ist einer der besten Rindermänner, wenn er auf dem Boden auch eher einem krummbeinigen Zwerg gleicht.
»Na, du kleines Bübchen«, frotzelt Shorty, »hast du schlecht geschlafen? Hättest deiner Mami nicht weglaufen sollen. Vielleicht hätte sie dich jetzt getröstet.«
Wild und zornig brüllt der junge Stier auf.
Sein Schwanz richtet sich steil auf.
In der nächsten Sekunde wird der Zweijährige angreifen!
Und so ist es auch.
Er senkt den mächtigen Schädel, und die nadelspitzen Hörner ragen wie zwei Stoßdegen weit vor.
Der Bulle stampft mit den Hufen wild den Boden. Grassoden fetzen unter den Hieben davon.
Und dann rast er los!
Shorty sitzt wachsam im Sattel.
Im letzten Moment stößt der kleine Cowboy einen schrillen Schrei aus und reißt am Zügel.
Mit einem katzenartigen Satz springt das klapprig aussehende Pferd zur Seite, und der junge Stier jagt an dem Reiter vorbei.
Kichernd sieht Shorty dem verrückten Burschen nach.
Aber auch der Kleine hat sich zu früh gefreut, denn der Jungstier beschreibt einen Bogen, wirft den Schädel hoch und brüllt seinen Zorn heraus.
Plötzlich senkt er den Kopf und rast erneut auf den Cowboy los.
Shorty spürt, wie sich das Pferd unter ihm steif macht.
Und als der Bulle heransaust, springt der Klepper, den der Kleine einst von Big Nose geschenkt bekam, wiederum zur Seite.
»Du verrückter Toro!«, schimpft Shorty laut. »Ich möchte wissen, was mit dir los ist.«
Witternd hebt der Bulle den Schädel und kommt zögernd ein paar Schritte näher.
Er schnauft, dass kleine Dampfwolken von seinen Nüstern aufsteigen.
Und dann scharrt er wahrhaftig mit dem Vorderhuf!
Verblüfft starrt Shorty auf das Tier und bricht in helles Gelächter aus.
»Du bist wahrhaftig verrückt, Freundchen. Aber keine Angst, du bist ein richtiger Stier, wie wir Texascowboys ihn lieben. Du könntest eigentlich Old Mossys Nachfolger werden.«
Und dann umkreist der kleine Cowboy den Stier und entdeckt, dass er noch keinen Brandstempel und keine Ohrmarkierung hat.
»Donnerwetter«, sagt Shorty anerkennend, »du hast zwei Winter alleine überlebt, was? Du bist ein ganz zäher Kerl, und ich wette, dass du irgendwo auch schon deinen Harem versteckt hältst. Komm zum Feuer, komm schön, du bekommst einen feinen Brandstempel, und dann darfst du mich zu deinen Damen führen.«
Zögernd setzt sich der Bulle in Bewegung, als Shortys Pferd ihn bedrängt.
Shorty ist sicher, dass er recht hat. Denn ein solcher kräftiger Bulle hat bestimmt ein paar Rinder bei sich. Und ganz sicher hat der Boss dieses Rudels ein sicheres Versteck ausgesucht.
Eigentlich ist es wohl nur ein Zufall, dass Shorty den Kerl aufstöberte.
Abrupt bleibt der Stier stehen und verdreht den Kopf.
Er hört das Gebrüll der Rinder und Mavericks, die den glühenden Brandstempel eingedrückt bekommen.
Und irgendwie scheint das dem kräftigen Tier nicht zu passen.
»Machst du, dass du weiterkommst?«, kräht Shorty.
Der Bulle setzt sich gehorsam in Bewegung. Der Cowboy kratzt sich verwundert am Kinn. Er begreift nicht so richtig, dass der Bulle seinen Befehlen gehorcht.
Doch dann bricht er in ein schallendes Gelächter aus und reitet hinter dem Stier her.
Kurze Zeit später sind sie nur noch zwanzig oder dreißig Pferdelängen vom Brennfeuer entfernt.
Brazos greift gerade ein Kalb, das aufgeregt und angstvoll blökt, packt es am Hals und legt es auf die Seite, als hätte er ein Huhn zwischen den Fingern.
Zischend steigt eine sich kräuselnde Rauchwolke vom Fell des Jungtieres auf, und der Geruch verbrannten Fleisches dringt bis zu Shorty und dem zweijährigen Stier.
Der Bulle stemmt die Vorderhufe in den Boden und bewegt drohend den Schädel hin und her.
Brazos lässt los, das Kalb rappelt sich auf, sieht sich verwirrt um und saust auf einmal davon, als sei ein Hornissenschwarm hinter ihm her.
Der Hüne erkennt Shorty und hebt die Hand.
Die beiden sind Freunde, und sie sind wohl das ungleichste Freundespaar, das jemals über die Range ritt.
»Hohhh, Kleiner, was bringst du denn da?«, dröhnte Brazos Stimme. »Oder bringt der Stier dich? Er ist doch eigentlich viel zu groß und mächtig für dich. Aber du sitzt ja im Sattel und bist sicher. Also los, treib ihn her, wenn er nicht...




