E-Book, Deutsch, 372 Seiten
Ritter Die Odyssee 4.0
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-9910-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine literarische Archäologie auf Homers Spuren im Golf von Neapel
E-Book, Deutsch, 372 Seiten
ISBN: 978-3-7526-9910-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Insel Ischia steht im Zentrum der Odyssee. Die ischitanische Fangopackung ist der Schlüssel zur Schweineverwandlung und nur eine von mehr als einem Dutzend verblüffenden Neuentdeckungen des Autors. Homers Odysseus lebte ein ganzes Jahr auf diesem traumhaften Eiland. Weitere Schauplätze befinden sich in allernächster Umgebung der Insel. So der Hades, die Insel Thrinakia, Calypsos Insel Ogygia und nicht zuletzt die Insel der Sirenen. Der Autor Gerhard Ritter betrieb über zehn Jahre lang literarische Archäologie auf Homers Spuren. Als Krönung seiner Funde spürte er Circes Palast auf und entdeckte, dass dieses Gebäude und Homers Odyssee einen Bezug zum Nestorbecher von Ischia haben. Seine spannenden Entdeckungen veröffentlicht er erstmals in diesem Buch.
Der Autor, Jahrgang 1947, wuchs in Korb im Remstal auf. Dort besuchte er die Volksschule. Bereits im Alter von 14 Jahren begann er seine berufliche Laufbahn mit einer Lehre bei einem Energieversorgungsunternehmen in Stuttgart. Nach der mittleren Reife auf dem zweiten Bildungsweg und seiner Wehrdienstzeit legte er die Meisterprüfung als Rohrnetzmeister ab. Im Alter von vierzig Jahren wagte er den Sprung in die Selbständigkeit. Viele Verfahren in der Druckprüfung und Leckortung von Rohrleitungen sind eng mit seinem Namen verbunden. Logisches Denken ist für ihn die Basis bei der Lösung von Problemen. Diese Vorgehensweise, nicht nur in technischen Belangen, dürfte auch der Grund sein für die vielen Entdeckungen, die er auf der Spurensuche nach Homers Orten der Odyssee machte. Seine Leidenschaft gilt den Liparischen Inseln und der Insel Ischia.
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1.5 Meine Spurensuche
Im zehnten Gesang, als Odysseus in einem Hinterhalt bei den Laistrygonen elf seiner zwölf Schiffe umfassenden Flotte verliert, ist von einem Hafen mit einer engen Einfahrt die Rede. Dieser wird ringsum von schützenden Felsen umschlossen. In diesem geschützten Hafen erhebt sich keine Welle (Voss, Odyssee, 10. Gesang, Verse 87 – 93). Sofort kam mir der Hafen von Ischia, ein ringförmiger Kratersee mit schmaler Einfahrt, in den Sinn. Dieser könnte Homer als Vorlage für sein Epos gedient haben. Mein Interesse an Lokalisierungen war seitdem geweckt. Bald wurde mir aber bewusst, dass der Hafen von Ischia Porto nicht der Beschreibung Homers entsprach. Die steilaufragenden Felsen waren einfach nicht vorhanden. Zudem wurde die Öffnung des Kraters zum Meer hin erst viele Jahrhunderte nach Homer von Menschenhand geschaffen, um einen geschützten Hafen zu bekommen. Bei meiner Lektüre des darauffolgenden Abenteuers bei der Zauberin Circe auf der Insel Aia schrillten dann aber sämtliche Alarmglocken. Viele Ortsbeschreibungen passten so verblüffend zu Ischia, dass es für mich keinen Zweifel mehr gab. Ischia ist die Insel Aia in Homers Epos Odyssee. Anmerkung: Im Folgenden werden die Verweise auf Textstellen der Odyssee in Kurzform angegeben. Zum Beispiel steht (10.87 – 93) für: Voss, Odyssee, 10. Gesang, Verse 87 – 93. Bei Verweisen auf andere Literaturquellen wird der Verfasser namentlich genannt. Es galt für mich nun, Ischia anhand der Reisebeschreibungen Homers richtig in seine Fahrtrouten einzubinden. Ein weiterer Lokalisierungsversuch, abweichend von den unzähligen vorausgegangenen? Könnte ich neue Erkenntnisse finden, welche so viele Autoren vor mir übersehen hatten? Ich setzte mir zum Ziel, Fahrtrouten, Reisezeiten, Fahrstrecken und Ziele in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Dabei wurde mir schnell klar, dass viel zu viele Unwägbarkeiten über Fahrtdauer, Geschwindigkeit der Schiffe, Fahrtrichtung usw. die Lokalisierungsversuche ad absurdum führen würden. Zunächst besorgte ich mir Literatur der bekanntesten Odysseeforscher, der Herren Wolf, Bredford, Moser, Obregón, Warnecke und Lessing. Ihre Lokalisierungsversuche beruhen durchwegs darauf, die Rätsel der verschiedenen Orte aufgrund der Zeitangaben der jeweiligen Reiseabschnitte Homers zu lösen. Bekanntlich hat der Held des Trojanischen Krieges bei der Rückreise zu Frau und Kind am Kap Maleia, der Südspitze des Peloponnes, die Kurve nicht gekriegt. Ein Sturm trieb seine Flotte von zwölf Schiffen hinaus ins westliche Mittelmeer, von Homer als das offene Weltmeer (2.296 u. 12.293), bezeichnet, was auch immer Homer seinerzeit damit meinte. Dieser Ort wird von vielen Forschern mit Recht als Ausgangspunkt der Lokalisierung angesetzt. Der Startpunkt der Odyssee ist also zweifelsfrei bekannt. Doch wie sieht es mit dem Wissen um die darauffolgenden Stationen aus? Äußerst dürftig. Nach Passieren des Kap Maleia trieb er neun Tage auf dem Meer, um am zehnten Tag das Land der »Lotosesser« zu erreichen, das Land der Lotophagen (9.82 – 106). In diesen neun Tagen legte er bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 3 km/h 650 Kilometer zurück. Hatte er aber gute Windverhältnisse mit günstiger Windrichtung, am ersten Tag herrschte ja ein Sturm, könnte er bei doppelter Geschwindigkeit auch gut und gerne 1 300 Kilometer weit gekommen sein. Doch wie lange hielt der Sturm an? Ist es so abwegig, dass während der neun Tage dauernden Etappe eine Flaute den Sturm ablöste? Zwischen 650 und 1 300 Kilometern erstrecken sich zahlreiche mögliche Ziele. Somit ist für mich eine sinnvolle Ortung allein aufgrund des Wissens, dass die Flotte neun Tage unterwegs war, nicht möglich. Weiterhin ist bereits auf dieser ersten Etappe ein bisher nicht erkannter Fallstrick eingebaut. Homer berichtet von einer Reisedauer von neun Tagen. Diese Zahl bedeutet meines Erachtens nach nicht den Wert »neun«, sondern steht stellvertretend für die Mengenangabe »einige« oder »mehrere«. Im Anhang werde ich nachvollziehbare Gründe für diese Behauptung vorlegen. Gibt uns zumindest die Beschreibung des ersten Ortes der Irrfahrten einen brauchbaren Hinweis, wohin ihn der Sturm getrieben hat? Auch hier ein klares Nein. Nichts erfahren wir über das Land oder die Insel der Lotophagen. Einzig die Speise der Bewohner, die Lotospflanze, ist Homer einige Verse wert. Die Kameraden vergaßen die Heimat, nachdem sie Lotos gegessen hatten. Hier hat Homer mit Sicherheit die Wirkung von Rauschgift in sein Epos eingewoben. Wahrscheinlich war der Lotos (9.97) eine Haschischpflanze. Die Lotophagen sind Homer lediglich fünfundzwanzig Verse seines zwölftausend Verse umfassenden Werkes wert. Aus dieser mehr als dürftigen Aussage das Land der Lotophagen zu bestimmen, halte ich schlichtweg für unmöglich. Gleichwohl hat so gut wie jeder Odysseeforscher »sein« Land der Lotophagen gefunden und damit natürlich auch einen falschen Ausgangspunkt für die nächste Etappe festgelegt. Dieses Beispiel der ersten Etappe zeigt recht deutlich, dass Lokalisierungsversuche mit den dürftigen Zeitangaben Homers zum Scheitern verurteilt sind. Fahrten auf dem Meer unter Segeln mit Booten der damaligen Zeit, welche nicht aufkreuzen konnten, waren stark abhängig von Wind, Wellen und Strömungen. Für die nächste Etappe von den Lotophagen zur Ziegeninsel, dem Zyklopenland vorgelagert, fehlt gar jegliche Information. Homer gibt uns nur den Hinweis, dass sie rudernd abgefahren sind (9.104). Aus dieser dürftigen Angabe lässt sich kein Ziel verlässlich ermitteln. Versuche, mit heutigen modernen Kielschiffen die Fahrtroute nachzufahren, sind meines Erachtens nach ungeeignet, die Orte des Geschehens zu finden. Wird dies dennoch mit dem Ziel versucht, ein Wunschergebnis bestätigt zu sehen, ändert sich die Beweislage nicht. An der nicht vorhandenen Beschreibung des Landes der Lotophagen durch Homer führt kein Weg vorbei. Fatal an diesen unsicheren Lokalisierungen ist die Tatsache, dass sich ein Fehler immer auch auf nachfolgende Abschnitte überträgt. Mein Lösungsansatz geht deshalb einen anderen Weg. Ich suche mir eine Episode aus, der Homer größere Bedeutung als nur wenige Verse beimisst. Eine Episode mit einer detaillierten Beschreibung des Ortes und der Art und Weise, wie sich das Abenteuer zugetragen hat. Ich löse mich vom Zwang der Reiseroute, ermittelt aus dürftigen Zeitangaben und begebe mich mitten hinein in die Irrfahrten des großen Helden Odysseus. Homer hat in sein Epos so gut wie alles eingebaut, was Abenteurer der damaligen Zeit erleben konnten. Dabei hat er auch solche Geschichten integriert, die unter den Begriffen Lebensweisheit, Seemannsgarn und Jägerlatein einzuordnen sind. Abenteuer, welche es nicht geben kann, müssen als symbolhafte Handlungen gesehen werden. Als Beispiel hierfür sei das Seeungeheuer Charybdis erwähnt. Dreimal am Tage schlurft sie das Meer ein und gurgelt es dreimal wieder aus (12.105 – 6). Solch ein Fabelwesen gab es weder damals noch heute. Die Charybdis beschreibt nach meiner Überzeugung einen Tsunami. Den Wohnort der Charybdis auf einen bestimmten Punkt zu fixieren, ergibt meines Erachtens keinen Sinn. Dieses von Homer als gestaltlos geschilderte Ungeheuer kann überall auf dem Meer in Erscheinung treten. Folglich kann es auch mehr als nur eine homerische »Charybdiswohnung« geben. Zu dieser Kategorie der fiktiven Orte gehört auch das sechsköpfige Ungeheuer, die Skylla. Hier hat Homer meiner Meinung nach Beschreibungen von Seefahrern eingeflochten, die Riesenkraken gesehen haben. Auch dieses Seeungeheuer ist nicht an einen einzigen festen Platz gebunden. Im Jahr 2002 wurde in Australien ein 15 Meter langes totes Exemplar an Land gespült. Die Existenz dieser riesigen Meeresbewohner ist damals wie heute unbestritten. Allerdings gibt eine gewöhnliche Riesenkrake nicht viel her für ein Abenteuer mit einem Heroen. Homer hat deshalb kurzerhand aus einer Riesenkrake die Skylla gemacht und um dem Ganzen mehr Dramatik zu verleihen, an das Ende jedes Tentakels einen bellenden, beißenden, furchterregenden Kopf mit jeweils drei Zahnreihen gesetzt. Dieses Ungeheuer hat er in sein Epos eingebaut (12.89 – 92). Sein Odysseus war schließlich ein Held, der zumindest versucht, auch gegen diese übermächtige Kreatur zu bestehen. Übrigens ist dies eines der wenigen Abenteuer, in dem Homer seinen Helden als Verlierer darstellt. Dies macht das Epos umso menschlicher, glaubwürdiger. Nicht alles vermag der Mensch zu erzwingen, ist die Erkenntnis aus dem Abenteuer mit der fiktiven Skylla. Des Weiteren gibt es noch die Geschichte mit den Stürmen, die im Schlauche des neunjährigen Stieres eingesperrt sind, um ihm eine sichere Rückreise in die Heimat zu ermöglichen. Vom Windgott Äolos persönlich soll er diesen Windbeutel erhalten haben. Es ist müßig, über die Existenz dieses Windsackes nachzudenken. Der rund 500 Jahre nach Homer lebende Eratosthenes von Kyrene, ein Kritiker Homers, machte sich über die damaligen...