Rickman | Wie wir die Rechte unserer Kinder stärken in einer Welt, die für Erwachsene gemacht ist, und warum das die Sache für alle besser macht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Rickman Wie wir die Rechte unserer Kinder stärken in einer Welt, die für Erwachsene gemacht ist, und warum das die Sache für alle besser macht


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-446-28363-3
Verlag: Hanser, Carl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-446-28363-3
Verlag: Hanser, Carl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Warum Kinderrechte uns allen nützen. Das erste umfassende Buch zum Thema für Eltern und alle, die Kinder und ihre Bedürfnisse ernst nehmen
In ihrem einfühlsamen Plädoyer zeigt die Kinderrechtlerin Eloise Rickman, wie eine Welt aussehen kann, in der Kinder so ernst genommen werden wie Erwachsene. Nicht zuletzt die Pandemie machte sichtbar: Als schwächste Gruppe erleben Kinder Diskriminierung in allen Lebensbereichen - von reformbedürftigen Schulen über steigende Kinderarmut bis hin zu Wahlsystemen, in denen ihre Stimme nicht zählt. Doch all das ist kein Naturgesetz. Wie können wir das Verhältnis zu unseren Kindern so gestalten, dass sie ihre Potenziale frei entfalten können? Rickman macht sich anhand von zehn fundierten Ideen stark für ein faires Miteinander. Ein radikal hoffnungsvolles Buch mit praktischen Anregungen für Eltern, Familien und alle, die Kindern mehr zutrauen.

Eloise Rickman ist Autorin und arbeitet in der Erziehungsberatung. Sie studiert Kinderrechte am UCL Institute of Education und hat einen Abschluss in Sozialanthropologie von der Universität Cambridge. Im Zentrum ihrer praktischen und wissenschaftlichen Arbeit steht die Frage, wie Familienpraktiken die Gesellschaft prägen und wie eine kindergerechtere Welt aussehen könnte. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in London.
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Kapitel 1

Wie wir Kinder sehen


Was ist ein Kind?


Die Antwort auf diese Frage wird sich wahrscheinlich zunächst auf das Alter beziehen. Vielleicht sagen wir, ein Kind ist ein Mensch unter 18 Jahren. Wer länger nachdenkt, sagt vielleicht, der Begriff »Kind« sei eine juristische Definition und Kinder seien Menschen unter einem bestimmten Alter, die in bestimmter Weise geschützt und an der Beteiligung an manchen Institutionen wie Ehe, Wahlen oder Militärdienst gehindert werden. Auch dürfen sie nur eingeschränkt Alkohol trinken oder Sex haben. Man könnte auch antworten, ein Kind sei eine Person in einer Phase des körperlichen oder biologischen Wachstums, die noch nicht die Pubertät vollendet hat oder deren Gehirn noch nicht voll ausgereift ist. Vielleicht sagt man auch, die Kindheit sei eine Gesamtheit an Praktiken, etwa Spiel, Schulbesuch, soziale und moralische Entwicklung, Zusammenleben mit den Eltern und Respekt gegenüber Älteren. Oder man spricht über das Wort als Markierung der Kontinuität der Generationen. Ich bin noch immer das Kind meiner Eltern, auch wenn ich selbst erwachsen bin und ein eigenes Kind habe: In diesem Kontext hat das Wort »Kind« nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit meinem Platz in der näheren und weiteren Familie.

Die Antwort könnte sich auch auf den gesellschaftlichen Status der Kinder beziehen. Mir jedenfalls ist keine einzige historische oder gegenwärtige Kultur bekannt, in der Kinder nicht einen niedrigeren sozialen Status hätten als Erwachsene. Kinder sind mehr Kontrollen und Restriktionen unterworfen, erfahren häufiger Gewalt und Armut und werden im Vergleich zu Erwachsenen als weniger rational und entwickelt wahrgenommen. Deshalb haben wir bestimmte Annahmen über die Fähigkeiten von Kindern: was sie können oder nicht können, wo sie leben, wie sie ihre Zeit verbringen, wovor sie geschützt und welche Erfahrungen sie machen sollten und ob sie bestimmte Entscheidungen bezüglich ihres Lebens selbst treffen können.

Die Antwort auf die Frage hängt auch davon ab, wo und wie wir leben und dass wir uns im 21. Jahrhundert befinden. Manche Gesellschaften verstehen unter einer guten Kindheit Erwerbsarbeit zur Unterstützung der Familie — Schulbesuch ist dann ein Luxus. In anderen Ländern bedeutet eine gute Kindheit, so viel wie möglich für die Schule zu lernen, um später entsprechende Berufsaussichten zu haben.

Als ich mir zum ersten Mal über die Definition von Kindheit Gedanken machte, merkte ich, dass mir die Antwort schwerer fiel, je länger ich darüber nachdachte. Glauben wir denn wirklich, dass Menschen mit 18 oder 21 Jahren »voll entwickelt« sind? Was ist mit Gesellschaften, in denen die Kindheit mit sozialen Markierungen wie der Eheschließung oder Elternschaft endet statt mit einem bestimmten Alter? Was bedeutete es, dass die Strafmündigkeit, die z.B. in Großbritannien bei 10 Jahren und in Deutschland bei 14 Jahren liegt, früher eintritt als die rechtliche Volljährigkeit (18 Jahre in beiden Ländern)? Und warum haben Menschen je nach Alter verschiedene Rechte und Pflichten? Ich glaube, wir merken (auch wenn wir es uns nicht immer bewusst machen), dass der Begriff »Kind« nicht genügt, um die Vielfalt der Menschen unter 18 Jahren zu beschreiben: Wir benützen Begriffe wie Neugeborenes, Baby, Kleinkind oder junges Kind, um Kinder am unteren Ende des Bereichs von 018 Jahren zu beschreiben, und Worte wie Teenager, Jugendlicher oder junge Person, um jene am oberen Ende zu charakterisieren. Als ich die 13-jährige Tochter einer Freundin bat, den Begriff »Kind« zu definieren, sagte sie sofort: »Ich bin kein Kind, ich bin ein Teenager.«

Auch der Rückblick auf mein eigenes Leben zeigt, dass es an meinem 18. Geburtstag keinen spürbaren Übergang von der Kindheit zum Erwachsenendasein gab. Ich war zwar froh, nun im Pub Alkohol trinken zu dürfen und mich nicht um einen gefälschten Ausweis kümmern zu müssen. Außerdem war ich aufgeregt, weil ich nun zu Hause ausziehen und zur Uni gehen würde, aber ansonsten änderte sich nicht viel. Der Wechsel vom Kindes- ins Erwachsenenalter fühlte sich nicht wie ein Sprung an, sondern eher wie ein gradueller Prozess des Wachsens, der Unabhängigkeit und des Lernens aus Erfahrungen und Fehlern. Manche Merkmale, die wir mit dem Erwachsensein verbinden — beispielsweise das Geldverdienen oder die Verantwortung für andere —, erfüllte ich bereits als Teenagerin, indem ich jobbte, mich um meine jüngeren Geschwister kümmerte, lernte und Freundschaften und Unterstützungssysteme außerhalb meines Zuhauses aufbaute.

Menschen verändern sich nicht über Nacht. Die Forschung legt vielmehr nahe, dass man mit 18 (oder sogar 25) Jahren keinesfalls »voll entwickelt« ist, sondern das menschliche Gehirn sich unser gesamtes Leben hindurch verändert. Wir erreichen keinen festen Punkt, an dem unsere Entwicklung vollendet ist.1 Das Alter von 18 Jahren als Ende der Kindheit ist arbiträr und markiert eindeutig keine natürliche oder biologische, sondern eine kulturelle Veränderung (was sich auch daran zeigt, dass das Erwachsenenalter in Deutschland zum Beispiel 1975 von 21 auf 18 Jahre gesenkt wurde).2 Insgesamt sind wir uns seit Langem einig, dass es so etwas wie eine Kindheit . Fragt man aber nach deren konkreter Gestalt, würden die meisten antworten, dass sie auf einem Entwicklungskontinuum der Reife, Verantwortung und Fähigkeiten angesiedelt ist. (Es gibt sogar Bereiche, in denen die Fähigkeiten von Kindern die der Erwachsenen übertreffen, etwa beim Lernen von Fremdsprachen.)

Was ein Kind ist, scheint auf den ersten Blick eindeutig, doch die Schwierigkeiten einer genauen Definition zeigen, dass es sich dabei nicht um eine rein biologische oder natürliche Kategorie handelt. Vielmehr sind die Begriffe Kind und Kindheit .3 Die Phase, die wir als Kindheit begreifen, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern hat sich in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen verändert und entwickelt, und zwar zusammen mit bestimmten Institutionen, Gesetzen, Strukturen und Vorstellungen vom Menschsein.4 Zu sagen, die Zuschreibung »Kind« sei gesellschaftlich konstruiert, ist jedoch nicht identisch mit der Aussage, Kinder seien genau wie Erwachsene, es gebe keinen Unterschied zwischen Menschen verschiedenen Alters oder Kinder bedürften keiner speziellen Schutz- oder Ausnahmestellung. Es ist nicht zuletzt deshalb wichtig, Kinder als gesellschaftliche Gruppe zu begreifen, weil sie gewissen Problemen und Herausforderungen begegnen und wir genau formulieren müssen, was mit wem passiert. Doch wenn wir einen Schritt zurücktreten, erkennen wir, dass »Kind« nur eine von vielen möglichen Identitäten einer Person ist, und wir können anfangen, die mit der Kindheit verbundenen engen Grenzen und gesellschaftlichen Normen zu hinterfragen.

Rachel Rosen, Professorin für Kindheitsstudien am UCL, weist darauf hin, dass »junge Menschen für ihr bloßes Überleben auf andere angewiesen sind […]. Diese frühe Abhängigkeit wurde jedoch zunehmend benutzt, um die Institution Kindheit in ihrer Gesamtheit zu beschreiben. Damit werden die potenziellen Fähigkeiten von Kindern mit gesellschaftlichen Zuschreibungen von Verletzlichkeit, Bedürftigkeit und Abhängigkeit überdeckt.«5 Kinder können gleichzeitig verletzlich und handlungsfähig sein — das eine schließt das andere nicht aus. Wenn die Vorstellung davon, was ein Kind ist und ausmacht, mindestens teilweise gesellschaftlich konstruiert ist, verraten unsere Überzeugungen bezüglich »guter« Erziehung, »guter« Bildung und des »guten« Kindes viel über die Gesellschaft und Kultur, in der wir leben — aber nicht viel über die Kinder selbst. Wir müssen diese kulturellen Perspektiven analysieren, wenn wir die Benachteiligung von Kindern verstehen und ihr etwas entgegensetzen wollen.

Menschliche Wesen,...



Rickman, Eloise
Eloise Rickman ist Autorin und arbeitet in der Erziehungsberatung. Sie studiert Kinderrechte am UCL Institute of Education und hat einen Abschluss in Sozialanthropologie von der Universität Cambridge. Im Zentrum ihrer praktischen und wissenschaftlichen Arbeit steht die Frage, wie Familienpraktiken die Gesellschaft prägen und wie eine kindergerechtere Welt aussehen könnte. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in London.

Singh, Stephanie
Stephanie Singh, Jahrgang 1975, Übersetzerin von Elisabeth Badinter, Michel Onfray, Stephane Courtois, Yves Grevet, James Patterson.



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