E-Book, Deutsch, 176 Seiten
Resetarits / Schindlecker Lukas Resetarits - Kabarett und Kottan
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8000-8003-8
Verlag: Carl Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Geschichten aus meinem Leben - Vorwort von Josef Hader
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
ISBN: 978-3-8000-8003-8
Verlag: Carl Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Seit dem Nationalfeiertag 1977 steht Lukas Resetarits als Solo-Kabarettist auf der Bühne. Er erntete dafür viel Lob, viel Empörung und sämtliche dafür relevante Würdigungen - vom Salzburger Stier bis zum Deutschen Kleinkunstpreis.
In etlichen Rollen von "Kottan" bis "Burschi Leitner" im "Kaisermühlenblues" schrieb er Film- und Fernsehgeschichte. Dabei inspirierte er internationaleZeitungskritiker zur Vergabe unterschiedlicher Kosenamen : Eine Zeitung nannte ihn "un second Pierre Richard", eine andere einen "milchrahmstrudelgemästeten Ottakringer Wohnküchen-Redford". Wie in seinem Bestseller "Krowod" erzählt Lukas Resetarits auch im zweiten Teil seiner Memoiren packende und amüsante Hintergrundgeschichten. Fritz Schindlecker setzt sie in den zeitgeschichtlichen Rahmen und in literarische Form.
"Ich durfte mit Lukas Resetarits heuer auf der Bühne das eine oder andere aus seinen Kinder- und Jugendtagen besprechen, und merke jetzt, das war eine kleine Probe auf diese Prosa. Da ist ordentlich was draus geworden, Zeit- und Ortsgeschichte unaufdringlich eingemischt.
[…].
Lesen Sie das Buch, und hoffen Sie mit mir auf eine Fortsetzung."
(Armin Thurnher, Falter, zu Lukas Resetarits – Krowod)
Über 12.000 verkaufte Exemplare des ersten Bandes "Lukas Resetarits - Krowod!
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ALLEIN AUF WEITER BÜHNE
In einem Interview anlässlich des 60-jährigen Bandjubiläums der Rolling Stones sagte Mick Jagger über den gewaltigen Anfangserfolg der Band inhaltlich ungefähr Folgendes: „We were at the right time at the right place.” Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, das traf damals wohl auch auf Lukas Resetarits zu. Es gab 1977 keinen anderen Solokabarettisten in Österreich. Erst ein paar Jahre später verstärkten Ex-„Keif “-Kollege Erwin Steinhauer und Hans Peter Heinzl diese zukunftsträchtige Zunft. Zu den dreien gesellte sich als zusätzlicher „Mitanbieter“ – wie man heute so nett einen Konkurrenten zu nennen pflegt – Andreas Vitásek. Na ja – Konkurrent war er damals eigentlich eh noch nicht. Er war ja noch nicht als Solokabarettist, sondern vielmehr als Pantomime tätig. Heute wird die Zahl jener Damen und Herren, die mehr oder weniger professionell Solokabarett in Österreich machen, auf weit über 100 geschätzt. Das Angebot ist also reichlich und von höchst unterschiedlicher Qualität. Sein Alleinsein auf der Angebotsseite des Solokabarett-Marktes – wir verwenden diese Formulierung, um auch unseren neoliberalen Leserinnen und Lesern einmal ein wenig Freude zu machen – erklärt aber natürlich noch nicht den durchschlagenden Anfangserfolg. Auch Inhalt und Stil des Programms waren neu. Mit dem „Billeteur“, der nolens volens ein Programm spielen musste, weil der Star des Abends, der „Herr Chef “, aus vorerst unerfindlichen Gründen nicht gekommen war, hatte Resetarits eine Identifikationsfigur geschaffen. Denn der Kartenabreißer konnte natürlich den Text nicht auswendig, sich nicht mit allen Inhalten identifizieren, verfügte nicht über die routinierte Geschliffenheit einer Bühnensprache und machte aus seiner Nervosität kein Hehl. In einem devoten Telefonat mit der Staatspolizei fand er schließlich sogar heraus, wo der Star des Abends verblieben war. Die STAPO hatte ihn zu einem Verhör „geladen“. Der Billeteur zeigte volles Verständnis für die schwierige Arbeit der Beamten und fragte auch noch geflissentlich nach, ob der „Herr Chef “ im Rahmen einer Ungeschicklichkeit bereits über „das Türstafferl“ gestolpert sei. Wenn ja, dann könnten die Herren Beamten natürlich nix dafür, denn solche Unzukömmlichkeiten passierten halt einfach und seien nie und nimmer der stets korrekten und pflichtbewussten Exekutive anzulasten. Kurzum – „der Lukas“ war kein Bühnenstar, sondern einer „von uns“. Und im Gegensatz zu vielen, die damals in Deutschland politisches Kabarett machten, haftete dem jungen Mann, der da ein wenig verzweifelt auf der Bühne stand, so gar nichts von einem Studenten der 68er-Generation an. Das weit geschnittene weiße Hemd strahlte etwas Großväterliches aus und die zu große schwarze Hose mit den Hosenträgern wirkte damals im Verein mit den halbhohen Waldviertler Bauernschuhen mehr altvaterisch und rustikal als clownesk und fancy. Das Publikum sah hier einen gestandenen Familienvater, der etliche Jahre Berufserfahrung auf dem Flughafen Wien-Schwechat hinter sich hatte. Und der dort auch Personalvertreter gewesen war – übrigens bei der FCG, der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. Diesem bürgerlichen Klischee entgegen standen wiederum sein abgebrochenes Psychologiestudium, seine Band-Vergangenheit bei Jerry and the G-Men, seine vergammelten Monate in München und Venedig und seine Brechtausbildung bei Dieter Haspel. LINKS, ABER LUSTIG
Die Perspektive seiner Weltsicht war eine eindeutig „linke“, allerdings frei von Parteizugehörigkeit und Dogmatik. Er zitierte aus keinem heiligen Buch, weder aus der katholisch approbierten Bibel noch aus jener von Luther oder gar der von Mao. Was er zu sagen hatte, brachte er weder im Stil eines Predigers noch eines Agitators unter die Leute. Zur Debatte um das Kernkraftwerk Zwentendorf: SOHN: Und elektrisches Licht hätten wir auch keines … VATER: Genau! Und dann muss man sich nass rasieren und das Brot mit dem Messer schneiden. SOHN: Ja, und elektrisches Licht hätten wir auch keines… VATER: Und dann würden sich alle ins Gesicht schneiden und in die Hände und ein blutiges Elend wäre dann auf der Welt! Zur Heimkehr ehemaliger Nazi-Heerführer: Wir haben uns die Fliegenbärtchen abrasiert, Wir haben uns ganz unverdächtig aufgeführt, doch heute gibt’s zum Feiern einen guten Grund für jeden alten Herrn vom Kameradschaftsbund: Der alte Nazi kehrt zurück in seine Villa. Am Bahnhof rollen wir den roten Teppich aus. Er hat genug von Santiago und Manila, der alte Nazi kommt wieder nach Haus. „Die ersten paar Jahre habe ich zwei Programme pro Jahr gemacht“, erzählt Lukas. Als zweiter Texter stand ihm dabei sein früherer „Keif “-Kollege Wolfgang Teuschl zur Seite. Weitere Textbeiträge kamen von Heinz R. Unger, dem Autor der „Proletenpassion“. Und für das erste Programm hatte Lukas zusätzlich Texte der linken österreichischen Kabarettgruppe „Die Roten Spieler“ für sich entdeckt. Er hat sie aus dem Archiv geholt und „umgedichtet“: Die beiden Figuren Bladerl und Magerl waren im Original der 1930er-Jahre ein Kapitalist und ein Sozi gewesen. Im Resetarits-Programm waren beide Sozis – Magerl ein „Roter“ von der Basis und Bladerl ein „Bonze“, der es „geschafft hat“. Gute zehn Jahre lang – von Mitte der 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre, knöpfte sich das in Österreich neu entstandene und sich zügig weiterentwickelnde politische Kabarett sehr häufig als Satireobjekt die SPÖ vor. Das war verständlich. Denn zwischen 1970 und 1983 gab es hierzulande eine sozialdemokratische Alleinregierung. Linkes Kabarett setzt sich im Regelfall mit den Herrschenden auseinander. Und zu diesen gehören nicht nur Konzernherren, Großgrundbesitzer und Bildungseliten, sondern logischerweise auch Regierungen. Als Wolfgang Teuschl Anfang der 1980er-Jahre darauf angesprochen wurde, warum er glaube, dass sich das junge linke Kabarett fast ausschließlich die „Sozis“ vorknöpfe und FPÖ und ÖVP vergleichsweise in Ruhe lasse, meinte er: „Auf tote Hund tritt man nicht mehr hin.“ Aber, wie man weiß, leben Totgesagte länger. Am 13. September 1986 gelang es Jörg Haider, den damaligen Vizekanzler Norbert Steger als FP-Obmann auf einem Parteitag in Innsbruck abzulösen. Daraufhin kündigte der erst seit Kurzem im Amt befindliche Bundeskanzler Franz Vranitzky die Koalition mit der FPÖ auf. Nach den darauffolgenden Neuwahlen kehrte die ÖVP nach 16 Jahren Opposition als Juniorpartner der Sozialdemokraten wieder in die Regierung zurück. Zwei Ereignisse, die Wahl Haiders zum FPÖ-Obmann und die in demselben Jahr am 8. Juni erfolgte Wahl des ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten, brachten den Fokus des heimischen Kabaretts weg von der SPÖ. Die Sozis konnten aufatmen – zumindest eine Zeit lang. Aber bis heute ist es so, dass sich sensible Sozialdemokraten sofort auf den Schlips getreten fühlen, wenn sie von Kabarettistinnen und ihren männlichen Kollegen auf die Schaufel oder gar in die Mangel genommen werden. „Ihr nützt dem politischen Gegner!“, werden dann gerne jene gerügt, die man der eigenen Gesinnungsgemeinschaft zurechnet oder zumindest zu deren Sympathisanten zählt. ALLERHÖCHSTER BESUCH
Interessant ist, dass sich in der längst vergangenen Kreisky-Ära der damals gerne als „Sonnenkönig“ apostrophierte Bruno selbst keineswegs wehleidig oder gar abfällig über kabarettistische Kritik an seinem Wirken äußerte. Er war ja selbst ein Meister der Pointe und der geschliffenen Polemik. Und so war ihm vermutlich klar, dass politisch Tätige, die Objekte von Witz und Ironie werden, oft populärer sind als jene, zu denen hochkarätigen Satirikern nichts Sinnvolles in den Sinn kommt. Nicht umsonst schrieb der große Karl Kraus in der „Fackel“: „Zu Hitler fällt mir nichts ein.“ Lukas erinnert sich gerne an zwei Begegnungen mit Herrn Kreisky, die 1978 und 1979 stattgefunden haben. „Ich bin damals in einer Straßenbahn-Remise aufgetreten, die man zu einem Veranstaltungsraum umgestaltet hatte“, erinnert sich Lukas. „Die Veranstalter waren völlig aus dem Häuschen. Denn das Bundeskanzleramt hatte allerhöchsten Besuch angekündigt.“ Und tatsächlich erschien Herr Kreisky knapp vor Beginn der Vorstellung. Er kam nicht alleine, es begleitete ihn seine Frau Vera. Nach dem Schlussapplaus kamen beide in die...