E-Book, Deutsch, Band 1712, 192 Seiten
Reihe: Beck'sche Reihe
Rießinger Wetten, dass Sie Mathe können
3. Auflage 2018
ISBN: 978-3-406-72267-7
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zahlenakrobatik für den Alltag
E-Book, Deutsch, Band 1712, 192 Seiten
Reihe: Beck'sche Reihe
ISBN: 978-3-406-72267-7
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Mathematik, von der in diesem unterhaltsamen und witzigen Buch die Rede ist, passiert jeden Tag mitten unter uns, sie ist halb so wild, aber trotzdem spannend. Der Leser erfährt, wie sich ein Rentner seinen Alltag durch Zahlenakrobatik versüßt oder was lineare und quadratische Gleichungen
oder die einfache Gauß-Summe mit dem Leben in einem Kleingärtnerverein oder der Ausbildung zum Verkäufer in einem Supermarkt zu tun haben. Anhand verklausulierter Liebeserklärungen und Aussagen von Ehemännern wird gezeigt, wozu ein wenig Aussagenlogik gut ist und wie praktisch es
wäre, wenn sich die Leute deutlicher ausdrücken würden. Zum Schluss unternehmen Autor und Leser einen kleinen Ausflug ins Weltall und lernen dabei, wie man im unendlichen Weltraum mit einem Computerausfall zurechtkommt.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch;2
4;Über den Autor;2
5;Impressum;4
6;Inhalt;5
7;Vorwort;7
8;Kandidaten und Kamele;11
9;Wege und Wasserleitungen;48
10;Schulen, Schach und Sparverträge;91
11;Liebe und Logik;134
12;Winkel im Weltall;159
13;Anhang: Musterhafte Magie;186
Kandidaten und Kamele
Das Fernsehen präsentiert oft und gerne irgendwelche Wettbewerbe verschiedenster Art, und die klassische Wettbewerbssendung, der Dinosaurier unter den deutschen Unterhaltungsangeboten, der das Wettprinzip schon im Namen trägt, ist das gute alte «Wetten, dass …?». Ein großer Teil der Sendung wird damit verbracht, kleinen und großen Stars die Gelegenheit zu verschaffen, sich über ihren neuesten Film, ihre neueste CDoder ihre neueste Freundin zu äußern. Aber zwischen all diesen Prominenten gibt es auch mit schöner Regelmäßigkeit einen Wettkandidaten und eine Wette, und darüber möchte ich jetzt ein wenig reden. Nicht über die Wetten, bei denen in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Lampen zerdeppert oder möglichst viele Bierkästen durch die Gegend geschleudert werden; das gehört nicht mal im weitesten Sinne zur Mathematik. Nein, ich will über zwei Kandidaten sprechen, die mit ihren rechnerischen Fähigkeiten die Zuschauer beeindruckt haben, und werde der Frage nachgehen, ob das nun wirklich so schwer war und ob sie ihren großen Applaus redlich verdient hatten. Fangen wir vorsichtig an mit einer Kinderwette. Ein zwölfjähriger Junge aus Österreich behauptete im Oktober 2005, zu jedem beliebigen Datum zwischen dem 15.10.1582 und dem 31.12.3449 aus dem Kopf angeben zu können, um welchen Wochentag es sich dabei handelt. Man musste ihm also irgendein Datum an den Kopf werfen, zum Beispiel den 30.10.2005, und nach kurzem oder auch etwas längerem Nachdenken sagte er dann «Sonntag» – Sie sehen, ich kann das auch, aber ich hab’s natürlich leichter, denn erstens kann hier keiner überprüfen, ob ich nicht auf einem Kalender nachsehe, und zweitens habe ich das Datum von heute genommen. Nun gut, die Wette wurde gestartet und mit den üblichen Nebenbedingungen durchgeführt: bei fünf Datumsangaben musste es viermal gut gehen, aber diese Einschränkung war gar nicht nötig, denn der junge Kandidat wurde schon mit den ersten vier Angaben problemlos fertig. Einmal musste er etwas länger nachdenken, sodass Thomas Gottschalk schon vorsichtig anfragte, ob man dieses Datum zurückstellen solle, aber der Alpenländer, der ohnehin zu leichter hochgebirgsbedingter Wortkargheit neigte, antwortete mit einem schlichten «Naa!» und gab wenige Augenblicke später wieder einmal die richtige Antwort. Die Zuschauer waren begeistert, der Saal tobte, und ich vermute, der Junge wurde nur deshalb nicht zum so genannten Wettkönig gewählt, weil der Kandidat der Kinderwette das grundsätzlich nicht werden kann – eine Regelung, über die sich meine Tochter immer wieder zu Recht aufregt. Die Frage ist nur: Wie hat er das gemacht? Hat er tatsächlich Hunderte von Kalendern auswendig gelernt und musste dann in seinem Gedächtnis bei jeder Datumsangabe nach dem richtigen Kalender suchen? Nein, das war ganz anders, viel einfacher, und ich werde Ihnen jetzt zeigen, wie man das mit ein wenig leichter Mathematik erledigen kann. Eigentlich muss man nur durch vier und durch sieben teilen und ein wenig addieren können, mehr steckt nicht dahinter. Sehen wir uns das Ganze an einem einfachen Beispiel an, dem 13. April 1921. Ein unverfängliches Datum, der Erste Weltkrieg war vorbei, der Zweite stand noch bevor, und die Leute hofften trotz aller Wirren der Weimarer Republik, dass jetzt alles besser werden müsste. Aber an welchem Wochentag haben sie sich dieser trügerischen Hoffnung hingegeben? Um das herauszufinden, brauche ich eine weitere Information, über deren Herkunft ich Ihnen gleich berichten werde. Für den Moment glauben Sie mir hoffentlich, dass der erste Januar des Jahres 1900 ein Montag war; Sie werden in wenigen Minuten wissen, wie ich darauf gekommen bin. Und was nützt mir das jetzt? Es geht doch um 1921, nicht um 1900. Schadet nichts, das haben wir gleich. Ein Jahr hat nämlich üblicherweise 365 Tage, und wie es der Zufall will, ist 365 = 7 · 52 + 1. Anders gesagt: Ein Jahr hat eben nicht genau 52 Wochen, sondern 52 Wochen und einen Tag – sofern es sich nicht um ein Schaltjahr handelt. Wie man ein Schaltjahr erkennt, werde ich auch gleich erklären, jedenfalls war 1900 glücklicherweise weit und breit kein 29. Februar zu entdecken, weshalb es sich um kein Schaltjahr handelte. Das hilft mir schon weiter. Der 1. Januar 1901 war dann nämlich genau 365 Tage später, also 52 Wochen und einen Tag nach diesem Montag, auf den der 1. Januar 1900 fiel. Handelte es sich um genau 52 Wochen, dann wäre völlig klar, dass wir wieder auf einem Montag gelandet sind, aber der eine zusätzliche Tag verschiebt die ganze Sache um einen Wochentag; also war der 1. Januar 1901 eben ein Dienstag und kein Montag. Das sieht nur am Anfang so umständlich aus; jetzt haben wir ja das Prinzip schon herausgefunden. Wenn nun der 1. Januar 1901 ein Dienstag war, dann lag der 1. Januar 1902 auf einem Mittwoch, denn der Wochentag muss sich immer um einen Tag weiter verschieben. Somit konnte man sich am 1. Januar 1903 eines Donnertages erfreuen und am 1. Januar 1904 mit einem Freitag das Wochenende einläuten – ich sehe einmal von dem Umstand ab, dass man damals noch mindestens sechs Tage in der Woche arbeiten musste und froh sein konnte, wenn man die Arbeitswoche überlebt hatte. Es wäre nun ziemlich langweilig, dieses Spiel bis 1921 weiter zu treiben, und vor allem wäre es falsch, denn jetzt kreuzt endlich ein Schaltjahr meinen Weg. 1904 ist eine durch vier teilbare Zahl, und solche Jahreszahlen beschreiben Schaltjahre – jedenfalls meistens, und die wenigen Fälle, bei denen das nicht stimmt, erkläre ich Ihnen gleich. Also hatte dieses Jahr 1904 einen langen Tag mehr und konnte 366 Tage aufweisen. Das ist aber kein Beinbruch, denn somit haben wir einfach nur 52 Wochen und zwei Tage anstatt nur einen, und der Wochentag muss sich daher um zwei Tage verschieben. An welchem Wochentag ist man also in das Neujahr 1905 getorkelt? Richtig, an einem Sonntag, denn zwei Tage nach dem Freitag pflegt der Sonntag seiner Wege zu kommen. Sie sehen vermutlich schon lange, worauf ich hinauswill. Um den Wochentag irgendeines Datums zu erhalten, suche ich erst einmal nach dem Wochentag des ersten Tages im Jahr, damit ich einen vernünftigen Ausgangspunkt habe. Und das mache ich, indem ich nachsehe, wann ein Schaltjahr war – dann muss ich immer zwei Wochentage hochzählen – und wann keines war – dann reicht es, einen Wochentag weiter zu gehen. Also muss ich genau wissen, wann ein Schaltjahr stattfindet und wann nicht, aber das ist leicht. Vor langer Zeit hat ein Papst namens Gregor XIII. festgelegt, dass ein Schaltjahr genau dann vorliegt, wenn man die Jahreszahl ohne jeden Rest durch 4 teilen kann, aber nicht dann, wenn man sie auch ohne Rest durch 100 teilen kann, es sei denn, auch das Teilen durch 400 geht problemlos auf: Der Kalender war zu seiner Zeit schon derart aus den Fugen geraten, dass er wieder einmal etwas Ordnung in die Sache bringen musste, um noch einigermaßen zu wissen, wann er Weihnachten feiern sollte. Jetzt wissen wir jedenfalls, wann ein Jahr 365 Tage hat und wann 366. So ist zum Beispiel 1904 ein Schaltjahr gewesen, denn das altvertraute Teilen von 1904 durch 4 führt zu dem glatten Resultat 476, egal ob Sie es von Hand oder mit einem Taschenrechner erledigen. Dagegen kann 1901 kein Schaltjahr gewesen sein, weil Sie beim Teilen 1901: 4 auf das Resultat 475 Rest 1 kommen: vierhundertfünfundsiebzigmal passt die 4 in die 1901, und wenn Sie sie so oft hineingepackt haben, wie es geht, bleibt immer noch ein Rest übrig. Und das Jahr 1900? Man kann doch 1900 durch 4 teilen mit dem glatten Resultat 475! Stimmt schon, aber wen interessiert das? Die Regel lautet ja, dass man die Jahreszahl zwar durch 4 teilen können muss, aber nicht durch 100 teilen können darf, und beim Teilen von 1900 ergibt sich eine ausgesprochen glatte und restlose 19. Daher war 1900 kein Schaltjahr, das Jahr 2000 aber schon, denn der letzte Teil der Regel von Gregor lässt die Jahreszahlen, die man glatt durch 400 teilen kann, wieder Aufnahme in die Riege der Schaltjahre finden, obwohl sie auch durch 100 teilbar sind. Die Frage, auf welchem Wochentag der 1. Januar eines beliebigen Jahres liegt, ist inzwischen ziemlich einfach zu beantworten. Pro Jahr verschiebt sich der Wochentag genau um einen, außer bei Schaltjahren, da sind es zwei. Also muss ich nur wissen, wie viele Jahre seit 1900 vergangen sind und wie viele davon Schaltjahre waren. Wenn ich nun zu meinem Beispieljahr 1921 zurückkehre, dann sind seit Anfang 1900 selbstverständlich 21 Jahre vergangen, und die Anzahl der Schaltjahre beträgt 5, nämlich 1904, 1908, 1912, 1916 und 1920. Das hätte ich aber auch ohne diese längliche Auflistung herausfinden können, indem ich 21 durch 4 teile und feststelle, dass das genau 5 Rest 1 ergibt: jedes vierte Jahr ist ein Schaltjahr, deshalb muss man nur durch 4 teilen, um die Anzahl der Schaltjahre herauszufinden. Noch einmal: 21 Jahre sind vergangen, das entspricht einer Verschiebung um 21 Tage. Und darunter waren 5 Schaltjahre, also muss ich noch einmal um 5 Tage verschieben. Damit habe ich insgesamt eine Verschiebung des Jahresanfangs um 26 Tage. Und das ist ausgesprochen praktisch, weil mich jede Verschiebung um 7 Tage wieder zum Anfangspunkt zurückführt: wenn ich den Montag siebenmal um einen Tag nach vorne...