E-Book, Deutsch, Band 223, 400 Seiten
Reihe: Julia Best of
Richards Julia Best of Band 223
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-1465-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 223, 400 Seiten
Reihe: Julia Best of
ISBN: 978-3-7337-1465-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
EIN SONG, EINE NACHT, EIN BABY von EMILIE RICHARDS
Jetzt ist ihr Glück vollkommen! Davon ist Robin überzeugt, als sie ihren neugeborenen Sohn zärtlich im Arm hält. Doch dann schaut sie in die Augen des Mannes, von dem sie kaum mehr als seinen Namen weiß - und dass er Sänger und der Vater ihres Sohnes ist ...
WER SIND SIE, SCHÖNE FREMDE? von EMILIE RICHARDS
In London hat Noah sie endlich wiedergefunden. Er will diese schöne, geheimnisvolle Frau unbedingt kennenlernen - und ist völlig fassungslos, als sie vor ihm flieht. Wie kann er auch ahnen, dass Celestine ihn für einen Mörder hält?
ALLES WIRD GUT von EMILIE RICHARDS
Das darf doch nicht wahr sein! Erst steht Frank Riley mit einem hilflosen Findelkind vor Ginas Tür, und dann traut er ihr nicht einmal zu, sich alleine um das kleine Mädchen zu kümmern. Oder sucht Frank aus einem anderen Grund Tag und Nacht Ginas Nähe?
Bevor Emilie Richards mit dem Schreiben begann, studierte sie Psychologie. In ihren preisgekrönten, spannenden Romanen zeigt sie sich als fundierte Kennerin der menschlichen Seele. Nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in Australien wohnt die erfolgreiche Autorin heute mit ihrem Mann, einem Pfarrer, in North Virginia.
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1. KAPITEL
Kein auch nur halbwegs zurechnungsfähiger Mensch hätte beschlossen, seine Kindheitserinnerungen ausgerechnet mitten im schlimmsten Schneesturm seit zwanzig Jahren wieder aufleben zu lassen. Doch Devin Fitzgerald hatte schon oft Entscheidungen getroffen, an die andere nicht einmal zu denken wagten.
Im zweiten Jahr seines Medizinstudiums hatte er die Yale-Universität verlassen, um bei einer mittelmäßigen Rockband namens „Frozen Flame“ einzusteigen. Auf dem Höhepunkt ihres außerordentlichen und unverdienten Erfolgs hatte er Flame verlassen, um eigene Wege zu gehen.
Nach vier Jahren seiner unglaublich steilen Solokarriere hatte er sich entschlossen, seine Auftritte zurückzufahren, um sich mehr aufs Komponieren und Einspielen konzentrieren zu können. Und mittlerweile dachte er sogar über eine völlig andere Karriere nach.
Doch heute Nacht schien keine dieser Entscheidungen so riskant wie diese Fahrt durch Ohios normalerweise wunderschönes Hinterland – in einem Auto ohne Schneeketten und mit nichts als einer leichten Lederjacke, um ihn zu wärmen.
Während Devin auf die Bremse stieg, um seinen Jeep Cherokee auf Schritttempo zu verlangsamen, summte er ein paar Takte der Melodie, die ihm sein Tagen nicht aus dem Kopf ging. Die meisten seiner Songs entstanden auf diese Weise. Ein kurzer Fetzen, ein Rhythmus, eine bestimmte Melodie, die in seinem Kopf langsam wuchsen. Bis er irgendwann genug hatte, um es zu pfeifen und auf dem Klavier mit einem Finger nachzuspielen.
Diese neue Melodie war schwerer zu fassen als sonst, doch er vermutete bereits, dass die vollendete Komposition seine beste werden könnte. Schon jetzt weckte sie in ihm Gedanken an laue Sommernächte im Herzen Amerikas, an duftende Prunkwinden, die sich um verwitterte Lattenzäune schmiegten, und das Flimmern von Glühwürmchen im kniehohen Getreide.
Er brauchte diese Rückkehr nach Hause.
Was er nicht brauchte, war eine Rückkehr um Mitternacht inmitten eines ausgewachsenen Blizzards.
Wieder betätigte Devin sanft das Bremspedal. Der kraftvolle Motor des Geländewagens wimmerte protestierend. Jetzt kam er nur noch zentimeterweise voran, doch der Schnee fiel so dicht, dass er trotzdem nicht erkennen konnte, wo er sich befand. Immerhin wusste er, dass er auf der richtigen Straße war. Jahre waren vergangen seit seinem letzten Besuch in Farnham Falls, doch kaum etwas hatte sich verändert.
Bevor der Schneefall so dicht geworden war, hatte er ein altes graues Farmhaus wiedererkannt, das früher der letzte Orientierungspunkt vor der Abzweigung gewesen war. Dahinter kamen heute noch andere Häuser, aber nicht viele. Holmes County war immer noch Ackerland, eine Hochburg der Mennoniten und Amish, und durch und durch bäuerlich.
Die Straße, nach der er Ausschau hielt, würde in ein paar Minuten auf der rechten Seite auftauchen, und wenn er Glück hatte und der Cherokee die Kurve meisterte, war er bald zu Hause.
Zu Hause. Beim Gedanken daran musste Devin fast lächeln. In den letzten acht Jahren war er überall gewesen, hatte überall gelebt. Er war ein anpassungsfähiger Mensch, hatte sich in Sri Lanka oder auf Sizilien genauso wohlgefühlt wie in Seattle.
Farnham Falls hatte ihm nicht besonders gefehlt. Für einen vom Ruhm träumenden Jugendlichen mit einer Fender-Gitarre und einem Dreißig-Watt-Verstärker hatte es nicht viel zu bieten. Jeden Tag seines Erwachsenwerdens hatte er sich danach gesehnt, die Kleinstadt zu verlassen. Doch in den letzten Monaten hatte er einzig und allein davon geträumt, zurückzukehren.
Er war der Einzige auf der Straße. Seit einer halben Stunde hatte er keine entgegenkommenden Scheinwerfer mehr gesehen, und nicht ein einziger Amish-Einspänner klapperte auf dem Heimweg vor sich hin. Jeder vernünftige Mensch lag schlafend zu Hause im Bett, mit einem zusätzlichen Quilt gegen die Kälte.
Der Schnee knirschte unter den Reifen und spielte mit den Scheibenwischern.
Seit Jahren war Devin nicht so allein gewesen. Diese Art von Stille hatte er nicht mehr erlebt, seit er mit vierzehn durch den Januarschnee gestapft war, um das Vieh in der Scheune seiner Tante zu füttern. Mit den Schneeflocken senkte sich etwas über ihn, das sich fast wie Frieden anfühlte.
Er wusste, dass sein Vorhaben gefährlich werden konnte. Wenn er den Wagen abwürgte, kam er in Schwierigkeiten. Vor einer Weile hatte er versucht zu telefonieren, nur um zu entdecken, dass lediglich statisches Rauschen aus seinem Handy drang.
Doch er machte sich keine Sorgen. Der Schnee war herrlich, und zum ersten Mal seit Monaten fühlte er sich fast mit sich und der Welt im Reinen.
Die riesigen Eichen, die an der Abzweigung standen, wirkten heute kleiner. Doch der schmale ungepflasterte Privatweg sah noch genauso aus wie in seiner Erinnerung.
Beim Abbiegen kam er ins Schleudern und rutschte mit dem Heck gefährlich in Richtung Graben, bevor er das Auto wieder unter Kontrolle brachte. Noch eine Meile, vielleicht zwei, und er war zu Hause.
Seine Cousine Sarah hatte ihm versichert, dass sich das Haus kaum verändert habe. In den Jahren seit Helens Tod hatten Sarah, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder dort gelebt, doch jetzt waren sie an der Westküste, und das Haus gehörte Devin.
Sarah hatte nicht verstanden, warum er es haben wollte. „Du könntest überall auf der Welt wohnen, Dev“, hatte sie gesagt, als er anbot, ihr das Haus abzukaufen. „Du hast Farnham Falls immer gehasst. Seit der Highschool hast du keinen Fuß mehr hergesetzt.“
„Aber jetzt hasse ich es nicht mehr“, hatte er geduldig erwidert. Und so war es. Ohio stand für eine Zeit in seinem Leben, die angefüllt war mit Träumen und der herrlichen Unschuld seiner Jugend. Er wollte das Gefühl dieses Ortes wiederfinden.
Wenn es noch existierte.
Er behielt die niedrige Geschwindigkeit bei und konzentrierte sich auf die Mitte der Straße. Im Haus würde es warm sein. Sein Manager hatte jemanden engagiert, der es für ihn geputzt und vorbereitet hatte, den Kühlschrank und die Feuerholzvorräte aufgefüllt. Telefon und Fernsehen gab es nicht. Dafür hatte er selbst gesorgt.
Er freute sich auf einen Monat stiller Nächte und ruhiger Tage. Einen Monat lang würde er ohne Unterbrechungen nachdenken können. Wenn er erst das Haus erreicht hatte, würde der Blizzard alles nur noch besser machen. Niemand würde ihn besuchen. Niemand wüsste, dass er da war.
Außer er hielt jetzt an, um den Insassen des Wagens zu helfen, der da vorne auf der linken Straßenseite halb im Graben lag.
Wieder tippte Devin die Bremse an, und wieder geriet der Cherokee ins Rutschen. Laut verfluchte er den Idioten, der – genau wie er – nicht genug Grips gehabt hatte, heute Nacht von der Straße wegzubleiben. Das andere Auto konnte er durch den wirbelnden Schnee nur undeutlich erkennen. Ein Kleinwagen, der vermutlich besser aussah, wenn er nicht mit der Nase voran, das Heck in der Luft, im Graben steckte.
Vorsichtig lenkte er nach rechts, bis er sicher an dem anderen Wagen vorbei war, und senkte seinen Fuß noch einmal auf die Bremse. Zwanzig Meter weiter kam er endlich zum Stehen.
Für den Bruchteil einer Sekunde war er versucht, nicht auszusteigen, um nach den Insassen zu sehen. Er hatte kein Bedürfnis, die Wärme des Autos zu verlassen, und noch weniger wollte er, dass seine Ankunft in der Stadt bekannt wurde.
Während er schon seine Jacke zuknöpfte, redete er sich in schneller Abfolge alle möglichen Dinge ein. Auf dem Auto war eine dicke Schicht Schnee, also lag es schon seit einer Weile dort. Wer immer drin war, hatte schon Hilfe geholt. Nichts deutete auf einen schweren Unfall hin. Oder darauf, dass jemand verletzt sein könnte.
Doch noch bevor er diese letzte Ausrede zu Ende gedacht hatte, schlug er die Autotür hinter sich zu. Er mochte der Welt überdrüssig sein, vielleicht war er sogar zynisch, doch tief in seinem Inneren war er ein Junge aus Farnham Falls. Dazu erzogen, sich um die Menschen in seiner Umgebung zu kümmern und seine Hilfe anzubieten, wann immer sie gebraucht wurde. Acht Jahre Rockbands, Groupies, unbegreifliche Vergötterung und Leben unter dem Vergrößerungsglas hatten nicht die Werte auslöschen können, die seine Tante Helen ihm eingepflanzt hatte.
Hier brauchte jemand Hilfe. Und er konnte diese Hilfe leisten.
Devin hatte die Scheinwerfer angelassen, doch die Unfallstelle erleuchteten sie nicht. Dazu war der Cherokee zu weit entfernt und stand in die falsche Richtung. Er war kaum einen Meter gegangen, als ihn der Sturm schon fast von den Füßen riss.
Er schob die Hände in die Taschen und schritt unbeirrbar gegen den Wind voran, der ihn an Wangen und Hals stach und durch den Stoff seiner zerschlissenen Jeans fuhr. Jetzt bereute er, dass er keine Socken trug. In jede Schneewehe sank er tief ein, und bald waren seine Halbschuhe bis obenhin voll mit Schnee. Zehn Meter vom Auto entfernt brannten seine Füße, was nur wenig besser war als die unausweichliche Taubheit, die schnell folgen würde.
„Ist da jemand drin?“ Er rief die Worte, doch der Wind riss sie ihm von den Lippen. Im selben Moment, als er seinen Mund öffnete, landeten Schneeflocken auf seiner Zunge und zerschmolzen in einer Sinnesexplosion.
Er näherte sich dem Wagen und wiederholte seinen Ruf, erwartete aber keine Antwort. Ohne durch ein Fenster zu schauen, würde er nicht herausfinden, ob noch jemand darin war.
Was sollte er tun, wenn ein Insasse verletzt war? Er fragte sich, ob er noch Erste Hilfe leisten könnte. Die Erinnerung an sein kurzes Medizinstudium war mittlerweile in...